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Ein Lehrstück über Antisemitismus in der Schweiz. Dazu: Wie die Pandemie die Klassikszene verändert hat. Und: Über das Klima statt über das Wetter lesen

15.07.2021

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Auch aus der Republik-Community kommt hin und wieder die Forderung, doch unbedingt den Mikro­biologen Sucharit Bhakdi und seine alternative Sicht auf die Corona-Pandemie anzuhören. Dabei ist der angeblich so um das Wohl der Menschen und die Demokratie besorgte Massnahmen­kritiker ein fürchterlicher Antisemit, wie ein soeben aufgetauchtes Videointerview zeigt. Darin hält er die Impf­strategie Israels für noch schlimmer als die Gräuel der NS-Herrschaft in Deutschland. Wie konnte es eigentlich so weit kommen, dass sich solche Figuren mit dem Schlachtruf der «Cancel-Culture» oder der «Meinungsdiktatur» als Opfer des Mainstreams aufspielen können?

  • Antisemitismus, das zeigt der Blick in die Geschichte, war eine mächtige Waffe, um unliebsame Personen zu verdrängen und aus dem kollektiven Gedächtnis zu löschen – gerade im bürgerlich-konservativen Milieu, das heute am lautesten «Cancel-Culture» ruft. Der Literatur­wissenschaftler Magnus Wieland zeigt dies eindrücklich am Fall von Jonas Fränkel, einem der engsten Mitarbeiter des Schweizer Literatur­nobel­preisträgers Carl Spitteler. Nach dem Tod des Schriftstellers 1924 kam es zu einem Eklat um seinen Nachlass, der bloss auf den ersten Blick wie eine Erbstreitigkeit daherkommt. Tatsächlich verbirgt sich dahinter ein Lehr­stück über Antisemitismus und die Komplizenschaft mit ihm; dieser reichte bis in höchste gesellschaftliche und politische Kreise, sogar bis hinauf in die damalige Schweizer Regierung. Die Rekonstruktion einer Diffamierung.

  • Als letztes Jahr die Konzertsäle geschlossen blieben, verlegten viele Musikerinnen ihre Auftritte ins Internet. Der Pianist Igor Levit spielte jeden Tag ein Hauskonzert, das er mit seinem Handy filmte und via Twitter streamte. Viel mehr technischen Aufwand betreiben die Berliner Philharmoniker, die schon länger digitale Direkt­übertragungen in audiophiler Tonqualität anbieten. Welches Potenzial hat das Live­streaming noch, wenn die Konzert­häuser die Zuschauer­ränge wieder füllen können? Eine Betrachtung von Feuilletonautor Peter Révai.

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