Die Republik ist nur so stark wie ihre Community. Werden Sie ein Teil davon und lassen Sie uns miteinander reden. Kommen Sie jetzt an Bord!

DatenschutzFAQErste-Hilfe-Team: kontakt@republik.ch.



Historiker
·

Die Rauracienne, "dieses Kampflied der Autonomie von 1830 und heute die offizielle Hymne des Kantons", wie Jean-Martin Büttner schreibt, ist in Wirklichkeit die "Nouvlle Rauracienne" mit dem Text des separatistischen Südjurassiers Roland Béguelin von 1950. Der ursprüngliche Text der Rauracienne, geschrieben vom liberalen Politiker und Separatisten Xavier Stockmar aus Porrentruy, besang nicht den Jura "du lac de Bienne aux portes de la France", sondern das erhoffte liberale Europa "des bords du Tage à ceux de la Baltique", also von Portugal bis ins Baltikum. Die Vision Stockmars war, das vom Wiener Kongress 1815 geschaffenen reaktionären Europa und damit auch die Herrschaft Berns über den Jura durch ein freiheitliches Europa zu ersetzen. C'est seulement pour le dire...

77
/
0

Danke für diese schöne Ergänzung, schön zu wissen!

10
/
0

Danke für den schönen Beitrag über einen Kanton, in dem wir einen alten Bauernhof gekauft und renoviert haben, Herr Büttner.
Als waschechter Aargauer haben wir ja auch unsere Geschichte mit den Bernern und auch mit den Habsburgern und noch viel früher wohl mit den Germanen und den Kelten.
Mit grossem Respekt begegne ich dem Kanton Jura und den Menschen dort. Aber das ist eine Angewohnheit, welche ich überall lebe, wohin ich auch immer komme. Das Gespräch mit dem Bauern von nebenan, die Sorgen wegen der Trockenheit, der Gemeindezusammenschluss, die Freuden und Leiden im Alltag. Herzlich sind wir dort aufgenommen worden und es scheint auch, dass die Menschen Freude haben, dass ein Gebäude im Dorf erhalten und belebt bleibt. Unser holpriges Französisch scheinen sie uns zu verzeihen.
Es ist wie überall. Irgendwann beginnen wir in der Geschichte zu graben, picken etwas heraus, und machen daraus die Wahrheit. Die eigene Wahrheit, notabene. Der Bauer macht das genau so wie die Mächtigen. Und irgendwann merken wir, dass wir bei diesen Geschichten nicht dabei waren. Und folgern womöglich daraus, unsere eigene Geschichte zu gestalten.
Wer auch immer Frau Baume-Schneider ist, ich kenne sie nicht, ist nun Bundesrätin. Und sie wird ihren Job machen, wie wir alle auch. Und ich messe sie an dem, was sie tut. Nicht mehr und nicht weniger. Ach ja, der Bauer hat mir neulich gesagt, dass wir der Heizungskeller abschliessen sollen. Warum, fragte ich. Wegen den Franzosen, die würden sogar Heizöl klauen, sagte er ... :)

61
/
0
Bettina Hamilton-Irvine
Co-Leiterin Inland
·

Danke für diesen schönen Kommentar, Herr A.

6
/
0

Danke für die Rückmeldung, Frau Hamilton.

4
/
0

…aber die Aargauer waren doch die Habsburger.

0
/
0

Schön Herrn Büttner im Kreise der Republik zu begegnen, ich meine, ihn als TA-Journalist in Erinnerung zu haben, mit sympathisch differenzierten Beiträgen. Ist aber lange her, ungefähr so lange wie meine Erinnerungen an den Jura, den ich immer wieder durchwanderte: mindestens einmal pro Jahr, im Winter als Alternative zum alpinen Skizirkus (dessen längst überdrüssig), auf meinen uralten Holzlättli sowie mit einem kleinen Rucksack für Pischi, Zahnbürste und v.a. die Wachsdösli. Während meine Routen stets wechselten, zielte ich Les Breuleux immer an, denn da gab es einen Gasthof mit Massenschlag und Billardtisch!
Weil einem die Skier pro Schritt immer ein paar Meter schenkten, kam man ja gleitig voran, «verbrauchte» immer ein Set von 25tausender Karten, die mitzuführen für mich zwingend war: Nur schon wegen der Flurnamen oft biblischen Ursprungs. Bis in die Gegenwart spürbar eine gewisse,
dem Jura eigene, religiös-erratische Verschrobenheit. Wie war das damals schon wieder? Auf einer gewissen Höhe ü. M. konnten sich doch irgendwelche Minderheiten – Täufer? – ihr Überleben sichern, dank einer Zusicherung des Bischofs von Basel im Jahr soundsoviel?
Ich erinnere mich an viel Eigentümliches, mitunter Exotisches. Irgendwann kam der erste Solarpark dazu. Just auf dem Mont Soleil natürlich! Gleich nebem gleichnamigen Gasthaus, das jedes Jahr mehr aus den Fugen krachte. Unweit davon drehen jetzt grosse Windräder ihre Runden. Ich nicht mehr, die Anreise ist inzwischen zu lang geworden, da ich Zürich und dem TA den Rücken gekehrt habe, jetzt am südlichsten Zipfel der Schweiz wohne und andere Gegenden anpeile...

31
/
0
Bettina Hamilton-Irvine
Co-Leiterin Inland
·

Danke für das Teilen dieser schönen Erinnerungen, Herr D.!

5
/
0
Grossmutter
·

Herr D., eine kleine ergänzender Kommentar zu Herrn Büttner:
Jetzt schmunzelnd erinnere ich mich an einen kleinen Artikel im Tagi vor mindestens ein Viertel Jahrhundert, wie Herr Büttner absolut köstlich ironisch die damals neuen, roten Sitzbänke (schon längst wieder ersetzt) auf den Gleisen der schweizerischen Bahnhöfe beschrieb, wie die SBB mit Stolz bekannt gab, die Bänke selbst im gar hauseigenen Atelier designed zu haben. Wie gern würde ich diesen Text wieder lesen und nochmal von Herzen laut darüber lachen.
So nebenbei: die hintere Seite der Feuilleton der NZZ von heute trägt Herr Büttner's Handschrift.

4
/
0

Solchen Personenkult finde ich gruslig. Niemand schwingt Fahnen, wenn eine neue Chefbeamtin ernannt wurde, aber bei Politikerinnen versammelt sich der halbe Kanton.

Klar, Politik ist öffentlichkeitswirksamer, aber das ist sie vor allem, weil Politikern so viele Anreize gegeben werden, diese Öffentlichkeit zu suchen. Sich selber auf die Bühne bringen ist wichtiger als Geschäfte über die Bühne zu bringen. Denn die fromme Seele ahnt, Wahlen, im hehren Vaterland.

Diesem Profilierungseifer könnte man zuvorkommen, wenn wir bereit dazu wären, unseren Wahlfundamentalismus zu überwinden. Das Losverfahren könnte helfen, das Wahlfieber zu senken. Siehe dazu das Buch Gegen Wahlen vom David Van Reybrouk (2016).

Kompromisse müssten nicht mehr wegen drohender Abstrafung an der Urne gefürchtet werden müssen. Statt ständig Triviales überzubelichten, um im Scheinwerferlicht eines überdrehten Mediensystems zu bleiben, könnten strukturelle Probleme angegangen werden. Die Resourcen könnten zu Beratschlagung statt zur Wahlwerbung mit zwielichtigen Beraterfirmen wie Farner eingesetzt werden.

Wenn ich dann aber wieder lese, wie die «Begeisterung der Leute den nebligen Tag beleuchtet», zweifle ich an der Umsetzbarkeit. Die Anziehungskraft dieses Spektakels scheint immer noch enorm. Wahlen ermöglichen es wenigstens, sich mit Regierungteilen als «Team» zu identifizieren und die Abstrafungsmöglichkeit gibt einen Anreiz, sich mit dem politischen Treiben auseinanderzusetzen.

Mit den nicht abreissenden Personenportraits der bundesrätlichen Adelsfamilie befeuern die Medien diesen irren Reigen weiter. Dazu zähle ich mit den vielen Artikeln zur Bundesratswahl auch die Republik.

Nur so zum Sagen.

14
/
22
Multifunktional
·
· editiert

Personenkult, gerade bei Politikern, ist mir auch zuwider. Hier geht es aber weniger um die Person von EBS selber sondern die Tatsache, dass es eine Person aus dem Kanton Jura in den Bundesrat geschafft hat. Es geht mehr um Patriotismus als um Personenkult. Wäre EBS vom Los bestimmt worden, wäre die Freude wohl ähnlich gross.

28
/
2

Patriotismus ist mir allerdings mindestens so zuwider wie Personenkult.

6
/
0

Sie haben recht, Personenkult ist das falsche Wort. Das ist eher so Roger Federer, nicht EBS.

Ich finde allerdings nicht, dass sich der Medienrummel um die Bundesratswahl prinzipiell aus Patriotismus nährt. Ich empfinde es als Ausdruck der wechselseitigen Abhängigkeit von Sensationslust, Medien und Politikern.

Eine neue Direktorin des Bundesamts für Statistik würde niemals von wehenden Fahnen zu Hause empfangen, obwohl deren Produkte weitreichenden Einfluss haben. Und das Medienecho wäre viel leiser. Selbst wenn sie eine jurassische Schafzüchterin wäre (wobei... 😏).

Unser Politik-Personal lebt von einem Ausmass an Öffentlichkeitswirkung, das ich als schädlich erachte. Wieso kann das Ganze nicht viel unspektakulärer über die Bühne gehen? Oder zumindest primär um die Sachgeschäfte statt Personen kreisen? Genauso «langweilig» wie all die solide Arbeit, die unbemerkt vom Beamtinnenapparat geleistet wird. Deliberative Demokratie mit Losverfahren könnte das bieten.

Ich gestehe der Republik ja absolut zu, dass sie vielschichtiger über den Anlass berichtet als andere. Vielleicht lässt es sich gar nicht vermeiden etwas dazu zu bringen, interessiert halt. Aber dass der Politikbetrieb überhaupt zu so einem personenbezogenen Theaterspektakel verkommen ist, finde ich kritikwürdig.

Ich weiss, ich muss das x-te Bundesratsportrait ja nicht lesen, aber das Angebot formt auch die Nachfrage. Da sehe ich die Medien in der Verantwortung.

9
/
1
Bettina Hamilton-Irvine
Co-Leiterin Inland
·

Damit treffen Sie meiner Meinung nach den Nagel auf den Kopf, Frau W.

4
/
0
interessierter Leser
·

Eine sehr schöne, literarische Abrundung der bisherigen Beiträge zu EBS! Sie wird hoffentlich dazu beitragen können, Bern und Jura zu versöhnen, denn auch in Bern sind die herrschaftlich denkenden „gnädigen Herren“ nicht mehr an der Macht.

25
/
0

Eva Herzog die kompetentere Politikerin ist als Baume-Schneider

Ah ja und woran wird das fest gemacht?

16
/
0

Das frage ich mich aus. Ich lebe seit Jahrzehnten in Basel und ärgere mich beinahe ebenso lange schon über Frau Herzog, die angebliche Sozialdemokratin, deren Lieblingsbeschäftigung Steuergeschenke (z. B. die "Patentboxen") basteln für Grosskonzerne ist. Ich jedenfalls war sehr erfreut und erleichtert über die Wahl von EBS.

6
/
1

Exgüsi, aber macht Ihr den Kanton Jura in Büttners Text nicht ein bisschen arg klein? Da steht doch tatsächlich (Ende 6./Anfang 7. Absatz): "...auf die Ausdehnung warten nur noch die rund 200 Béliers, .... Die 7000 anderen haben aufgegeben". 7000? Der Kanton hätte also nur 7200 Einwohner :-) - und über die leeren Jurahöhen pfeift der Wind... Ich glaub, da ist eine Null verloren gegangen.

7
/
1
Boas Ruh
Produzent
·

Grüezi Frau S. Die 7000 beziehen sich nicht auf die Einwohnerinnen des Juras sondern auf die Separatistengruppe Béliers. Diese war zu den besten Zeiten etwa 7000 Personen stark. Heute sind es noch rund 200, wie auch der Sprecher der Gruppe in einem Interview 2021 bestätigt. Viele Grüsse, Boas Ruh

15
/
0

Danke für die Aufklärung.

2
/
0

Wer gerne etwas mehr über den Wind, der durch den Kanton Jura weht, wissen möchte, hier zwei Tipps:

"1872 weilt Bakunin in der Uhrenstadt Saint-Imier im Schweizer Jura, wo die Antiautoritäre Internationale gegründet wird. Zehn Frauen werden von den Freiheitsideen angesteckt und beschliessen, nach Südamerika auszuwandern, um dort ein herrschaftsfreies Leben auszuprobieren.
Auf der Basis historischer Dokumente und mit Hilfe seiner Imagination erzählt Daniel de Roulet das Schicksal von zehn Frauen, die in einer Zeit, die ihnen nichts zu bieten gewillt war, die Freiheit suchten." Zitat Limmat Verlag.

Das Original in französischer Sprache: Dix petites anarchistes, chez Buchet/Chastel

Das Buch vermittelt, neben den eindrücklichen und einfühlsamen Portraits von aufmüpfigen Frauen, etwas vom Geist, das den Jura ausmacht/e. Und Daniel de Roulet kann schreiben.
Franziska Schutzbach dazu: https://www.republik.ch/2019/03/08/…die-utopie

Die Revue Intervalles (Revue culturelle du Jura bernois et de Bienne) widmet eine ihrer letzten Nummern der Geschichte der Uhrenmacherei und des Anarchismus im Sankt Immertal "Le vallon horliger et ses Anarchistes".

Ja, ich weiss, der Berner Jura gehört zum Kanton Bern. Aber es sind diese politischen, historischen Hintergründe, die den aktuellen Kanton Jura prägen.

Daniel de Roulet dazu in der Republik 😁
https://www.republik.ch/2022/11/29/…-schweizer

14
/
0

Liebe Susanne, danke für deine schöne Ergänzung zum schönen Beitrag von Herrn Büttner, sowie die Links: den Artikel von Frau Schutzbach kannte ich noch nicht.
Wie weiter oben beschrieben, ist der Jura für mich geografisch etwas weiter in die Ferne gerückt, im Sinne von «Grabe, wo du stehst!» hab ich anderes vor der Nase. Beispiel: Grad änet der Grenze, im italienischen Nachbardorf Clivio, steht noch heute jenes Gebäude, das Anfang letzten Jahrhunderts eine der wenigen anarchistischen Schulen beherbergte, die es überhaupt gab. Nur wenigen ist das heute noch bewusst (heute ist die Musikschule drin). Auch dass von den Männern, die damals meist als Steinhauer in die USA ausgewandert sind, nicht wenige dort auch wieder ausgewiesen wurden, weil zu links. Dass die nächstgrössere Stadt, Varese, bald darauf zu einer Hochburg des Faschismus wurde. Wo Mussolini noch heute Ehrenbürger ist, und die Lega das Sagen hat. Aber da ich schweif' wohl zu weit ab...

15
/
0
Bettina Hamilton-Irvine
Co-Leiterin Inland
·

Vielen Dank für diese ausgezeichneten ergänzenden Tipps!

2
/
0

Lieber JMB
Cooler Artikel, war eine Freude, sich in diesen Text zu vertiefen.
Auf weitere solche Beiträge.

12
/
0

Ein brillanter Beitrag von Jean-Martin Büttner.
Falls man den altbackenen, mittlerweile etwas aus der Zeit gefallenen Ausdruck "freundeidgenössisch" bemühen möchte : hier wäre er angebracht. Trifft Büttners versöhnlichen, zutiefst persönlichen Ton perfekt. Bitte mehr davon !

7
/
0
· editiert

«In Moutier verlängert sich, was der Kanton während Jahrzehnten durchgemacht hat: die Verachtung und das Desinteresse von Bern zu spüren...», schreibt Jean-Martin Büttner. Bleibt zu hoffen, dass die Umarmung seitens Albert Röstis mehr war als ein oberflächlicher Überschwang im Zeichen des Sieges, denn wenn sich die "Verachtung" und das "Desinteresse" von den wirklich Mächtigen in Bern gegen den jurassischen Geist von "gemeinnütziger und gemeinwohl­orientierter" fortsetzt, wird es schwierig mit Baume-Schneiders «Je me sens plus de solidarité avec les vaincus qu’avec les saints.»

2
/
0
Gewerkschaftlerin & Sozialarbeiterin
·

Ich war etwas überrascht, dass EBS in diesem Artikel als gelernte Ökonomin beschrieben wird. Aus welchem Grund? Absonsten wird sie doch meistens mit ihrem ausgeübten Beruf beschrieben = Sozialarbeiterin. Auch wenn EBS gemäss Wikipedia tatsächlich in "Wirtschafts- und Sozialwissenschaften" einen Abschluss hat: "Elle a étudié les sciences économiques et sociales à l'Université de Neuchâtel dont elle sort munie d'une licence en 1987, avant d’exercer la profession d'assistante sociale...".

1
/
0

Toller Artikel, vielen Dank!

0
/
0