Was diese Woche wichtig war

Bund gegen Hilfswerk, geheimer Antrag für Steuersenkungen – und eine Alibiübung

Woche 8/2018 – das Kurzbriefing aus der Republik-Redaktion.

Von Ihrem Expeditionsteam, 23.02.2018

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Hier eine Auswahl der wichtigsten Themen der vergangenen Woche:

Kriegsoffensive in Syrien

Die Bomben fielen in dieser Woche weiter auf Ost-Ghouta in Syrien, aber was soll man dazu noch sagen? Verwundete Syrier warten im Spital auf Hilfe. Ammar Suleiman/AFP

SVP-Steuergeschenk kostet bis zu 2,3 Milliarden Franken

Was passiert ist: Die Wirtschaftskommission des Nationalrats (WAK) hat Ende Januar einen Antrag des Zuger SVP-Nationalrats Thomas Aeschi angenommen. Er will die flankierenden Regeln beim «Kapitalband» abschaffen – und so erreichen, dass Aktionärinnen kaum noch Steuern auf Dividendengewinne zahlen müssen.

Warum das wichtig ist: Die Eidgenössische Steuerverwaltung warnte die Wirtschaftskommission in einem Papier, bei einer Umsetzung des Antrags sei mit einem jährlichen Steuerausfall von rund 2,3 Milliarden Franken zu rechnen. Trotzdem stimmte die Kommissionsmehrheit dem Antrag zu. Der Betrag wurde publik, weil der Präsident der Kommission, der Freiburger SVP-Nationalrat Jean-François Rime, den Beschluss vorerst geheim halten wollte. Das passte wohl einem Kommissionsmitglied nicht: Er oder sie spielte den internen Bericht dem «Tages-Anzeiger» zu.

Was als Nächstes passiert: Die Wirtschaftskommission hat den Antrag an die Rechtskommission überwiesen, die gestern Donnerstag darüber beraten hat. Somit dürfte das Geschäft schon bald in den Erstrat kommen, in diesem Fall also in den Nationalrat.

Trump fordert Alibi-Änderungen im Waffenrecht

Was passiert ist: Am Dienstag hat US-Präsident Donald Trump erstmals eine Einschränkung des amerikanischen Waffenrechts gefordert. Er reagierte damit auf die immer lauter werdenden Proteste von Eltern und Schülern. Sie wollen nicht länger hinnehmen, von bis an die Zähne bewaffneten Teenagern terrorisiert zu werden. Konkret will Präsident Trump «bump stocks» verbieten, auf Deutsch als «Schnellfeuerkolben» bekannt.

Warum das wichtig ist: «Bump stocks» sind ein beliebtes Hilfsmittel, um halbautomatische Waffen für Dauerfeuer ausrüsten zu können. Halbautomatische Gewehre wie das auch in Florida verwendete AR-15 haben eine Feuerrate von rund 45 bis 60 Schüssen pro Minute. Mit einem «bump stock» steigt die Feuerrate auf 400 bis 800, je nach Fertigkeit des Schützen. Der Amokläufer von Las Vegas nutzte «bump stocks» für seine insgesamt 14 AR-15: Er tötete im Oktober 58 Menschen und verletzte 851.

Was als Nächstes passiert: Präsident Trump hat das Justizdepartement angewiesen, einen Gesetzesentwurf für ein solches Verbot auszuarbeiten. Unklar ist, ob sich Trump gegen den absehbaren Proteststurm der US-Waffenlobby durchsetzen wird. Oder ob er das überhaupt will. Am Donnerstag dachte er laut darüber nach, Lehrerinnen und Lehrer zu bewaffnen, um die Gewalt an Schulen einzudämmen.

Personalie spaltet die EU

Was passiert ist: Die EU-Kommission gab am Mittwoch bekannt, Martin Selmayr zu ihrem Generalsekretär zu befördern. Noch ist er Stabschef von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker.

Warum das wichtig ist: Der deutsche Jurist Martin Selmayr – in Brüssel als «Das Monster von Berlaymont» bekannt – ist umstritten. Seine Kollegen trauen ihm nicht. Seine Untergebenen fürchten ihn. Die britischen Regierungen, von Cameron bis May, hassen ihn. Andererseits gilt er als versierter Verhandler, jemand, der weiss, wie man sich in festgefahrenen Situationen durchsetzt. Notfalls auch mit unlauteren Methoden. Nun wird Selmayr wichtigster Beamter der EU.

Was als Nächstes passiert: Martin Selmayr wird seinen Posten am 1. März 2018 antreten. Sein Chef Jean-Claude Juncker wird dann noch 20 Monate im Amt sein. Er hat angekündigt, nicht erneut zu kandidieren. Selmayr hätte dann ebenfalls seinen Posten räumen müssen. Das hat er mit seiner Beförderung nun erfolgreich verhindert.

Schweiz streicht Hilfswerk die Unterstützung

Was passiert ist: Das Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) hat Zahlungen an das britische Hilfswerk Oxfam per sofort eingestellt. Grund: Laut Recherchen der Londoner «Times» haben Oxfam-Angestellte auf Haiti und im Tschad Sexpartys mit Prostituierten gefeiert und Nothilfe nur gegen sexuelle Gefälligkeiten geleistet.

Warum das wichtig ist: Die Schweiz hat in den letzten fünf Jahren insgesamt rund 20 Millionen Franken an Oxfam überwiesen. Neben Oxfam sind offenbar auch Mitarbeiter von Médecins sans Frontières in den Skandal verwickelt. Immer wieder hat es in den vergangenen Jahren Berichte gegeben über den grosszügigen, manche sagen: kolonialen Lebensstil gewisser Entwicklungshelfer. Auch Uno-Blauhelmsoldaten waren wiederholt in Missbrauchs- und Vergewaltigungsfälle verwickelt.

Was als Nächstes passiert: Die Schweiz verlangt von Oxfam eine lückenlose Aufklärung, vorher werde man die Organisation nicht wieder unterstützen. Konkret will man im Aussendepartement wissen, ob es in anderen Ländern ähnlich zugeht und wie Oxfam zukünftigen Missbrauch verhindern will.

Streit um SDA geht in die nächste Runde

Was passiert ist: Die Verhandlungen über den Stellenabbau bei der Schweizerischen Depeschenagentur (SDA) sind gescheitert. Das haben die Redaktion und der Verwaltungsrat diese Woche bekanntgegeben. Nach Ansicht des Verwaltungsrats soll nun die Schlichtungsstelle des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) den Fall behandeln. Die Redaktion will dem Verfahren unter gewissen Bedingungen zustimmen.

Warum das wichtig ist: Die SDA beliefert die Schweizer Radio-, Fernseh- und Zeitungsredaktionen mit Nachrichten aus dem In- und Ausland. Sie wird als Teil des medialen Service public angesehen. Eine Sichtweise, die von der SDA-Redaktion bereits seit Beginn des Streiks im Februar vertreten und jetzt neuerdings auch von der Betriebsführung anerkannt wird. Das bekräftigte Verwaltungsrat Matthias Hagemann in einem bemerkenswerten Interview mit der Online-Plattform «Watson» diese Woche: Damit soll die Subvention durch den Staat gesichert werden.

Was als Nächstes passiert: Die Redaktionskonferenz (Reko) hat dem Verwaltungsrat (VR) eine Frist gesetzt, wie sie an einer Medienkonferenz gestern Donnerstag sagte: Bis zum 28. Februar sollen sich die Verwaltungsräte um Präsident Hans Heinrich Coninx bereit erklären, den geplanten Abbau von 35 Vollzeitstellen zu sistieren. Willigt der VR ein, so ist die Reko ihrerseits bereit, sich auf das Schlichtungsverfahren einzulassen. Dieses könnte mehrere Monate dauern. Die Reko lässt offen, ob sie bei einer Ablehnung ihrer Bedingungen erneut in den Streik tritt.

Zum Schluss: Quellen verifizieren (nur kurz)

Ein Whistleblower schickt der deutschen «Bild»-Zeitung belastende E-Mails, die zeigen sollen, dass Juso-Chef Kevin Kühnert in Erwägung zog, russische Trolls für seinen Kampf gegen die Abstimmung über die Beteiligung der SPD an einer Grossen Koalition anzuheuern. Die Geschichte landet natürlich auf der Titelseite. Blöd nur: Hinter dem Whistleblower steckt das deutsche Satire-Magazin «Titanic».

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