Briefing aus Bern

Alles zum «Super Sunday», SVP will eigenen Bundesrichter abwählen, das Covid-Gesetz – und Widerstand gegen Masken­pflicht

Das Wichtigste in Kürze aus dem Bundeshaus (114).

Von Dennis Bühler, Anja Conzett, Bettina Hamilton-Irvine, Brigitte Hürlimann, Christof Moser und Cinzia Venafro, 10.09.2020

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Der Abstimmungs­termin im vergangenen Mai, der wegen der Pandemie gestrichen wurde, führt am kommenden 27. September zu einem «Super Sunday»: Gleich fünf eidgenössische Vorlagen kommen an die Urne. Worum geht es überhaupt, wer positioniert sich wie und mit welchen Argumenten? Alles, was Sie zu den Vorlagen wissen müssen, hier so kompakt wie möglich:

Begrenzungsinitiative: Ende der Personenfreizügigkeit

Worum es geht: Die SVP-Initiative will, dass die Schweiz die Zuwanderung aus der EU wieder eigenständig regelt. Der Bundesrat soll nach einem Ja zur Initiative mit der EU innert eines Jahres über das Ende des Freizügig­keits­abkommens verhandeln. Finden Bern und Brüssel innerhalb dieser Frist keine Lösung, muss die Schweiz das Abkommen innert 30 Tagen kündigen.
Wer dafür ist: SVP
Wer dagegen ist: SP, Grüne, GLP, CVP, FDP, EVP, BDP
Was die Befürworterinnen sagen: Seit der Einführung der Personen­freizügigkeit 2002 sind mehr Personen eingewandert, als der Bundesrat prognostiziert hatte. Deshalb kommen nun ältere Schweizer auf dem Arbeits­markt unter Druck und die Sozial­hilfe an den Anschlag, zudem wird der Wohnraum knapper und die Landschaft zubetoniert.
Was die Gegner sagen: Wird die Initiative angenommen, verliert die Schweiz ihren Zugang zum EU-Binnenmarkt, weil alle bilateralen Verträge des ersten Pakets mittels «Guillotine-Klausel» miteinander verknüpft sind. Dies hätte schwer­wiegende Folgen für den Wohlstand und die Arbeits­plätze. Wegen des demografischen und strukturellen Wandels wird die Schweiz auch in Zukunft auf ausländische Arbeits­kräfte angewiesen sein.

Kampfjets: 6 Milliarden für Luftwaffe

Worum es geht: Bundesrat und Parlament wollen bis 2030 die Luft­verteidigung der Schweiz erneuern. Dagegen wurde das Referendum ergriffen. Die Stimmbevölkerung kann nun über den Rahmenkredit von 6 Milliarden Franken abstimmen.
Wer dafür ist:
SVP, FDP, CVP, GLP, EVP, BDP
Wer dagegen ist: SP, Grüne
Was die Befürworter sagen: Die Kampfjets sind nötig, um die Schweizer Bevölkerung auch in Zukunft gegen Aggressoren zu schützen. Es gibt keine geeignete Alternative, weshalb die Beschaffung eine langfristige Investition in die Sicherheit ist. Weil die Jets aus dem ordentlichen Armee­budget bezahlt werden, belasten sie die Staatskasse nicht zusätzlich.
Was die Gegnerinnen sagen: Kampfjets sind das falsche Mittel für die Bedrohungen der Zukunft. Cyber­angriffe sind viel wahrscheinlicher als ein Luftkrieg. Weil die Jets über die gesamte Lebens­dauer 24 Milliarden Franken kosten werden, wird dieses Geld anderswo fehlen. Da weder der Typ noch die Flottengrösse bekannt sind, wird die Katze im Sack gekauft.

Vaterschaftsurlaub: Zwei Wochen für alle Väter

Worum es geht: Väter sollen innerhalb der ersten sechs Monate nach der Geburt ihres Kindes zwei Wochen Urlaub beziehen können. Diese würden, wie der Mutterschafts­urlaub, über die Erwerbs­ersatz­ordnung (EO) finanziert. Gemäss Berechnungen des Bundes kostet der Vaterschafts­urlaub pro Jahr 230 Millionen Franken, wobei offen ist, ob dafür höhere Lohn­beiträge nötig wären. Heute sieht das geltende Recht keinen Vaterschafts­urlaub vor.
Wer dafür ist:
SP, Grüne, EVP, CVP, GLP, BDP
Wer dagegen ist: SVP, FDP
Was die Befürworterinnen sagen: Damit sich Mütter von den Strapazen der Geburt erholen können, brauchen sie Unter­stützung von ihren Partnern. Der Vaterschafts­urlaub trägt zu einer ausgeglichenen Familien­entwicklung bei und ist damit eine Investition in die Zukunft. Er ist ein erster Schritt in Richtung einer fairen Aufteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit.
Was die Gegner sagen: Den Arbeit­nehmerinnen bleibt aufgrund der Abgaben für Sozial­versicherungen immer weniger vom Lohn. Es ist nicht fair, dass alle für die Gratisferien von wenigen bezahlen müssen. Der Staat soll sich nicht noch mehr in die Familie einmischen.

Kinder­drittbetreuungs­kosten: Höherer Steuerabzug

Darum geht es: Der Betrag, den Familien für die Drittbetreuung der Kinder von der direkten Bundessteuer abziehen können, soll von 10’100 auf 25’000 Franken erhöht werden, der allgemeine Kinder­abzug unabhängig vom Betreuungs­modell von 6500 auf 10’000 Franken. Nicht davon profitieren würden die 40 Prozent der Familien in der Schweiz, die keine direkte Bundes­steuer bezahlen, weil sie zu wenig Einkommen haben. Bei Annahme belaufen sich die erwarteten Steuer­ausfälle auf 380 Millionen Franken pro Jahr, wovon 80 Millionen zulasten der Kantone gehen.
Wer dafür ist: CVP, SVP, FDP, BDP, EVP
Wer dagegen ist: SP, Grüne, GLP
Das sagen die Befürworter: Familien werden unabhängig vom Betreuungs­modell finanziell entlastet, während gleichzeitig finanzielle Anreize für gut ausgebildete Frauen geschaffen werden, ihre Arbeits­tätigkeit zu erhöhen. Durch die Erhöhung des Dritt­betreuungs­abzugs wird der Fachkräfte­pool um 2500 Vollzeitstellen wachsen, was dem Fachkräfte­mangel entgegen­wirken und die Schweizer Wirtschaft stärken wird.
Das sagen die Gegnerinnen: Vor allem gut bis sehr gut verdienende Familien mit einem Jahres­einkommen ab 160’000 Franken werden von der Vorlage profitieren, während der Rest des Mittel­standes und Familien mit tiefen Einkommen kaum oder gar nicht profitieren. Sie könnten sogar Schaden nehmen, da die Möglichkeit besteht, dass die Steuer­ausfälle zu ihren Lasten kompensiert werden, beispielsweise durch die Streichung von Verbilligungen bei Krankenkassen­prämien.

Das revidierte Jagdgesetz: Kantone dürfen entscheiden

Worum es geht: Derzeit darf ein Wolf erst abgeschossen werden, wenn er Schaden angerichtet hat – beispielsweise Schafe gerissen. Dafür braucht es eine Bewilligung des Bundes. Neu sollen die Kantone die Wolfsbestände selber regulieren können, indem sie Abschüsse genehmigen, bevor ein Tier effektiv für Nutztiere gefährlich wurde. Eingriffe in den Bestand sollen auch bei Steinböcken zulässig sein. Weitere Arten könnten in Zukunft vom Bundesrat als regulierbar und damit nicht mehr als absolut geschützt bezeichnet werden.
Wer dafür ist: BDP, CVP, FDP, SVP
Wer dagegen ist:
EVP, GLP, Grüne, SP
Was die Befürworterinnen sagen: 2019 lebten rund 80 Wölfe in der Schweiz, die jährlich 300 bis 500 Schafe reissen. Da der Wolf keine natürlichen Feinde mehr hat, muss der Mensch auch präventiv eingreifen können, um Schäden an Herden­tieren zu verhindern. Bauern erhalten nur eine Entschädigung für Wolfsrisse, wenn sie ihre Tiere mit Zäunen oder Hunden geschützt haben.
Was die Gegner sagen: Das Gesetz gefährdet den Artenschutz. Wild lebende Tiere kennen keine Kantons­grenzen, deshalb kann man den Abschuss nicht in die Kompetenz der Kantone legen. Der Bundesrat kann ohne Parlaments­beschluss die Abschuss­liste beliebig erweitern, etwa auf Biber, Luchs, Fischotter, Graureiher und Gänsesäger.

Und damit zum Briefing aus Bern.

Bundesrichter unter Beschuss: SVP fordert Abwahl

Worum es geht: Die SVP-Fraktion empfiehlt dem Parlament, ihren eigenen Bundesrichter Yves Donzallaz nicht mehr zu wählen. Grund: Er habe sich zu weit von den Wert­vorstellungen der Partei entfernt.

Warum Sie das wissen müssen: Wer in der Schweiz Bundes­richterin werden will, muss einer Partei angehören und der Partei jährlich Mandats­steuern zahlen: Das ist zwar gesetzlich nicht vorgesehen, wird aber seit jeher strikt eingehalten. Hinter vorgehaltener Hand erzählen Richter, wie sie von ihren Parteien an die Kandare genommen werden. Die SVP strafte die höchsten Richterinnen im Land schon mehrmals mit schlechten Wahl­resultaten ab, wenn sie mit deren Urteilen nicht einverstanden war. Dieses bedenkliche Verständnis von Gewalten­teilung erfährt mit der Abwahl­empfehlung für den Walliser SVP-Bundesrichter Yves Donzallaz einen neuen Höhepunkt. Dieser berichtet in Interviews, dass er und andere SVP-Richter von der Partei seit Jahren unter Druck gesetzt würden. Es gehe um die Unabhängigkeit der Gerichts­barkeit: Die SVP schade damit der dritten Gewalt im Staat. Das Antikorruptions­gremium des Europarats rügte die Schweiz wiederholt und zuletzt 2019 für die fehlende politische Unabhängigkeit der Justiz.

Wie es weitergeht: Am 23. September müssen sich sämtliche Bundes­richterinnen der Wieder­wahl stellen. Ob der Coup der SVP aufgeht, ist fraglich: Die Mehrheit der SVP-Fraktion, die sich für die Nicht­wiederwahl von Donzallaz ausgesprochen hat, war knapp – und der Protest der anderen Parteien ist laut und deutlich. Der angeschossene Richter hat bei der heutigen Zusammen­setzung des Parlaments reelle Chancen auf eine Wieder­wahl. Die Justiz­initiative, die eine von der Politik unabhängige Justiz fordert und vom Bundesrat zur Ablehnung empfohlen wird, erhält damit neuen Schwung.

Pandemie-Massnahmen­paket: Nationalrat stimmt zu – mit diversen Änderungen

Worum es geht: Der Nationalrat hat dem Covid-19-Gesetz gestern Abend nach siebenstündiger Debatte klar zugestimmt. Das Gesetz dient dazu, das bundes­rätliche Notrechts­regime in ordentliches Recht zu überführen. Der Nationalrat will etliche Wirtschafts­bereiche stärker unterstützen, als es der Bundesrat vorgeschlagen hat, darunter die Event- und die Reisebranche sowie den Sport.

Warum Sie das wissen müssen: Während der Pandemie hat der Bundesrat die Schweiz weitgehend ohne Mitwirkung des Parlaments regiert. Nun wird dafür nachträglich das Plazet eingeholt – unter massivem Zeitdruck: Stimmen National- und Ständerat den Corona-Massnahmen nicht bis nächste Woche zu, laufen viele von ihnen aus – sechs Monate nach dem Inkrafttreten; darunter etwa ein Teil der finanziellen Sofort­hilfe für die Wirtschaft und die rechtliche Grundlage für Massnahmen im Asyl- und Justizbereich. Der Nationalrat hat nun seinen Teil getan, damit der Bundesrat nicht erneut auf Notrecht zurück­greifen muss: Er hiess das Covid-19-Gesetz mit 144 zu 35 Stimmen bei 16 Enthaltungen gut. Tut der Ständerat heute Donnerstag dasselbe, werden die meisten Corona-Massnahmen bis Ende 2021 verlängert, einige bleiben gar ein Jahr länger bestehen.

Die wichtigsten Entscheidungen des Nationalrats im Detail:

  • Selbstständige: Erwerbsausfall nicht nur für Personen, die ihre Arbeit unterbrechen müssen – so wollte es der Bundesrat –, sondern auch für solche, die massgeblich in ihrer Arbeit eingeschränkt sind.

  • Event- und Reisebranche: Unternehmen, die vor der Corona-Krise wirtschaftlich gesund waren und die nicht schon von anderen Branchen­lösungen profitieren, sollen unterstützt werden – notfalls auch mit Beiträgen, die nicht zurück­gezahlt werden müssen.

  • Kinderkrippen: Keine weitere Kita-Hilfe durch den Bund, da dies Aufgabe der Kantone sei – ein gegenteiliger Vorschlag von SP, Grünen und Grünliberalen scheiterte.

  • Sport: Zinslose Darlehen in der Höhe von bis zu einem Viertel ihres Betriebs­aufwandes werden direkt an die Vereine ausbezahlt statt wie vom Bundesrat vorgesehen an die Ligen.

Wie es weitergeht: Bereits heute Donnerstag ist der Ständerat am Zug. Erklärtes Ziel ist es, die Vorlage schnellst­möglich in Kraft zu setzen. Daran würde selbst das Referendum nichts ändern, das Gegner der Corona-Massnahmen bereits angekündigt haben: Weil das Gesetz für dringlich erklärt wurde, hat ein allfälliges Referendum keine aufschiebende Wirkung.

Netflix soll in Schweizer Filme investieren müssen

Worum es geht: Streaming­dienste sollen künftig per Gesetz 1 Prozent ihres Umsatzes in Schweizer Filme investieren müssen. Bei Marktführer Netflix wären dies rund 2 Millionen Franken. Der Bundesrat wollte 4 Prozent, der Nationalrat zog dem Gesetz am Montag aber mithilfe von Mitte-rechts die Zähne – gegen den Willen des Film­dachverbands Cinésuisse.

Warum Sie das wissen müssen: Das neue Gesetz ist quasi eine «Lex Netflix». Streaming­dienste können entscheiden, ob sie selbst Filme produzieren oder in bestehende Filmprojekte einsteigen wollen. Der Bundesrat hatte eigentlich auch hiesige TV-Anbieter wie UPC Cablecom oder die Swisscom in die Pflicht nehmen wollen. Diese lobbyierten jedoch erfolgreich dagegen. Pikant daran ist, dass sich mit der Swisscom ein Unter­nehmen, das mehrheitlich dem Bund gehört, gegen den eigenen Besitzer wehrte.

Wie es weitergeht: Das Gesetz kommt nun in den Ständerat. Dass sich Mitte-rechts auch dort wehren wird, gilt als sicher. Ihr Haupt­argument: Durch Subventionen werde der Schweizer Film auch nicht besser.

Corona-Pandemie: Ständerat dehnt Hilfe für den öffentlichen Verkehr aus

Worum es geht: Der Ständerat will öffentliche Verkehrs­betriebe unter­stützen, die wegen der Pandemie einen Einbruch der Passagier­zahlen und der Einnahmen verzeichneten. Dabei zeigt er sich grosszügiger als der Bundesrat.

Warum Sie das wissen müssen: Der Bundesrat will die Ausfälle wegen Covid-19 mit 700 Millionen Franken abfedern: Knapp die Hälfte davon soll in die Bahn­infrastruktur investiert werden, 290 Millionen in den regionalen Personen­verkehr, 70 Millionen in den Bahn­güterverkehr. Mit all diesen Zahlungen ist der Ständerat einverstanden – doch er will den Kreis der Empfänger erweitern: So soll der Bund auch für ein Drittel der corona­bedingten Ausfälle im Ortsverkehr aufkommen, obwohl dafür eigentlich Kantone und Gemeinden zuständig wären. Verkehrs­ministerin Simonetta Sommaruga stemmte sich vergeblich dagegen.

Wie es weitergeht: Heute Donnerstag befasst sich der Nationalrat mit der Vorlage. In der Schluss­abstimmung werden die beiden Räte dann darüber entscheiden, ob die Vorlage für dringlich erklärt und somit schneller umgesetzt wird. Davon ist auszugehen.

Maskenpflicht: Gegner blitzen vor Bundes­gericht ab – und eine radikale Idee entsteht

Worum es geht: Eine Gruppe von Masken­gegnerinnen aus dem Kanton Zürich wehrt sich mit rechtlichen Mitteln gegen die Masken­pflicht in den Läden. Das Bundesgericht tritt auf ihre Beschwerde nicht ein. Derweil formiert sich eine Gruppe von Corona-Rebellen mit einer radikalen Initiative.

Warum Sie das wissen müssen: Ende August hat der Zürcher Regierungsrat die Maskenpflicht auf Einkaufsläden ausgeweitet; die Verordnung gilt bis zum 30. September, allfälligen Beschwerden wird die aufschiebende Wirkung entzogen. Das heisst: Auch wenn Beschwerden eingereicht werden, gilt die Masken­pflicht weiter. Daran stört sich eine Gruppe von Masken­gegnern, die Beschwerde erhoben haben. Sie verlangten vom Zürcher Verwaltungs­gericht, die Anwendung der Verordnung super­provisorisch zu verbieten. Das Gericht lehnte ab: Es handle sich bei den Masken um eine wirksame Massnahme zur Bekämpfung der Pandemie. Der Eingriff in die persönliche Freiheit wiege nicht besonders schwer, zudem sei die Verordnung zeitlich befristet. Die Masken­gegnerinnen gelangten daraufhin ans Bundes­gericht, das jedoch auf die Beschwerde erst gar nicht eintrat – es sei zu wenig begründet, inwiefern im super­provisorischen Verfahren verfassungs­mässige Rechte verletzt würden.

Wie es weitergeht: Es steht den Masken­gegnern offen, weiterhin mit rechtlichen Schritten gegen die Masken­pflicht vorzugehen. Derweil hat eine Gruppe um den Waadtländer Ökonomen François de Siebenthal angekündigt, Ende September eine Initiative zu lancieren, die eine Total­revision der Bundes­verfassung fordert. Eine Annahme würde den Rücktritt des Parlaments und die Neuwahl des Bundesrats bewirken. Die Initiantinnen fordern zudem ein bedingungs­loses Grund­einkommen, eine Mikrosteuer und ein Verfassungsgericht.

Selbstständige: Corona-Hilfe soll weiterhin möglich sein

Worum es geht: Der Nationalrat hat am Dienstag beschlossen, dass Selbstständig­erwerbende, die direkt von den Corona-Massnahmen betroffen sind, weiterhin Hilfe in Anspruch nehmen können. Gemäss einer Motion der SVP sollen Selbst­ständige, die in ihrer Arbeit aufgrund der Pandemie eingeschränkt sind, so lange Anspruch auf Unter­stützung haben, bis die entsprechenden Massnahmen aufgehoben sind.

Warum Sie das wissen müssen: Auch wenn beispiels­weise Coiffeure wieder normal arbeiten können, kämpfen andere Branchen wegen Corona ums Überleben. Bereits im Juli hat der Bundesrat beschlossen, dass Kurzarbeits­gelder statt zwölf maximal achtzehn Monate lang bezogen werden können. Der Erwerbs­ersatz für Unter­nehmerinnen, die durch Corona beeinträchtigt sind, wäre dagegen bereits am 16. September ausgelaufen.

Wie es weitergeht:
Noch in der laufenden Herbst­session wird sich der Ständerat über die Corona-Hilfen für Selbst­ständige beugen.

Sensation der Woche

Seit Montag tagt das Parlament wieder – nicht mehr in den Messe­hallen der Bernexpo, sondern im Bundes­haus. Aber statt sich zu freuen über die Rückkehr, zeigten sich viele Parlamentarier irritiert über die 200’000 Franken teuren Plexiglas­boxen, die sie vor dem Corona­virus schützen sollen. SVP-Nationalrat Erich Hess fühlte sich «wie ein Affe im Käfig», Simon Stalder (CVP, UR) mähte mit seinem Rucksack die Plexiglasbox von Marianne Streiff (EVP, BE) um, andere jammerten über die «politischen Verrichtungsboxen». Dafür zeigen zwei SVP-Frauen, dass man sich darin auch häuslich einrichten kann: Hobby-Ornithologin Sandra Sollberger hat das Plexiglas mit schwarzen Vogelschutz-Aufklebern versehen, Céline Amaudruz mit einem «I love SVP»-Sticker. Und während sich die einen eingeengt fühlten, gibt es anderswo mehr Freiheit: Der Ständerat, der sich gern an Traditionen klammert, erlaubt den Politikerinnen nun erstmals, schulter­freie Bekleidung zu tragen. Wenn man bedenkt, dass noch vor vier Jahren eine Journalistin im Trägershirt aus dem Saal verwiesen wurde, ist das eine kleine Sensation.

Illustration: Till Lauer

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