Auf lange Sicht

Ein paar Erkenntnisse zur Migration

Warum mehr Menschen migrieren, wer das vor allem tut, und warum es nicht immer nur um Europa geht: kühle Fakten in einer hitzigen Debatte.

Von Olivia Kühni, 09.07.2018

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Migration ist das derzeit wohl sensibelste politische Thema in Europa und Nordamerika. Dabei haben wir allerlei aufgeladene und teilweise verzerrte Bilder davon im Kopf, was Migration eigentlich ist – unter anderem, weil manche Zündler das genau so haben wollen.

Dabei ist Migration nicht zwingend ein Problem, sondern vor allem eines: eine anthropologische Tatsache, seit es Menschen gibt. Darum ist es Zeit für ein paar nüchterne Erkenntnisse in einer erhitzten Debatte.

1. Migration bedeutet nicht Flucht

Immer wieder in der Geschichte müssen Menschen wegen brutaler Kriege ihre Heimat verlassen. Zuletzt in Syrien, wo seit 2011 über 5,6 Millionen aus dem Land geflüchtet sind. Weitere 6,6 Millionen sind innerhalb Syriens auf der Flucht. Der oberste Uno-Flüchtlingskommissar Filippo Grandi spricht von der «grössten humanitären Krise unserer Zeit».

In Burma sind seit 2017 Hunderttausende Angehörige der Rohingya vor brutalen und tödlichen Übergriffen nach Bangladesh geflohen, viele davon Familien mit Kindern. Auch in der Demokratischen Republik Kongo, in Burundi, Nigeria, Jemen, im Südsudan und im Irak sind Menschen auf der Flucht.

Es ist richtig und wichtig, dass über Notsituationen berichtet wird. Es ist eine ethische Pflicht von Unversehrten, Vertriebenen in existenzieller Not zu helfen. Und es ist im Übrigen seit dem Zusatzprotokoll zur Genfer Konvention von 1951 auch eine internationale Verpflichtung.

Doch die Nachrichtenbilder hinterlassen verzerrte und einseitige Bilder in unseren Köpfen, was internationale Migration bedeutet: Wie sie entsteht, wie sie funktioniert, und wie wir am sinnvollsten damit umgehen. Migration ist etwas anderes als eine akute Flucht aufgrund eines bewaffneten Krieges, und Geflüchtete haben teilweise andere Motive und Bedürfnisse als Migrantinnen.

Damit ist nicht gemeint, dass es berechtigte oder unberechtigte Gründe dafür gibt, dass Menschen ihre erste Heimat verlassen. Und manche Experten weisen zu Recht darauf hin, dass sich Umweltkatastrophen ähnlich akut und lebensgefährlich auswirken können wie Krieg. (Hier ein lesenswertes Erklärstück des «Economist», warum der Sonderstatus für Geflüchtete eben trotzdem wichtig ist.)

Es geht vielmehr darum, dass gute Politik präzises Denken braucht: Wir sollten nicht in Kategorien von akuter Flucht und «Krise» denken und sprechen, wenn wir es mit Migration zu tun haben. Denn Migration ist nicht zwingend ein Ausnahmezustand und ein Notfall. Sie ist erst mal vor allem eines: eine Tatsache, und zwar seit Anbeginn der Menschheit.

2. Das Mittelmeer-Problem

Die grosse Schwierigkeit rund um das Mittelmeer ist – hört man statt populistischen Politikern den Profis zu – genau das: Auf den schwierigen Weg nach Europa machen sich sowohl Geflüchtete als auch Migranten. Und das macht die Situation so schwierig; insbesondere für Flüchtlingsorganisationen.

2015 war der Fall klarer. 500’000 Menschen oder 50 Prozent all derer, die über das Mittelmeer in Europa ankamen, stammten aus Syrien. In diesem Jahr kamen bis Ende Juni noch rund 6000 Menschen aus Syrien übers Mittelmeer, was rund 19 Prozent aller Ankommenden ausmacht. Die grosse Mehrheit der Syrer kam damals und kommt heute an den Ufern Griechenlands an. In Italien hingegen landen vor allem Migrantinnen aus Tunesien, Eritrea und westafrikanischen Ländern.

«Menschen mit den unterschiedlichsten Hintergründen und Motivationen reisen gemeinsam auf denselben Routen, oft mit der Hilfe von schonungslosen Menschenschmugglern und kriminellen Organisationen», stellte das Uno-Hochkommissariat für Flüchtlinge in einem Bericht von 2016 fest. «Darunter sind Geflüchtete und Asylsuchende, Migranten aus ökonomischen oder ökologischen Gründen, unbegleitete Minderjährige, Opfer von Menschenhandel oder auch einfach gestrandete Migranten.» Als besonders drastisch schätzte das UNHCR damals die Situation an der libyschen Küste ein. (Hier ein weiterer Bericht zur Lage, hier eine ausgiebige Analyse über die Rolle krimineller Netzwerke in der Mittelmeer-Migration.)

Aus diesem Grund sind auch die Einsätze mancher NGOs vor ebendieser Küste so umstritten. Kurzfristig retten sie potenziell Leben und übernehmen humanitäre Aufgaben, bei denen die EU nach Ansicht vieler Menschen versagt hat. Langfristig aber schaffen sie ein Angebot und halten damit das Geschäft für andere Anbieter überhaupt erst aufrecht. Weil bei der Migration eben nicht nur rationale Abwägungen eine Rolle spielen, sondern auch die schlichte Gelegenheit (mehr dazu später), ist sie ein Teil des Business. Da sind auch potenziell politisch motivierte Berichte, Aktivistinnen würden sich mit Menschenschmugglern koordinieren – was aus logistischer Sicht sinnvoll wäre –, gar nicht mal der Punkt. Der Punkt ist: Wir haben es hier nicht einfach nur mit Flucht, sondern mit einem brutalen Schwarzmarkt zu tun (auch dazu gleich noch mehr).

Was die Geflüchteten aus Syrien betrifft: 2015 rettete sich tatsächlich ein Teil der Menschen nach Europa, insbesondere nach Deutschland. Den mit Abstand grössten Teil der Hilfe aber leistete nicht primär Europa (höchstens indirekt, durch finanzielle und anderweitige Unterstützung etwa an die Türkei oder Jordanien), sondern die teilweise selber stark belasteten Nachbarländer. So, wie das in den meisten weltweiten Fluchtsituationen der Fall ist.

Türkei nimmt am meisten Syrien-Geflüchtete auf

Anzahl Vertriebene, per Dezember 2017

innerhalb Syriens06,3 Mio. Türkei03,4 Mio. Libanon01,0 Mio. Jordanien0660’000 Deutschland0530’000 Irak0250’000 Ägypten0130’000 Schweden0110’000 Kanada054’000 Österreich050’000 USA033’000

Quelle: Pew Research Center. Lesebeispiel: Die Türkei hat 3,4 Millionen Syrer aufgenommen.

3. Die Mittelmeer-Hysterie

Die Lage am Mittelmeer beschäftigt die Bürger Europas. Zu Recht, denn sie hätte mit deutlich weniger Leid und politischer Destabilisierung bewältigt werden können. Doch angesichts dessen, was auf der Welt bezüglich Migration geschieht, relativiert sich ihre Bedeutung.

Erstens hat die Migration über das Mittelmeer bereits wieder dramatisch abgenommen. Auf dem Höhepunkt der sogenannten Krise kamen 1’015’078 Menschen in Griechenland, Italien oder Spanien an; 2017 waren es noch 172’000 Menschen, dieses Jahr bislang rund 42’000 Menschen. Die Krise ist eigentlich seit 2016 vorbei, ebenso die Gelegenheit, als vereinte EU angesichts der Flucht aus Syrien einen absolut zweifelsfreien, souveränen und humanitär überzeugenden Eindruck zu hinterlassen – und damit gleichzeitig dem danach entstehenden Schwarzmarkt mitsamt seinem Leid die Luft abzuschneiden. Die Chance erkannt haben nur Deutschland, Kanada und Schweden.

Die Mittelmeer-Migration ist zweitens ganz grundsätzlich nur ein kleiner Teil der weltweiten Migration. Zurzeit leben rund 258 Millionen Menschen nicht in dem Land, in dem sie geboren wurden. 2010 waren es rund 220 Millionen; das ist eine Zunahme von jährlich durchschnittlich rund 5,4 Millionen. (Die Uno weist die Zahlen nur alle fünf Jahre aus.) Und: Gesamthaft machen alle 1,8 Millionen Menschen, die von 2014 bis heute in Europa einreisten, nur 2,3 Prozent der rund 78 Millionen Migrantinnen aus, die heute in Europa leben.

Die Spitze liegt weit zurück

Monatliche Ankünfte über das Mittelmeer, Anzahl Personen

2015201620172018100’000200’000

Quelle: UNHCR. Lesebeispiel: Im Oktober 2015 reisten gut 200’000 Geflüchtete und Migranten in Griechenland, Italien oder Spanien ein.

Die Lage um das Mittelmeer verdient Aufmerksamkeit, denn es sterben Menschen. Repräsentativ für das gesamte Thema Migration aber ist sie nicht. Reden wir also auch über das, was rund um den Globus geschieht.

4. Menschen folgen Chancen

Die Gründe, warum Menschen migrieren, sind komplex. Das wichtigste Motiv ist Zugang zu ökonomischen Chancen und Bildung, ein anderes der Familiennachzug. Eine Rolle spielt aber auch schlicht die Gelegenheit: geografisch günstig gelegene Migrationswege, sprachliche Nähe zu einem Zielland, finanzielle Ressourcen, Transportmittel, Schlepperangebote oder Kontakte im Ausland. Manchmal ist ein Aufbruch auch einfach Zufall.

Vom lange vorherrschenden Bild von «Push»-Faktoren in Herkunftsländern und «Pull»-Faktoren in Zielländern hat man zum Glück mittlerweile Abstand genommen. Es litt an denselben Mängeln wie vieles in der klassischen Ökonomie: zu mechanistische und rationalistische Annahmen, zu wenig Empirie. So sind es eben nicht akute Not (wie bei Menschen auf der Flucht) oder gründliche Überlegungen, die Menschen die Reise übers Mittelmeer versuchen lassen. Sondern eben die Tatsache, dass mit dem Zusammenbruch von Libyen und mit der Syrien-Krise Schlepperangebote aufgetaucht sind, dass man von diesen Gelegenheiten hört und die Tatsache, dass andere Landsleute den Weg ebenfalls machen. Menschen handeln viel weniger rational und viel mehr an Gelegenheiten orientiert, als traditionelle Vorstellungen und Modelle es wahrhaben wollen. Eine gute Übersicht zu diesbezüglichen Erkenntnissen der Migrationsforschung finden Sie bei der OECD oder beim ODI.

Jedenfalls: Das wichtigste Motiv für Migration ist der Zugang zu ökonomischen und sozialen Chancen, und darum finden sich die meisten Menschen an weltweit wenigen Hotspots wieder – das war zu Zeiten von Babylon, Byzanz und Kaifeng so, und es ist auch heute so.

51 Prozent aller Migrantinnen leben in nur zehn Ländern. Das in absoluten Zahlen grösste Einwandererland sind noch immer die USA, gefolgt von Saudiarabien, Deutschland und Russland.

USA bleiben wichtigste Einwanderernation

Migrantenpopulationen, Anzahl Personen

2000USA035 Mio. Russland012 Mio. Deutschland09,0 Mio. Indien06,4 Mio. Frankreich06,3 Mio. Ukraine05,5 Mio. Kanada05,5 Mio. Saudiarabien05,3 Mio. UK04,7 Mio. Australien04,4 Mio. 2017USA050 Mio. Saudiarabien012 Mio. Deutschland012 Mio. Russland012 Mio. UK08,8 Mio. Arab. Emirate08,3 Mio. Frankreich07,9 Mio. Kanada07,9 Mio. Australien07,0 Mio. Spanien05,9 Mio.

Quelle: UN International Migration Report. Lesebeispiel: 2017 lebten in den USA knapp 50 Millionen Zuwanderer.

Europa, Nordamerika und die arabischen Golfstaaten sind zurzeit die wichtigsten Einwanderungsregionen der Welt. Das ist wenig überraschend: Sie sind die wirtschaftlichen Schwergewichte des 20. Jahrhunderts – und sie haben ausserdem mit Kolonialisierungsbewegungen dafür gesorgt, dass weltweit Menschen ihre Sprache sprechen und sich nach ihnen orientieren. Doch interessant ist, was seither und darüber hinaus noch geschieht.

5. Von Süden nach Norden – aber nicht nur

Seit einer Generation ist die grobe Richtung der Migrationsbewegungen die: Europa, Nordamerika und Ozeanien sind unter dem Strich Einwanderungsregionen, Lateinamerika, Asien und Afrika Auswanderungsregionen. (Eine gute und vereinfachte grafische Darstellung davon finden Sie hier auf Seite 9.) Dieses Muster hat seit 2010 an Intensität abgenommen, aber es bleibt.

Doch das sind aggregierte Angaben (die Nettozahlen für jedes Land in der jeweiligen Region zusammengenommen). Ein vertiefter Blick zeigt ein viel differenzierteres Bild. In allen Weltregionen gibt es Staaten, aus denen Menschen unter dem Strich wegziehen, und Staaten, in denen sich Menschen aus dem Ausland niederlassen.

So sind 50 sogenannte Entwicklungsländer zurzeit Einwanderungsnationen, es zogen also 2010 bis 2015 mehr Menschen in das Land als aus diesem weg (nachzulesen in diesem Bericht auf Seite 14). Gleichzeitig sind 19 entwickelte Staaten netto Auswandererstaaten. Besonders interessant aus europäischer Perspektive: Spanien ist aufgrund der dortigen Wirtschaftskrise in den letzten Jahren netto von einem Einwanderungs- zu einem Auswanderungsland geworden.

Wer sich nicht einer gefährlichen und historisch gut verankerten Simplifizierung schuldig machen will, sollte also vermeiden, sich die Welt als den erfolgreichen Norden einerseits und den armen, hilfsbedürftigen Süden andererseits zu denken.

«Die Bewegung von Menschen aus Asien, Afrika, Lateinamerika und der Karibik nach Europa, Nordamerika und Ozeanien ist seit fast einem halben Jahrhundert ein gut etabliertes Muster der internationalen Migration», schreibt denn auch die Uno. «Doch auch regionale Bewegungen sind von grosser Bedeutung: Mehrere wohlhabendere Länder in Afrika, Asien, Lateinamerika und der Karibik ziehen seit Jahren Einwanderer in grosser Zahl an.»

6. Am meisten Migranten leben in Asien

Schaut man sich nur die Zuwanderung an (also nicht die gleichzeitige Emigration und damit die Nettobilanz), stimmt die verbreitete Vorstellung von der Migration vom Süden in den Norden erst recht nicht: Der Kontinent mit der grössten Zahl von eingewanderten Migrantinnen ist Asien.

Asien ist der wichtigste Einwandererkontinent

Migrantenpopulationen, Anzahl Personen

Afrika
Asien
Europa
Lateinamerika
Nordamerika
Ozeanien
19902000201020170100200 Mio.

Quelle: UN International Migration Report. Lesebeispiel: 2017 lebten in Asien fast 80 Millionen Zuwanderer.

Weil aus manchen asiatischen Ländern gleichzeitig auch Millionen von Menschen abwandern, ist die Nettobilanz (siehe oben) negativ – und das überwiegende Muster eben doch jenes von der Wanderung vom Süden in den Norden. Doch die Immigration sowohl in asiatische als auch in afrikanische Länder nimmt zu: Seit 2010 ziehen in absoluten Zahlen mehr Menschen von einem südlichen in ein anderes südliches Land als in den Norden (dargestellt etwa hier, Seite 2).

Das hat einerseits mit spezifischen punktuellen Krisen zu tun: Die Flucht von Millionen von Menschen aus Syrien in die Türkei, den Libanon und nach Jordanien sowie etwa aus Burma nach Bangladesh prägt die Statistik.

Vor allem aber hat die globale Zunahme der Migration in den letzten Jahren damit zu tun, dass immer mehr Menschen nicht mehr in extremer Armut leben. Vor allem in Asien sind heute viel weniger Menschen arm als noch vor fünfzehn Jahren – in absoluten Zahlen ebenso wie prozentual.

7. Indien ist wichtigstes Auswanderungsland

Bis in die 1990er-Jahre ging man davon aus, dass es bittere Armut ist, die Menschen in die Migration treibt. Heute – und mit deutlich mehr empirischen Erkenntnissen in der Hand – weiss man, dass in gewisser Weise das Gegenteil der Fall ist: Migration braucht Ressourcen. Sie nimmt darum erst dann zu, wenn Menschen sich ein bisschen etwas aufgebaut haben. Migration verläuft typischerweise von Ländern mit mittlerem in Länder mit hohem Einkommen. Sehr arme sowie reiche Menschen bleiben tendenziell, wo sie sind. (Eine der bekannteren Studien zu diesem Phänomen, jene des Center for Global Development, finden Sie hier.)

Je mehr die bitterste Armut auf der Welt also abnimmt, desto mehr wird Migration tendenziell zunehmen.

Das spiegelt sich auch in den aktuell wichtigsten Auswandererländern der Welt. In absoluten Zahlen am meisten Migrantinnen stammen aus Indien, gefolgt von Mexiko, Russland und China.

Die grösste Auswanderernation ist Indien

Staaten mit der grössten Diaspora im Ausland

2000Russland011 Mio. Mexiko08,0 Mio. Indien08,0 Mio. China05,8 Mio. Ukraine05,6 Mio. Bangladesh05,4 Mio. Afghanistan04,5 Mio. Grossbritannien03,8 Mio. Kasachstan03,6 Mio. Pakistan03,4 Mio. 2017Indien017 Mio. Mexiko013 Mio. Russland011 Mio. China010 Mio. Bangladesh07,5 Mio. Syrien06,9 Mio. Pakistan06,0 Mio. Ukraine05,9 Mio. Philippinen05,7 Mio. Grossbritannien04,9 Mio.

Quelle: UN Population Division. Lesebeispiel: 2017 lebten rund 17 Millionen Inder im Ausland.

Falls Sie die Wanderungen zwischen den verschiedenen Ländern der Erde im Detail interessieren: Das Pew Research Center bietet eine grossartige interaktive Grafik, mit der sich die Verschiebungen zwischen jedem einzelnen Land von 1990 bis heute anzeigen lassen.

8. Und jetzt?

Die allermeisten Experten gehen davon aus, dass die weltweite Migration in den nächsten Jahren weiter zunehmen wird. Dies einerseits wegen des zunehmenden Wohlstands in Entwicklungsländern, andererseits wegen zunehmender punktueller Krisen aufgrund von bewaffneten Konflikten und den Folgen des Klimawandels.

Es sind noch immer lediglich rund 3,4 Prozent der Weltbevölkerung, die als internationale Migranten in einem anderen als ihrem Geburtsland leben. Doch in den letzten dreissig Jahren ist dieser Anteil langsam, aber stetig von 2,9 Prozent im Jahr 1990 angewachsen.

Es ist zu hoffen, dass wir inzwischen einen konstruktiveren Umgang mit Migration finden. Einen, der sich eher an Chancen und Kooperation orientiert als an Vorstellungen von einer «Krise», in deren Zentrum vermeintlich Europa steht und angesichts deren aktuelle und zufällige Nichtmigranten glauben, sich in Retterpose oder Kriegerstellung werfen zu müssen. Denn wie gesagt: Menschen sind unterwegs, seit es Menschen gibt.

Zu den Daten

Zuverlässige Daten zur Migration sind traditionell schwer zu bekommen: Staaten arbeiten mit unterschiedlichen Standards, ein beachtlicher Teil von Migration findet irregulär statt, und in akuten Krisensituationen sind verlässliche Informationen besonders knapp. In den letzten Jahren haben jedoch internationale Organisationen wie die demografische Abteilung der Vereinten Nationen, das UN-Hochkommissariat für Flüchtlinge UNHCR und die OECD sowie Nichtregierungsorganisationen wie das Pew Research Center, das Center for Global Development oder das britische ODI grosse Fortschritte in der Beschaffung zuverlässiger Daten gemacht. Im vorliegenden Artikel ist die Herkunft der genannten Fakten und verwendeten Daten klar gekennzeichnet. Detaillierte Hinweise zur Datenbeschaffung und zu möglichen Einschränkungen finden sich in den erwähnten Berichten der jeweiligen Quellen.

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