Das muss reichen? Es kommt eben auch auf die Menge an.

Warum vegan allein auch nicht die Lösung ist

Wer sich vegan ernährt, schützt das Klima am wirksamsten. Doch der Fleischkonsum steigt global weiter an. Forscherinnen und Landwirte suchen deshalb das nachhaltige Steak. Kann das klappen?

Von Katharina Wecker (Text) und Schmott Studios (Bild), 03.12.2021

Journalismus, der Ihnen hilft, Entscheidungen zu treffen. Und der das Gemeinsame stärkt: die Freiheit, den Rechtsstaat, die Demokratie. Lernen Sie uns jetzt 21 Tage lang kostenlos und unverbindlich kennen:

Ich habe ein Problem. Ich bin eine Klima­journalistin, und ich esse gerne Schnitzel. Nun ist mir bewusst, dass man diese zwei Fakten eigentlich gar nicht in einem Satz schreiben dürfte. Denn ich weiss ja nur zu gut, dass Fleisch der Klima­killer schlechthin unter den Lebens­mitteln ist.

Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Viehzucht allein macht jährlich rund 14,5 Prozent der vom Menschen verursachten Treibhausgas­emissionen aus. Zum Vergleich: Alle Autos, Lastwagen, Flugzeuge und Schiffe der Welt verursachen zusammen­gerechnet 21 Prozent der CO2-Emissionen.

Oder anders ausgedrückt: Wenn wir die Erderwärmung im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter auf unter 1,5 Grad Celsius begrenzen wollen, können wir weltweit insgesamt noch 322 Gigatonnen CO2 in die Luft pusten. Doch die Fleisch­produktion allein verursacht bereits 7,1 Gigatonnen CO2 pro Jahr. Wir könnten also noch 45 Jahre weiter wie bisher Fleisch essen, dürften aber ab sofort in keinem anderen Bereich mehr Emissionen verursachen: nicht beim Auto­fahren, nicht beim Heizen, nicht beim Aufladen des Smartphones.

Die vegane Ernährung gilt deswegen als klima­freundlichste. Wer rein pflanzlich isst, kann bis zur Hälfte seiner lebensmittel­bezogenen Emissionen einsparen, errechneten Forscher der Universität Oxford.

Würden also alle Menschen zu Veganerinnen werden, kämen wir den Klima­zielen einen grossen Schritt näher.

Ich kenne die Zahlen in- und auswendig. Und trotzdem koche ich ab und zu liebend gerne Spaghetti bolognese oder esse Rinds­rouladen. Ja, es gibt mittler­weile leckere vegane Alternativen. Aber manchmal muss es einfach Fleisch sein.

Ich bin damit nicht allein.

Die Schweizer essen heute zwar durchschnittlich etwa 10 Kilogramm weniger Fleisch pro Jahr als noch vor 30 Jahren. Dennoch kommen Schinken, Würstchen und Poulet immer noch häufig auf den Teller; bei der Hälfte der Bevölkerung fast täglich.

Weltweit steigt der Fleischkonsum dagegen stetig. Ende dieses Jahrzehnts werden laut der Organisation für wirtschaftliche Zusammen­arbeit und Entwicklung (OECD) weltweit 12 Prozent mehr Fleisch gegessen werden als heute. Die Vereinten Nationen rechnen damit, dass 2050 global 450 Millionen Tonnen Fleisch produziert werden. Jetzt sind es rund 350 Millionen Tonnen. Ein Grossteil des Wachstums wird aus heutigen Entwicklungs- und Schwellen­ländern kommen, in denen die Menschen sich immer mehr Fleisch leisten können.

Die Lust auf Fleisch wird also nicht so schnell verschwinden. Zumindest nicht so schnell, wie es nötig wäre, um die Klima­ziele zu erreichen. Eine rein vegane Ernährung für den Grossteil der Menschheit ist daher keine realistische Lösung, auch wenn sie wünschens­wert wäre. Das Ganze ist, abgesehen davon, auch eine Frage der Moral, eine Frage der Gerechtigkeit: Soll man darauf bestehen, dass die Menschen in Entwicklungs­ländern auf eine fleischreiche Ernährung verzichten, sobald sie sich diese zum ersten Mal leisten können – während wir uns in Industrie­ländern jahrzehnte­lang täglich Wurst und Fleisch gönnten?

Wenn wir also davon ausgehen und akzeptieren, dass Fleisch weiterhin eine wichtige Rolle in der Ernährung spielen wird, wie könnte eine klima- und umwelt­freundliche Produktion aussehen?

Um die Frage zu beantworten, werfen wir einen kurzen Blick in die Labore und Landwirtschafts­betriebe der Zukunft.

Klima­freundliche Ernährung für Kühe

Geht es ums Klima, ist Fleisch nicht gleich Fleisch. Die einzelnen Fleisch­sorten unterscheiden sich in ihrer Klimawirkung deutlich. Rindfleisch verursacht mit Abstand am meisten CO2 pro Kilogramm (13,6 Kilogramm CO2-Äquivalente), gefolgt von Poulet (5,5), Schwein (4,6) und Wurst (2,9).

Ein Grund, warum Kühe besonders klimaschädlich sind: Sie stossen beim Rülpsen und Furzen das hochwirksame Klimagas Methan aus. Und das fällt ins Gewicht: Methan ist in den ersten 20 Jahren in der Atmosphäre 80-mal klimaschädlicher als CO2. Die Welt­ernährungs­organisation der Vereinten Nationen (FAO) schätzt, dass Methan für 44 Prozent der Emissionen verantwortlich ist, die der Fleisch­produktion zuzuschreiben sind.

Deswegen fokussieren sich viele Forschungs­projekte auf Rindfleisch. Sie suchen nach Möglichkeiten, wie Kühe auf den Wiesen und im Stall weniger Methan verursachen könnten.

Gelungen zu sein scheint das einem Hersteller von Nahrungs­zusätzen, der Firma DSM mit Sitz in den Nieder­landen. Sie hat in ihrem Forschungs­zentrum in Kaiseraugst einen Futter­zusatz entwickelt, der das Enzym unterdrückt, das für die Methan­erzeugung im Pansen der Kuh verantwortlich ist. Dadurch sollen nach Angaben des Unternehmens Milchkühe etwa 30 Prozent weniger Methan ausstossen und Mastrinder sogar bis zu 90 Prozent weniger.

In den USA und in Australien wird an ähnlichen Projekten geforscht. Wissenschaftlerinnen der University of California haben Kühe mit einer bestimmten Sorte Rotalge gefüttert und kamen auf ähnliche Ergebnisse wie DSM: Die Tiere produzierten über 80 Prozent weniger Methan.

Solche Futterzusätze sollen laut mehreren unabhängigen Studien keine Neben­wirkungen haben. Wenn die Tiere die Zusätze ins Futter gemischt bekommen, scheiden sie weniger Methan aus. Und sobald sie weggelassen werden, rülpsen und furzen sie wieder genauso viel Methan wie vorher. Allerdings hätten sich die Kühe bei den Algen­futter­zusätzen erst an den Geschmack gewöhnen müssen, schreiben die Studienautoren.

Wie begeistert Landwirtinnen von solchen Futter­zusätzen sein werden, muss sich noch zeigen. Schliesslich entstehen dadurch Mehrkosten, die erst wieder reingeholt werden müssen.

Brasilien und Chile haben den Futter­zusatz von DSM bereits zugelassen. Das Unternehmen wartet momentan auf eine Zulassung in der EU.

Methanreduzierende Futterzusätze könnten einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz in der Land­wirtschaft leisten. Allerdings ist Methan nur eines von mehreren Problemen, was die Klima­bilanz der Tierproduktion betrifft. Fast wichtiger ist der Platz, den Kühe benötigen. Denn Platz ist die alles entscheidende Grösse in der Klima­rechnung unserer Ernährung.

Je mehr unbewirtschaftete Natur es gibt, desto besser. Wälder und Wiesen wandeln CO2 in Sauerstoff um. Natürlich gewachsene Ökosysteme wie Moore und Urwälder speichern gewaltige Mengen an Klima­gasen. Wo immer Natur- in Kulturland umgewandelt wird, wird der Klima­wandel vorangetrieben.

Bis heute haben wir etwa ein Drittel der einstigen Wald­flächen der Erde gerodet. Auf der Hälfte der für den Menschen nutzbaren Landfläche findet heute Landwirtschaft statt. Davon werden wiederum fast 80 Prozent direkt oder indirekt für die Erzeugung von Fleisch verwendet.

Das ist extrem ineffizient. Denn Fleisch liefert nur etwa 18 Prozent der Kalorien, die uns Menschen ernähren. Viel Land für vergleichs­weise wenig Kalorien.

Wie könnte man Land also besser nutzen?

Und wenn wir die Massen­tierhaltung abschaffen?

Simona Moosmann und ihr Mann halten 10 Schottische Hochlandrinder auf ihrem Hof in Deutschland. Im hügeligen Südschwarzwald fühlen sich die hellbraunen, zotteligen Tiere wohl. Sie grasen auf der Weide, knabbern an Bäumen und Büschen herum.

Im Winter bekommen die Rinder zusätzlich noch Heu. Sonst nichts. Denn die Moosmanns betreiben eine grasbasierte Rinderzucht.

Dafür wird hauptsächlich Land genutzt, das sich nicht für den Ackerbau eignet. Bei den Moosmanns im Schwarz­wald sind die Wiesen zu hügelig und feucht, als dass dort Kartoffeln, Weizen oder Gemüse angebaut werden könnte.

Mit den Rindern wird das Land effektiv genutzt. Denn die Tiere fressen Gras, das wir nicht verdauen können, und wandeln es in etwas Essbares für uns Menschen um: Fleisch.

Nehmen wir an, wir würden die heutige Massen­tierhaltung abschaffen und nur grasende Rinder auf anderweitig nicht nutzbaren Weiden halten, was würde sich verändern? Die Antwort ist einfach: Es würde viel Land frei werden. Von den 80 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen, die heute für die Erzeugung von Fleisch verwendet werden, könnte ein Grossteil anders genutzt werden. Äcker, auf denen Soja für Tier­futter angebaut wird, würden frei werden. Man könnte mehr Gemüse anbauen. Oder die Felder der Natur zurückgeben.

Doch wie viel Fleisch könnten wir damit noch produzieren?

Die Vereinten Nationen schätzen, dass heute weltweit etwa 10 Prozent des produzierten Rind­fleisches und 30 Prozent des Schaf- und Ziegen­fleisches aus der grasbasierten Zucht kommen. Zahlen und Hoch­rechnungen dazu zu finden, wie viel Fleisch weltweit noch verfügbar wäre, wenn sich die Tiere hauptsächlich noch von Gras ernähren würden, ist allerdings schwer.
Doch eins lässt sich mit Sicherheit sagen: Wir könnten deutlich weniger Fleisch essen als bisher.

Für die Landwirtin Simona Moosmann geht es sowieso darum, weniger, dafür aber besseres Fleisch zu essen. Und das Fleisch von ihren Hochland­rindern sei besonders gut. «Es ist schön marmoriert und verliert beim Kochen nicht so viel Wasser», sagt sie.

Um Ressourcen so gut wie möglich zu schonen, sei es ausserdem wichtig, alles vom Tier zu verwerten. Also nicht nur Braten und Steak zu essen, sondern auch Herz, Zunge und Leber.

Die sogenannte Nose-to-tail-Methode, bei der es darum geht, das ganze Tier von der Nase bis zum Schwanz zu essen, bringt uns zum nächsten Punkt. Beziehungsweise zum gegenteiligen Gedanken: nur das zu züchten, was auch gegessen wird. Womit wir beim In-vitro-Fleisch wären.

Fleisch (fast) ohne tote Tiere

«We shall escape the absurdity of growing a whole chicken in order to eat the breast or wing, by growing these parts separately under a suitable medium», schrieb Winston Churchill im Jahr 1931.

Der spätere Premierminister von Gross­britannien erkannte also schon damals, was für eine Verschwendung es doch ist, ein Hühnchen aufzuziehen, um dann nur bestimmte Teile davon zu essen. Im Essay «Fifty Years Hence», aus dem das Zitat stammt, sagte er vor 90 Jahren mehr oder weniger akkurat die Entwicklung des In-vitro-Fleischs voraus.

Heute arbeiten Forscherinnen und Start-ups in Laboren daran, Fleisch herzustellen, ohne dass dafür Tiere massenhaft gehalten und geschlachtet werden müssen. Burger, Hackfleisch oder Chicken Nuggets werden einfach in Petrischalen gezüchtet.

Befürworter sehen darin eine Möglichkeit, weiterhin Fleisch zu essen ohne ethische oder ökologische Nachteile.

Doch wie genau funktioniert das Ganze? Um echtes Fleisch im Labor herzustellen, braucht es Stamm­zellen, die unter den richtigen Bedingungen neues Gewebe auch ausserhalb eines Tierkörpers produzieren können. Dafür wird beispiels­weise einer Kuh eine Gewebe­probe aus dem Muskel entnommen.

Die Zellen werden dann in eine kleine Schale mit einem Nährmedium gelegt, das sie mit Nahrung versorgt. Wenn die Umgebung steril und konstant warm bei 37 Grad ist, vermehren sich die Zellen und setzen sich zu einem Gewebe zusammen.

Damit das Laborfleisch schmeckt, wird das Muskel­gewebe mit Fett gemischt. 2013 wurde der erste In-vitro-Burger auf einer Presse­konferenz in London serviert. Die Gastro­kritikerinnen, die ihn probieren durften, sagten damals zum Beispiel: «Mir fehlt ein bisschen mehr Fett, es ist mager, aber es fühlt sich generell wie ein Hamburger an.»

In den letzten Jahren ist ein regelrechter Hype um Labor­fleisch entstanden. Fast 60 Start-ups tüfteln weltweit an In-vitro-Fleisch herum. Die grösste Herausforderung ist neben dem Geschmack die Frage, wie man die Produktion massen­tauglich machen kann – und bezahlbar.

Denn der erste Labor-Burger kostete noch etwa 300’000 Euro. Mittlerweile sind die Herstellungs­kosten gesunken, aber sie sind immer noch hoch. Das hat unter anderem mit dem Nährmedium zu tun, in dem die Zellen wachsen. Momentan wird dafür in der Regel fetales Kälber­serum verwendet. Das ist sehr teuer – und auch aus Gründen des Tierwohls nicht unbedenklich. Um an das Serum zu kommen, wird eine trächtige Kuh geschlachtet und ihr noch lebender Fötus heraus­geschnitten. Diesem wird dann Blut aus dem noch schlagenden Herzen entnommen.

Es wird fiebrig an tierfreien Alternativen geforscht wie Nährmedien aus Pilzen oder Hefezellen. Aber auch diese sind teuer und energie­aufwendig. Ausserdem eignen sie sich nicht für jede Zellart.

Bisher ist es erst einem Unternehmen gelungen, ein Produkt auf den Markt zu bringen. Ende 2020 hat Singapur als erstes Land die in Petrischalen gezüchteten Chicken Nuggets des US-amerikanischen Unternehmens Eat Just zugelassen. Das nur für Mitglieder zugängliche Restaurant mit dem Namen «1880» bot zeitweise ein Menü für umgerechnet 15 Schweizer Franken an.

Mittlerweile findet sich das Labor-Poulet aber nicht mehr auf der Karte des «1880». Es stellt sich also die Frage, ob es sich mehr um einen Marketing­stunt handelte als um die Einführung eines marktreifen Produkts.

In der Schweiz will das Start-up Mirai Foods AG in Wädenswil nach eigenen Angaben ab 2023 kultiviertes Rindfleisch verkaufen. Zu Beginn werde das Produkt wohl noch «so viel wie sehr hochwertiges Rindfleisch kosten», sagt Mitgründer Christoph Mayr zur Republik – ohne näher auf die Preis­spanne einzugehen. Über die Zeit solle es dann stetig günstiger werden. Noch gibt es aber keine Zulassung in der Schweiz und in der EU für In-vitro-Fleisch.

Doch wie sieht es mit dem Klima aus? Hält das Laborfleisch, was es verspricht: einen Fleisch­verzehr ohne ökologische Konsequenzen?

Eine Studie der University of Oxford von 2019 zweifelt das an.

Zwar entsteht bei Labor­fleisch im Gegensatz zur Rinder­haltung kein Methan, weil keine Kühe gefüttert werden müssen. Doch entsteht bei der Fleisch­produktion im Labor CO2 durch den Strom­verbrauch. Und davon nicht wenig.

Berechnungen der Studienautorinnen zufolge verursacht Labor­fleisch demnach zuerst weniger Klima­erwärmung als Rinder­haltung. Auf lange Sicht kippt es aber, und Labor­fleisch könnte letztlich sogar mehr zur globalen Erwärmung beitragen. Das liegt daran, dass Methan zwar eine viel stärkere Klima­wirkung hat als CO2, dass es sich aber auch schneller wieder abbaut und sich nicht so lange in der Atmosphäre akkumuliert wie CO2.

Das Fazit der Studienautoren: Ein Burger aus der Petrischale ist klimatechnisch nicht automatisch besser als ein Burger von einer Kuh. Alles hängt davon ab, ob der Strom in den Laboren aus erneuerbaren Ressourcen kommt.

Die Wissenschaft macht im Bereich des In-vitro-Fleischs grosse Fortschritte. Dabei könnten aber auch «unbeabsichtigte und unerwartete Konsequenzen» entstehen, sagte die Umwelt­ingenieurin Carolyn Mattick von der University of West Florida schon 2015. Deswegen sei es wichtig, das Forschungs­feld und die Entwicklungen der Unter­nehmen im Blick zu behalten und ständig neu zu evaluieren.

Die Menge ist entscheidend – und die Region

Egal wie die Zahlen gedreht und gewendet werden, wie vielversprechend die Forschung zu Alternativen auch sein mag, eins ist klar: Wir müssen weniger Fleisch essen. Denn methan­reduzierende Futter­zusätze lösen nur eins der vielen Probleme. Labor­fleisch ist noch Zukunfts­musik und aus Sicht des Klimas nicht per se besser. Und die nachhaltige Rinder­zucht wird viel weniger Fleisch produzieren können als bisher.

Die Erkenntnis, dass wir weniger Fleisch essen müssen, ist nicht neu. Aber wie viel weniger?

Eine internationale Experten­­kommission errechnete, wie viel Fleisch noch ökologisch und klimatisch vertretbar wäre: Es sind pro Woche und Person 100 Gramm Rind-, Lamm- oder Schweine­fleisch und 200 Gramm Poulet. Für einen wöchentlichen Speiseplan hiesse das also beispiels­weise einen Burger pro Person und ein Brathähnchen mit der Familie oder Freunden geteilt. Diese Berechnungen der EAT-Lancet-Kommission sind global, also für den Durchschnitts­menschen.

Doch eine Forschungsgruppe der ETH Zürich argumentiert, man müsse solche Berechnungen für einzelne Regionen vornehmen. Schliesslich würden sich Böden in Uganda und der Schweiz stark unterscheiden, auch Landwirtschafts­techniken in Vietnam wären nicht mit denen in den USA vergleichbar.

Welche Nährstoffe mit welchen Lebens­mitteln gedeckt werden könnten, unterscheide sich ebenfalls stark von Region zu Region. Wenn Fleisch regional eine der Haupt­nahrungs­quellen sei, könne man das nicht einfach so streichen, so die Autoren der ETH-Studie. Solche Nährwert- und Gesundheits­fragen würden bei globalen Berechnungen zu kurz kommen.

In einer separaten Studie haben deswegen der Lebensmittel­technologe Alexander Mathys und seine Kolleginnen von der ETH speziell für die Schweiz ausgerechnet, wie eine ökologische, klimafreundliche und gesunde Ernährung aussehen sollte. Das Ergebnis: Die Schweizerinnen sollten ihren Fleisch­konsum stark reduzieren, etwas weniger Getreide und Fisch essen, dafür mehr Hülsen­früchte, Nüsse, Früchte und Gemüse. Zwei bis drei Portionen Fleisch pro Woche wären vertretbar, wenn man sich nicht nur das Klima, sondern auch Gesundheits- und andere Umwelt­indikatoren anschaue, so die Autoren.

Der Veganismus landete in der Studie nicht auf Platz eins, weil eine rein pflanzliche Ernährung bei Menschen oft dazu führe, dass gewisse Mikro­nährstoffe wie Vitamin B12 oder Kalzium fehlten. Solche Mikro­nährstoffe sind für eine ausgewogene Ernährung unerlässlich.

Mit der von den ETH-Wissenschaftlern empfohlenen Ernährungs­form liesse sich der persönliche lebensmittel­bezogene Fussabdruck um 36 Prozent reduzieren. Zur Erinnerung: Wer rein vegan isst, kann seinen lebensmittel­bezogenen CO2-Fussabdruck um die Hälfte reduzieren. Es ist also aus Klimasicht nach wie vor die beste Ernährungs­form. Aber sie weltweit für alle umzusetzen, ist angesichts des aktuellen Fleisch­hungers nicht realistisch.

Eine komplett vegane Ernährung für alle ist – zum Glück, werden manche Fleisch­liebhaber wohl sagen – denn auch nicht notwendig, wenn man die Berechnungen der Expertinnen betrachtet. Trotzdem wird, so viel steht fest, im besten Fall alles Fleisch in der Zukunft nachhaltig produziert – ob im Labor oder auf der Wiese.

Dass ich bis dahin trotzdem gelegentlich noch ein Schnitzel essen darf, freut natürlich auch mich insgeheim.

Zur Autorin

Katharina Wecker berichtet als freiberufliche Journalistin über Umwelt, Klima­wandel und gesellschafts­politische Themen. Ihre Texte und Videos erscheinen unter anderem bei der «Deutschen Welle» und «Spiegel online». Für die Republik schrieb sie zuletzt über regenerative Landwirtschaft.

Rund 27’000 Menschen machen die Republik heute schon möglich. Lernen Sie uns jetzt auch kennen – 21 Tage lang, kostenlos und unverbindlich: