Wer nicht mitmacht, bleibt drin

Ein 18-Jähriger sticht 2016 an der Street Parade zwei Männer nieder. Seither sitzt er hinter Gittern. Schuld und Strafe akzeptiert er – aber nicht, was mit ihm im Gefängnis passiert. Sein Aufbegehren hat fatale Folgen.

Von Brigitte Hürlimann (Text) und Derek Bacon (Illustration), 26.04.2023

Vorgelesen von Magdalena Neuhaus
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Er hat Schlimmes getan, hat zugestochen und zwei Menschen lebens­gefährlich verletzt. Noch am gleichen Tag wird er gefasst. Alle sind erleichtert. Ein Verbrecher gehört ins Gefängnis, er soll Sühne leisten, das ist er den Opfern und der Gesellschaft schuldig. So der breite Konsens.

Verbrechen darf sich nicht lohnen. Es geht auch um den Rechts­frieden.

Doch was passiert mit einem, der knapp volljährig war, als er für viele Jahre hinter Gittern verschwand? Wird er dort zum geläuterten Erwachsenen und zum besseren Menschen? Welche Regeln gelten im Gefängnis? Darf er Schwächen zeigen? Widersprechen? Aufbegehren gar? Und wollen wir überhaupt, dass er je wieder in die Gesellschaft zurückkehrt?

Falls ja: Wann ist der richtige Zeitpunkt dafür?

Um all diese Fragen geht es in dieser Geschichte. Und um einen jungen Mann, der sich einiges zuschulden kommen liess. Es ist die Geschichte des Messer­stechers an der Street Parade 2016. Eines Langzeit­häftlings, der weder ein hoffnungsloser Bösewicht noch ein Unschulds­lamm ist.

Und der trotz aller Verfehlungen um eine Chance bittet – und um Fairness.

«W» wie Wieder­eingliederung

Wenn, wenn, wenn.

  • Wenn er kein Messer auf sich getragen hätte.

  • Wenn er nicht auf eine kürzere Freiheits­strafe gehofft und das Urteil des Bezirks­gerichts akzeptiert hätte.

  • Wenn er sich von seinen Knast­kumpanen nicht hätte beeinflussen lassen.

  • Wenn er keinen Nüsslisalat aus der Pöschwies-Küche geklaut hätte.

  • Wenn er nicht mit einer Minute Verspätung zurück in die Abteilung gekommen wäre.

  • Wenn er nicht panische Angst vor einer sogenannt freiwilligen Therapie hätte, die alles andere als freiwillig ist und in der jedes falsche Wort Konsequenzen hat.

«Fügen Sie ruhig noch ein weiteres ‹Wenn› hinzu», sagt Luca Russo.

Okay. Welches?
«Wenn die Wieder­eingliederung ernst genommen würde.»

Wie meinen Sie das, Herr Russo?
«Der Zürcher Justiz­vollzug hat sich vor einigen Jahren umbenannt. Amt für Justizvollzug und Wieder­eingliederung, kurz Juwe, heisst die Behörde seither. Die Wieder­eingliederung kam neu hinzu. Doch es ist eine riesige Diskrepanz, wie sie sich darstellen und wie sie mit uns Häftlingen umgehen. Mit mir und all den anderen. Wenn es mir nach dem Gefängnis gelingt, ein normales, delikt­freies Leben zu führen, dann nicht wegen des Vollzugs – sondern trotz des Vollzugs.»

Aus den Gesprächen mit dem Häftling im Gefängnis Pöschwies.

Luca Russo ist im März 25 Jahre alt geworden. Die letzten sieben Jahre verbrachte er nonstop in Gefängnissen. Russo ist Schweizer und heisst in Wirklichkeit anders. Wir haben uns für ein Pseudonym entschieden, um seinen Neustart – die Wieder­eingliederung – nicht noch mehr zu erschweren. Eines Tages wird er seine Strafe abgesessen haben, das Gefängnis verlassen und zurück­kehren in die Gesellschaft.

Dass er seine Strafe nicht bis zum allerletzten Tag hinter Gittern verbüssen muss, sondern stufenweise, unter Beobachtung und mit Auflagen, die Freiheit ausprobieren darf, darum kämpft er.

Bisher ohne Erfolg.

«Kennen Sie den Schmetterlings­effekt?», fragt Russo, «oder den Spielfilm mit Ashton Kutcher zum gleichen Thema? Der Flügel­schlag eines Schmetterlings kann den Lauf der Dinge ändern. Natürlich stelle ich mir manchmal vor, was geschehen wäre, wenn … Aber nicht oft. Ich muss die Realität akzeptieren und damit auch mein Verhalten, meine Entscheide. Ich muss die Verantwortung dafür übernehmen, die Konsequenzen tragen und nach vorne schauen.»

Nach all den Jahren im Gefängnis, sagt Russo, sei ihm heute bewusst, wie gut sein Leben früher gewesen sei. Dass er eigentlich alles gehabt habe: Mutter und Vater, die zu ihm stehen, Geschwister, Kollegen, eine Lehrstelle. Was Russo nicht gerne erwähnt: Dass er schon als Jugendlicher von Cannabis nicht die Finger lassen konnte und sich ein paar­mal vor dem Jugend­anwalt verantworten musste – pöbelhafter Umgang mit Gleichaltrigen und mit Polizisten, Sprayereien, Cannabis­besitz und anderes.

«Wenn ich zurückkehren könnte, in die Vergangenheit, so wie es Kutcher im Film tut, ich würde einiges anders machen. Aber das geht nicht. Und auch wenn ich es könnte, würde es nicht bedeuten, dass alles reibungslos klappt. Das Leben ist ein Weg, und der Weg führt nicht immer geradeaus. Ich habe aus dem Vergangenen gelernt. Immerhin das.»

Zürcher Street Parade, Sommer 2016

Wenn Luca Russo in die Vergangenheit reisen könnte, würde er wohl als Erstes den 14. August 2016 ansteuern und dort den Lauf der Dinge ändern.

Es ist Street Parade in Zürich, Hundert­tausende tanzen ums Seebecken, darunter er, damals 18 Jahre alt. Russo ist in Begleitung von Kollegen, er ist übermütig drauf, betrunken und bekifft – und er trägt ein Klapp­messer auf sich, Klingenlänge zwölf Zentimeter, wie es später in der Anklage­schrift heisst.

Zwischen Russos Clique und anderen Street-Parade-Besuchern kommt es kurz nach Mitternacht am Seebecken zur Auseinander­setzung; gegenseitiges Beschimpfen, Schubsen und Schlagen. Neugierige bilden einen Kreis um die Streit­hähne, der Zwist wird zunehmend aggressiv und gewalttätig, die Fäuste fliegen. Irgendwann zückt Luca Russo sein Messer. Er sticht auf zwei französische Männer ein – mehrfach, in die Oberkörper.

Die Opfer erleiden lebens­gefährliche Verletzungen. Noch am gleichen Tag wird der 18-jährige Messer­stecher verhaftet. Seither sitzt er hinter Gittern. Nach der Untersuchungs­haft kommt er in den vorzeitigen Strafvollzug; er tritt seine Strafe an, bevor er weiss, wie lange sie sein wird.

Russo steht zur Tat und seiner Schuld.

Im Dezember 2017 spricht ihn das Bezirks­gericht Zürich der mehrfachen versuchten Tötung schuldig und verhängt eine Freiheits­strafe von 9 Jahren – die zugunsten einer Massnahme für junge Erwachsene aufgeschoben wird. Was das bedeutet, davon soll später noch ausführlich die Rede sein.

«Der Messerstecher traf auf milden Richter», titelt der «Tages-Anzeiger» einen Tag nach dem Prozess.

Doch es wird nicht bei diesem Entscheid bleiben.

Luca Russo, warum haben Sie sich gegen das Urteil des Bezirks­gerichts Zürich gewehrt?
«Ich war jung und unreif. Ja, ich habe mich falsch entschieden. Ich habe mich beeinflussen lassen, vielleicht wurde ich auch falsch beraten. Als ich der Berufung zustimmte, war ich seit gut zwei Jahren im Gefängnis, in Affoltern am Albis. Dort herrschte eine familiäre Atmosphäre. Ich arbeitete in der Schreinerei, wir machten Möbel aus Paletten, das gefiel mir gut, es war eine sinnvolle Tätigkeit. Ich hatte mich mit dem Vollzug arrangiert. Der damalige Verteidiger machte mir Hoffnung, dass im Berufungs­verfahren die Strafe noch etwas gesenkt werden könnte.»

Und, fügt Russo hinzu, er habe schon damals Horror­geschichten gehört, was die Massnahmen beträfen. Von den Mitinsassen. Er sei gewarnt worden.

«Bei einer Massnahme weiss man nicht, wann man zurück in die Freiheit kommt. Anders als bei der Freiheits­strafe, die ein klar definiertes Ende hat. Darum habe ich mich gegen die Massnahme entschieden. Und ich hoffte ja auf eine kürzere Strafe.»

Der erste Besuch

Sagts und nimmt einen Schluck Rivella blau.

Es ist Ende September 2022. Wir sitzen an einem Holztisch im Besucher­raum der Justizvollzugs­anstalt Pöschwies im zürcherischen Regensdorf – dem grössten Männer­gefängnis der Schweiz. Dort landen die schweren Jungs, manche von ihnen für viele, viele Jahre. Luca Russo trägt die Pöschwies-Einheitskluft, braune Hose, hellblaues Sweat­shirt. Die Plätze an den Fenstern sind besetzt, unser Gespräch findet mitten im Raum statt – schwierig, sich so zu unterhalten, dass nicht alle mithören können.

Es ist die erste von vier Begegnungen. Und es war nicht einfach, Luca Russo zu erkennen, unter all diesen Männern. Fotos von ihm sind im Internet keine zu finden – zum Glück für ihn. Wie er aussieht? Ein junger Mann von nebenan, nicht klein und nicht gross, kurz geschorene Haare, unauffällig, höflich, sympathisch.

An den übrigen Holz­tischen sitzen die Mitinsassen, seine Gefängnis­kumpels: Räuber, Diebe, Mörder, Vergewaltiger, Betrüger, Drogen­händler, Brandstifter. Russos Peer­group, schon seit vielen Jahren. Eine Stunde dauert der Besuch, keine Minute länger. Dann ertönt eine Glocke. Und alle stehen sofort auf.

Im Oktober 2018 findet der Berufungs­prozess gegen den Street-Parade-Messer­stecher statt. Von einer kürzeren Freiheits­strafe, wie Russo hoffte, keine Rede. Im Gegenteil: Das Obergericht des Kantons Zürich erhöht die Strafe um ein Jahr. Zehn Jahre Knast. Auf die Anordnung einer Massnahme für junge Erwachsene verzichten die Berufungs­richter. Keiner hatte diesen Antrag mehr gestellt, auch der Verteidiger von Russo nicht. Auf ausdrücklichen Wunsch des mittlerweile 20-Jährigen.

Man dürfe sich fragen, schreibt der «Tages-Anzeiger» nach dem Prozess, ob sich der junge Mann damit einen Gefallen getan habe.

Junge Straftäter sind anders

Höchste Zeit, sich der «Massnahme für junge Erwachsene» zu widmen. Wir erinnern uns: Luca Russo war 18 Jahre alt, als er das Gewalt­verbrechen an der Street Parade verübte.

Wäre er ein paar Monate jünger gewesen und damit minder­jährig, hätte er nach den Regeln des Jugend­strafrechts beurteilt werden müssen. Dort gilt eine Höchstgrenze für Freiheits­strafen von 4 Jahren. Der Fokus liegt auf Massnahmen, die höchstens bis zum 25. Altersjahr verhängt werden dürfen.

Die jugend­strafrechtlichen Massnahmen bezwecken, die Täter mit Ausbildung und Nacherziehung auf den richtigen Weg zu bringen und eine Kriminal­karriere zu verhindern oder zu stoppen. «Erziehen, erziehen und nochmals erziehen» könnte man salopp sagen. Jugend­straftäter sollen an sich arbeiten – was deutlich anspruchs­voller und anstrengender ist, als einfach eine Strafe abzusitzen. Damit die Jungen nicht dem Einfluss älterer, gewiefter Krimineller ausgesetzt sind, werden sie in besonderen Anstalten untergebracht.

«Die Pöschwies», wirft Luca Russo ein, «ist eine Hoch­schule des Verbrechens. Hier lernen Sie alles, was Sie nicht lernen wollen.»

Die Massnahme für junge Erwachsene, geregelt in Artikel 61 des Straf­gesetzbuchs, ist eine Art Schnittstelle zwischen dem Jugend­strafrecht und dem Erwachsenen­strafrecht – und ebenfalls vom Erziehungs­gedanken geprägt.

Straftäter, die zum Zeitpunkt ihres Delikts noch nicht 25 Jahre alt und in ihrer Persönlichkeits­entwicklung «erheblich gestört» sind, sollen erstens in eine spezielle Anstalt eingewiesen und zweitens sozial­pädagogisch betreut werden. Beides ist dem Jugend­strafrecht entlehnt. Auch bei der Massnahme für junge Erwachsene stehen Aus- und Weiterbildung im Vordergrund – immer mit dem Ziel, ein delikt­freies Leben zu ermöglichen.

Bei Luca Russo wären sämtliche Voraus­setzungen erfüllt gewesen.

Hätte er einer solchen Massnahme zugestimmt, bei der gerichtlich angeordneten «Nacherziehung» in der Sonder­anstalt für junge Erwachsene mitgemacht und sich bewährt – dann wäre er heute in Freiheit.

Und wenn er sich im Strafvollzug nicht vehement gegen eine sogenannt freiwillige Therapie gewehrt hätte, wären ihm wenigstens Urlaube gewährt worden; zuerst begleitete, später unbegleitete. Dann wäre er, als nächste Vollzugs­lockerung, in den offenen Straf­vollzug versetzt und vielleicht am 13. April 2023 bedingt entlassen worden.

Wenn, wenn, wenn. Einmal mehr kommt es anders.

Ein Vorfall, der alles verändert

Der 13. April verstreicht, Luca Russo ist immer noch im Gefängnis – und die Situation scheint verhärtet wie nie zuvor. Keine einzige Vollzugs­lockerung, nicht die allerkleinste. Russos Verhalten sei «durchzogen», schreiben die Verantwortlichen in ihren Vollzugs­berichten und Verfügungen.

Der Insasse habe in der Pöschwies zehnmal diszipliniert werden müssen. Die jüngste Disziplinierung ist nicht miteingerechnet, sie geschieht Ende März; kurz vor dem Entscheid, ob eine bedingte Entlassung in Betracht gezogen wird – oder nicht.

Ernsthaft, Luca Russo, was haben Sie angestellt?
«Müssen Sie das wirklich erwähnen? Okay, es war dumm von mir, ich schäme mich. Sie haben bei einer Zellen­durchsuchung Cannabis gefunden, dafür bekam ich 10 Tage scharfen Einschluss. Das bedeutet: 23 Stunden allein in der Zelle und eine Stunde allein auf dem Hofgang. Bitte verstehen Sie mich. Ich bin seit bald 7 Jahren im Gefängnis. Es gibt wenig, worüber ich mich freuen kann. Da rauche ich ab und zu einen Joint, schaue einen Film in der Zelle, kann lachen, mich entspannen – und in der Nacht durchschlafen. Harte Drogen oder Medikamente nehme ich nicht. Obwohl hier alles verfügbar wäre.»

Mit dem neusten Regel­verstoss sind nun elf Disziplinierungen im Vollzugs­bericht aufgeführt. Es geht um Bagatellen. Russo wird mehrfach mit Cannabis erwischt. Einmal lässt der 25-Jährige einen Sack Nüssli­salat aus der Küche mitlaufen. Ein anderes Mal kommt er mit einer Minute Verspätung vom Besucher­pavillon zurück in seine Abteilung. Dann hat er 370 Franken im Portemonnaie – anstatt der erlaubten Höchst­menge von 320 Franken. Oder es wird ein Daten­träger bei ihm gefunden. Ein illegaler Stick.

Was war da drauf?
«Das ist ein Männer­gefängnis, ich bin 25 Jahre alt. Ja, es ist das, was Sie vermuten. Aber keine verbotenen Inhalte, das Übliche halt, was alle schauen, drinnen und draussen.»

Gleichzeitig wird dem Insassen beschieden, zuverlässig, freundlich und «absprachefähig» zu sein. Er wirke etwas unreif und reagiere öfters kindlich und jugendlich, halte seine Zelle jedoch in Ordnung, leiste Zahlungen an die beiden Opfer und habe seine Sozial­kontakte aufrecht­erhalten können. Russo erhält regelmässig Besuch von der Familie und von Freunden.

2020 werden ihm erste und konkrete Lockerungs­schritte in Aussicht gestellt, drei begleitete Urlaube. Luca Russo malt sich aus, wie er seine Familie besucht, im Restaurant des Vaters sitzt und wieder einmal so richtig fein essen darf.

Doch plötzlich ist alle Hoffnung dahin.

Es ist der 17. Mai 2020. Russo spielt mit anderen Insassen Fussball. Zwischen ihm und einem Mitspieler kommts zum Streit, der andere versetzt ihm einen Kopfstoss. Nichts Ungewöhnliches in einem Knast, in dem knapp 400 Männer auf engem Raum und in Zwangs­gemeinschaft zusammen­leben.

Wenige Stunden später, zurück in der Abteilung, kocht der Konflikt von neuem hoch – mit vier Beteiligten. Wer wen wie und warum provoziert und als Erstes geschlagen hat, darüber gehen die Meinungen auseinander.

Schwere Verletzungen erleidet am Schluss aber nur einer: Luca Russo. Sein Angreifer sticht ihm mit einem Besteck­messer in den Hals. Klingen­länge neun Zentimeter. Sämtliche Beteiligte werden unverzüglich disziplinarisch bestraft. Auch Russo wird nur behelfs­mässig verarztet und landet für sechs Tage im «Bunker» (wie die Arrestzelle gefängnis­intern genannt wird).

Die Staats­anwaltschaft untersucht den Vorfall und erhebt Anklage gegen sämtliche Beteiligte. Bei Russo und zwei Mitgefangenen lautet der Vorwurf: Angriff.

Am 13. Juli 2021 spricht das Bezirks­gericht Dielsdorf die drei angeblichen Angreifer frei. Der Messer­stecher hingegen wird wegen versuchten Totschlags zu einer Freiheits­strafe von 4 Jahren und 10 Monaten verurteilt. Er akzeptiert seine Verurteilung und die Freisprüche der drei Mitinsassen nicht, weshalb der Vorfall vor dem Ober­gericht hängig ist. Der Berufungs­prozess soll im September stattfinden.

Schlechte Aussichten

Ein Insasse wird Opfer eines versuchten Totschlags, mit «Bunker» diszipliniert, dann aber vom erstinstanzlichen Strafgericht freigesprochen. Doch die Gefängnis­leitung beharrt auf einer Mitschuld Russos und spricht bis heute von einem «delikt­relevanten» Verhalten.

«Sie gehen immer noch davon aus, ich sei der Anführer gewesen, Freispruch hin oder her», sagt Russo. «Seit diesem Vorfall habe ich jeden Tag Angst, ich könnte in die Nähe einer Auseinander­setzung geraten und würde wieder als Mitbeteiligter gelten. Doch es ist unmöglich, den Mitinsassen aus dem Weg zu gehen. Seit dem Vorfall vom Mai 2020 läuft bei mir gar nichts mehr, was Vollzugs­lockerungen betrifft.»

Was danach auch noch geschah: Eine Video­aufnahme der gefängnis­internen Auseinander­setzung wurde Pöschwies-Mitarbeitern vorgeführt. Zu Schulungs­zwecken, wie es heisst. Irrtümlicher­weise seien die Beteiligten nicht verpixelt worden. Er habe sich mehrfach beschwert, sagt Russo. Daraufhin habe es zwar eine Entschuldigung gegeben – doch die Aufnahme habe weiterhin kursiert. Mitarbeiter hätten von einem «Actionfilm» gesprochen.

«Niemand hat mich gefragt, ob ich mit der Verwendung dieser Video­aufnahme einverstanden sei», sagt Russo. «Die Angestellten machten sich lustig darüber, sie sprachen mich auf die Film­aufnahmen an. Das zeigt den Stellenwert von uns Insassen. Wir sind keine Menschen. Wir sind Nummern.»

Wir resümieren: Kein einziger Urlaub seit bald sieben Jahren, keine Chance, in den offenen Vollzug versetzt zu werden und damit weg vom Hochsicherheits­gefängnis Pöschwies zu kommen, keine bedingte Entlassung nach der Verbüssung von zwei Dritteln der Strafe. Gründe dafür sind das «durchzogene Vollzugs­verhalten» des 25-Jährigen sowie der Vorfall vom Mai 2020, bei dem Russo verletzt und vom Bezirks­gericht freigesprochen worden war.

Reichen diese Gründe aus, um einem Häftling sämtliche Vollzugs­lockerungen zu verweigern? Im Wissen darum, dass die Lockerungen der Wieder­eingliederung und der Resozialisierung dienen – und nicht nur eminent wichtig, sondern auch gesetzlich vorgesehen sind?

Luca Russo ist überzeugt, dass ein anderes Thema alles beeinflusst: seine Weigerung, eine sogenannt freiwillige Therapie zu absolvieren, mit Psychologinnen oder Psychiatern, die Teil der Vollzugs­behörde sind.

Warum diese Verweigerungs­haltung?

Weil hinter Gittern komplett andere Bedingungen gelten. Bei der «freiwilligen» Therapie im Gefängnis geht es nicht in erster Linie darum, einem Patienten zu helfen – sondern um dessen potenzielle Gefährlichkeit. Der Häftling kann sich nicht vertrauensvoll an seinen Therapeuten wenden, nicht offen und schonungslos über verwerfliche Gedanken oder schlimme Träume berichten.

Er weiss, dass alles Gesagte bei der Vollzugs­behörde landet.

«Ich habe diverse Kurse und Programme im Gefängnis mitgemacht und mit Erfolg beendet, um meine Tat aufzuarbeiten und mein Verhalten zu ändern», sagt Russo, «aber das zählt nichts. Ich mache seit eineinhalb Jahren eine Koch­lehre in der Pöschwies, ich arbeite in der Personal­kantine, mit den grössten Fleischer­messern in der Hand. Aber ich gelte als zu gefährlich, um auch nur in Begleitung von zwei Polizisten meinen Vater besuchen zu dürfen.»

Was ist die Idee dieser «bedingten Entlassung» nach der Verbüssung von zwei Dritteln der Strafe, auf die Luca Russo vergeblich gehofft hat?

Und warum darf der Justiz­vollzug auf einer Therapie bestehen, die in keinem Urteil angeordnet wurde, in der das Arzt­geheimnis nicht gilt – und diese auch noch als «freiwillig» bezeichnen?

Zwei Fragen von zentraler Bedeutung.

Die vorzeitige Entlassung ist «keine Wohltat»

Über Sinn und Zweck der bedingten Entlassung sind schon ganze Bücher geschrieben worden.

Marianne Heer, ehemalige Luzerner Kantons­richterin und ehemalige Staats­anwältin, sagt: «Die bedingte Entlassung ist im Strafgesetz als letzte Stufe im Vollzug geregelt – sie ist keine Wohltat für den Insassen. Es geht darum, dass der Häftling zwar entlassen wird, aber von den Behörden weiterhin an der langen Leine überwacht werden kann. Er muss beweisen, dass er es kann, dass er sich in der Freiheit wieder zurecht­findet und sich bewährt.»

Elmar Habermeyer, Direktor der Klinik für Forensische Psychiatrie an der Psychiatrischen Universitäts­klinik Zürich, ergänzt: «Wer keine Ausgänge bekommt, ist auch keiner Versuchung ausgesetzt, er kann sich der Illusion hingeben, alles im Griff zu haben – und sich möglicher­weise hoffnungslos überschätzen. Wem eine Lockerung vorenthalten wird, dem wird die Chance, sich mit den Realitäten auseinander­zusetzen, vorenthalten.»

Das Bundesgericht hat festgelegt, die bedingte Entlassung stelle den Regelfall dar, von dem nur aus «guten Gründen» abgewichen werden dürfe. Zu diesen «guten Gründen» gehört, dass dem Insassen keine «günstige Prognose» gestellt wird. Sprich: Es wird befürchtet, der Häftling könnte in der Freiheit ein schweres Delikt begehen und eine Gefahr für die Bevölkerung darstellen.

Genauso sehen dies die Behörden bei Luca Russo. Sie stufen den 25-Jährigen als gefährlich ein. Er habe seine «problematischen Persönlichkeits­anteile» mit «dissozialen oder unreifen Zügen» bis heute nicht nachhaltig bearbeitet, heisst es in einer Verfügung.

Es bestehe «delikt­präventiver Interventions­bedarf». Damit ist die Therapie gemeint.

Und: Indem der Insasse eine «freiwillige Therapie» verweigere, verletze er seine Mitwirkungs­pflicht.

Die freiwillige Therapie ist nicht freiwillig

Höchste Zeit also, sich dieser Therapie­sache zu widmen. Ein schwieriges Kapitel – und der breiten Öffentlichkeit kaum bekannt. Die sogenannt freiwilligen Therapien, die im Gefängnis durchgeführt werden, sind im Strafgesetz nicht geregelt.

Christoph Sidler, juristischer Mitarbeiter im Juwe, schreibt in einem wissenschaftlichen Aufsatz, «freiwillig» nenne man diese Therapien nur, weil sie nicht von einem Gericht angeordnet worden seien. Die Bezeichnung sei problematisch, weil sie falsch verstanden werden könne – vor allem von den Insassen. Es gehe um die Delikt­aufarbeitung, um Prävention und damit nicht nur um die Interessen des Inhaftierten, sondern um die öffentliche Sicherheit.

Dennoch seien diese Therapien in der Strafvollzugs­praxis umstritten, räumt selbst Sidler ein.

«Ich habe Verständnis für die Ängste und Bedenken meines Mandanten», sagt Diego Gfeller, Luca Russos Anwalt.

«Es gibt keine genügende gesetzliche Grundlage für eine Zwangs­therapie. Der Justizvollzug hebelt damit das Gerichts­urteil aus, das, gestützt auf die Empfehlung des Gutachters, keine Therapie angeordnet hat. Warum lässt man im Strafverfahren teure Gutachten erstellen und gerichtlich überprüfen, wenn sich die Vollzugs­behörde darüber hinweg­setzen darf? Und damit faktisch ein rechts­kräftiges Urteil aushebelt?»

Mit solchen Bedenken steht der Anwalt nicht allein da.

Drei Stimmen von drei Koryphäen. Die nicht in den Fall von Luca Russo involviert sind.

«Eine Therapie ist ein schwerer Eingriff in die Persönlichkeits­rechte eines Menschen. Sie darf nur angeordnet werden, wenn eine schwere psychische Störung vorliegt», so die ehemalige Kantons­richterin Marianne Heer.

«Es ist ein ethisches Problem, wenn eine Therapie nur unter Druck zustande kommt oder wenn eine Therapie­verweigerung negative Konsequenzen hat», sagt Elmar Habermeyer von der Psychiatrischen Universitäts­klinik Zürich. «Die Therapie kann eine Chance sein, aber sie ist kein All­heilmittel. Nicht jedermann muss therapiert werden, es gibt viele gute andere Möglichkeiten im Vollzug. Die Justiz ist die stärkere der beiden Parteien; sie sollte, wenn die Fronten verhärtet sind, über andere Wege nachdenken, die Perspektiven eröffnen können. Ohnehin benötigt eine erfolgreiche Psycho­therapie die Mitwirkung des Betroffenen.»

Und Josef Sachs, forensischer Psychiater in Brugg, sagt: «Eine Therapie darf nur auf der Basis eines Gutachtens verlangt werden, nicht von den Vollzugs­behörden. Nur eine psychiatrische Fach­person kann feststellen, ob eine behandelbare psychische Störung vorliegt. Wenn das Gericht keine Massnahme und damit keine Therapie angeordnet hat, ist es seltsam, wenn die Behörden einen parallelen Weg begehen, so quasi als Untergrund­massnahme.»

Wer nicht mitmacht, bleibt drin

Tatsächlich hat im Fall von Luca Russo das Obergericht darauf verzichtet, eine Therapie anzuordnen. Und tatsächlich hat der Arzt, der 2017 ein Gutachten über ihn erstellte, keine schwere psychische Störung diagnostiziert – und nur eine Massnahme für junge Erwachsene empfohlen.

Dabei gehe es um eine sozial­pädagogische Arbeit mit dem Verurteilten und darum, dass der Betroffene in seiner Entwicklung gefördert werde, präzisiert Sachs. «Das ist Erziehung – und eben nicht das Gleiche wie eine Therapie.»

Und dennoch sagt die Zürcher Vollzugs­behörde, sie dürfe und müsse von Russo verlangen, dass er sich im Gefängnis therapieren lasse. Notabene von einem Therapeuten, bei dem das Arzt­geheimnis nicht gilt und der verpflichtet ist, über Inhalt und Verlauf der Gespräche zu informieren.

«Unter solchen Voraussetzungen», sagt Gutachter Sachs, «wenn das Arzt­geheimnis nicht gilt, ist der Eingriff in die Persönlichkeits­rechte noch erheblicher. Die Schwelle für die Anordnung einer Therapie muss höher gesetzt werden, zumal eine falsch eingesetzte Therapie auch kontra­produktive Auswirkungen haben kann.»

Die Zürcher Vollzugsbehörde stützt sich auf die Mitwirkungs­pflicht der Gefängnis­insassen – und aufs Bundesgericht, das die Auffassung vertritt, solch gerichtlich nicht angeordnete Therapien seien rechtens: eine «Pflicht des Eingewiesenen der Allgemeinheit gegenüber».

«Überhaupt nicht nachvollziehbar, diese höchst­gerichtliche Recht­sprechung», findet Marianne Heer, «ein Rückschritt in jene Zeiten, in denen die Gefängnis­insassen kaum Rechte hatten.»

Für Juwe-Mitarbeiter Christoph Sidler ist hingegen klar, dass die Behörde solche Therapien anordnen darf. Und ebenso glasklar: Wer eine «freiwillige» Therapie verweigert, muss negative Konsequenzen in Kauf nehmen.

Wie das bei Luca Russo passiert.

«Als Kantons­richterin habe ich erlebt, dass wir haufenweise die bedingte Entlassung verweigern mussten; unbesehen und ohne Prüfung der weiteren Voraussetzungen – weil es zuvor keine Lockerungs­schritte gab», sagt Marianne Heer.

«Das ist nicht in Ordnung, denn die Lockerungen sind gesetzlich vorgesehen, wie die bedingte Entlassung auch. Deren Verweigerung muss sehr gut begründet sein. Die Vollzugs­behörde hat hier eine grosse Macht. In der Praxis lässt sich beobachten, dass allein schon eine Treue­widrigkeit des Insassen genügt, um auf seine Rechte nicht mehr einzugehen.» Mit einer «rechts­genügenden Beurteilung seiner Gefährlichkeit», die erforderlich wäre, so Heer, habe das nichts mehr zu tun.

Und es gehe ja nicht nur um ihn, betont Luca Russo.

«Ich habe Dutzende von Berichten über Mitinsassen gelesen, die sich einer Therapie stellten, einer freiwilligen oder einer gerichtlich angeordneten. Plötzlich galten sie als psychisch schwer gestört, plötzlich war von einem längeren Behandlungs­bedarf die Rede – und das Ende des Freiheits­entzugs rückte in weite Ferne. In gewissen Fällen kann sogar nachträglich eine kleine oder ordentliche Verwahrung angeordnet werden. Das will ich nicht, davor habe ich Angst. Lieber bleibe ich Straftäter und sitze notfalls die ganzen zehn Jahre ab, als dass ich ohne Gerichts­beschluss und ohne Gutachten nachträglich zum Psychiatrie­fall gemacht werde.»

Wie geht es nun weiter? Bleibt Luca Russo wirklich bis zum letzten Tag seiner Freiheits­strafe in der Pöschwies? Ohne jegliche Vorbereitung aufs Leben ausserhalb des Gefängnisses? Wo bleibt da die Wieder­eingliederung?

Der (vorläufig) letzte Besuch

Montag­vormittag in der Pöschwies, Anfang April 2023. Ein paar Männer in braunen Hosen und in hellblauen T-Shirts oder Sweatshirts unterhalten sich mit Besuchern an den Holz­tischen.

Es regnet, so ein typischer kühler, grauer, unbeständiger Apriltag.

Dieses Mal ist ein Tisch am Fenster frei, wir holen uns zwei Rivella blau aus dem Getränke­automaten. Luca Russo ist bleich wie immer – und ungewöhnlich bedrückt. Eine schlechte Nachricht nach der anderen trifft bei ihm ein. All seine Begehren um Vollzugs­lockerungen werden abgeschmettert. Keine good news weit und breit.

Er sei gefährlich, heisst es.

Er arbeite nicht an sich und nicht an seinem Delikt.

Immerhin gibt es noch die Koch­lehre, die ist ihm wichtig. Damit kann er den Vater im Restaurant unterstützen. Aber abgesehen davon hat er vom Gefängnis aus einen Arbeits­platz organisiert, eine unbefristete Stelle als Vertriebs­mitarbeiter im Vollzeit­pensum. Der Arbeits­vertrag liegt vor, der Arbeitgeber wartet nur noch auf die Entlassung seines künftigen Arbeit­nehmers. Russos Vater wiederum hat für seinen Sohn bereits eine Wohnung besorgt.

Aber wenige Tage nach diesem vierten und vorläufig letzten Besuch in der Pöschwies ruft Russo an und erzählt, die Lehre sei für ein paar Monate «sistiert» worden. Ohne jegliche Vorwarnung, sagt er am Telefon, heisse es plötzlich, sein Verhalten als Lehrling lasse zu wünschen übrig. Komischerweise passiere diese Sistierung, kurz nachdem er sich erneut beschwert habe; wegen des Video­films, mit Aufnahmen der Messer­attacke vom 17. Mai 2020, der immer noch kursiere.

Und auch wenn er sich nicht tagtäglich tadellos verhalten sollte: An jedem anderen Lehrplatz würde der Lehr­meister seinem Lernenden ins Gewissen reden, ihm wenn nötig einen Schubs geben, ihn aufmuntern und motivieren. Im Gefängnis aber geht es nur ums eine: Der Insasse hat sich kooperativ, korrekt und regel­konform zu verhalten – immer und überall. Jede auch nur kleinste Abweichung wird notiert und hat Konsequenzen.

«Ich hatte gute Noten», sagt Russo. «Ich habe an den Abenden und am Wochenende in der Zelle gelernt. Der Berufsschul­lehrer kam extra für meinen Unterricht ins Gefängnis. Im August hätte ich die Lehre abschliessen können.»

Wenn die Lehre nicht «sistiert» worden wäre.

Wenn, wenn, wenn.

Fassen wir zusammen, was in den letzten paar Wochen passiert ist:

Am 6. April 2023 entscheidet der Bewährungs- und Vollzugs­dienst der Pöschwies, dass Luca Russo die bedingte Entlassung verweigert wird; mit der Feststellung, es seien dem Insassen bisher keine Vollzugs­lockerungen gewährt worden (was der Dienst ja selbst so entschieden hat). Die Behörde erwähnt zum wiederholten Mal das «durchzogene» Vollzugs­verhalten, eine «moderate bis deutliche Gefahr erneuter Gewalt­delikte im Allgemeinen», eine «nicht ausreichende Problem­einsicht und Veränderungs­bereitschaft» und, wie zu erwarten: dass Russo sich weigere, an einer «freiwilligen» Therapie teilzunehmen.

Es fehle beim 25-Jährigen am «notwendigen Risiko­bewusstsein», es habe «kein funktionierendes Risiko­management» etabliert werden können.

Am 11. April 2023 reicht Rechts­anwalt Diego Gfeller eine Beschwerde ans Zürcher Verwaltungs­gericht ein. Er fordert begleitete Urlaube und die Versetzung in den offenen Vollzug. Gfeller erwähnt in seiner dreissig­seitigen Schrift, Russo habe das Gewalt­verbrechen an der Street Parade mit mehreren gefängnis­internen Programmen aufgearbeitet.

Es sei nicht zulässig, Lockerungs­schritte zu verweigern (und damit die Voraussetzung für eine bedingte Entlassung zu torpedieren), weil sein Mandant keine «freiwillige» Therapie mitmachen wolle. Diese sei erstens gerichtlich nicht angeordnet worden und zweitens medizinisch nicht indiziert.

Der Gutachter habe eine schwere psychische Störung explizit verneint. Es bleibe unklar, so Gfeller, was bei Luca Russo überhaupt therapiert werden solle.

«Diese Beschwerde gibt mir Hoffnung», sagt Russo, «aber ich habe mir im Gefängnis abgewöhnt, allzu optimistisch zu sein.»

Am 13. April 2023 hat der 25-jährige Schweizer zwei Drittel seiner 10-jährigen Freiheits­strafe verbüsst, wenige Tage nach unserem letzten Treffen in der Pöschwies.

Am 14. April 2023 ruft er an, berichtet von der Bestrafung wegen des Cannabis in seiner Zelle, vom «scharfen Einschluss», von der «Sistierung» der Lehre. Es ist Freitag­nachmittag, ein sonniger, warmer Frühlingstag. Das Gespräch dauert nur kurz, die Redezeit ist beschränkt. Er rufe kommende Woche nochmals an, sagt Luca Russo. Und dann wünscht er ein schönes Wochen­ende.

Ihm «danke, gleichfalls» zu antworten, wäre zynisch.

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