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Nach dem geltenden Strafrecht begeht derjenige eine Vergewaltigung, der eine Person «zur Duldung des Beischlafs nötigt, namentlich indem er sie bedroht, Gewalt anwendet, sie unter psychischen Druck setzt oder zum Widerstand unfähig macht.“ Nach dem Revisionsvorschlag begeht eine Person eine Vergewaltigung „wer gegen den Willen einer anderen Person den Beischlaf oder eine Beischlafs ähnliche Handlung an dieser vollzieht.“ Gewalt u.ä. ist somit nicht mehr erforderlich, den strafbar ist, wer gegen den Willen einer anderen Person den Beischlaf ausübt. Die Person muss sich deshalb nicht mehr zur Wehr setzen und Widerstand leisten, damit eine strafbare Handlung vorliegt. Eine solche Bestimmung gibt es bereits in Deutschland, Schweden und Grossbritannien.
Unabhängig ob man nun für eine Neufassung dieses Tatbestandes eintreten will, so erscheint es unverständlich, wenn nun Daniel Strassberg ohne Belege behauptet, mit der Neufassung würde eine Beweislastumkehr vorgenommen und es würde beim Beschuldigten eine Unschuldsvermutung verletzt, und wenn er damit gleich das Ende des "liberalen Rechtsordnung" ausruft.
Auch aufgrund der Neufassung des Tatbestandes würden weiterhin alle Beweise erhoben, dazu gehört auch die Aussagen des Opfers, allfällige Drittpersonen, Aussagen des Beschuldigten (mit Gewährung des Schweigerechts), Auswertung der Spuren etc. Das einzige, was sich ändert ist, dass das Opfer nicht mehr beweisen muss, das es Widerstand geleistet hat. Weiterhin gilt der Beschuldigte aber vorderhand als unschuldig und es ist Aufgabe der Strafverfolgungsbehörden anhand des Beweismaterials zu entscheiden, ob nun eine Vergewaltigung vorliegt, ob zum Beispiel den Aussagen des Opfers oder des Beschuldigten Glauben zu schenken ist. Im Zweifel ist auch weiterhin freizusprechen. Alle diese zentralen Grundsätze, die das Beweisrecht kennt und die Unschuldsvermutung absichern gelten weiterhin. Auch die bekannten Fälle in jenen Staaten, in den bereits der neue Straftatbestand der Vergewaltigung in Kraft ist, zeigen eindrücklich, dass damit keineswegs eine Beweislastumkehr vorgenommen wird, die die Unschuldsvermutung zerstören würde.
Es ist gefährlich bei jeder Änderung des Strafrechts gleich voreilig den Verlust der „liberalen Rechtsordnung“ zu verkünden. Zudem hilft ein Blick in das geltende Strafrecht gelegentlich weiter als ein Kant Zitat.

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Lieber Herr Bossonet, die Antwort auf Ihren Beitrag gilt auch für die beiden Kommentare weiter oben. Weshalb ich der Meinung bin, dass die Beweislast faktisch umgekehrt wird, habe ich weiter unten dargelegt. Selbstverständlich muss das Strafrecht geändert werden können, das steht ausser Frage, ebenso wenig dass jede Form der Vergewaltigung geächtet werden muss. Mein Argument war vielmehr, dass im Namen der Sicherheit oder des Schutzes des Lebens (Agamben) in den letzten 20 Jahren unser Recht systematisch ausgehöhlt wurde, immer formal korrekt. Und ich wollte nur warnen, dass dies auch dann ein Gefahr darstellt, und dass man auch dann sehr aufpassen muss, wenn eine solche Aushöhlung im Namen einer guten Sache geschieht. Ich kann nicht recht sehen, weshalb Ihnen das als Rechtsanwalt, der das wohl hautnah miterlebt hat, das nicht einleuchtet.

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Meiner Meinung nach ist die entscheidende Überlegung in diesem wichtigen Beitrag, dass die grundlegende demokratische Rechtsordnung, die auf den fundamentalen Menschenrechten beruht, bei uns, wie in vielen andern Ländern auch, immer mehr in Frage gestellt wird, ohne dass dies immer auf den ersten Blick so ohne weiteres ersichtlich wäre. Bei allen Gesetzesänderungen muss deshalb die Frage nach der Vereinbarkeit mit den Menschenrechten immer und sorgfältig gestellt werden. Hier müssen unsere Zivilgesellschaft und unser unabhängiger Journalismus sehr aufmerksam und kritisch bleiben, zumal offenbar auch unsere Justizministerin die Grundlagen unserer rechtsstaatlichen Demokratie zur Disposition stellt, was, man kann es nicht anders sagen, von einer bedenklichen Verantwortungslosigkeit zeugt.

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Das Anstössige an Kants Konzeption des Kategorischen Imperativs ist die Kategorialität d. h. die unbedingte Gültigkeit derjenigen Pflichten, deren Gegenteil nicht verallgemeinert werden kann: Kann ich wollen, dass jeder jederzeit lügen darf, wenn er sich daraus einen Vorteil zu ziehen verspricht? Nein, kann ich nicht, also gilt das Gegenteil: die unbedingte Pflicht zur Wahrhaftigkeit.
Lässt sich dieser Konzeption einen Sinn abgewinnen? Die Frage stellt sich vor allem, weil sie in bestimmten Situationen mit anderen, auch von Kant hergeleiteten unbedingten Pflichten wie dem Hilfsgebot (Hilf dem, der in der Not ist!) kollidiert. Ähnlich wie Dani Strassberg denke ich: ja.
Kant, der ein profunder Kenner von Hobbes war und teilweise dessen Menschenbild (wenn auch nicht dessen Staatskonzeption) teilte, wusste um den "Antagonism ... die ungesellige Geselligkeit der Menschen, d. h. den Hang derselben in Gesellschaft zu treten, der doch mit einem durchgängigen Widerstande, welcher diese Gesellschaft beständig zu trennen droht, verbunden ist". Mit modernen Worten: Er wusste um die Fähigkeit und das Bedürfnis der Kooperation des Menschen, zu der ihn vor allem seine Vernunft anstiftet, aber auch, dass diese ständig bedroht ist durch eine ungesellige Seite des Menschen, die den Vorteil sucht bzw. den Nachteil verhindern will und deshalb aus der Kooperation nach eigenem Gutdünken ausschert.
Rechtsnormen, rechsstaatliche Verfahren etc. sind für Kant kooperative Lösungen und als solche unbedingte Güter, die es gegen das tendenzielle Ausscheren nach individuellem Gutdünken unbedingt zu schützen gilt. Deshalb gilt für Kant nicht nur fürs Lügen: Der Mensch "muss die Folgen davon, selbst vor dem bürgerlichen Gerichts¬hofe, verantworten und dafür büssen". Modern gesprochen: Die Unverletzbarkeit von Rechtsgütern ist auch dann zu schützen bzw. deren Verletzung zu sanktionieren, wenn es zur Abwehr einer höheren Gefahr diente. Über die Höhe der Sanktion ist damit nichts gesagt. Kant als Richter würde dem Lügner im Beispiel von Benjamin Constant eine Busse von 20 Euro aufbrummen und ihm als Retter des Flüchtlings vor dem Zugriff des Mörders eine Ehrenmedaille überreichen und ihm mindestens die Prozesskosten erlassen.
Aus ähnlichen Gründen werden wohl die Aktivisten, die in einer Bank Tennis spielten, um auf den Klimanotstand aufmerksam zu machen, von der nächsten Instanz zu einer symbolischen Busse von 20 Franken verurteilt, womit der Rechtsstaat ein Zeichen gibt, dass er sich gegen seine Erosion durch individuelle Rechtsanwendung bzw. Ausserkraftsetzung unbedingt schützen muss.
Die Ethik kennt die Kategorialität dieses Gedankengangs als "Dammbruch"-Argument oder als Argument der "schiefen Ebene", der Volksmund als Wendungen wie 'Wo kämen wir denn hin, wenn ...' oder 'Wehret den Anfängen'.

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Vielen Dank, Herr R., für die Rettung Kants! Ich studiere angewandte Ethik und habe mir schon oft über das deontologische Lügenverbot den Kopf zerbrochen - Ihre Interpretation entspricht meiner moralischen Intuition. Unterrichten Sie irgendwo Ethik oder Philosophie?

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Herzlichen Dank, Frau Sievi, für Ihre Rückmeldung. Ich habe 25 Jahre an der Kantonsschule Rychenberg Philosophie inkl. Ethik unterrichtet und bin jetzt seit eineinhab Jahren pensioniert.

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Ich bin weder Philosophin noch Juristin, aber ich finde den Aufbau des Essays etwas schwierig. Am Anfang lässt der Autor Kant sinngemäss die Frage beantworten, ob es Umstände gebe, unter denen man lügen dürfe. Kants kategorischer Imperativ sagt in der Polemik mit Constant offenbar Nein. Finde ich eine spannende Kontroverse, deren zeitlose Aktualität unmittelbar einleuchtet.
Dann tritt KKS auf, die Kindern von Sozialhilfeempfängern die Einbürgerung verweigern will (Sozialhilfeempfängerinnen haben keine Kinder). Sie wird von Viola Amherd abgeschossen. Schon will man aufatmen, aber zu früh gefreut. Jetzt kommt nämlich unser Nachrichtendienst hinter dem Vorhang hervor, der tut, was er seit jeher tat: Daten sammeln ohne Rechtsgrundlage. Dann krachen Flieger in die Twin-Tower, während Rechtsgelehrte zanken, was denn Recht eigentlich sei und was zum Bruch des Rechts be-recht-ige.
Darauf geht die rasende Fahrt in einer grossen Kurve am Ermächtigungsgesetz und den Nürnberger Rassengesetzen vorbei über den grossen Teich hinüber zu Uncle Sam und seinem übersteigerten Sicherheitsbedürfnis, hinter dem sich der übliche Macht- und Kontrollanspruch verbirgt. Von dort geht die Post dann erst richtig ab in den ehemaligen Ostblock: Kontrollanspruch besiegt Recht schamlos. Pressefreiheit, Gewaltenteilung, Menschenrechte, alles fällt, alles modert. Und von da gehts dann direkt zum Finale: die Revision des schweizerischen Sexualstrafrechtes, die gut gemeint, aber unbedacht mittels fahrlässiger Vergewaltigung das Ende der liberalen Rechtsordnung einläutet.

Ich sitze auf den Zuschauerrängen und fühle mich erschlagen. So viel, so dicht, so unterschiedliche Gefühle! Ich brauche Zeit, um einzuordnen, bin ambivalent, provoziert, beeindruckt. Kein billiger Applaus, kein Ausbuhen, ich gehe still nach Hause. Auch wenn mir nicht alles gefallen hat: Danke.

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Ist die beschriebene Geschichte der Philosophen nicht vielleicht etwas zu einfach respektive die Frage zu eindimensional gestellt? Man hat doch kaum so binäre Situationen in Leben. Anstatt dem Mörder die Wahrheit oder eine Lüge zu erzählen, könnte man auch einfach schweigen / die Polizei rufen / den Mörder versuchen zu überwältigen / die Wahrheit erzählen um dann den Mörder in einen Raum zu locken und einzusperren bis die Polizei kommt etc. Und das wäre dann doch gleichzeitig eine Regelnä, die dem Anspruch von Kants kategorischem Imperativ gerecht werden würde. Sie wird doch einfach etwas komplexer und nuancierter.

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Das vertrackte Beispiel, welches Constant gegenüber seinem Kollegen Kant aufführt, erhält eine weitere Dimension, wenn man Rechtsstaatlichkeit zusätzlich abgrenzt gegenüber dem individuellen Rechtsempfinden. Ich kann mich als Individuum durchaus durch eine Lüge schützend vor den versteckten Mörder stellen - dies aber im Bewusstsein, dass ich damit das gesellschaftlich gültige Recht verletze. Dies bedeutet, dass ich bereit sein muss die Strafe des gültigen Rechts auf mich zu nehmen - und zwar unabhängig meines individuellen Rechtsempfindens.
Dass eine Bundesrätin in ihrer politischen Funktion sich bedingungslos dem gesellschaftlich sanktionierten Recht zu unterziehen hat, hängt mit ihrer Rolle zusammen. Als gewählte Bundesrätin muss sie ihr persönliches Rechtsempfinden dem geltenden Rechtssystem unterordnen (darauf hat sie schliesslich ihren Eid geleistet). Als Bürgerin kann und muss sie aber im Umgang mit einem allenfalls bei ihr versteckten Mörder abwägen, ob sie Constant's oder Kant's Weg einschlagen will. Das Spannungsfeld zwischen absolutem Imperativ und einer individuellen Ethik bleibt bestehen, unabhängig von der Tatsache, dass das für eine Gesellschaft gültige Recht absoluten Anspruch haben muss (und einzig durch die rechtlich legitimierten Wege verändert werden darf).

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Guten Tag Herr Strassberg
Mir haben Ihre Ausführungen gefallen und eingeleuchtet. Jedoch frage ich mich, ob es richtig ist, dass mit der Einführung der "fahrlässigen Vergewaltigung" auch eine Umkehr der Beweislast eingeführt würde.
In der WoZ wurde vor einigen Wochen eine schwedische Juristin zum neuen Sexualstrafrecht in Schweden interviewt:

WoZ: Kritiker befürchten, dass die «Ja heisst Ja»-Lösung zu einer Umkehr der Beweislast führt: Um nicht verurteilt zu werden, müsse der Angeschuldigte beweisen, dass er das Einverständnis des Gegenübers erhalten habe.

Juristin Hedvig Trost: Der Angeschuldigte muss gar nichts beweisen. Beweisen muss alles die Anklage. Was stimmt, ist, dass die Aussage des Beschuldigten heute wichtiger ist als früher. Schliesslich musste man ihm früher nachweisen, dass er Gewalt angewandt hat. Heute muss man ihm nachweisen, dass er den Willen des Gegenübers missachtet hat. Der mutmassliche Täter muss also genauer erklären, wie er die Situation wahrgenommen hat.

Link: https://www.woz.ch/-a56d

Könnten Sie dazu bitte Stellung nehmen?
Vielen Dank und freundliche Grüsse,
T. L.

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Sehr geehrter Herr L.,
Besten Dank für die Hinweis auf das Interview und auch für die Frage. Ich würde so argumentieren: Formal ist es zwar richtig, dass die Beweislast bei der Anklage verbleibt, aber dadurch, dass es keine materiellen Beweise mehr braucht, wird die Aussage des Beschuldigten ins Zentrum gerückt, und ihre Plausibilität wird zum Kriterium über die Schuld. Das heisst,der Beschuldigte muss plausibel erscheinen, was meines Erachtens faktisch der Umkehr der Beweislast entspricht.
mit freundlichen Grüssen Daniel Strassberg

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Wenn es formal richtig ist, dass die Beweislast bei der Anklage verbleibt, sehe ich bei diesem Beispiel keinen Bruch mit Kant. Es scheint für mich eine formal korrekte Anwendung, dass die Beweislast weiterhin bei der Anklage liegt. Und Beweise müssen meines Wissens (bitte korrigieren, falls falsch) nicht immer materiell sein müssen, damit sie rechtsgültig sind.

Wie sich diese Rechtssprechung faktisch auswirkt ist eine andere Frage. Vielleicht wäre es hilfreich, die empirischen Erfahrungswerte in Ländern wie Schweden zu thematisieren (z. B. in der Kolumne "Auf lange Sicht"?). Auf diese Weise könnte man dann durchaus diskutieren, ob diese Rechtssprechung zu problematischen Urteilen führt.

Aber die Aussage, die Revision des Sexualstrafrechts führe zu einem formalen Bruch der Rechtsordnung aufgrund einer vermeintlichen Umkehrung der Beweislast, hält einer genaueren Betrachtung nicht stand.

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Also wenn die Politik dem Recht folgen soll, dann ist das doch richtig, jede Form von Vergewaltigung zu ächten und mit dem schwedischen Modell dem Menschenhandel das Leben schwer zu machen....!??
Und sollte beim Einstiegsbeispiel nicht auch eine Rolle spielen, dass ein MÖRDER angelogen wird...!?
Da herrscht für mich viel Verwirrung in diesem Artikel, auch wenn ich die Überlegungen alle ziemlich spannend finde!

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Strassberg schreibt in einem Kommentar: "Weshalb ich der Meinung bin, dass die Beweislast faktisch umgekehrt wird, habe ich weiter unten dargelegt."

Nicht schlüssig, wenn Aussage gegen Aussage steht, werden auch in Schweden beide Parteien angehört und es gilt weiterhin im Zweifel für den Angeklagten. Bei dem angesprochenen Urteil war das auch nicht das Thema.
My Hedström von der obersten schwedischen Anklagebehörde sagt in eienm TaZ-Artikel:
Die Beweislage habe sich nicht wirklich verändert, abgesehen davon, dass die Person, die sexuelle Handlungen an einer passiv bleibenden Person vornehme, nun zu erklären habe, warum sie diese Passivität als Zustimmung glaubte einschätzen zu können. Grundsätzlich gehe das Gesetz davon aus, dasss solche Passivität eben kein Einverständnis sei.

Ist dagegen was einzuwenden? Vor allem wenn man bedenkt, wie oft sich Opfer passiv verhalten.

Weiter schreibt Strassberg: "Selbstverständlich muss das Strafrecht geändert werden können, das steht ausser Frage, ebenso wenig dass jede Form der Vergewaltigung geächtet werden muss.

Also auch die Form der Vergewaltigung, bei bei der es keine sichtbaren Spuren gibt, die wegen anfänglicher Scham erst nach ein paar Monaten angezeigt wird, oder bei einer solchen, bei der das Opfer betrunken und deshalb wehrlos war?

Es ist ja nicht neu, dass vor Gericht Fälle behandelt werden, bei denen Aussage gegen Aussage steht. mit

Ich sehe nicht wie auch ein strenges Sexualstrafrecht wie in Schweden das "Ende der liberalen Rechts­ordnung" sein soll.

Und wie ich bereits geschrieben habe, gehört die Revision des Sexualstrafrechts in der Schweiz nicht in den eine Reihe mit der Abschaffung von Gewaltenteilung, Pressefreiheit und Menschenrechten in autoritären Staaten. Es gibt hier kein Regime, dass sich mit dieser Gesetzesänderung Vorteile verschaffen will.

In diesem Sinne sehe ich hier nicht mehr als der misslungene Versuch einer Provokation.

https://taz.de/Sexualstrafrecht-in-…/!5611634/

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«Bis 9/11 galt die Auffassung, dass nur formale Kriterien über die Legitimität eines Gesetzes entscheiden.» Hier vermisse ich den Bezug zur Radbruchschen Formel.

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Grüezi Herr Strassberg

Sie schreiben: "Im Moment wird die Revision des Sexual­strafrechts diskutiert, die den Tatbestand der fahrlässigen Vergewaltigung einführen will (…)" Dass die Revision die "fahrlässige Vergewaltigung" einführen will, ist mir neu. Können Sie mir eine Quelle für diese Information angeben?

Freundliche Grüsse
M. S.

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Die gleiche Frage stelle ich auch.

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Lieber Herr S., das mache ich gerne, leider komme ich erst morgen dazu, ist das ok? beste Grüsse DS

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Also, ich komme schon heute dazu, wegen Corona: Es gibt im Moment starke Bestrebungen, das schwedische Modell in der Schweiz einzuführen, wonach ein Sexualkontakt, der nicht in beidseitigem Einverständnis geschieht, als Vergewaltigung gilt. Das schwedische Gericht, das einen Mann nach diesem Gesetz verurteilt hat, sprach von einer "unachtsamen" oder je nach Übersetzung von "fahrlässiger Vergewaltigung".

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Guten Tag Frau H., Herr Strassberg und Herr S.
Zu diesem Thema wurde in der Republik schon mehrfach geschrieben. Einen spannenden Beitrag finden Sie hier:
https://www.republik.ch/2019/07/12/…fe-bleiben
Mit frohem Gruss,
Marcus Bosshard

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Wenn die Bevölkerung - und in einer Demokratie damit idealerweise auch die Politik - der Auffassung ist, dass ein Recht aufgrund veralteter und falscher Annahmen entstanden ist, soll es natürlich angepasst werden. In diesem Sinne bestimmt Gesellschaft und Politik auch das Recht. Natürlich soll über eine Revision des Sexualstrafrechts diskutiert werden. Und natürlich soll das Ergebnis den Menschenrechten entsprechen. Es ist nicht einsehbar, was für eine konkrete Revision in dem Artikel angesprochen wird und ebensowenig, warum die sogenannte "fahrlässige Vergewaltigung" automatisch die Beweislastumkehr bedeutet.

Strassberg setzt die Revision des Sexualstrafrechts in eine Reihe, die mit den Gesetzesänderungen in den USA nach 9/11 beginnt: "Die faschistische Rechts­auffassung hat sich ein demokratisches Mäntelchen angezogen." kommentiert er.

Die Reihe wird weiter unten fortgesetzt:

"Mit der Begründung, eine Lebens­weise zu schützen, wurde in Polen die Gewalten­teilung, in Ungarn die Presse­freiheit, in Russland die Menschen­rechte ganz allgemein abgeschafft … und in der Schweiz beinahe die Sippen­haftung wieder eingeführt."

Und in dieser Tradition einer faschistischen Rechtsauffassung unter demokratischem Mantel soll nun dieser Revisionsvorschlag stehen?

Verschiede Artikel wurden glücklicherweise schon gepostet, die sich in fundierterer und entspannterer Weise mit dem Thema auseinandersetzen. Hier vielleicht noch einer:

https://www.republik.ch/2018/08/22/nein

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Interessiert am präzisen Blick
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Jetzt muss ich leider sagen: Schuster, bleib bei Deinen Leisten. In dem Artikel hat es soviele Missverständnisse und Ungenauigkeiten zu rechtlichen Fragen (Legitimität von Gesetzen, Beschwerdemöglichkeit beim EGMR, usw. usf.), dass man gar nicht damit anfangen mag, zu korrigieren und präzisieren. Schade, denn die Grundgedanken finde ich an sich gut.

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Mindestens konkrete Beispiele würde ich mir dann aber schon wünschen anstatt pauschal "viel xyz" zu monieren.

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Interessiert am präzisen Blick
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Ok, ein Beispiel.

„Bis 9/11 galt die Auffassung, dass nur formale Kriterien über die Legitimität eines Gesetzes entscheiden. Gesetze, die formal korrekt erlassen wurden, sind legitim. Punkt. Ethischen oder ideologischen Über­legungen darf kein Platz eingeräumt werden. Ob ein Gesetz gerecht, sinnvoll oder zielführend ist, darf keine Rolle spielen, nur, ob es formal korrekt ist.“

Was der Autor hiermit meint, ist die Diskussion über den sog. Rechtspositivismus. Diese ist jahrzehntealt und wurde nicht zuletzt im Gefolge der illegitimen Rechtsetzung (und auch Rechtsprechung) während des Nationalsozialismus geführt. Das ist eine Grundfrage der Rechtsphilosophie, mit der sich jeder Jusstudentin in den ersten Semestern auseinandersetzt.
Illustrativ ist der Wikipedia-Eintrag zum erwähnten Stichwort.

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Ein wunderbarer Beitrag der aufzeigt wie recht weit unser Bewusstsein schon deformiert ist. Den Kant hat in dieser Geschichte mit dem Beispiel des Mörders und das Opfer, eine Situation geschaffen in der es nicht nur Lügen oder Wahrheit sagen, als einzige Möglichkeiten gibt. Weil ich als Wohnungseigentümmer die Verantwortung übernehmen kann und was auch immer zu tun ist tue.( Vielleicht ist das Opfer ein Täter und der Mörder will im Affekt handeln...) Wenn auch die Politiker und Wirtschaftsverantwortlichen und alle Menschen sonst auschliesslich in diesem Sinne handeln würden und könnten, hätten wir eine funktionierende Gesellschaft und ganz viele Probleme würden sich in Luft auflösen. Jedenfalls habe ich das so verstanden.

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