Was wären Sie als Kind gerne geworden? In der Primarschule schrieb ich dazu einen Aufsatz: "Ich will Clown werden!" Dann zögerte ich, klebte die Seiten zusammen und schrieb einen zweiten Aufsatz: "Ich will Professor werden!"
Warum haben Sie Ihre Meinung später geändert (falls Sie das taten)? Ich wurde das genaue Mittelding: Journalist.
Was wäre der in Ihren Augen unpassendste Name für ein Haustier? Im Grund ist die Bezeichnung "Haustier" schon unpassend genug. Da sie eigentlich nur für Schnecken, Schildkröten und Muscheln zutrifft.
Realitätscheck: Welches Haustier wären Sie gerne nach Ihrer Wiedergeburt? Eine Wiedergeburt als Katze wäre erfreulich. (Wenn ich reich wäre, würde ich vier Leute einstellen: einen Butler, einen Anwalt, einen Ghostwriter und jemand, der mir den Rücken krault.) Aber auch eine Wiedergeburt als Bakterie wäre sehr entspannend. Dann könnte man sich endlos selbst kopieren.
Seit Putin die Ukraine überfallen hat, haben Sie eine tiefe Überzeugung infrage gestellt? (Etwa: das Modell Schweiz, die Rolle der USA in der Welt, den Pazifismus …?) Ich hatte immer eine leise Verachtung für die Verwirrung vieler Menschen in den dreissiger Jahren, die nicht die Klarheit, den Mut oder die Kraft hatten, zu sehen, was kommen würde. Heute verstehe ich sie leider besser.
Würden Sie gerne 10 IQ-Punkte mehr haben, wenn der Preis dafür 10 Warzen auf der Nase wären? Noch in der Pubertät hätte ich die 10 IQ-Punkte genommen. Rückblickend wäre das eine Tragödie gewesen. Denn zu meiner Verblüffung hat sich keine Freundin je wegen irgendeiner Klugheit in mich verliebt. (Klug waren sie selber.) Was den Anschlag gab, war das Aussehen.
Gibt es das Böse? Ja Nein
Falls ja: Was kann man dagegen tun? Falls nein: Wie haben Sie die Welt zuletzt ein bisschen aufregender gemacht? Das Böse bekämpft man nicht primär durch Kampf. Sondern durch Schönheit, durch Freundlichkeit, durch Leichtigkeit. Es ist wichtig, etwas zu glauben, etwas zu tun und jemand zu lieben. Es ist wichtig, im Zweifel glücklich zu sein. Denn Faschismus richtet sich gegen das Leben.
Was fällt Ihnen als Erstes zu Angela Merkel ein? Eine staunenswert souveräne Frau. Und der Schock ist: Wie sehr sie und ihre Politik der ruhigen Hand einer vergangenen Zeit anzugehören scheint.
Welche wissenschaftliche oder technische Entdeckung hat Sie am meisten beeindruckt? Kontaktlinsen. Ich bekam meine ersten mit 21. Davor hatte ich eine zentimeterdicke Brille – und von einem Moment auf den anderen waren alle Gegenstände ein Drittel grösser und meine Augen konnten plötzlich sprechen. Es fühlte sich an, als wären mir zwei weitere Arme gewachsen.
Und welche unwissenschaftliche Entdeckung? Dass der Schlüssel zur Welt nicht mehr Wissen ist, sondern das Zuhören. Weil man sich nicht den Leute nah fühlt, die klug sind. Sondern die, mit denen man selbst klug ist.
Welches Naturgesetz würden Sie gerne einführen? Das Beamen.
Haben Pflanzen eine Seele? Ja Nein
Welches Zitat aus Literatur, Film, Musik oder Geschichte hätten Sie gerne selber zuerst gesagt? Oh - hunderte! Und als Journalist hat man das Privileg, sie alle zu klauen. Selbst in Anführungsstrichen sind sie wie neu. Der Publizist Karl Lüönd sagte einmal: "Du sollst immer auf die Intelligenz deines Publikums vertrauen – und kannst immer mit seiner Vergesslichkeit rechnen."
Welche Leistung eines Ihnen unsympathischen Menschen bewundern Sie? (Und wer wars?) Christoph Blocher vor seiner Zeit als Bundesrat. Er tauchte Monate ab (in der Fabrik, in China, in der Depression), bevor er wieder einen Vortrag hielt und alles rannte. Ich lernte von ihm, dass man nur von Zeit zu Zeit etwas Entschiedenes schreiben muss, um präsent zu wirken.
Würden Sie die Republik auch dann lesen, wenn exakt dieselben Artikel bis hierhin alle von einem Roboter mit künstlicher Intelligenz verfasst worden wären? Ja. Schon weil ich, ohne sie schreiben zu müssen, viel mehr Zeit dazu hätte.
Sie sind Meisterin der Hypnose und haben den Gesamtbundesrat in Ihre Gewalt gebracht. Ihr erster Befehl? Im Fall der gewonnener Abstimmung: Die sofortige Weiterlieferung der F-35A-Kampfjets dorthin, wo sie am wirksamsten unsere Freiheit verteidigen: in die Ukraine.
Was würden Sie mit Geldstrafe verbieten? Unhöflichkeit. Kurzarmhemden. Plus jede Geschäftstätigkeit vor zehn Uhr morgens.
Angeblich ist Ihr Ich eine Illusion Ihres Gehirns. Glauben Sie das? Ja Nein Ich verweigere die Aussage, weil sie mich belasten könnte.
Welcher Club würde deutlich an Niveau verlieren, wenn Sie dort Mitglied wären? Der Club aller Constantins, die ich je sein wollte
Was werden Ihre tatsächlichen oder zukünftigen Kinder einmal an Ihnen sehr peinlich finden? Ich fürchte: viele meiner Erfahrungen, weil sie aus einer Welt stammen, die, wenn sie gross sind, wahrscheinlich zu weiten Teilen nicht mehr existiert.
Was überzeugte Sie an Ihren Eltern? Ihre Liebe, die nicht an Verdienst gekoppelt war. Und ihre Vorliebe für Originalität: Dass es besser ist, etwas interessant als korrekt zu machen.
Was war ein echtes Risiko, das Sie eingingen? Die eigene Geburt. Die Geburt von zwei Kindern. Und die Geburt der Republik.
Realitätscheck: Würden Sie es wieder tun? Als der Sohn noch ein Baby war, stand ich einmal mit einer deutschen Recherchierjournalistin auf dem Balkon und klagte über die Nächte und die Windeln. Sie sah mich an und sagte: "Warum tut jemand sich das an?" Und ich sagte: "Ganz einfach – aus Übermut."
Eine Zeitmaschine – wo reisen Sie als Erstes hin? Nach Athen 500 v. Chr.: Die kurzen hundert Jahre, wo ein stiller Bürger weniger als als ein politischer Bürger galt. Und die Athener alles taten, um ruhmreich zu leben. Und den Anfang von fast allem machten.
Kennen Sie wenigstens einen guten Schweizer Witz? Welchen? 1) In einer Berner Eisenwarenhandlung. Kunde: "Hämmer Hämmer?" Verkäufer: "Hämmer Hämmer!" 2) Ein Schwyzer Bauer trifft eine Fee. Sie verspricht ihm, jeden Wunsch zu erfüllen - falls der Nachbar das Doppelte bekommt. Der Bauer fängt an zu schwitzen und sagt: "Stich mir ein Auge aus!"
Was wird von den meisten Menschen unterschätzt? Wie unwahrscheinlich es war, dass entstand, was ist. Wie stabil es trotzdem ist. Und wie ganz anders man es machen könnte.
Ihre Idee, was man eine Ewigkeit lang im Paradies tun müssen könnte (ausser natürlich: singen)? Die einzige Möglichkeit, eine Ewigkeit glücklich zu sein, wäre: Im Gehirn Gottes zu sitzen. Und dort alle Varianten des eigenen Lebens und der Menschheitsgeschichte durchzuspielen: Was wäre passiert, wenn man dieses oder jenes anders entschieden hätte?
Was würden Sie auf Ihren Grabstein schreiben lassen, falls Sie das Ziel hätten, damit Passanten zu ärgern? "Er war der brillanteste Journalist seiner Generation" – das sollte genügen, alle Feinde zuverlässig zu ärgern – und alle anderen über das eigene Hinscheiden ebenso zuverlässig zu trösten.
Was an Ihnen ist grösser als Sie? Mein Staunen. Meine Dummheit. Meine Hoffnung.
Was war Ihr letzter grosser Irrtum? Wie jeden Morgen: Aufzustehen.
Hat Gott Ihrer Meinung nach Folgendes verdient: Dank ein Gerichtsverfahren Mitleid
Letzte Frage: Warum? Mitgefühl mit Gott stellt sich ein, wenn man an den pausenlosen Strom von Wünschen, Lobpreisungen, Klagen, Flüchen denkt – von den Geschöpfen, denen ein freier Wille geschenkt wurde. Und an all die Evangelien, Predigten, Edikte, die sie in seinem Namen veröffentlichen.