Die Schweiz auf Abriss – Folge 4

Auch auf das Parkhaus (rechts) wartet die Wiederverwendung: Alle Bilder in diesem Beitrag stammen aus dem Lysbüchel-Areal in Basel.

Grauzone

Die Baubranche ist einer der grössten Klima­killer. Basel will ihr jetzt die strengsten Gesetze im Land vorschreiben. Wer das Klima zu sehr belastet, muss zahlen. Der Rest der Schweiz hinkt hinterher. «Die Schweiz auf Abriss», Folge 4.

Von Philipp Albrecht (Text) und Christian Aeberhard (Bilder), 04.03.2024

Vorgelesen von Dominique Barth
0:00 / 20:18

Das riesige Parkhaus ist immer da, mächtig und löchrig.

Schon seit einiger Zeit stehen keine Autos mehr darin. Nur Kräne sind zu sehen, die jedes Bauelement einzeln abtragen. Nichts darf in die Brüche gehen, denn die Elemente werden noch gebraucht. Wenn alles geschafft ist, sollen hier auf dem Basler Lysbüchel-Areal ein Park und daneben mehrere Gebäude mit Wohnungen entstehen.

Es ist der Kanton, der abbauen lässt. Basel-Stadt sieht sich als Vorbild beim klima­schonenden Bauen. Das liest sich wie ein Widerspruch. Denn wer das Klima schonen will, der lässt Gebäude stehen und saniert sie. Aber es ist kein Widerspruch. Die Kräne reissen nicht ab, sie bauen ab. Hier eine Stütze, da ein Decken­element.

In der Gesamt­bilanz kann deshalb auch der Abbau eines Gebäudes klima­schonend sein. Vorausgesetzt, es wird so viel bestehendes Material wie möglich wieder­verwendet. Re-Use nennt man das in der Fach­sprache. Auf dem Lysbüchel-Areal tritt Basel gerade den Beweis an, dass das nicht nur im Kleinen funktioniert.

«Die Schweiz auf Abriss» – machen Sie mit!

Im Abriss-Atlas rufen wir Sie dazu auf, Gebäude zu nennen, die abgerissen wurden oder noch werden – wir recherchieren auf dieser Basis zu den Hinter­gründen. Unter dem Titel «Die Schweiz auf Abriss» veröffentlicht die Republik gemeinsam mit «Correctiv» Beiträge und Recherchen zu den ökologischen, ökonomischen und wohn­politischen Folgen der aktuellen Abrisspraxis.

Der «Correctiv»-Crowd-Newsroom ist ein gemein­nütziges Projekt, das Bürgerinnen bei journalistischen Recherchen miteinbezieht. Der Abriss-Atlas wird von der Toni Piëch Foundation und der Stiftung Mercator Schweiz unterstützt.

Zu Fuss ist man von hier aus in fünf Minuten an der französischen Grenze und in drei Minuten auf dem Novartis Campus. Vom Lysbüchel-Areal aus verteilte Coop während fünf Jahrzehnten Waren ins ganze Land. 2013 verkaufte der Grossverteiler das Areal und zog später nach Pratteln BL und ins aargauische Schafisheim.

Einer der Käufer war der Kanton, der seither ein neues Quartier aufbaut, das im Einklang mit dem Klima heranwachsen soll. Eines der Gebäude wurde um zwei Stock­werke aufgestockt und bietet jetzt Platz für zwölf Schulklassen, einen Kinder­garten, zwei Turn­hallen und eine grosse Aula. Der Pausen­platz ist teilweise auf dem Dach – mit Blick aufs Parkhaus.

Aus der früheren Verteil­zentrale nebenan entstand ein Kultur- und Gewerbe­haus mit Läden, Cafés und einer Boulder­halle, die viele Familien im Quartier als überdachten Spielplatz nutzen. Vieles von dem, was man in diesem Gebäude verbaute, wurde nicht zum ersten Mal verwendet. Sämtliche Fenster stammen aus Rest­beständen.

Was der Kanton Basel-Stadt auf dem erworbenen Areal macht, geschieht mit hoch ambitionierten Klima­zielen. Bemühungen für klima­schonendes Bauen gibt es auch anderswo in der Schweiz. Aber nirgends in einer Dimension wie hier.

Basel will nicht nur bei den eigenen Bauten vorbildlich sein, sondern bald auch Regeln einführen, die für alle anderen Immobilien­akteure gelten.

37 Prozent des globalen CO2-Ausstosses fallen heute auf den Gebäude- und Bausektor. Etwa ein Drittel davon entsteht bei der Herstellung der Bau­materialien und in der Erstellung der Gebäude. Als nächstes Etappen­ziel seiner Klimaschutz­bemühungen will Basel diese sogenannten grauen Emissionen reduzieren. Bis 2027 sollen dafür per Gesetz Grenz­werte eingeführt werden. Basel-Stadt ist der erste Kanton, der einen solchen Schritt macht.

Das ambitionierteste Klimaziel der Schweiz

Ende vergangenen September, elf Wochen bevor er in den Bundesrat gewählt wurde, hatte Beat Jans als Regierungs­präsident seine Unterschrift unter eine ehrgeizige Klimaschutz­strategie gesetzt. «Basel-Stadt wird zum internationalen Vorbild in Sachen Klimaschutz und Innovations­kraft», schrieb er im Vorwort des Papiers.

Basel hatte 2019 den Klima­notstand ausgerufen. Drei Jahre später wurde beschlossen, bis 2037 im Betrieb keine Treibhaus­gase mehr auszustossen. Und schliesslich legte man die Grenz­werte für den Bau fest. «Damit ist das ambitionierteste Klima­ziel der Schweiz in unserer Verfassung verankert», hielt Jans fest.

Das Netto-null-Ziel betrifft die Emissionen, die auf dem Kantons­gebiet anfallen. Sie entstehen zu einem grossen Teil im Verkehr, bei den Gebäude­heizungen und in der Kehricht­verbrennung. Diese Quellen sind besonders gut dokumentiert. Ganz anders jene Treibhausgase, die von Menschen und Firmen in Basel ausgestossen werden, aber nicht auf Basler Gebiet, sondern ausserhalb: Sie sind dort, wo Konsum­güter, Dienst­leistungen, Heizöl, Gas, Benzin und Strom hergestellt werden, und machen laut Schätzungen viermal so viel CO2 pro Kopf aus wie jene auf Kantonsgebiet.

Ein Teil davon geht auf das Konto der Bauindustrie, was hauptsächlich auf die Herstellung von Beton zurück­zuführen ist, das meist­verwendete Baumaterial.

Um hier eine Wirkung zu erzielen, nahm Basel das Grenzwert­ziel in seine Strategie auf. Am einfachsten würde es der Kanton erreichen, wenn er keine Häuser mehr abreisst: «Werden bestehende Gebäude umgebaut statt abgerissen und durch Neubauten ersetzt, werden sowohl die grauen Treibhausgas­emissionen aus dem Neubau wie auch der Bauabfall aus dem Abriss­gebäude eingespart», steht in der Klimaschutz­strategie.

Um möglichst viele Gebäude vor dem Abriss zu bewahren, könnte Basel zum Beispiel ein Abbruch­verbot verordnen. Nur kann das nicht das Ziel einer Stadt sein, die unter Wohnungs­not leidet und sich selber als die «dynamischste Wirtschafts­region der Schweiz» bezeichnet.

Die Kantons­regierung setzt deshalb auf einen anderen Weg: Wer neu bauen will, muss das so klima­schonend wie möglich tun. Derzeit wird diskutiert, was mit denen passiert, die das nicht tun und die Grenzwerte nicht einhalten. Eine Möglichkeit wäre, dass dann eine Lenkungs­abgabe bezahlt werden müsste, die wiederum für nachhaltige Bau­projekte eingesetzt werden könnte.

Alte Parkhausteile tragen neue Wohnungen

Bis eine Entscheidung vorliegt, will der Kanton mit gutem Beispiel vorangehen. Da er einer der grössten Baurechtsgeber der Schweiz ist – ihm gehören rund 700 Baurechts­parzellen –, hat er grossen Einfluss darauf, wo welche Gebäude erstellt werden.

So wendet er die zwei wirkungs­vollsten Praktiken an, mit denen heute klima­schonend neu gebaut werden kann: so wenig Beton und so viel Re-Use wie möglich.

Der Re-Use-Teil führt uns zurück zum alten Coop-Parkhaus. Ein Gebäude, das von der «Basler Zeitung» einmal als «grau, abweisend und von einer Hässlichkeit, die beinahe ins Bedrohliche kippt» beschrieben wurde. Doch in seinen Einzel­teilen kann es durchaus zu einem schönen neuen Bauwerk beitragen, findet die Immobilien­abteilung der Kantons­verwaltung.

Inspiriert von diversen privaten Bauteil­börsen, stellte sie einen Online-Katalog mit Baumaterialien aus rückgebauten Liegenschaften zusammen, darunter auch jene aus dem Parkhaus, das nach und nach abgetragen wird. Von der Betonstütze über das Fassaden­teil bis hin zum Wand­urinal ist alles aufgeführt, was noch verwendet werden kann. Jedes Teil ist genau dokumentiert und es lässt sich nachschauen, wie viel Klima­belastung darin gespeichert ist.

Verwendet man etwa eine 20 Meter hohe Stahlbeton­stütze aus dem Parkhaus, lassen sich damit 1,7 Tonnen CO2-Äquivalente einsparen. So viel Kohlen­dioxid gelangt etwa in die Luft, wenn man mit einem Benziner 60-mal zwischen Basel und Zürich hin- und herfährt.

Diese Stützen werden bald zahlreiche neue Wohnungen tragen, die der Kanton in zwei Bau­projekten per Wettbewerb ausgeschrieben hat. Das grössere der beiden Projekte kommt am Walkeweg im Gebiet Dreispitz zu stehen, rund fünf Kilometer Luftlinie vom Lysbüchel-Areal entfernt. Dort baut der Kanton insgesamt 164 Wohnungen, für die er im Projekt­wettbewerb eine «bewusste Material­wahl» verlangte, um die Umwelt­belastung so tief wie möglich zu halten.

Das junge Basler Architekturbüro Parabase, das den Wettbewerb gewann, bedient sich im grossen Stil aus dem Bauteile­katalog. In den Neubauten kommen nun nicht nur die erwähnten Stahlbeton­stützen zum Einsatz, sondern auch gerippte Betonplatten, die derzeit noch an den Decken des Parkhauses hängen.

«Bestechend ist der architektonische Ausdruck der Bauten, die das Thema Re-Use gekonnt umsetzen», schrieb die Jury zum Sieger­projekt. «Die Hoffnung, dass Re-Use zu einer neuen Ästhetik führt, wird hier erfüllt.»

«Auch in der Grösse hat das Projekt neue Massstäbe gesetzt», sagt Jonathan Koellreuter, Leiter Portfolio­management bei Immobilien Basel-Stadt, bei einem Treffen mit der Republik. In keinem anderen Schweizer Architektur­wettbewerb sei das Thema Re-Use in einer solchen Grössen­ordnung angewandt worden.

Was die Planung umso schwieriger machte: «Die Teile aus dem Parkhaus benötigen viel Platz zum Lagern. Und für ein Projekt von solcher Dimension gibt es keinen Standard­prozess.» Die für das Projekt Walkeweg verwendeten Bauteile kommen dort direkt auf die Baustelle. Nach langer Suche fand man im Portfolio der Kantons­verwaltung zudem eine Industrie­fläche, die vorüber­gehend ungenutzt bleibt. Dort werden nun die restlichen Bauteile vorüber­gehend gelagert.

Beton nachahmen mit Holz und Metall

Die Frage wiederum, wie man grosse Gebäude mit möglichst wenig Beton baut, stellte der Kanton in einer weiteren Wettbewerbs­ausschreibung.

Sie führt uns wieder weg vom Walkeweg zurück ins Lysbüchel-Areal. Wenn dort nächstes Jahr das Parkhaus ganz abgebaut sein wird, sollen gleich daneben bis zu 140 Wohnungen entstehen. Bei der Ausschreibung zum Projekt Volta Nord verlangte der Kanton «einen Beitrag zur Erreichung der Klima­neutralität und zum Klimaschutz». Dazu liess er eigens ein Online-Tool entwickeln, mit dem die teilnehmenden Architektur­büros die Klima­belastung der Primär­konstruktion errechnen konnten.

Das Tool sollte auch dabei helfen, die Kosten im Griff zu behalten. Denn der Bau muss nicht nur umwelt-, sondern auch budget­schonend sein, da hier besonders preisgünstiger Wohnraum entstehen soll. «Bei diesem Projekt ist ein bisschen von allem drin, mit einem Fokus auf das Klima», sagt Koellreuter.

Das Problem: Wer heute günstig bauen will, greift auf Beton zurück, den günstigsten und stabilsten Baustoff. Neue ökologischere Bauweisen mit weniger Beton sind noch in der Testphase. Das gilt auch für Lehm, der zunehmend als nachhaltiger Baustoff eingesetzt wird, aber noch längst nicht überall anwendbar ist. Und massive Bauten mit viel Holz werden tendenziell teuer.

Das Siegerprojekt der ARGE Jonger Waeger Architektinnen aus Zürich verwendet deshalb Decken­platten aus Holz, die mithilfe von Metall­bauteilen auf Stützen gehängt werden. Die Kombination aus Holz und Metall ahmt eine Beton­konstruktion nach. Und sie kommt mit wenig Material aus. Beton wird es nur noch im Erdbereich und im Kern geben.

Die vermeintlichen Kritiker sind mit im Boot

Mit seiner ökologisch vorbildlichen Bauweise inspirierte der Kanton offenbar auch andere Bauherren, die Coop die restlichen Teile des Lysbüchel-Areals abgekauft hatten. Nimmt man alles zusammen, entsteht in den nächsten Jahren Raum für bis zu 2000 Einwohnerinnen und 2500 Arbeitsplätze. Das meiste lassen die SBB bebauen, die bei ihren Projekten eine «ressourcenarme und umweltschonende Erstellung» verlangen.

Aus Sicht des Kantons darf es überall so weitergehen. Wo immer in Basel gebaut wird, soll das besonders klima­schonend geschehen. Im besten Fall wird so die Reduktion von grauen Emissionen bei den meisten Bauprojekten zur Selbst­verständlichkeit, noch bevor 2027 Grenzwerte per Gesetz eingeführt werden.

Vieles zeigt in diese Richtung. Und Kritik ist so gut wie keine zu hören. Nicht einmal bei den grossen Immobilien­investoren, wo man sie am lautesten erwartet. Die Baloise-Versicherung, eine der grössten Wohnungs­besitzerinnen, verfolgt nach eigenen Angaben selbst ambitionierte Klima­ziele und steht hinter den Plänen des Kantons: «Wir begrüssen es, dass die Regierung beabsichtigt, bis 2027 kantonale Grenzwerte für graue Treibhausgas­emissionen im Hochbau zu definieren, die sich an etablierten Standards orientieren», erklärt ein Sprecher auf Anfrage der Republik.

Selbst der Basler Gewerbe­verband, der zuletzt Klima­initiativen bekämpfte, steht hinter der Offensive: «Wenn Bestehendes nicht abgerissen, sondern saniert und umgebaut wird, dann ist das aus Sicht des Gewerbe­verbands positiv zu werten», lässt Direktor Reto Baumgartner schriftlich ausrichten.

Lediglich am städtischen Abbauplan des Parkhauses gab es Kritik – und das von unerwarteter Seite. Unter dem Namen «Save the Block» forderten Architektinnen und Aktivisten im Herbst 2022 den Kanton dazu auf, das Parkhaus stehen zu lassen und in einen «vertikalen öffentlichen Freiraum» zu transformieren. Möglich seien Gewerbe-, Bildungs-, Sport- oder Büronutzungen plus Wohnungen mittels Holzbauweise auf dem Dach. «Wenn die politische Priorität auf der Senkung der Treibhausgas­emissionen liegt», schrieben sie, «sollte der Erhalt des Parkhauses dem Re-Use unbedingt vorgezogen werden.»

Doch eine breite Unterstützung blieb aus. Der Kanton verwies auf eine Volks­abstimmung im Jahr 2018, als dem Bebauungs­plan des Areals mit 61 Prozent Ja-Anteil zugestimmt worden war. «Das Parkhaus stehen zu lassen, würde dem erklärten Volkswillen widersprechen», sagte eine Sprecherin zur «Basler Zeitung».

Die anderen Kantone müssen nachziehen

Was in Basel passiert, wird im Rest der Schweiz erst noch zum Thema.

«Alle schauen jetzt nach Basel», sagt Beat Flach, Nationalrat der Grün­liberalen aus dem Aargau. Er spricht von der Einführung der Grenzwerte für graue Emissionen. In den letzten Jahren hat er Basels Entwicklung aus dem Aargau mitverfolgt – und gesehen, wie wenig in allen anderen Kantonen passiert.

Flach war als Mitglied der Umwelt­kommission des Nationalrats einer der Treiber von solchen Grenzwerten. Gegen den Widerstand von rechts und gegen den Willen des Bundesrats brachte er sie letztes Jahr im Parlament durch. Wenn auch mit einem Schönheits­fehler: Eingeführt werden nämlich keine schweizweit geltenden Grenzwerte, sondern nur die Pflicht, dass die Kantone solche einführen.

Das verzögert den Prozess um Jahre, weil die Grenz­werte in jedem Kanton separat eingeführt und dafür die kantonalen Energie­gesetze geändert werden müssen. Jedes Kantons­parlament muss darüber abstimmen. Das kann am Ende zu einem föderalen Wildwuchs und zu tendenziell tieferen Grenzwerten führen.

Laut Flach wären schweizweite Grenz­werte politisch aber chancenlos gewesen. Auch der damalige Kommissions­präsident, Bastien Girod von den Grünen, sagt: «Noch einen Schritt weiter zu gehen, war nicht mehrheitsfähig.»

Die für die Energie zuständigen Regierungs­rätinnen suchen jetzt in der Energie­direktoren­konferenz nach einheitlichen Lösungen, die sie dann ihren Kantons­parlamenten vorlegen. Die Frage ist nur: Wo legt man die Grenzwerte fest? Eine Antwort darauf hat man auch in Basel noch nicht. Ebenso wenig wie in Genf, wo das Parlament der Regierung 2021 den Auftrag erteilt hat, Grenzwerte einzuführen, die aber voraus­sichtlich nicht vor 2035 zu erwarten sind.

Das liegt auch daran, dass es die entsprechenden Standards für den Bau noch gar nicht gibt. Im Bauwesen tonangebend für Normen ist der Schweizerische Ingenieur- und Architektenverein (SIA). Eine SIA-Fachkommission beschäftigt sich seit einiger Zeit mit einer neuen Norm zur Treibhausgas- und Energie­bilanz von Gebäuden. Sie soll letztlich Zielwerte vorgeben, die sich am 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klima­abkommens orientieren.

Doch die Vernehmlassung dazu zieht sich hin. Mit einer spruchreifen Variante ist frühestens Ende Jahr zu rechnen. Aus SIA-Kreisen ist zu hören, dass die Vorstellungen über die Grenzwerte bei den teilnehmenden Firmen, Verbänden, Kantonen und Privat­personen sehr weit auseinander­gingen. Unter anderem wird befürchtet, dass bei zu tiefen Grenzwerten die Baukosten stark steigen werden.

Das könnte dazu führen, dass der Rest der Schweiz deutlich höhere Grenzwerte einführt als Basel.

Nehmen wir das Beispiel Walkeweg: Wenn dort alles so umgesetzt wird wie geplant, werden am Ende pro Quadrat­meter und Jahr 6 Kilogramm CO2-Äquivalente an grauen Emissionen ausgestossen. Experten rechnen damit, dass sich die Kantone viel eher bei einem Wert zwischen 10 und 12 Kilo­gramm finden werden – ein beträchtlicher Unterschied, der die Klima­wirkung stark verringert.

Das ist in etwa auch der Wert, den Bauherren seit kurzem einhalten müssen, die ihr Haus nach Minergie-Standard zertifizieren wollen. Erst letztes Jahr hat der private Verein Minergie bei allen seinen Zertifizierungen Grenzwerte für graue Emissionen eingeführt.

Genau in Zahlen benennen lassen sich diese allerdings nicht, da sie je nach Bauwerk von rund einem Dutzend verschiedenen Variablen abhängen. Der Durchschnitt liegt etwa bei 12 Kilogramm.

Der stellvertretende General­sekretär der Energie­direktoren­konferenz, Olivier Brenner, bestätigt gegenüber der Republik, dass sich die Kantone «an den Grenzwerten, welche Minergie mit den Standards 2023 eingeführt hat», orientieren werden. Ambitioniert geht anders.

Wie hoch Basel die Latte am Ende setzen wird, ist noch offen. Im Moment formuliert der Regierungsrat einen Aktionsplan, der vom Parlament abgesegnet werden muss. Basel-Stadt werde zum internationalen Vorbild in Sachen Klimaschutz, hatte Beat Jans im Vorwort zur Klimaschutz­strategie geschrieben. Schaut man auf die Basler Bauprojekte, kommt nichts anderes als ein ehrgeiziger Weg infrage.

Folge 3

Wenn Hei­mat­schüt­zer plötzlich für den Abriss sind

Sie lesen: Folge 4

Grauzone

Folge 5

Grosse Wohnungen für grosse Löhne

Folge 6

Das grosse Geschäft mit Zwischen­nutzungen

Folge 7

Plädoyer für ein herrliches Durch­ein­an­der