Im Gespräch

«Wir reden immer von einer Rassismus-Welle unter Donald Trump. Tatsächlich war der Rassismus nie weg»

Kaum ein anderes Land der Welt ist so gespalten wie die USA. Warum dieser tiefe Riss? Und was kann Europa daraus lernen? Zum Start der neuen Podcast-Reihe analysiert Republik-Autor Daniel Binswanger die Polarisierung in den uneinigen Staaten.

Von Roger de Weck, 10.07.2020

«Wir reden immer von einer Rassismus-Welle unter Trump. Tatsächlich war der Rassismus nie weg»
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Knapp vier Monate vor der US-Präsidentschafts­wahl und mitten im Wahl­kampf des Scharf­machers und Rassisten Donald Trump analysiert Roger de Weck im Gespräch mit Republik-Feuilleton­chef und Kolumnist Daniel Binswanger die historische und aktuelle Dimension der Polarisierung in der US-amerikanischen Gesellschaft.

Was Sie im Podcast erwartet

  • Einst waren die US-Demokraten die Partei der Sklaven­halter, während die Republikaner die Sklaverei bekämpften. Im Bürger­krieg von 1861 bis 1865 starben mehr Amerikaner als im Zweiten Weltkrieg: Die Narben schmerzen bis heute. (6:12)

  • Nach diesem «Sezessionskrieg» erhielten die ehemaligen Sklaven das Wahlrecht. Fast 90 Prozent von ihnen übten es aus – worauf die Demokraten der Südstaaten samt dem Ku-Klux-Klan ein regelrechtes Terror­regime aufzogen: Fortan wagten es nur noch 5 Prozent der Schwarzen, zu den Urnen zu gehen. (9:33)

  • In den 1960er-Jahren drehten sich die Fronten: Der demokratische US-Präsident Lyndon B. Johnson setzte gegen heftigen Wider­stand in der eigenen Partei und mithilfe des Bürger­rechtlers Martin Luther King den Civil Rights Act durch, der die krassen Diskriminierungen der Schwarzen verboten hat. (15:24)

  • Die Republikaner beschlossen ihrerseits, vornehmlich auf die Weissen zu setzen, die sich mit der Gleich­stellung der Schwarzen nicht abfanden. Die zynische Rechnung: Auf diese Weise lassen sich mehr weisse Wählerinnen gewinnen, als man schwarze Wähler verliert. (18:12)

  • In dem Masse, wie die neue Zusammen­setzung der amerikanischen Einwanderungs­gesellschaft die republikanische «Partei der Weissen» schwächte, in dem Masse radikalisierte sie sich. Um den Verlust der Mehrheit wettzumachen, wollen viele Republikaner die Institutionen der Demokratie zersetzen. (23:11)

  • An der Zementierung rassistischer Strukturen waren immer wieder auch die Demokraten massgeblich beteiligt, etwa durch den Abbau des Sozial­staates oder die Verschärfung der Strafjustiz unter Bill Clinton. (28:50)

  • Bis heute überlagert der Rassismus – einschliesslich des Hasses auf Barack Obama – die soziale Frage in einem Land, in dem die Umverteilung von unten nach oben den Mittel­stand erodieren und die Unter­schichten verarmen lässt. (32:59)

  • Die US-Gesellschaft scheint jetzt aber an den Punkt zu gelangen, an dem sich die rechte Polarisierungs­politik nicht länger bezahlt macht. (44:26)

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