Briefing aus Bern

BDP in der Krise, Schneider-Ammann geht – und mehr Geld für die Integration

Das Wichtigste in Kürze aus dem Bundeshaus (10).

Von Elia Blülle, 03.05.2018

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Am Wochenende war ganz Bern in Gelb-Schwarz gehüllt – zumindest sportlich, die Young Boys wurden nach 32 Jahren wieder Schweizer Fussballmeister. Politisch wäre es hingegen nicht erstaunlich, wenn diese Farben bald aus der Hauptstadt verschwinden würden.

2008 gegründet, steht die BDP zehn Jahre später vor der grossen politischen Bedeutungslosigkeit. Bei den letzten Nationalratswahlen musste die Partei wertvolle Sitze abgeben. Im selben Jahr trat ihre öffentlichkeitswirksame Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf zurück, seither verlor die Kleinpartei bei den kantonalen Wahlen 10 Prozent ihrer Sitze. Mit sieben Nationalrätinnen und einem Ständerat kann sich die BDP 2019 auf nationaler Ebene keine Verluste mehr leisten – sonst droht das Aus.

Geht die BDP unter, dann war die letzte Woche der Anfang vom Ende. Die Welt sei nicht mehr in Ordnung, meinte die abtretende Bündner BDP-Regierungsrätin Barbara Janom Steiner an der Delegiertenversammlung am vergangenen Samstag. Grund: Ihr vorgesehener Nachfolger Andreas Felix ist zurückgetreten, nachdem die Republik letzte Woche seine Verwicklungen in das bisher grösste Schweizer Baukartell aufgedeckt hatte. Bei den Preisabsprachen spielte der Bündner Baumeisterverband eine entscheidende Rolle, wie auch die Wettbewerbskommission bestätigte. Geschäftsführer des Verbands ist Andreas Felix.

Mit dem Rücktritt von Felix gibt die BDP bereits vor den Wahlen im Juni einen Regierungssitz ab. Das ist bitter, denn hier war die BDP immer stark, hier wurde sie gegründet. Verliert die BDP im Kanton Graubünden, wird sie auch im Bundeshaus verlieren.

Will die BDP den Schaden begrenzen, muss sie klug handeln. Die erste Chance dazu hat Parteipräsident Martin Landolt bereits vergeben. Anstatt mit Selbstkritik die Rolle mehrerer BDP-Exponenten im Zusammenhang mit dem Baukartell infrage zu stellen, bezichtigt er die Medien trotz klarer Indizien einer Anti-BDP-Kampagne und windet seine Partei aus der Verantwortung. Dem «Blick» sagte er: «Das, was bis jetzt untersucht wurde, dort, wo unsere Leute betroffen sind – das sind doch eher Nebenschauplätze.»

Von der BDP zur FDP. Die muss schon wieder eine neue Bundesrätin suchen. Hier kommt das Briefing aus Bern.

Schneider-Ammann tritt auf Ende 2019 zurück

Das müssen Sie wissen: Seit 2010 ist Johann Schneider-Ammann Bundesrat und leitet in dieser Funktion das Wirtschaftsdepartement. Letzte Woche hat der FDP-Magistrat in einem NZZ-Interview angekündigt, dass er auf die Parlamentswahlen 2019 zurücktreten wird.

So sieht seine Nachfolge aus: Im Moment kann nur spekuliert werden. Als Kronfavoritin gilt Karin Keller-Sutter. Tritt sie an, sind ihre Wahlchancen sehr gross. Bisher hat sich die St. Galler Ständerätin aber noch nicht konkret zu allfälligen Ambitionen geäussert.

So geht es weiter: Johann Schneider-Ammann hat den genauen Termin seines Rücktritts noch nicht bekannt gegeben. Gut möglich, dass er seinen Abgang mit demjenigen von CVP-Bundesrätin Doris Leuthard koordinieren wird. Sie tritt ebenfalls bis spätestens zum Legislaturende 2019 zurück.


Verschollene P-26-Akten bleiben verschwunden

Das müssen Sie wissen: Die P-26 war eine geheime Widerstandsgruppe. Sie hätte während des Kalten Krieges im Falle einer sowjetischen Besatzung den Untergrund organisiert. Das Problem: Die P-26 handelte ohne rechtliche Grundlage. Nach ihrer Enttarnung im Jahr 1990 wurde die illegale Organisation aufgelöst, und eine parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) verfasste einen Bericht. Davon ist ein Teil verschollen.

Das ist passiert: Im Februar teilte das Verteidigungsdepartement (VBS) mit, dass 7 Ordner und 20 Dossiers zum PUK-Bericht verschwunden seien. Darin wurden die Verbindungen der P-26 zu ausländischen Geheimdiensten untersucht. Nun hat das VBS bekannt gegeben, dass trotz monatelanger Suche die verschollenen Akten nicht mehr aufgetaucht seien.

So geht es weiter: Das VBS beendet die Suche. Offen bleibt, ob die Geschäftsprüfungsdelegation des Parlaments (GPDel) ihre Suche ebenfalls einstellen wird. Sie werde das weitere Vorgehen im Mai besprechen, teilte sie auf Anfrage der Nachrichtenagentur SDA mit.

Mehr dazu: Was war die P-26? Wer steckte dahinter, und wie war sie organisiert? Ein SRF-Dokumentarfilm versucht, diese Fragen zu beantworten.


Zirkusarbeiterinnen fallen unter Meldepflicht

Das müssen Sie wissen: 2014 hat das Volk die Initiative «Gegen Masseneinwanderung» angenommen. Das Parlament hat später die Initiative zum grossen Ärger der SVP stark ausgedünnt. Geblieben ist der sogenannte Inländervorrang light – eine Meldepflicht für Arbeitgebende. Die Regelung funktioniert so: Bevor ein Unternehmen eine Stelle öffentlich ausschreiben kann, bekommen während fünf Tagen ausschliesslich gemeldete Stellensuchende die Möglichkeit, sich zu bewerben. Dieses System soll inländische Arbeitssuchende privilegieren. Verstösst ein Unternehmen gegen die Stellenmeldepflicht, riskiert es Bussen bis zu 40’000 Franken.

Das ist passiert: Diese Meldepflicht gilt nur für Berufe, bei der die Arbeitslosigkeit höher ist als 8 Prozent. Das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) hat am Montag die Liste der betroffenen Berufe veröffentlicht. Am meisten freie Stellen wird die Gastronomie der Arbeitsvermittlung melden müssen. Aber auch Marketing- und PR-Fachleute, Schauspielerinnen und Zirkusarbeiter fallen unter die Meldepflicht. Hier finden Sie das fünfseitige Dokument mit allen Berufen, die von der Meldepflicht betroffen sind.

So geht es weiter: Ab dem 1. Juli gilt die Meldepflicht. Verschiedene Berufsverbände sind nicht zufrieden und kritisieren vor allem die Kategorisierung der Berufe. Sie werden sich in den nächsten Tagen an den Bundesrat wenden, der die Liste noch absegnen muss.


Zahlen der Woche: Umwelt, Geheimdienst, Integration

Die Schweiz hat im Jahr 2016 11,4 Milliarden Franken für den Umweltschutz ausgegeben. Im Vergleich zum Jahr 2008 ist das eine Zunahme von 5 Prozent. Davon trugen Haushalte 2 Milliarden Franken bei, die Unternehmen 5 Milliarden Franken und die öffentliche Verwaltung 4 Milliarden Franken. Zwei Drittel der Gelder flossen in die Abfallwirtschaft und die Abwasserbeseitigung.

Der Schweizer Nachrichtendienst hat seit letztem Jahr neue Möglichkeiten zur Überwachung. Dazu gehören das Abhören von Handys, der Einsatz von Wanzen oder das Hacken von Computern. In den ersten vier Monaten führte er bereits vierzig genehmigungspflichtige Überwachungsmassnahmen durch. Der Geheimdienst teilte mit, dass die neuen Mittel im Rahmen von vier Operationen eingesetzt wurden. Zwei betrafen die Terrorismusbekämpfung und zwei die Spionageabwehr.

Der Bundesrat will jährlich 132 Millionen Franken mehr ausgeben für die Integration von Flüchtlingen. Die Kantone erhalten für jede Person mit Bleiberecht eine einmalige Integrationspauschale von 18’000 Franken – dreimal so viel wie zuvor. Damit sollen etwa Sprachkurse oder Jobcoachings finanziert werden.

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