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Roland Messmer
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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und Smith hat immer betont, dass öffentliche Güter wie das Justiz- und Bildungswesen nicht von der unsichtbaren Hand geregelt werden können, sondern ein starker Staat das übernehmen muss….
gutes und witziges Interview!

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SoWi, Übersetzerin, Autorin, Bloggerin
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Fundierte Artikel wie dieser sind der Grund, weshalb ich die Republik abonniert habe. Augenzwinkern inklusive - Brillant!

P.S. Unbedingt gerne als Fortsetzung ein Interview mit Arendt über die zunehmenden antidemokratischen und totalitären Ideologien der neuesten Zeit.

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Auch die NZZ bringt einen Artikel über Adam Smith, ich war nach der Lektüre von Ulrichs Interview sehr skeptisch. Fast eine ganze Seite kann Karin Horn, die ökonomische Ideengeschichte an der Universität Erfurt lehrt, ihre Sicht auf Smith und die während 300 Jahren bewirtschafteten Irrtümer über ihn, darlegen. Ich bin positiv überrascht! Ich zitiere den Schluss:

In den letzten Teilen des «Wealth of Nations» bringt Smith seine beissende
Kritik an Regierenden vor, die den Partikularinteressen gieriger Kaufleute ent-
sprechen und deren Eigenliebe ausser Kontrolle geraten lassen. Zu ihrer Ver-
schwörung gegen die Allgemeinheit sollte der Staat nicht noch die Hand rei-
chen: Weg also mit den Bevorzugungen, die einer mächtigen Gruppe Gewinne
zuschanzen und den gesamtwirtschaftlichen Entwicklungsprozess unterbin-
den – denn dieser ermöglicht gerade den Armen ein besseres Leben.
Weg auch mit den Einschränkungen, die Armen unverdient in ihrer Misere
festhalten. Der moderate Reformer Smith will den Staat von gemeinwohl-
schädlicher Beeinflussung befreien und neu ausrichten – einerseits mithilfe der
ökonomischen Wissenschaft, anderseits mit den Tugenden, die allen Menschen
aufgegeben sind: Klugheit, Gerechtigkeit und gegenseitiges Wohlwollen.

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Andreas Fischer
nachdenklich
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Der komplexe Aufbau des Themas im wissenschaftlichen Kontext lässt einen grossen Aufwand erahnen, danke. Und trotzdem: bitte noch mehr in diesem Sinne. Z. B. ein gleichartiges Interview mit Darwin, Jefferson, Dante, Marx, Jesus, Konfuzius, Epikur, Zwingli, Luther King... An die Verlagsgemeinde: bringt noch weitere Vorschläge!

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Frauen!!! Mich würde zum Beispiel die Bemerkungen von Olympe de Gouges zur heutigen Zeit interessieren, oder von Salome Bräker, ein Interview mit Sophie Taeuber Arp, oder mit der Komponistin Ethel Smythe, oder mit Nina Simone... Lieber Andreas Fischer, ich finde Ihren Vorschlag wirklich gut - aber wie kommt es, dass Mann und (Frau meistens auch) immer zuerst an interessante männliche Figuren denkt? Darüber nachzudenken wäre vielleicht auch mal ein Aufsatz in der Republik wert!

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Andreas Fischer
nachdenklich
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Oh, Sie haben mich auf dem falschen Fuss erwischt. Das wird mir erst jetzt bewusst. Danke für den Hinweis. Ich unterstütze Ihren Vorschlag voll.

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Senftube
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Empfehlenswert: „Cherchez la Femme“, zu finden auf Arte. Darin wird auf humorvolle Art an vielen einzelnen Beispielen der traditionell männlich dominierten Geschichtsschreibung widersprochen. Schade ist nur, dass die Clips sehr kurz sind.

Leider werden wir aber trotz dieser und ähnlicher Bemühungen, Frauen in der Geschichte sichtbarer zu machen, bis in die moderne Zeit immer mehr Männer als Frauen finden. Auch in einer objektiven, nicht durch den männlichen Blick verfälschten Geschichte. Was natürlich auch mit Diskriminierungen zu tun hat. Aber die Vergangenheit lässt sich nun mal nicht ändern, es gab viel mehr Männer als Frauen mit Einfluss. Ich finde es normal, dass einem (w/d) zum Beispiel beim Thema Kommunismus Marx und Lenin einfallen. An Rosa Luxemburg sollte man natürlich auch denken. Aber in einer objektiven wissenschaftlichen Arbeit, die ein Gesamtbild anstrebt, wäre halt doch eher sie die Fussnote als Marx.

Zum Glück gibt es heute schon Gebiete, bei denen ich zuerst an eine Frau denke. Höre ich „Gender“, denke ich an Judith Butler.

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z.B.: Katharina von Zimmern (* 1478 in Meßkirch; † 17. August 1547 in Zürich), die letzte Äbtissin des Fraumünsterklosters, eines Benektinerinnenklosters (!) in Zürich. Sie übergab in der Reformation Ende 1524 die Abtei der Stadt Zürich und heiratete Eberhard von Reischach. Und deren, bzw. dessen Bedeutung für Zürich seit dem 9.Jh. bis ins 16. Jh.

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Sabin Bieri
Nachhaltigkeitswissenschaftlerin
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Maria Magdalena, Hildegard von Bingen, Harriet Taylor Mill, Ada Lovelace, Olympe de Gouges, George Sand, Rosa Luxemburg, Marie Curie.

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Rolf Kurath
rolfkurath.ch
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Hannah Arendt - monatlich

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Vielen Dank für diesen unterhaltsamen und zeitkritischen Artikel. Meiner Meinung nach ist die wirtschaftliche Ungerechtigkeit als Folge der heutigen Zweckentfremdung von Adam Smiths Lehren eine der grössten Gefahren für unsere demokratische Gesellschaft. Längerfristig kann sie nur überleben, wenn die Wirtschaft der Gesellschaft dient, statt umgekehrt.

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Vielen Dank für diesen Kommentar - ich hätte genau den gleichen schreiben wollen!

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Urs Anton Löpfe
Entschwender
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Eine gutes, witziges und tolles Interview.
Was ich immer wieder bemängle, dass die Leser im Problem stehen gelassen werden und kein Bezug zur Realität geschaffen wird.
Das eigentliche Problem ist, dass es nicht gelingt in der Schweiz Direkt Demokratisch die erforderlichen Marktregeln zu schaffen.
Man glaubt an die Planwirtschaft und eine kleine Elite bestimmt die Regeln.
Dazu zwei Beispiele aus der aktuellen Energiedebatte.
Aus Panik wir hätten im Winter zu wenig Strom, wurde mit Notrecht das Notkraftwerk in Birr gebaut mit Kosten von 1.88 Millionen pro MW. Inzwischen ist bekannt, dass das gleiche Ziel mit den bestehenden Notstromanlagen erreicht werden kann, für einen Preis von 0.05 Millionen pro MW.
Es genügt die Marktregeln so zu ändern, dass anstatt 1 GW Regelenergie (Abschalt- und Produktionsreserven) bis zum Aus er Kernenergie in der Schweizer 5 GW Regelenergie ausgeschrieben werden.
Das gleiche planwirtschaftlichen Problem ist der geplante Bau von Photovoltaik Anlagen in den Alpen. Bereits heute haben wir im Sommer und auch in der Nacht genügend Strom, selbst wenn wir alle Atomkraftwerke abschalten.
Die wirksamste Methode wäre die CO2 Lenkungsabgabe durch eine Energielenkungsabgabe zu ersetzen. Dies würde der Verschwendung auch von Strom sofort einen Riegel vorschieben.
Es ist nicht der Markt das Problem, sondern unsere Unfähigkeit, die richtigen Marktregeln zu erlassen und die unheiligen Allianzen der Planwirtschafter.

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Simon Reber
Software Entwickler, Familienvater
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Sie schauen das Problem leider erst auf der Ebene der konkreten Auswirkungen in einem Teilbereich an.
Das grundsätzliche Problem ist nämlich, warum wir direktdemokratisch nicht zu vernünftigen Regeln gelangen.
Ein Teil des Problems ist, dass sehr viele Menschen nur ungern selbst denken. Diese Menschen suchen sich einen 'Sachverständigen' um seine Meinung zu unterstützen, weil das wesentlich bequemer ist, als dies alles selbst zu verstehen.
Der andere Teil des Problems ist, wie die Leute ihre 'Sachverständigen' finden. Heute ist das bei uns völlig ungeregelt. Der gewählte Staat agiert, als ein Teilnehmer unter vielen, am Markt der Meinungsbildung. Die anderen Teilnehmer sind Parteien, Verbände, Grosskonzerne, Thinktanks, etc.
All diese Teilnehmer kommunizieren zwar über verschiedene Kanäle, aber die Wirksamkeit ist nicht nur geprägt von den Inhalten der Veröffentlichungen, sondern sehr stark vom Aufwand der dafür betrieben wird.
Dies führt zu einem starken Ungleichgewicht zugunsten der grossen Vermögen. Diese setzen für ihre Kommunikation professionelle Firmen ein, welche so effizient wie möglich, die Botschaften unters Volk bringen.
Und die Interessen der reichen Aktionäre und Erben sind nun mal völlig andere, als die der grossen Mehrheit.
Darum werden Regeln aufgestellt, welche es dieser privilegierten Minderheit erlaubt, ihre Privilegien auszubauen, was selbstverständlich nur auf Kosten der Mehrheit geht.
Steht eine Änderung der Regeln, zugunsten der Mehrheit, zur Debatte, werden mit grossem Aufwand Propagandafeldzüge gestartet, welche meist auf der Angst vor Veränderungen basieren.

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Wenn wir die Problem immer bei den andern suchen, werden wir nie weiter kommen.
Loriot sagte:
"In Krisenzeiten suchen Intelligente nach Lösungen, Idioten suchen nach Schuldigen".
Ich selbst fokussiere mich auf die Umsetzung von Lösungen in Gemeinschaften.

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Mathematiker
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Sie schreiben „Es genügt die Marktregeln so zu ändern, dass anstatt 1 GW Regelenergie (Abschalt- und Produktionsreserven) bis zum Aus der Kernenergie in der Schweizer 5 GW Regelenergie ausgeschrieben werden.“ – Wieso? Das verstehe ich nicht.

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Urs Anton Löpfe
Entschwender
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· editiert

Es gibt in Europa zwei Strommärkte.
Der eine ist der klassische Strommarkt bei dem Strom verkauft und gekauft wird. In der Schweiz können an diesem Markt nur Stromverbraucher teilnehmen, die mehr als 100'000 kWh benötigen. Das ist 25 bis 50 mal mehr als Kleinverbraucher benötigen.

Der 2 Markt ist der Regelenergiemarkt. Dabei geht es um bereitgestellte Stromabschalt- und Stromproduktionskapazitäten. Man bekommt Geld, wenn man in kritischen Zeiten auf den Stromkonsum verzichtet oder gezielt Strom produziert. An diesem Markt können in der Schweiz nur EVU's teilnehmen.

Ich habe vor etwa 10 Jahren an den Regeln des Regelenergiemarktes selbst mitgearbeitet. Wir konnten uns jedoch gegenüber dem Vertretern der EVU's im VSE nie dzurchsetzen.
Die Regeln wurde so gestaltet, dass nur eine kleine Elite profitiert.

Leider wird über diese Probleme in der Republik z.B. im Klimalabor kaum berichtet. Sehr gut sind die Berichte von Priscilla Imboden in der Republik.
Was z.B. in Deutschland und Österreich möglich ist finden Sie bei awattar.de.

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Der Ignorant
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Guten Tag U.A. Löpfe, danke für Ihren Beitrag, ich bin vielleicht einer der wenigen der das mit der Regelenergie nicht versteht, aber sie wird wohl ihren Grund haben. Darum interessiert mich wo ich mich über diese Regeln informieren kann.

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Urs Anton Löpfe
Entschwender
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· editiert

Weitere Infos dazu finden Sie unter:
https://www.swissgrid.ch/de/home/op…nergy.html
Swissgrid bezieht sich in diesem Artikel vor allem auf Arbeiten von Paul Niggli dem ehemaligen Riskmanager von Swissgrid und mir.
Fakt ist, dass Swissgrid nicht wirklich vorwärts macht.
Leider schreibt die Republik sehr wenig über diese Misstände. Eine Ausnahme bildet Priscilla Imboden. Im Klimalabor passiert jedoch nichts.

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Ich bedaure Ihnen mitteilen zu müssen, Herr Smith, dass Ihre Moralphilophie unter neuen Voraussetzungen überstrapaziert wurde. Zu Ihren Lebzeiten gab es noch keine Limited Liabilty, und ich kann mir gut vorstellen, dass ein persönlich haftender Unternehmer die moralischen Gefühle und das Verantwortungsbewusstsein hat, das Sie voraussetzen für faire Marktergebnisse.

Gesellschaften mit beschränkter Haftung sind eine juristische Innovation von 1811, die sie bestimmt abgelehnt hätten, gibt sie doch den Anreiz zu wagen, aber höchstens das eingesetzte Kapital zu verlieren. Ihre Kritik richtete sich gegen die East India Company, gegen marktbeherrschende Grosskonzerne. Ich kann nicht sagen, inwiefern der Kapitalismus weiter florieren könnte, würde man aus dem Obligationenrecht ganz einfach die AG und GmbH als zulässige Rechtsformen streichen. Aber wir hätten dann eher wieder, das Unternehmertum Ihrer Zeit. Würde ein Manager mit persönlicher Haftung einen Weltkonzern verantworten wollen? Manager eines Waffenkonzerns oder anderer fragwürdiger Geschäfte können heute die moralische Verantwortung an die Aktionäre/Eigentümer abschieben, die Eigentümer hingegen mögen so tun, als wüssten sie nix von den schmutzigen Geschäft.

In kleineren, persönlich zu verantwortenden Geschäften hätte sich die economy of scale kaum entwickeln können, die uns heute so günstige Massenprodukte ermöglicht… es gibt Argumente für Limited Liability. Aber beschränkt haftenden Wirtschaftssubjekten, sogenannten „juristischen Personen“ die moralischen Gefühle zuzuscheiben, die Sie, Herr Smith, für das Funktionieren des freien Marktes voraussetzten, war ein möglicherweise willentlicher Lapsus der bis heute verkündeten Wirtschaftslehre, ein Missbrauch Ihrer Theorie.

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P.S.: Bitte vergeben Sie mir die Abneigung, die ich gegen Sie, Herr Smith im Wirtschaftsunterricht entwickelt hatte. Wie oft wurden Sie zur Verteidigung des fragwürdigen Kapitalismus beigezogen. Dann entdeckte ich Ihre Moralphilosophie im Selbststudium, und fühlte mich nahezu dazu berufen, Ihre Nachfolge anzutreten. Ich philosophierte und schrieb…

https://www.ibee-studer.net/ökonomik/
(Von der Energiewende zum Ende der westlichen Wirtschaftsdominanz)

…aber ich musste feststellen, dass man damit an keiner Wirtschaftsuni Karriere machen kann.

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danke, danke, Herr Ulrich. Das ist ja genial-kreativ. Ich hab mich nebst dem Inhalt über die Form sehr amüsiert, und immer wieder über den Wortlaut lachen müssen! Als Spinoza Interessierte Frau hätte ich natürlich noch eine Frage nach diesem Aufkärungs Philosophen gestellt…. nur schon, ob Adam Smith die ETHIK gelesen habe, die fordert, dass wir mit Intelligenz und Vernunft mit unsern Affekten umgehen, und jeder sich bewusst sein sollte, wer er diesbezüglich ist!!

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Nur: die Psyche ist natürlich komplex…. die Machtgier riesig, vielleicht als Folge von Ängsten, weil wir der Unendlichkeit des Weltgeschehens ziemlich ausgeliefert sind…. Ich frage mich bei gewissen Menschen (vor allem solchen, die viel Macht haben und ausagieren) immer wieder, was in ihrem Denken wirklich vor sich geht… Sozialisierung müsste ein wichtiger Teil von Kindererziehung sein…Es gibt auch den andern..

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Liebe Frau Osterwalder, mir ist kein Beleg dafür bekannt, dass Smith auf Spinoza direkt Bezug nimmt. Ich bin nicht sehr vertraut mit Spinoza, würde aber meinen, dass ein Grundgedanke beide verbindet, nämlich der behutsame Umgang mit dem
Spannungsverhältnis von menschlichen Affekten und rationaler Einsichtsfähigkeit. Beide versuchen aus einer gewissen Skepsis hinsichtlich der (schwer beherrschbaren) Affekte heraus dem aufklärerischen Vertrauen in die humane Vernunft eine stärkere Rolle zu geben. Dieser Zugang ist besonders für die — bedeutende — schottische Moralphilosophie der Aufklärungszeit (insb. Francis Hutcheson, David Hume, Adam Smith) charakteristisch. Als sehr genau beobachtender deskriptiver Moralphilosoph geht Smith von der ungenügenden moralischen Bindungskraft zwischen den Menschen durch Empathie („sympathy“) aus und sucht sie durch die Interessenverschränkung im marktwirtschaftlichen Austausch zu verstärken — aber eben nicht restlos zu ersetzen, wie es später die „reine“ Ökonomik der neoklassisch-neoliberalen Bauart suggerierte! In Smiths Konzept ergänzen sich, modern ausgedrückt, die lebensweltliche Sozialintegration und die marktwirtschaftliche Systemintegration, wobei der „unparteiische Beobachter“, also die ethisch-kritische Vernunft, teilweise ihren institutionellen Niederschlag in gewachsenen „general rules of morality“ (Smith), d.h. in sozialen Normen findet, die wiederum durch rechtsstaatliche Gesetze verstärkt werden. Smith lässt also in seiner Politischen (!) Ökonomie den unparteiischen Beobachter — mit dem er im Kern auf Kants Kategorischen Imperativ vorgegriffen hat — keineswegs zugunsten der „unsichtbaren Hand“ eines religiös-libertär überhöhten Marktes fallen; er billigt dem marktwirtschaftlichen Vorteilstausch (Tauschverträge) nur die Rolle eines partiellen Substituts der nötigen Sozialintegration innerhalb des übergeordneten Gesellschaftsvertrags zu. Es ist so gesehen kein Zufall, dass die „invisible hand“ sowohl in der Theorie der ethischen Gefühle als auch im Wohlstand der Nationen je nur einmal vorkommen.

Hat Spinoza sich mit solchen Zusammenhängen auch schon befasst?

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Lieber Herr Ulrich. Danke für Ihre interessante Antwort. (diesmal nichts zum Lachen, dabei dachte ich, Sie würden auch bezüglich Spinoza den Herrn Smith persönlich fragen. :-). Ja klar, der Grundgedanke ist, sich seiner Affekte durch Verstand und Vernunft bewusst zu werden. Spinoza denkt politisch und «gesellschafts integrativ». Wenn wir nicht mit unsern Affekten identifiziert sind, sondern bewusst denken und handeln, machen wir keine «Fehler». (....das ist idealistisch....) Sein Konzept führt zu Ethik, was eigentlich bedeutet: Wie wollen wir als Gesellschaft zusammenleben. Nebst seinem Werk «Ethik» gibt es auch das Buch «theologisch-politischer Traktat», sehr lesenswert. Ich verstehe Smith’s «unsichtbare Hand» nicht so recht. Ist das religiös gemeint? Spinoza vertritt, dass unsere ethischen Werte und entsprechendes Verhalten nicht von einem Gott «verfügt» werden, sondern aus unserem Bewusstwerdungsprozess kommen. Gott wird bei Spinoza als «Substanz» definiert, mit unendlich vielen Attributen, von denen jedes wiederum unendlich viele Eigenschaften hat... was bedeutet: wir wissen nicht , was Gott bedeutet. Spinoza vertritt, dass Gott keine strafenden oder belohnenden Eigenschaften hat. Jedoch hat unser Verhalten natürlich positive und negative Folgen! Aber das ist Psychologie.

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"Doch ich sah am Ende ein, dass die Klammer zu schwach ausfallen würde und ich die liberale Synthese von Ethik, Politik und Ökonomik, die ich nach dem Vorbild von Aristoteles erneuern wollte, nicht mehr schaffen konnte."
Sollte sich der Pfarrer Adam Smith sich in dieser Weise auf Aristoteles berufen haben, und damit möglicherweise der Liberalismus, so ist die Sozialwissenschaft Wirtschaft unvereinbar mit dem Menschenrecht resp. der Déclaration universelle du Droit humain.
Aristoteles verwendet 52 mal den Begriff Sklave in den ersten sieben Kapiteln seines Werkes "Politik". Im siebten geht er noch weiter, wenn er seine "Wissenschaft vom Sklaven" und jene vom "Herr über die Sklaven" entwickelt, die darin gipfelt, dass Aristoteles die "Kunst, Sklaven durch Krieg zu erwerben" legitimiert.
Der grosse Fortschritt der genannten Déclaration ist punkto Marktwirtschaft das Verbot von Sklaverei im 4. Artikel. Der Besitz von Sklaven, deren Aneignung durch Krieg, Kauf und Verkauf im Handel und im Markt ist im 21.Jahrhundert nicht nur verboten, er gilt als unverjährbares Verbrechen gegen die Menschlichkeit, wie es im Dezember 2022 der niederländische Regierungschef Rutte im Haag verkündete, als er um Entschuldigung bat.
Es ist an der Zeit, dass die Marktwirtschaft und der Liberalsmus, weil sie Adam Smith folgte, ins reine kommt mit ihrer verbrecherischen Vergangenheit. Das gilt auch für die Schweiz. Jedoch sehe ich keine Anzeichen einer diesbezüglichen Einsicht und würde es begrüssen, wenn andere Licht in die Dunkelheit der unsichtbaren Hand bringen könnten.

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Lieber Herr N., der Leitgedanke von Aristoteles — der in der griechischen Antike natürlich noch keine modernen Ideen der Aufklärung vertrat, auf den sich aber Adam Smith wie alle frühmodernen Denker bezieht — ist die von Smith zwar geplante, aber unvollendete Trilogie von Ethik (personaler Haltung), Ökonomik (interessengesteuerter Wirtschaft) und Politik (öffentlicher Rechtsordnung). Es ging Smith also um die unteilbare Einheit der Praktischen Philosophie. Und darauf käme es heute für eine tragfähige ethisch-politische Ökonomie mehr denn je an.

Im Übrigen sind alle grossen Denker und Denkerinnen mit einem Bein in ihrer Zeit mit entsprechenden blinden Flecken verhaftet; die Philosophen der Aufklärungszeit beispielsweise irgendwie noch im religiösen Weltbild, an dem sie sich oft nur zögerlich kritisch abarbeiten.

Die Frage der Sklaverei gehört ideengeschichtlich zur Eigentumsphilosophie. Es ist die relativ junge Errungenschaft der Moderne, im Eigentumsrecht zwischen Sachenrecht (Verfügung über Objekte) und unantastbaren Menschenrechten (Mensch als freies Subjekt) zu trennen und damit alle Menschen grundsätzlich der Verfügung über sie durch andere zu entziehen — im Prinzip zumindest. Die realpolitische Umsetzung dauert dann jeweils oft noch (allzu) lange: Zunächst kam nach der Sklaverei die nur leicht gemilderte Leibeigenschaft, später mit der Industriegesellschaft der Arbeitsvertrag, den zukünftige Generationen womöglich als rechtsstaatlich gebändigte Spätform der „freiwilligen“ Selbstversklavung (Abgabe der Selbstbestimmung am Firmeneingang) deuten werden. Derzeit ist auch der Kampf gegen Kinderarbeit ein Teil dieses unerledigten Fortschritts (z.B. Konzernverantwortungsinitiative bzw. EU-Lieferkettengesetz). Und hochentwickelten Tieren, die heute im Prinzip noch unter das Sachenrecht fallen, wird zunehmend ein dritter Status in Form von Tierrechten zugebilligt. Das alles sind langsame zivilisatorische Prozesse der Bewusstwerdung und rechtlichen Verankerung.

Aristoteles hat lange vor der (leider noch nicht weltweit angekommenen) Moderne gelebt, in der dieses Bewusstsein überhaupt erst wächst. Aber ich finde, er hat für seine Zeit so grossartige, pionierhafte Denkarbeit geleistet, dass wir ihm — wie übrigens auch allen anderen Vordenker, z.B. Adam Smith — nicht neuere Einsichten vorhalten sollten, die damals praktisch noch undenkbar waren. Denn wie gesagt, wir alle haben unsere blinden Flecken.

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Lieber Herr Ulrich,
Herzlichen Dank für Ihre wertvollen Ausführungen, insbesondere die ideengeschichtliche Einordnung der Sklaverei in die Eigentumsphilosophie.
Als erstes stelle ich fest, dass die niederländische Regierung im Haag, dem Ort des internationalen Gerichtshofes des UNO, sich entschuldigt für das, was Holland ab dem 17. Jh. Wohlstand brachte, aber klar als Verbrechen gegen die Menschlichkeit anerkannt werden müsse. Nämlich die Sklaverei mit dem Sklavenraub in Afrika, ihrem Transport nach Amerika und deren Markt.
Auffallend ist de Tatsache, dass diese Entschuldigung keineswegs versucht, mildernde Umstände geltend zu machen, so wie mir Ihre Antwort erscheint. Übrigens gilt das Gleiche für die Entschuldigungen der Kanadischen Regierung btr. Unrecht gegenüber den kanadischen Ureinwohnern. Der Papst bat um Entschuldigung in der gleichen Sache. Ebenso die belgischen Historiker in ihrem jüngsten Bericht an die Regierung betr. Kolnialvergangenheit Belgiens, v.a. Kongo; der Bericht wurde jedoch vom Königshaus und anderen Kreisen abgelehnt. Auch Deutschland anerkennt seinen Völkermord an den Herero und Nama an: Schuld, Bitte um Vergebung, Milliardenbetrag an die Nachkommen und an Namibia. Es anerkannte auch die Shoa als Völkermord, ohne wenn und aber. Keine dieser Entschuldigungen erbaten sich mildernde Umstände.
Länder, oder besser Königreiche wie England, Holland hatten Companies (z.B. English East Indian Company EEIC), welche ab 1600 europäische Kolonialpolitik als Privatunternehmen betrieben. Zürich z.B. hatte etwa 600 Soldaten der Privatarmee der holländischen Company als Söldner geschickt (oder nicht daran gehindert, dort zu dienen, u.a. Sklavenaufstände brutal niederzuschlagen). Die EEIC hatte zeitweise viermal mehr Soldaten als das engl. Königreich. Adam Smith schrieb sein Buch ca. 1750 - 60, d.h. das, was er als Wohlstand beschrieb, war untrennbar verbunden mit dem Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Wenn er sich in Szene setzt, als wüsste er es nicht, so wusste es sein Lehrer, der Arzt Bernard Mandeville, der ab 1966 von Friedrich von Hayek zum Vordenker der liberalen Bewegung erkoren wurde (vgl. "Lecture on a master mind Dr Bernard Mandeville" Proceedings of the British Academy). Dieser sprach sich offen für den Krieg als nützlich für den Kommerz aus, auch, dass Gewalt vor Recht komme.
Ideengeschichtlich stehen Ihrer Argumentation drei Gegenpositionen gegenüber. Erstens die ionischen Physiker ab 600 vor unserer Zeitrechnung. Als Arzt steht mir Hippokrates am nächsten: In seinem Werk "Luft, Wasser, Ortsverhältnisse" fordert er , die Kräfte und Umstände daraufhin zu analysieren, ob sie dem menschlichen Leben und der Gesundheit nützen oder schaden. Erstmals in der Weltlitteratur setzt er sich auseinander mit der Antithese von Physis und Nomos. D.h. mit dem, was dem menschlichen Leben dient oder schadet in der materiellen Welt ebenso wie den sozialen Gewohnheiten, Sitten, Gesetzen, etc. Das ist der Ursprung medizinischer Wissenschaft, welche nicht mehr einer göttlichen Ordnung zu dienen hat. Platon verwarf diesen Ansatz und Aristoteles folgte seinem Lehrer, indem er seine Sklavenwissenschaft auf der von der Natur als Sklaven, resp. von der Natur als Herren bestimmten Menschen aufbaute. Um mit Hippokrates zu sprechen: was der Arzt als Nomos, als menschengemacht relativiert und der Nützlichkeits- resp. Schädlichkeitsanalyse unterwirft, ist dem Aristoteles naturgegeben. Platon und Aristoteles sind ideengeschichtlich Rückschritte gegenüber Hippokrates und anderen.
Zweitens: Bartolomé de Las Casas im 16. Jh. setzte sein Leben in den Dienst der indigenen Völker, als er die Verbrechen der Kolonialisten an den Einheimischen erleben musste. Im Disput von Valladolid im Jahre 1550 unterlag seine Argumentation, dass die Indios Menschen sind wie die Spanier und deshalb nicht als Sklaven degradiert werden dürfen, dem Totschlagargument des von den anderen Geistlichen vorgebrachten Aristoteles, dass die Indios von Natur aus Sklaven sind und von Herren beordert werden MÜSSEN. Las Casas gilt heute als ein Vorläufer der Menschenrechte, seine zahlreichen Schriften zeugen davon. Ideengeschichtlich war somit der Kolonialismus analysiert, 200 Jahre vor dem Denker und Pfarrer Adam Smith.
Man könnte hier noch die Abolitionisten-Bewegung anführen, z.B. Jean-Jacques Rousseau um 1750, also zur Zeit von Adam Smith.
Drittens: zum Gedenken an die Erklärung der Menschenrechte gab die UNESCO die Sammlung von Dokumenten von fast allen Kulturen der Menschheit heraus, welche die Goldene Regel in ihrer jeweiligen Form als Wert des menschlichen Zusammenlebens erläutern : "Le Droit d'être un homme". Der Schotte Adam Smith kannte die Bibel, welche im alten Testament sowie im Neuen Testament und in Varianten festhält: "Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem andern zu!" (Mt 7,12).
Interessant ist: der liberale Vordenker gemäss dem späteren Nobelpreisträger der Wirtschaftswissenschaft Friedrich von Hayek schreibt in seinem Hauptwerk die Umkehr dieser Goldenen Regel als Handlungsanleitung in seinem System. Und Hayek führt in seiner Lecture den Arzt Bernard Mandeville als Lehrer von Adam Smith auf. Der Ideenkreis schliesst sich.
Was heute als Verbrechen gegen die Menschheit bezeichnet wird, steht in den Texten des Hippokrates, steht 200 Jahre vor Adam Smith in jenen von Bartolomé de Las Casas und in allen Kulturen seit Urzeiten, sogar in den Testamenten, die dem Pfarrer, Jubilar, bekannt waren.
So reduziert sich diese Diskussion auf den Gegensatz zwischen Agnotologie und Wissenschaft.

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Carlo Baumgartner - Gymnasiallehrer
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Ich danke Ihnen sehr, lieber Herr Ulrich, für die sehr fruchtbare Idee, ein posthumes Interview gestaltet zu haben. Einerseits finde ich sehr anregend, die Entwicklung bei Smith des Konzeptes der unsichtbaren Hand zu einer globaleren Sichtweise eindrücklich gezeigt zu haben. Anderseits habe ich die suggerierte Parallele zwischen der Kritik der marktwirtschaftlichen Ideen bei Smith und unserer Lage genial gefunden.

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Multifunktional
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Spannender Inhalt, unterhaltsame Form: I like!

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Martin Hafen
Präventionsfachmann, Soziologe
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Auch von mir vielen Dank für diesen Schatz an Zitaten. Wunderbar. Danke auch den Mitlesenden für ihre wertvollen Ergänzungen.

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Enlightening! Danke

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Eine schöne Idee ist dieses Interview!
Schade, dass Adam Smith nicht zur Begrenztheit der Ressourcen befragt wurde, die zu seiner Zeit noch gar nicht erkannt war. Oder man hätte ihn bitten können, die Welt zu beschreiben, in der er lebte. Er war umgeben von kleinen englischen Handwerkern und Manufakturen. Eine Globalisierung mit riesigen internationalen Konzernen kam in seiner Wirklichkeit nicht vor.
Man hätte noch klarer herausstellen können, dass die ursprünglichen Ideen Smiths heute nur noch sehr verkürzt dargestellt sind.

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Der Begriff "Markt" ist leider nichts mehr wert, er wurde zerredet. Er passt noch in einen Kontext wie "Zibelemärt". Was die (neo-) liberalen darunter vorschieben sind : Markthindernisse, vertikale Absprachen, Monopole, Abbau der gewinnschmaelernden Regeln zu Qualitaet, Haftung, Umweltschutz, Konsumentenrechte, Arbeitnehmerrechte .. alles zur Gewinnmaximierung. Um im gleichen Atemzug Foerdergelder, Subventionen und Steuersenkungen zu fordern. Das gab's damals fast alles noch nicht.
Was auffaellt.. dass in Laendern wo die Liberalen mehr Druck machen, die Gegenseite auch mehr Druck macht. Ueblicherweise streiken. Was sich allerdings seit Marx geaendert hat... der nicht-mehr Klassenkampf. Die Liberalen sitzen auf einem eher duennen Ast. Die sogenannte Arbeiterklasse ist nicht mehr Dasselbe. Standardmaessig weiss der Besitzer einer Firma vielleicht grad noch die Berufsbezeichnung eines Arbeitnehmers. Hat aber keine Ahnung mehr was der effektiv tut, resp koennte nicht mal das Jobprofil beschreiben. Deswegen haben wir ja auch den Fachkraeftemangel.
Wurden in den letzten 30 Jahren die Lieferketten auf just-in-time reduziert, resp das Lager ist auf dem Laster, resp auf dem Schiff, zeigte sich erst mit dem Suezkanal Unglueck, dann mit Covid die Bedeutung der Lieferkette. Der Einfluss auf die Globalisierung ist noch nicht ganz klar.

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Hat nicht Hans Magnus Enzensberger seinerseits dieses Format gelegentlich gepflegt? Im Gespräch mit Diderot oder war es Montesquieu?
Die Form gefällt mir. Gerne mehr.

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Mit posthumen Interviews kann ich wenig anfangen. Ich finde zu unklar, wie es von der Autor:in in den Zusamenhang gesetzt wird, wonach die Zitate ausgewählt wurden, und schlussendlich merkwürdig, der verstorbenen Person Reaktionen auf Fragen in den Mund zu legen. Nächster Schritt: Adam Smith von einer AI einsprechen lassen :) Persönlich finde ich allgemeine Einordnungsartikel besser ("Zu Thema X finden wir bei Y die Aussage, ....")
Also von mir aus bitte nicht weitere solche Interviews

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Software Engineer
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Danke für den differenzierten Kommentar. Mir geht es genauso. Ich finde den Artikel nicht per se schlecht, aber generell find ich das Konzept von posthumen Interviews unbehaglich.

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