Zwischenziel für 12 000 steht

11. Mai 2017 17 Uhr

Jeder Experte wird Ihnen sagen, wie unverzichtbar Zwischenziele bei einem Crowdfunding sind. Die Sache funktioniert wie bei Videogames, wo nach jedem Level Extras freigeschaltet werden – Waffen, Zusatzleben oder Herzchen. Das motiviert die Leute, dranzubleiben.

Nun, mit dem Sprung auf über 10 000 Verlegerinnen und Verleger haben Sie bereits folgende Extras freigeschaltet: vier statt zwei Ausbildungsplätze, die Stelle einer zusätzlichen Redaktorin (Nummer 11 lebt!), vier Monsterrecherchen pro Jahr (à 60 000 Franken) und ein Budget für den Einkauf von internationalen Autorinnen und Autoren. Das ist grossartig, hilft uns sehr, und wir sind Ihnen zu Dank verpflichtet.

Für das Erreichen von 12 000 Mitgliedern versprachen wir Ihnen eine überzeugende Idee, die wir beim Erreichen des Ziels bekannt geben wollten. Um ehrlich zu sein, brauchten wir etwas Zeit. Der Raketenstart des Crowdfundings hatte uns überrumpelt. Keine vernünftige Planung konnte davon ausgehen, dass Sie bereits nach zwei Tagen den Weltrekord für Medien-Crowdfunding brechen würden.

Um ehrlich zu bleiben: Wir haben uns über das neue Extra ziemlich hart gestritten. Fast zwei Dutzend Vorschläge wurden debattiert. Sie reichten vom Übersetzerdienst ins Französische bis zu einem Faktencheckbüro für Politikerinnen und Politiker. Fast alle fanden ein, zwei feurige Befürworter. Aber alle auch entschiedene Gegnerschaft: zu aufwendig, zu albern, zu wenig nah beim Kerngeschäft.

Unsere Crew besteht zwar aus freundlichen Leuten. Aber nicht immer.

Doch die Auseinandersetzung hat sich gelohnt. Nach langem Hin und Her sind wir auf eine passende Idee für die Erreichung des Zwischenziels von 12 000 Mitgliedern gekommen. Sie ist, nach unserem Wissen, eine echte Neuheit in der Geschichte der Crowdfundings. Ein Zwischenziel, das noch nie jemand steckte. Und es passt perfekt zu unserem gemeinsamen Unternehmen.

Das spektakuläre Extra, das wir beim Erreichen von 12 000 Mitgliedern versprechen, ist: nichts Neues.

Die Entscheidung fällt uns durchaus schwer. Wir würden gerne weitere verführerische Zwischenziele aufschalten. Denn wir können jede weitere Leserin, jeden weiteren Verleger brauchen. Und jede weitere Unterstützung bei der Werbung zum Crowdfunding. Denn jedes zusätzliche Mitglied stabilisiert die Republik.

Trotzdem lassen wir es. Denn so attraktiv neue Extras wären, so unklug wäre es, Dinge zu versprechen, die uns dann binden. Sicher, die Republik sieht zwar im Moment furchtbar nach Erfolg aus: Medien-Crowdfunding-Weltrekord, 2,7 Millionen Franken gesammelt, ein Artikel in der «Columbia Journalism Review» etc. Aber sie bleibt ein Hochrisiko-Projekt.

Dass wir Sie als zukünftige Leser auch als Verlegerinnen anreden, ist mehr als eine Floskel. Wir sehen die Republik ernsthaft als gemeinsames Unternehmen an. Natürlich können Sie uns nicht die Arbeit abnehmen: weder heute beim Aufbau der Firma noch morgen beim Machen von Journalismus. Aber wir wollen mit Ihnen auf Augenhöhe reden. Und Ihnen keinen Unfug erzählen. Und keinen Unfug vorschlagen.

Tatsache ist: Jeder undurchdachte Ausbau würde vom Wesentlichen ablenken. Der Job, den wir Ihnen versprochen haben, ist folgender: ein neues Geschäftsmodell für unabhängigen Journalismus aufzubauen – kompromisslos in der Qualität, leserfinanziert, ohne Werbung. Und Ihnen damit ein eigenes Expeditionsteam in die Wirklichkeit zu liefern: für Klarheit und Überblick in den grossen Fragen, Themen, Debatten. Damit Sie bessere Entscheidungen treffen können.

Das ist riskant genug. Die Liste einiger Klippen für den weiteren Aufbau der Republik finden Sie hier:

  1. Laut Businessplan muss die Republik in fünf Jahren 22 000 Mitglieder gewinnen, bis das Modell selbsttragend funktioniert. Mehr als die Hälfte der Mitglieder kam bereits zusammen. Weit mehr als vorhergesehen, aber immer noch weit weg vom Ziel. Nicht zuletzt, weil uns alle Expertinnen warnen, dass nach einem Jahr die Hälfte nicht erneuert. Wir werden zwar einige Ideen haben, damit dies nicht passiert – aber wer weiss.
  2. Der Plan für die Republik war und ist: Das Magazin gross genug zu bauen, damit es schlagkräftig ist, aber auch schlank genug, damit es überlebt. Es wäre Unfug, mit der explosiv gewachsenen Leserschaft ebenso explosiv die Aufgaben zu erhöhen.
  3. Trotz aller Schlankheit steckt eine Menge Komplexität in unseren Plänen. Wir planen ein neues Businessmodell, einen aufs Wesentliche konzentrierten Journalismus, ein neuartiges Verhältnis zu Lesern als Verlegerinnen, eine neue IT-Architektur (open source), eine möglichst flache Hierarchie, ein möglichst diverses Team. An Ehrgeiz mangelt es nicht. Im guten Fall gelingt uns ein Wurf aus einem Guss. Im schlechten Fall droht uns Überkomplexität – und Feuer an Bord.
  4. Ab Ende Mai eröffnen wir drei Grossbaustellen: 1. Wir müssen das intime Entwicklungsteam in eine funktionierende Firma und Redaktion umbauen. 2. Wir müssen die Redaktion zusammenstellen und zu einer Einheit zusammenschmieden, die brauchbare Ware liefert. 3. Wir müssen eine IT-Plattform bauen, die so einfach, schön, unauffällig ist, als wäre sie nicht ein Stück Technik, sondern ein Stück Natur.

Entscheidend für den Erfolg unseres Unternehmens wird die Konzentration aufs Wesentliche sein. Also nicht nur, was wir tun, sondern auch, was wir lassen.

Fangen wir damit an. Also: keine Zwischenziele, die vom Plan ablenken. Kein Bullshit.

Derzeit reist die Crew der Republik und von Project R kreuz und quer durch die Schweiz und bis nach Deutschland, um mit möglichst vielen von Ihnen über Ihre Vorstellungen und Wünsche zu reden. Die Liste aller Veranstaltungen finden Sie hier.

Herzlich!

Ihre Crew der Republik und von Project R

PS: Unser momentaner Verzicht auf neue Ziele schliesst nicht aus, dass wir doch noch neue Zwischenziele setzen werden. Tatsächlich ist es so, dass wir an einer Idee arbeiten.

PPS: Falls Sie mit dem Gedanken spielen, bei uns an Bord zu kommen, tun Sie es vor Sonntag Mittag. Denn dann schaffen Sie es noch in unsere spektakuläre Abonnentinnen-Statistik am Montag. Dort erfahren Sie, wer Sie alle sind: Wo Sie wohnen, wie alt Sie sind, wie schnell Sie abonnierten – und wie es um Ihre Zahlungsmoral steht.

Alle Meldungen