Briefing aus Bern

Worüber die Schweiz am 26. September abstimmt, strengere Zertifikats­pflicht und ein Urteil für die Versammlungs­freiheit

Das Wichtigste in Kürze aus dem Bundeshaus (158).

Von Dennis Bühler, Lukas Häuptli und Cinzia Venafro, 09.09.2021

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Was wird die Schweizer Stimm­bevölkerung am 26. September an der Urne entscheiden? Für die Initiative zur Kapital­­besteuerung aus der Feder der Jung­sozialisten, auch 99-Prozent-Initiative genannt, sieht es nicht so gut aus. Zwar erzielte sie bei der ersten SRG-Umfrage von Mitte August einen Ja-Anteil von 46 Prozent, während 45 Prozent Nein sagten. Das Forschungs­institut GFS Bern prognostiziert für das Anliegen trotzdem wenig Chancen. «Im Normalfall baut sich das Nein jetzt erst richtig auf, vor allem Mitte-rechts», sagt Lukas Golder, der die Umfrage durch­geführt hat.

Besser sieht es aus für die Einführung der Ehe für alle: In der ersten SRG-Umfrage sprachen sich 69 Prozent dafür aus, 29 Prozent waren dagegen. «Das Thema ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen, gerade auch junge Menschen sind mit einer grossen Selbst­verständlichkeit damit aufgewachsen. Heute sehen wir das Resultat davon», sagt Martina Mousson, die in dieser Frage der Stimm­bevölkerung den Puls genommen hat.

Die zweite SRG-Umfrage wird am 15. September publiziert. Dann wird sich zeigen, inwiefern die Abstimmungs­kampagnen der einzelnen Lager Einfluss auf die Meinungs­bildung hatten.

Worum geht es in den beiden Vorlagen? Wer ist dafür, wer dagegen und mit welchen Argumenten?

Ehe für alle

Worum es geht: In der Schweiz ist eine Ehe einzig zwischen Frau und Mann möglich. Schwule oder lesbische Paare können seit 2007 eine eingetragene Partnerschaft eingehen, die der Ehe aber gesetzlich nicht gleich­gestellt ist. Mit der Ehe für alle wollen Bundesrat und Parlament die Ungleich­behandlung beseitigen, indem alle Paare die gleichen Rechte und Pflichten bekommen. Das gilt etwa für die erleichterte Einbürgerung. Gleich­geschlechtliche Paare sollen zudem gemeinsam ein Kind adoptieren können und lesbische Paare Zugang zur Samen­spende erhalten. Eine bereits geschlossene eingetragene Partnerschaft kann in eine Ehe umgewandelt werden.

Wer dafür ist: Bundesrat, Parlament, FDP, SP, GLP und Grüne. Die Position der Mitte ist gespalten: Die Präsidenten der Kantonal­parteien empfehlen «deutlich» ein Ja zur Ehe für alle. Die Delegierten der Kantonal­parteien treffen sich diesen Samstag in Zug zur Parolen­fassung. Bei der Schluss­abstimmung im Nationalrat stimmten 12 Angehörige der Mitte-Fraktion Ja und 14 Nein. 4 enthielten sich der Stimme, darunter auch Mitte-Partei­präsident Gerhard Pfister.

Wer dagegen ist: EDU, SVP, EVP und Teile der Mitte. Exponentinnen aus diesen Parteien haben auch das Referendum gegen das Gesetz ergriffen.

Was die Befürworter sagen: Homosexualität sei in der Schweiz gesellschaftlich «weitgehend anerkannt». Trotzdem seien Schwule und Lesben ohne die Möglichkeit der Ehe nicht gleich­berechtigt. Gleich­geschlechtliche Paare und ihre Kinder seien gesetzlich weniger abgesichert, «obwohl die Bundes­verfassung das Recht auf Ehe und Familie garantiert und jegliche Diskriminierung aufgrund der Lebens­form verbietet». Die Öffnung der Ehe sei somit eine längst überfällige gesetzliche Anerkennung der gleich­geschlechtlichen Liebe.

Was die Gegnerinnen sagen: Die Ehe sei als Gemeinschaft zwischen Mann und Frau zu schützen. Zudem bräuchten Kinder Vorbilder beider Geschlechter. Nähmen lesbische Paare eine Samen­spende in Anspruch, verwehre man dem Kind ein Recht auf den Vater. Daher konzentriert sich auch die Nein-Kampagne auf das Thema der künstlichen Befruchtung. Zudem befürchten die Gegner, dass die Annahme der Ehe für alle zu weiteren Forderungen führt wie etwa derjenigen nach der Legalisierung der Leih­mutterschaft.

99-Prozent-Initiative

Worum es geht: Die Jung­sozialistinnen (Juso) fordern mit ihrer Initiative eine höhere Besteuerung von Vermögens­­einkommen. Doch wen genau würde das betreffen und wie? Die Vorlage ist – wie fast immer, wenn es um Steuern geht – etwas kompliziert. Die Republik erklärt sie so kompakt wie möglich in diesem kurzen Beitrag: «Wann ist reich zu reich?»

Wer dafür ist: Juso, SP, Grüne, EVP, Gewerkschaften.

Wer dagegen ist: SVP, FDP, Mitte, GLP, Wirtschafts­verbände. Auch der Bundesrat und die Mehrheit des Parlaments haben sich gegen die Initiative ausgesprochen.

Was die Befürworte­rinnen sagen: Die höhere Besteuerung von Vermögens­einkommen führe zu Umverteilung und damit zu mehr steuerlicher und sozialer Gerechtigkeit. Das sei nötig, weil sich die Schere zwischen Arm und Reich auch in der Schweiz immer mehr öffne. Eine Annahme der Initiative würde aber auch die Kaufkraft der Bevölkerung stärken und damit der Wirtschaft zugutekommen.

Was die Gegner sagen: Die Initiative bestrafe Sparerinnen und schädige den Steuer- und Wirtschafts­­standort Schweiz. Bei einer Annahme der Vorlage drohten nicht nur Steuer­erhöhungen für Reiche, sondern auch solche für den Mittel­stand, für KMU und für Start-ups. Das sei unnötig, weil die Besteuerung von Vermögen in der Schweiz bereits hoch genug sei.

Und damit zum Briefing aus Bern.

Pandemie: Bundesrat weitet Zertifikats­pflicht aus

Worum es geht: Der Bundesrat hat am Mittwoch entschieden, die Zertifikats­pflicht für Personen ab 16 Jahren massiv auszudehnen. Diese gilt ab Montag im Innern von Restaurants, von Kultur- und Freizeit­einrichtungen und an Veranstaltungen in Innen­räumen. Betroffen sind unter anderem Museen, Bibliotheken, Zoos, Fitness­center, Hallen­bäder und Casinos. Ausnahme sind religiöse Veranstaltungen sowie Anlässe zur politischen Meinungs­bildung bis maximal 50 Personen – sie bleiben «aus Gründen des Grund­rechts­schutzes» von der Zertifikats­pflicht befreit, schreibt der Bundesrat in einer Mitteilung. «Wir wollen eine weitere Belastung des Spital­­sektors vermeiden und neue Schliessungen von Betrieben verhindern», sagte Bundes­präsident Guy Parmelin vor den Medien. Die Intensiv­stationen seien sehr stark ausgelastet. In einigen Kantonen würden Operationen verschoben. «Ein rascher Anstieg der Hospitalisationen und damit eine Über­lastung der Spitäler kann aufgrund der kühler werdenden Temperaturen im Herbst nicht ausgeschlossen werden», so der Bundesrat in der Mitteilung.

Warum Sie das wissen müssen: Die Ausweitung der Zertifikats­pflicht greift massiv in den Alltag der Bevölkerung ein. Laut Bundes­präsident Parmelin ist dies aber unumgänglich. Denn obwohl das Interesse an der Impfung etwas zugenommen habe, sei die Impf­geschwindigkeit nach wie vor tief. «Die Impfung schützt gut, sowohl vor einer Ansteckung als auch vor einer schweren Erkrankung. Zudem stecken erkrankte Geimpfte viel weniger häufig andere an», schreibt der Bundesrat in der Mitteilung. Das Zertifikat ermögliche auch, «Massnahmen gegen die Ausbreitung des Virus zu ergreifen, ohne gleich Einrichtungen zu schliessen oder bestimmte Aktivitäten zu verbieten». Wer die Pflicht missachtet, muss bezahlen: Der nicht regel­konforme Besuch einer Veranstaltung ohne Zertifikat kostet 100 Franken. Einrichtungen und Veranstaltungen droht eine Busse «bis hin zur Schliessung der Betriebe», so der Bundesrat. Die Massnahmen­gegner reagierten umgehend auf den Bundesrats­entscheid. Am Mittwoch­abend versammelten sich in Bern mehr als 1000 Menschen und marschierten vom Bahnhof zum Bundesplatz.

Wie es weitergeht: Die ausgedehnte Zertifikats­pflicht ist bis zum 24. Januar 2022 befristet. Der Bundesrat könne jedoch die Mass­nahmen auch früher wieder aufheben, «sollte sich die Situation in den Spitälern entspannen». Während die Regierung die Schraube zur Bekämpfung der Pandemie anzieht, hat die Vereinigung Freiheitliche Bewegung Schweiz laut eigenen Angaben über 100’000 Unterschriften für die «Stopp Impfpflicht»-Initiative gesammelt. Zu den Initianten gehören der Komiker Marco Rima und die SVP-National­rätin Yvette Estermann. Allerdings kann in der Schweiz bereits heute niemand gegen den eigenen Willen geimpft werden.

Referendum steht: Medien­gesetz kommt vors Volk

Worum es geht: Im Juni hat das Parlament einen Ausbau der Medien­förderung beschlossen. Tatsache wird dieser aber nur, wenn im kommenden Jahr auch die Stimm­bevölkerung Ja dazu sagt. Gemäss Aussage des Referendums­komitees sind nun die nötigen 50’000 Unter­schriften für einen Urnen­gang bereits einen Monat vor dem Ende der Sammel­­frist beisammen.

Warum Sie das wissen müssen: Schweizer Medien sollen nach dem Willen des Parlaments während der nächsten sieben Jahre mit 120 Millionen Franken mehr als bisher gefördert werden. Begründet wird dies mit ihrer grossen Bedeutung für die direkte Demokratie, der schwindenden Vielfalt sowie der tief greifenden Finanzierungskrise, in der sich die Medien wegen des Struktur­wandels befinden. Profitieren sollen gedruckte Medien, die Mitglieder- und die Stiftungs­presse, Online­medien, die Nachrichten­agentur Keystone-SDA sowie Ausbildungs­institutionen. Dem Ausbau hat ein über­parteiliches Komitee den Kampf angesagt, dem der frühere FDP-Nationalrat Peter Weigelt vorsteht. Öffentlich in Erscheinung getreten ist bisher aber primär Bruno Hug, Verleger von Linth24.ch. Er stört sich unter anderem daran, dass kostenlose Online­portale wie sein eigenes von der Medien­förderung ausgeschlossen werden sollen. Unterschriften für das Referendum gesammelt hat auch der Verein «Freunde der Verfassung», der auch gegen das Covid-19-Gesetz und eine angebliche Impfpflicht mobil­macht.

Wie es weitergeht: Bestätigt die Bundes­kanzlei das Zustande­kommen des Referendums, wird die Stimm­bevölkerung entweder am 13. Februar oder am 15. Mai 2022 über das Massnahmen­paket zugunsten der Medien befinden.

Afghanistan: Die Schweiz verdoppelt ihre Hilfsgelder

Worum es geht: Der Bundes­rat will in Afghanistan mehr Hilfe vor Ort leisten: Er bewilligte gestern zusätzliche 33 Millionen Franken für die humanitäre Hilfe. Bisher unterstützte die Schweiz das Land mit jährlich 27 Millionen Franken. Mit dem nun bewilligten Geld erhöht sich die Schweizer Hilfe auf insgesamt 60 Millionen Franken, welche in den kommenden 16 Monaten ausbezahlt werden sollen.

Warum Sie das wissen müssen: Nach der Macht­übernahme der Taliban hat sich die Sicherheits­lage weiter verschlechtert. Die Evakuierung von Schweizer Staats­angehörigen, afghanischen Orts­kräften und deren Familien verlief Ende August dramatisch. Die Schweiz entsandte dafür sogar Soldaten der Elitetruppe AAD 10 nach Kabul. Für die Zivil­bevölkerung im Land verschlechtert sich die Situation nach dem Abzug der internationalen Truppen weiter. «Die afghanische Bevölkerung befindet sich in einer akuten humanitären Notlage», schreibt der Bundesrat. Der drohende ökonomische Kollaps, die anhaltende Dürre und eine Hungers­not würden die Anzahl Menschen, die auf humanitäre Hilfe angewiesen sind, weiter erhöhen. Das Uno-Flüchtlings­hilfswerk UNHCR versucht deshalb unter anderem auch die Schweiz zu motivieren, zusätzliche Resettlement-Flüchtlinge aus Afghanistan aufzunehmen – bisher erfolglos. Ein Resettlement erlaubt es anerkannten Flüchtlingen aus einem Erst­zufluchts­land, in einem Drittland aufgenommen zu werden. Mehr als 100’000 Afghaninnen, die meisten in Pakistan, im Iran und in der Türkei, benötigen laut Uno ein Resettlement.

Wie es weitergeht: Das Parlament muss 23 der 33 zusätzlichen Millionen Franken für die humanitäre Hilfe in Afghanistan noch beraten, da das Geld als Nachtrags­kredit gesprochen wurde. Am 13. September findet in Genf eine von der Uno einberufene Konferenz statt, um die humanitäre Lage in Afghanistan zu diskutieren und die «Hilfe für das Land zu erhöhen», wie das Eidgenössische Aussen­departement schreibt. Der Bundes­rat «begrüsst» diese Konferenz ausdrücklich. Am Dienstag dieser Woche haben die Taliban eine Übergangs­­regierung gebildet. Anders als angekündigt ist diese nicht «inklusiv», sondern besteht ausschliesslich aus rang­hohen Taliban.

Versammlungs­freiheit: Beschränkung war nicht verhältnismässig

Worum es geht: Zu Beginn der Corona-Pandemie schränkten mehrere Kantone öffentliche und politische Kund­­gebungen stark ein. Nun hat das Bundes­gericht entschieden, dass der Regierungs­rat des Kantons Bern mit seiner Beschränkung auf maximal 15 Personen zu weit gegangen ist.

Warum Sie das wissen müssen: Gegen die im November 2020 beschlossene Beschränkung setzten sich unter anderem der Verein «Demokratische Juristinnen und Juristen», die Grünen, die Juso und die GSoA zur Wehr, nachdem die Berner Polizei im März 2021 einen Sitzstreik von Klima­aktivisten aufgelöst hatte. Am letzten Freitag haben nun vier von fünf Bundes­richterinnen entschieden, dass der Berner Regierungsrat mit seiner mittlerweile aufgehobenen Regel tatsächlich gegen die in der Verfassung garantierte Versammlungs­­freiheit verstossen hatte. Die Möglichkeit zu demonstrieren sei ein zentrales Element einer Demokratie, hielt das Gericht fest. Dessen Wichtigkeit verkenne ein Kanton, wenn er bei Demonstrationen nur 15 Personen zulasse. Ein solch «faktisches Demonstrations­verbot» könne auch in einer Pandemie nicht gerechtfertigt werden. In einer Mitteilung rechtfertigte sich die Berner Exekutive: Als die Regierung die Teilnehmer­zahl an Demos auf 15 Personen beschränkte, sei die Lage prekär und unsicher gewesen. «Der Regierungs­rat ist überzeugt, dass mit der Massnahme viele Ansteckungen und gar Todes­fälle verhindert werden konnten.»

Wie es weitergeht: Sollte im Verlauf der Pandemie noch einmal eine Beschränkung der Versammlungs­freiheit nötig werden, wird die Politik das Bundes­gerichts­urteil berücksichtigen müssen (gegenwärtig gibt es keine Beschränkung auf eine bestimmte Anzahl Teilnehmer an Kund­­gebungen). Eine fixe Zahl, an der sich die Kantone orientieren könnten, haben die Bundes­richter nicht definiert. Denn: Ebenfalls am vergangenen Freitag wiesen sie eine Beschwerde einer Covid-Massnahmen-kritischen Person gegen den Urner Regierungs­rat ab, die sich gegen die in Uri vorübergehend geltende Beschränkung auf 300 Personen gerichtet hatte. Heisst: Die goldene Zahl liegt gemäss Bundes­gericht offen­kundig irgendwo zwischen 15 und 300. Die beiden Urteile können an den Europäischen Gerichtshof für Menschen­rechte in Strassburg weiter­gezogen werden.

Rassismus: Viele Jüngere erleben Diskriminierung

Worum es geht: Rund 40 Prozent aller 15- bis 39-Jährigen haben in den letzten fünf Jahren Diskriminierung erlebt. Dies zeigt ein am Dienstag veröffentlichter Monitoring­­bericht der Fachstelle für Rassismus­­bekämpfung des Innen­­departements für die Jahre 2019 und 2020.

Warum Sie das wissen müssen: Der Bericht dokumentiert einen leichten Anstieg der erlebten Diskriminierung. Die Fachstelle führt diesen primär auf die starke Verbreitung von Rassismus und Hassrede im Internet sowie auf Social Media zurück. Zuletzt habe – befeuert durch die Pandemie – vor allem die Verbreitung antisemitischer Verschwörungs­theorien zugenommen. Gemäss der dem Bericht zugrunde­liegenden Erhebung erachten 58 Prozent der Bevölkerung Rassismus als ernstes gesellschaftliches Problem; allerdings ist nur knapp ein Drittel der Ansicht, dass mehr dagegen unternommen werden muss. Die Erhebung fördert jedoch auch positive Entwicklungen zutage: So zeigt sich im Vergleich zu den Vorjahres­werten eine leichte Abnahme negativer Meinungen gegenüber Ausländern. So war 2020 erstmals eine Mehrheit (52 Prozent) dafür, Menschen ohne Schweizer Pass politische Mitsprache­rechte auf kantonaler und kommunaler Ebene einzuräumen – eine Zunahme von 4 Prozent­punkten im Vergleich zu 2018.

Wie es weitergeht: Um Rassismus im Internet wirksamer zu bekämpfen, hat die Fachstelle ihre Finanz­hilfen jüngst schwerpunkt­mässig auf entsprechende Projekte ausgerichtet. Systematische Gegen­massnahmen stünden derzeit allerdings noch am Anfang, schreibt sie in ihrem Bericht. Staatliche und zivil­gesellschaftliche Akteure, User und Plattform­betreiberinnen müssten gemeinsam Wege finden, eine sichere, diskriminierungs- und rassismus­freie Umgebung zu schaffen.

Immunität der Woche

Sie in Stöckel­schuhen, die Polizisten in Vollmontur: Im Juni 2020 wurde National­­rätin Sibel Arslan in Basel abgeführt. Zuvor hatte die Grüne versucht, eine Konfrontation zwischen der Staats­gewalt und demonstrierenden Frauen zu verhindern. Die Politikerin war herbei­gerufen worden, um an der Demonstration des feministischen Streiks zwischen den Fronten zu vermitteln. Doch statt Brücken­bauerin wurde Arslan im Nach­hinein zu Juristen­futter: Denn laut Basler Staats­anwaltschaft hat sie eine Amts­handlung behindert, den Verkehr gestört und gegen das Covid-Gesetz verstossen. Ermitteln darf die Basler Staats­anwalt aber vorerst nicht: Die Immunitäts­­kommission des National­­rats stellt sich hinter Arslan und schützt deren Immunität. Die Kommission fragt sich, «ob überhaupt eine straf­rechtliche Relevanz» vorliege, und schreibt, dass sie «angesichts der ehren­werten Absichten von National­rätin Arslan» in deren Handlungen «keine schwere Verfehlung» erkenne. Ganz durch ist die Sache aber noch nicht: Die stände­rätliche Kommission muss noch beraten. Aber hey: Haupt­sache, Juristen hatten was zu futtern.

Illustration: Till Lauer

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