Erbsen, auf dem Weg zum «Fleisch».

Challenge Accepted

Der grosse Beef ums Fleisch

Steak, Burger, Poulet, jedoch auf pflanzlicher Basis: Hersteller nutzen die vertraute Fleisch­kultur, um ihre Ersatz­produkte an die Massen zu verkaufen. Das sorgt für Ärger. Der Kampf um fleisch­ähnliche Namen wird nun vor Gericht ausgetragen.

Von Sabrina Weiss (Text) und Maurizio Di Iorio (Bild), 18.03.2024

Vorgelesen von Danny Exnar
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Es sieht aus wie Poulet, schmeckt wie Poulet – sollte es also den gleichen Namen tragen dürfen? Wenn es nach Herstellern von Fleisch­alternativen geht: Ja. Schliesslich wollen sie mit ihren Produkten nicht nur Veganer und Vegetarierinnen ansprechen, sondern alle, die gelegentlich das Fleisch in ihren Lieblings­gerichten ersetzen möchten. Nur so können die Hersteller ihr Versprechen einlösen, etwas Gutes für die Umwelt zu tun, und gleichzeitig profitabel werden.

Die Erzeugung tierischer Produkte macht mindestens 10 Prozent aller menschen­verursachten Treibhausgas­emissionen in der Schweiz aus. Zudem brauchen die Nutztiere viel Land und viel Futter, das meist importiert wird. Fleisch, das für unseren Verzehr importiert wird, vergrössert den ökologischen Fuss­abdruck noch einmal deutlich.

Hersteller von Fleisch­alternativen wollen dies ändern. In der Schweiz erlebte die Nachfrage nach Fleisch­ersatz­produkten seit 2016 einen starken Aufschwung. Besonders im ersten Pandemie­jahr, als Detail­händlerinnen damit fast doppelt so viel erwirtschafteten wie vier Jahre zuvor. Obwohl sich der Gesamt­umsatz seither bei rund 90 Millionen Franken pro Jahr eingependelt hat, ist Fleisch­ersatz nicht mehr wegzudenken: Sogar in Imbiss­buden und Restaurants wimmelt es mittler­weile von Produkten wie «planted.chicken» oder «Beyond Burger».

Bei den Konsumenten kommen sie gut an: Jede vierte Schweizerin gibt an, mehrmals im Monat Fleisch­ersatz zu essen. Vor allem der Umwelt oder der eigenen Gesundheit zuliebe, oder zum Schutz der Tiere.

Trotzdem ist es den hiesigen Herstellern bisher nur gelungen, etwa 2 Prozent des milliarden­schweren Fleisch­marktes zu erobern. Sie sind aber noch lange nicht satt und versuchen, die Preise ihrer Produkte zu senken. Zudem feilen sie ständig am Geschmack und an der Textur ihrer Produkte, um auch die breite Masse der Fleisch­liebhaberinnen zu erreichen.

Planted, das erfolgreichste Schweizer Start-up in diesem Bereich, lancierte im März ein pflanzliches «Rindsfilet­steak». Die zarte, saftige Textur von rotem Fleisch nachzubilden – das gilt in der Welt von Fleisch­alternativen als der Heilige Gral.

Um mehr Menschen zu erreichen, setzen Unternehmen wie Planted auch auf etwas, was die traditionelle Industrie längst etabliert hat: die tiefe Verankerung von Fleisch in unserer Esskultur. Daher vermarkten sie ihre Produkte bewusst mit vertrauten Begriffen, die uns das Wasser im Mund zusammen­laufen lassen. Ein «pflanzliches Steak» weckt unsere Sinne, ein «Stück fermentiertes, pflanzliches Protein» eher Erinnerungen an den Biologie­unterricht in der Schule.

Doch genau hier regt sich Widerstand. Philipp Sax vom Schweizer Fleisch-Fachverband findet klare Worte: «Da wird unnötig abstrahiert. Ebenso werden die Erwartungen der Konsumenten oftmals nicht erfüllt, kann doch dabei auch der Eindruck der Täuschung entstehen», sagt er.

Die öffentliche Debatte über die Bezeichnungen von Ersatz­produkten hat in den letzten Jahren so stark zugenommen, dass nun Gerichte darüber beraten, was Fleisch sein darf und was nicht. In der Schweiz steht das oberste Gericht kurz davor, ein Urteil zu den Vorzeige­produkten von Planted zu fällen, das für die Branche richtungs­weisend sein könnte.

Ein Poulet aus Erbsen

Der Kern des Rechts­streits dreht sich darum, dass Planted seine erste Produkt­reihe als pflanzliches Poulet bezeichnet. Dafür müssen wir etwas ausholen.

In einer ehemaligen Maggi-Fabrik in Kemptthal, im Kanton Zürich, mischt das junge Unternehmen seit 2020 Erbsenmehl ​​mit Wasser und Rapsöl – in einer Maschine, die üblicher­weise zur Herstellung von Pasta verwendet wird. Diese Maschine knetet die Masse zu einem Teig und erhitzt ihn.

Wenn der Teig dann durch die Kühldüse gepresst wird, bildet er eine Struktur, die den Muskel­fasern in Fleisch ähnelt und reich an Proteinen, Ballast­stoffen, Vitamin B12 ist. Anschliessend wird das Produkt etwa in Geschnetzeltes oder in die Form einer Poulet­brust geschnitten und auf der Verpackung mit «planted.chicken» gekennzeichnet.

«Wir behaupten nicht, dass es tierisches Poulet ist, das wäre eine Täuschung des Konsumenten», erklärt Judith Wemmer, während wir von einer Galerie auf die Anlage hinunter­blicken. Sie ist in der Geschäfts­leitung und unter anderem verantwortlich für die Produkt­entwicklung bei Planted.

Vorsätzliche Täuschung, das liegt nicht im Interesse eines seriösen Unternehmens – denn Kundinnen, die ein Produkt kaufen, weil sie denken, es handle sich um tierisches Fleisch, und dann enttäuscht sind, werden wohl kaum erneut zu jener Marke greifen.

Stattdessen verspricht Planted einen «neuen Standard für Fleisch auf pflanzlicher Basis», mit dem sich im Vergleich zu Poulet etwa rund 77 Prozent der Emissionen und 85 Prozent des Wasser­verbrauchs einsparen liessen. Ausserdem positioniert das Start-up seine Produkte neben anderen Fleisch­alternativen, die oft eine lange Liste an Zutaten und Zusatz­stoffen haben – ein Punkt, den Kritiker als Anzeichen dafür sehen, dass die Produkte stark verarbeitet und weniger gesund sind als tierisches Fleisch.

Der Produkt­name «planted.chicken» fungiert als Fleisch­metapher, die es den Konsumentinnen erleichtern soll, von tierischem Poulet auf Erbsen­protein umzusteigen. «Mit dieser Bezeichnung auf der Verpackung informieren wir den Kunden, wie ein Produkt eingesetzt werden kann und welche Erwartungen er haben kann», sagt Wemmer. Ein Rezept für thailändisches Curry oder Fajita mit Poulet googeln – und dann einfach nachkochen.

Diese Fleisch­metapher hat dem Start-up aber einen lang­wierigen Rechts­streit eingebracht. Im Mai 2021 forderte das Lebensmittel­inspektorat des Kantons Zürich Planted auf, Hinweise auf tierisches Fleisch auf seinen Verpackungen zu unterlassen. Eine Einsprache wurde abgelehnt. Planted wandte sich daraufhin an die Gesundheits­direktion und später an das Zürcher Verwaltungs­gericht, das zugunsten von Planted entschied. Das Gericht stützte sich unter anderem auf eine Umfrage, die von Planted in Auftrag gegeben wurde und bei der 93 Prozent der 777 Befragten in der Deutsch­schweiz erkannt hätten, dass es sich bei «planted.chicken» um ein veganes Produkt ohne Huhn handle. Es bestehe also keine Verwechslungs­gefahr.

Damit war der Fall jedoch noch nicht abgeschlossen: Anfang 2023 reichte das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) beim Bundesgericht Beschwerde ein, ein Urteil wird in den kommenden Monaten erwartet. Das EDI interpretiert die lebensmittel­rechtlichen Vorschriften über den Täuschungs­schutz anders als das Zürcher Verwaltungs­gericht. Und hofft auf Klarheit bei der Regulierung der aufstrebenden Branche. «Da sich die Frage der Kenn­zeichnung von veganen Fleischersatz­produkten auch in Zukunft stellen wird, hofft das EDI, dass das Bundes­gericht mit seinem Entscheid Rechts­sicherheit schaffen wird», erklärt Sarah Camenisch, eine Sprecherin des Departements, auf Anfrage der Republik.

Der Schweizer Fleisch-Fachverband hat sich in Fach­gremien und in den Medien immer wieder zu diesem Thema geäussert. Philipp Sax, Ressort­leiter Bildungs­politik und Kommunikation, findet die Verwendung von fleisch­spezifischen Begriffen für Ersatz­produkte «sehr stossend». Dies vor allem, weil Bezeichnungen von Produkten verwendet würden, von denen man sich explizit abheben wolle. «Ein Wider­spruch par excellence», sagt Sax.

Planted vermutet die Fleisch­lobby hinter der Beschwerde, die den Status quo erhalten wolle. «Einige laute Stimmen setzen sich vehement gegen fleisch­ähnliche Bezeichnungen ein, weil es für sie persönlich ein emotionales Thema ist», sagt Judith Wemmer. Der Fleisch-Fachverband weist eine Beteiligung zurück.

Spielraum für Interpretationen

Eines ist klar: Der Widerstand gegen die Bezeichnungen von veganen Produkten kommt von verschiedenen Seiten. Das zuständige Bundesamt für Lebensmittel­sicherheit und Veterinär­wesen (BLV) hat 2021 seine Richtlinien aktualisiert, wonach Ersatz­produkte keine Tierart nennen dürften. «Wird beispiels­weise von veganem Rindfleisch oder Schweine­fleisch gesprochen, ist das nach Auffassung des EDI ein Widerspruch in sich, der die Konsumierenden irreführen kann», führt Camenisch in einer E-Mail aus.

Auch die Stiftung für Konsumenten­schutz (SKS) hat den entsprechenden kantonalen Lebensmittel­inspektoren Produkte von Planted und Coop zur Prüfung vorgelegt.

Coop hatte seine haus­eigenen veganen Yolo-Produkte zunächst mit den englischen Begriffen für Poulet, Rindfleisch oder Fleisch gekennzeichnet, diese jedoch grafisch durch­gestrichen. Anfang 2022 passte die Detail­händlerin ihre Verpackungen gemäss den BLV-Richtlinien an und kündigte im Januar dieses Jahres an, alle veganen und vegetarischen Produkte unter der neuen Marke «Betty Bossi Plant Kitchen» zu vereinen. Coop nennt auf den eigenen Verpackungen also keine zu imitierenden Tierarten mehr, führt jedoch weiterhin Produkte von Planted und anderen Herstellern im Sortiment.

Nun kommen wir zum Kern des laufenden Verfahrens gegen Planted: Das Informations­schreiben des BLV ist an sich nicht rechts­verbindlich, sondern soll den Vollzugs­behörden und verschiedenen Unternehmen bei der Auslegung bestehender Gesetze, wie etwa dem Täuschungs­verbot, dienen. Und genau bei dieser Auslegung besteht Uneinigkeit.

«Aus unserer Sicht gibt das Recht eben keine klare Schwarz-Weiss-Einstufung vor, sondern bietet hier einen Interpretations­spielraum», sagt Karola Krell. Krell ist Anwältin für Lebensmittel­recht, und mit «uns» meint sie die Swiss Protein Association, die Planted Ende 2021 zusammen mit grossen Lebensmittel­herstellern wie der Migros Industrie und Bell Food Group gegründet hat.

Für die Fleisch­lobby geht es jedoch um weit mehr als nur das Tier in den Produkt­namen. Der Verband lehnt die Verwendung jeglicher Begriffe aus der Fleisch­industrie ab: Steak, Wurst, Burger, die Liste ist lang.

«Es sollten die gleich langen Spiesse für alle gelten», sagt Philipp Sax. Und er macht seine Argumentation am Beispiel einer Bratwurst fest: Eine pflanzliche Bratwurst müsse nur als vegan oder vegetarisch gekennzeichnet werden, während ihre tierischen Pendants klare Vorschriften in Bezug auf ihre Zusammen­setzung erfüllen müssten. Eine Kalbs­bratwurst muss beispielsweise aus mindestens 50 Prozent Kalb bestehen. «Auch der Begriff Bratwurst entspricht einer bereits gut etablierten Gattungs­bezeichnung, die man nicht verfälschen sollte», sagt Sax.

Positive Fleisch­metaphern

Die Wortwahl spielt eine Rolle. Natürlich möchte der Verband nicht, dass den Metzgern und Fleisch­verarbeiterinnen zu viele Kunden abhanden­kommen. Doch gerade mithilfe dieser Zielgruppe möchten die Herstellerinnen von Ersatz­produkten aus ihrer Nische heraus­kommen und einen Wandel in der Ernährung der Gesellschaft vorantreiben. Und dafür setzen sie bewusst auf Fleisch­metaphern.

«Sich die positiven Erfahrungen und Assoziationen der Menschen mit Fleisch zunutze zu machen, ist natürlich auch ein Macht­verfahren und ein Prozess, durch den Innovation stattfindet», sagt Hugo Caviola von der Universität Bern. Er erforscht, wie der Sprach­gebrauch unsere Ernährung beeinflusst. Für Caviola haben Fleisch­metaphern eine bedeutende Wirkung: Jedes Mal, wenn sie verwendet werden, eröffnen sie einen Deutungs­rahmen, der auf gesell­schaftliche Praktiken verweist und all die Erinnerungen abruft, die wir etwa mit Steaks, Wurst, Burger verbinden.

Auch wenn wir «den Braten riechen» oder hören, dass es «um die Wurst geht», werden wir sanft daran erinnert, dass «Fleisch etwas Gutes, Erstrebens­wertes, Hochwertiges ist», sagt Caviola.

Fleischgerichte dominieren weiterhin die meisten Speise­karten. «Das Fleisch ist meist der Namens­geber eines Menüs und der Star auf dem Teller. Pflanzliches gilt als Beilage», sagt Caviola. «Das ist sehr schwer zu ersetzen. Aber Innovationen schleichen sich ein.»

Durch die Schaffung hybrider Begriffe werden neue Produkte niedrig­schwellig für Konsumentinnen zugänglich gemacht. Mit anderen Worten: Es liegt auf der Hand, dass ein veganer Burger in ein Brötchen gesteckt wird, während uns eine «vegane Scheibe» etwas ratlos zurücklässt. Der Begriff «Burger» bezieht sich dabei auf die Zubereitung und nicht auf die Zutaten.

Die wenigen Studien und Umfragen, die sich mit der Vermarktung von Ersatz­produkten befassen, legen nahe, dass fleisch­ähnliche Namen Konsumenten ansprechen, je nach Gesamt­aufmachung des Produkts. Die Bezeichnung «pflanzen­basiert» wird tendenziell als gesünder wahrgenommen als «Fleisch­alternative», «vegan» eher als teuer.

Aber wie bei dieser Art von Forschung üblich, basieren die Experimente und Umfragen auf hypothetischen Szenarien und freiwilligen Selbst­auskünften der Probandinnen. So schrieb eine schottische Forscher­gruppe in ihrer Studie: «Wir können nicht wissen, ob die bekundete Bereitschaft tatsächlich dazu führt, dass ein Produkt in einem realen Supermarkt oder Restaurant ausgewählt wird, oder ob sie sich sogar im tatsächlichen Essverhalten widerspiegelt.»

Oder andersrum: Wir können nicht wissen, ob Konsumenten wegen einer «irreführenden» Aufmachung versehentlich Fleisch­alternativen kaufen, es sei denn, sie melden dies ausdrücklich.

Essen ist politisch

Sollte das Bundesgericht entscheiden, das Tier in veganen Produkt­namen zu verbieten, wäre die Schweiz das erste Land, das eine solche Massnahme ergreift. Doch nicht das einzige – andere europäische Länder gehen sogar noch weiter und wollen fleisch­ähnliche Bezeichnungen wie Steak, Wurst, Burger gänzlich verbieten, ähnlich wie es die obersten EU-Richter 2017 bereits im Fall von Milch­produkten getan haben.

Weil Fleischersatz aus Erbsen, Soja oder Weizen gemäss den Verpackungs­vorschriften jeweils als vegan oder vegetarisch gekennzeichnet wird, lehnte das EU-Parlament ein solches Verbot im Jahr 2020 ab. Seither versuchen Italien und Belgien, eigene Verbote durchzusetzen, die französische Regierung hat diesen Februar eine entsprechende Verordnung verabschiedet.

Jede Änderung der Vorschriften in Europa könnte für internationale Unternehmen wie Planted, das bereits Tausende von Super­märkten und Gastronomie­betrieben ausserhalb der Schweiz beliefert, teuer werden.

Dennoch treibt Planted die Expansion weiter voran, will neue Märkte und weitere Mahlzeiten erobern. Neben der Alternative zum Rindersteak hat das Start-up dieses Jahr seinen ersten Aufschnitt auf den Markt gebracht. Bei meinem Treffen mit Judith Wemmer in der Kemptthaler Produktions­stätte im Januar stellte uns der hauseigene Koch die neue Kreation auf den Tisch: eine Lyoner auf Basis von Erbsen­protein, die von ihrem tierischen Pendant kaum zu unter­scheiden wäre, läge die Verpackung nicht daneben.

Mit Aufschnitten will Planted also auch Konsumenten beim Frühstück oder bei der beliebten Schweizer Tradition, dem Apéro, erreichen – und so die Zahl der Kundinnen schrittweise steigern. Denn der Absatz von pflanzlichen Charcuterie- und Wurst­produkten verzeichnet in der Schweiz weiterhin ein starkes Wachstum, während er in anderen Kategorien zu stagnieren scheint.

Das BLV hält in seinem Informations­schreiben fest, dass auch Sach­bezeichnungen wie «vegane Lyoner» nicht zulässig seien. Planted besteht darauf, die geltenden Gesetze einzuhalten, und hofft auf baldige Klarheit in Bezug auf seine Poulet­alternativen, die Gegenstand des Gerichts­verfahrens sind. «Wir hätten unsere Ressourcen lieber anderweitig eingesetzt, aber ich glaube nicht, dass es uns schadet», sagt Judith Wemmer.

Ob das Bundes­gericht nur über die Nennung von Tierarten oder über die allgemeine Bezug­nahme auf Fleisch in der Vermarktung von veganen Produkten entscheiden wird, lässt sich nicht vorhersagen.

Lehren aus dem Verbot veganer Milchnamen

Was heisst das alles nun für die Zukunft von Fleisch­ersatz­produkten?
Hinweise gibt die Hafermilch: Der schwedische Hersteller Oatly geriet in einen öffentlichen Streit mit der Milch­industrie und unterlag vor Gericht. Seine Werbung wurde 2015 verboten, da sie den Haferdrink als «Milch, aber für Menschen» beschrieb. Das damals noch kleine Unternehmen rückte dadurch ins Rampenlicht.

Als Oatly dann 2018 in Gross­britannien startete, butterte es weitere 700’000 Pfund in die gleiche Werbung, um sie dort zu zeigen. Das Unternehmen wurde quasi über Nacht zum Erfolg und expandierte über Europa hinaus in die USA und China.

Natürlich beruht der Erfolg nicht nur auf kontroverser Werbung und Aufmerksamkeit durch Rechts­streitigkeiten; das Unternehmen entsandte seine Vertreterinnen in Cafés weltweit, verteilte dort kostenlose Proben und überzeugte so die beste Art von Influencer: die Baristas. Oatly wurde zum Synonym für Hafermilch, und die Hafermilch zum festen Bestandteil der Kaffeekultur.

Dass man heute in Europa eigentlich nur noch Haferdrink sagen darf, interessiert im Alltag niemanden. Die Sprache entsteht im Gebrauch, nicht im Gerichtssaal.

Und so werden wohl auch die Menschen am Grill und in der Küche entscheiden, ob das Fleisch, das kein Fleisch ist, Fleisch heissen soll.