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Ich danke der Autorin für ihre guten und differenzierten Gedanken.
Dass es letztlich ethisch unauflösbare Dilemmata gibt, ist das eine. Das müssen wir akzeptieren.
Das andere ist die patriarchale Arroganz, die wir nicht akzeptieren müssen. Die Widersprüche sind ja in weiten Kreisen der AbtreibungsgegnerInnen offensichtlich: auf der einen Seite wollen sie das ungeborene Leben um jeden Preis schützen. Auf der anderen Seite geben sie das geborene Leben, um es krass auszudrücken, zum Abschuss frei (was unter anderem in den USA wortwörtlich der Fall ist, wenn ich an die Millionen von Waffenfetischisten denke). Viele von ihnen unterstützen nämlich Parteien, welche Selbstverantwortung bis zum Gehtnichtmehr postulieren, soziale Anliegen abschmettern, Gewalt verherrlichen, gegen Fremde hetzen und ganzen Gruppen, wie zum Beispiel abgewiesenen Flüchtlingen, das Recht auf ein menschenwürdiges Leben absprechen.

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Theologe & Religionspädagoge
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Unheimlich ist für mich, wie sich in der evangelikalen Bewegung für das (ungeborene) Leben und in der rechtsnationalen Bewegung eigentlich hohe Werte wie „Schutz des Lebens“ in Form von Parolen und rigiden Handlungsanweisungen absolut setzen und sich von der erlebten Wirklichkeit jedes oder jeder Einzelnen, auch dem Wohl von betroffenen Frauen, verabschieden.
Da ins Gespräch zu kommen ist extrem schwierig und ein Hinweis etwa, dass im Mittelmeer täglich Menschen auf der Flucht in der Hoffnung auf ein erträgliches Leben ertrinken, hat triggert keine Märsche für das unertrunkene Leben.

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Ich habe mich auch gefragt, ob diese Kreise bspw. bei Klimastreik Demonstrationen mitlaufen. Ich erwartete das - schliesslich ist der Klimawandel ebenfalls lebensfeindlich.

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aus eigener Erfahrung…
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Bin auch ehemaliges Freikirchenmitglied, allerdings wars bei uns nicht so streng. Da ja „die alte Welt vergeht“, und Christus bald wiederkommt, um eine neue Welt zu erschaffen, ist Klimaschutz und Bewahrung der Schöpfung in diesen Kreisen kein Thema.

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Theologe & Religionspädagoge
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Nicht zu vergessen die ungewollt-gewollten Kinder, die dann von ihren Müttern geliebt werden müssen, weil die Väter ja ausser Haus mit Abwehr der linken und muslimischen „Lebensfeinde“ beschäftigt sind.
Das nennt sich dann Familie „nach Gottes Plan“.
Ist das ein Leben?

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Spannend wird es auch, wenn in der USA gewisse Politiker Todesstrafe für Frauen fordern, die abgetrieben haben/abtreiben. So viel zu Bewegung fürs Leben.

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Theologe & Religionspädagoge
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Und wenn man erfährt, dass Billy Graham selig Ende Neunzigerjahre noch klar für die Möglichkeit von Abtreibungen war, aber sich in den Sechzigern nicht durchringen konnte, sich klar hinter die Bürgerrechtsbewegung zu stellen und gleiche Rechte für lebendige Schwarze zu fordern.
Macht und Einfluss waren beide Male wichtiger als „das Leben“.

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Martin Hafen
Präventionsfachmann, Soziologe
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Zur tendenziellen Annäherung der Freikirchen an die politische Rechte: Noch immer stirbt gemäss Unicef weltweit alle 6,3 Sekunden ein K. unter fünf Jahren, insgesamt also etwas 5 Mio. Kinder pro Jahr. Diese Todesfälle kommen grossmehrheitlich in weniger weit entwickelten Ländern vor. Diese Länder sind weniger weit entwickelt, weil 400 Jahre christlich legitimierte Kolonialisation und die darauf gründende Weltwirtschaftsordnung dafür gesorgt haben. Es ist mir nicht bekannt, dass sich die politische Rechte aktiv für eine gerechtere Ordnung einsetzt. - So viel zum "Recht auf Leben".

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Simon Reber
Software Entwickler, Familienvater
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Freikirchen und Rechtspopulisten sind eigentlich fast deckungsgleich.
In beiden gibt es eine extreme Spaltung der Menschen in solche, welche dazugehören, und solche die das eben nicht tun.
Diejenigen, welche bestimmen, wer dazugehört und wer eben nicht, nehmen für sich, ganz selbstverständlich, in Anspruch, bessere Menschen zu sein, und anderen vorzuschreiben wie sie sich zu verhalten haben.
Was für eine unerträgliche Arroganz.
Für sich selbst, sind diese Leute nämlich nicht annähernd so streng, wie die laufend ans Licht kommenden Missbräuche aus diesen Kreisen ständig belegen.

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Theologe & Religionspädagoge
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Ich bekomme auch heftige Abwehrreaktionen bei solchen Spaltungen im Dienste von Macht, sehe aber hinter der Arroganz Menschen, die sich selber keinen Wert zumessen und kaum je so etwas wie Wertschätzung, Selbstwirksamkeit oder gar bedingungslose Liebe erfahren haben. Die uneingestandene Sehnsucht danach, die innere Leere, macht sie zu einer Art seelenlosen Zombies, untot, aber auch nicht richtig lebendig.
Die „christlich-abendländische“ Kultur ist bis heute Meisterin darin, solche selbstverleugnende, gehorsame, fremdgesteuerte (Un)Wesen hervorzubringen.
Fragen Sie mal eine:n „Lebensschützer:in“, ob er:sie sich selber liebt.

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Wie Frau Steiner bin ich in Freikirchen aufgewachsen, teilweise sogar im Brüderverein, bis meine Eltern sich mit ihnen überwarfen und wir in andere Freikirchen gingen. Heute bin ich Atheist und ich fühle mich frei. Meiner Meinung nach gehen wir viel zu naiv mit Freikirchen und generell Religionen um. Sie sind allesamt gefährlich, weil sie Eindeutigkeit suggerieren in einer vieldeutigen Welt. Anstatt fiktive, beruhigende Illusionen von Eindeutigkeit zu "servieren", sollten wir Menschen beibringen, mit der tatsächlichen Viel- und Uneindeutigkeit ungehen zu können. Absolute Wahrheit ist unerreichbar, und wer das Gegenteil behauptet ist ein Scharlatan oder das Opfer von einem. Wissen ist im Grunde negativ, wir können mit Sicherheit nur falsfizieren, also wissen, wo wir falsch gelegen sind. Insofern finde ich, dass wir nicht verpflichtet sind, die Existenz von Religionen zu akzeptieren, geschweige ihnen die Existenz zu erleichtern. Wir kriminalisieren schliesslich auch wirtschaftliche Betrüger. Und Freikirchen sind viel schlimmer als das. Sie betrügen Menschen mit Lügengeschichten, ziehen ihnen das Geld aus den Taschen und traumatisieren ganze Generationen von Kindern nachhaltig. Warum schauen wir dem Treiben seit so langer Zeit einfach zu? Wer das nicht glauben mag, kann gerne Mal mit Lehrkräften aus Grundschulen reden in Gemeinden, wo viele Freikirchler leben. Warum sich über islamische Fundamentalisten aufregen, wenn mitten unter uns christliche Fundamentalisten leben? Bekanntlich sollte man in erster Linie sein eigenes Haus in Ordnung halten.

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Simon Reber
Software Entwickler, Familienvater
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Sie sprechen mir aus der Seele, auch wenn ich nicht an deren Existenz glaube 😃

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Vielen herzlichen Dank, Herr K., für diesen Kommentar und das Teilen Ihrer eigenen Geschichte. Aus meiner Sicht bringen Sie den Reiz, aber auch die Gefahr von Freikirchen und teilweise auch Religionen genau auf den Punkt, indem Sie diese Sehnsucht nach Eindeutigkeit thematisieren. Danke.

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Und beim Vorgehen gegen diese Kriminellen sollte man auch den Pädophilenring mit Hauptsitz in Rom endlich als das behandeln, was er ist, eine kriminelle Organisation.

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So ein Druck muss leider von Amerika ausgehen. dort kann ein einfaches Bezirksgericht eine auslaendische Organisaton, bevorzugt mit viel Geld zu einer Zahlung von Milliarden verklagen. Das Geld fliesst dann halt leider nach Amerika.
Wir haetten aber auch eine Handhabe im eigenen Land. Renitente, stark Frauen benachteiligende Organisation. So etwas darf es eigentlich gemaess Verfassung gar nicht geben. Ohne weiblichen Bischof wird die Organisation aufgeloest, das Vermoegen eingezogen.

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Wirklich ein sehr differenzierter Beitrag...

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Theologin, FAMA-Redaktorin
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Verschiedene Perspektiven auf das komplexe Thema Abtreibung zeigt das zitierte FAMA-Heft auf: https://fama.ch/archiv/2018-3abtreibung/
Zum Beispiel die Zusammenhänge zwischen Gegner:innenschaft und rechtskonservativer Politik. Und die Behauptung, dass die Möglichkeit abtreiben zu können, zu mehr Abtreibungen führe.

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"Wenn Menschen Gott als Lebens­spender nicht kennten, verstehe sie, dass man die Kraft nicht habe, ein K. zu behalten."

Dieser Satz beinhaltet so ziemlich alles, was von regligiösem Funadmentalismus zu halten ist. Dieser Hochmut, diese Arroganz bringt mich zur Weissglut. Ein einziger Satz, aber er sagt so viel aus, wie religiöse Fundamentalisten über alle anderen, die keiner oder nicht ihrer Religion angehören, denken.

Interessant ist auch, dass Bender die Nähe zu Rechts bedenklich findet und Menschlichkeit eher bei den Linken verordnet, was sie aber nicht ihre Einstellung überdenken lässt. Vielleicht sollte sie aber genau das tun?

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Anja Kroll
auf der Suche nach dem Verbindenden
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Lieber Herr B., Sie und viele andere Upvoters lesen Hochmut und Arroganz in diesem Zitat. Das ist völlig ok, die Interpretation entsteht ja beim Empfänger. Auch ich bin keine Freundin der Freikirchen oder von Fundamentalismus, und das "Gott"-Wort hat mich lange getriggert.

Dennoch lese ich den Satz ganz anders! Der Satz hat eine Vor- und Nachgeschichte in diesem - wie ich finde - wunderbaren Text von Frau Steiner. Eine Frau entscheidet sich, ein K. auszutragen, das nicht lang lebensfähig sein wird. Eine schwierige Entscheidung, und ich respektiere sie. Für mich verweist die Frau mit diesem Satz auf die Kraft, die sie durch diesen Prozess getragen hat. Ist denn diese Kraft nicht etwas zutiefst Menschliches, für jede und jeden erfahrbar, und nicht primär etwas Religiöses? Und ja, sie nennt sie diese Kraft hier "Gott", was auch nur ein Wort ist. Als Agnostikerin übersetze ich mit "Urvertrauen", und dann passt es für mich.

Und mal angenommen und freundlich unterstellt, diese Frau hat erlebt, wie sich das Leben mit Urvertrauen anfühlt, und wie es sich ohne Urvertrauen anfühlt. Dann ist ihr geäussertes Verständnis möglicherweise authentisch und keine Arroganz?

P.S.: Vielleicht irritiert auch die Behauptung, dass da eine Transzendenz ("Gott") existiere, die "Leben spendet"?

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Nein. Mich stört ihr Grundgedanke, dass nur Menschen mit einem Glauben an Gott die Kraft haben sollen, ein nicht lebensfähiges K. auszutragen. Im Umkehrschluss sagts sie, dass Menschen, die nicht ihren Glauben an ihren Gott haben, schwach sind. Und die Schwäche zeigt sich in der Abtreibung.
So, wie es im Artikel steht, hat sie das nicht auf ihre persönliche Situation bezogen, sondern ganz allgemein gefasst. Es reiht sich also in 1500 Jahre Überheblichkeit, Hochmut und Überlegenheitsdenken ein.

Verstehen Sie mich nicht falsch, ich kann gar nicht ermessen, was die ganze Situation ihr abverlangt hat, das Leiden, die mentalen Schmerzen, die Zweifel, die Bitterkeit.
Das gibt ihr aber nicht das Recht Menschen, die anders denken und anders entschieden hätten, als schwach zu verurteilen.

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Danke, Frau Kroll. Ja, was diese Frau erlebt hat, muss stehen gelassen werden, sonst ist man genau auch dort, wo man anderen den Glauben abspricht und sich damit über sie erhebt.

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Es erscheine ihr unlogisch, dass die beiden Strömungen sich in diesem Thema fänden, da sie die Menschen­liebe auf der linken Seite verorte.

Tja.. wenn man sich dann neben Faschisten und Neonazis auf der Strasse wiederfindet, dann ist es eben was es ist. "Unlogisch" halt.. aber nichts worüber man sich Gedanken machen muss.

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(durch User zurückgezogen)

Ich bin in derselben Freikirche wie Frau Steiner aufgewachsen. Der Artikel erzeugte in mir manches aha-Erlebnis. "Das Resultat dieser Fokussierung ist hohe soziale Kontrolle, die aber als Schutz verstanden wird, als gegenseitige Hilfe." Geschützt wurde in erster Linie der Mann. Die strengen Kleidervorschriften, die nur Frauen vorgeschrieben wurden, kaum Haut zum Vorschein kommen liessen und als Gottes Wille für uns Frauen galten, hatten ja vor allem eins zum Ziel: den Mann vor seinen eigenen Trieben zu schützen. Sollte dann trotz natürlicher Verhütungsmethoden ein K. zur Welt kommen, bleibt die Kinderbetreuung in fast allen Fällen Sache der Frau. Vollzeitarbeitende Mütter sind kaum anzutreffen, die finanzielle Unterlegenheit von Frauen schafft Abhängigkeit. Die Verschärfung der Abtreibungsgesetze werden in freikirchlichen Kreisen zum Schutz des Lebens ausgerufen, sie dienen mindestens so sehr der Aufrechterhaltung des Patriarchats.

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Simon Reber
Software Entwickler, Familienvater
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Zumal die Kinder, wenn sie denn einmal von den Frauen geboren und grossgezogen sind, zur Verfügungsmasse der Mächtigen mutieren, welche sie dann nach belieben opfern können. Dagegen gibt es dann nicht etwa Wiederstand, sondern breite Unterstützung aus rechten und religiösen Kreisen.
Eindrücklich zu beobachten, gerade in russland, wo die orthodoxe Kirchenführung die über tausend Jahre währende Tradition über Bord geworfen und den Überfall auf die Ukraine zum Kreuzzug erklärt hat. Ohne nennenswerten Wiederspruch der Gläubigen, selbstverständlich.
Es ist mir ein Rätsel, warum sich so viele Frauen willig in solche Ausbeuterstrukturen einfügen lassen.

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Vielen Dank für das Teilen Ihrer Erfahrungen!

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Was mich an der ganzen Diskussion immer stört: Warum fokussieren alle darauf, ungeborenes Leben retten zu wollen? Es gäbe so viel geborenes Leben zu retten (im Mittelmeer, bei Flüchtlingen, in schwierigen sozialen Umständen).

Darum interessiert mich auch die theologische Sicht gar nicht wirklich (ähnlich beim Thema Homosexualität), weil ich einfach nicht glaube, dass dieses Thema für mich und meinen Glauben irgend eine Bedeutung hat. Das Retten, Ermöglichen und Verbessern von allem geborenen Leben allerdings sehr wohl.

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Musikerin & Autorin
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Danke für den interessanten Artikel! Woran ich hängen geblieben bin und jetzt auch noch selber nachgeguckt habe, ob ich das richtig verstanden habe: Offenbar gibt es tatsächlich einen Kollektivvertrag der Krankenkasse Helsana (bei der ich auch bin) mit dem Verein Pro Life, der sich gegen Abtreibung einsetzt! Konkret: Wenn eine Frau Pro Life-Mitglied ist, kann sie bei Helsana Rabatte für sich und ihre Familie kriegen, wenn sie Abtreibung aus den versicherten Leistungen ausschliesst. Ich wusste bisher nicht, dass es sowas gibt! Und habe jetzt zwei Fragen: Will ich sowas unfreiwillig mitunterstützen, indem ich bei dieser Krankenkasse bleibe? Und: Wie kommt es zu solchen Veträgen? Was steckt da dahinter an Entscheidungsprozessen und wer war da federführend? Weiss hier jemand mehr?

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Es scheint so zu sein, dass es sich hier um ein Angebot der ProLife handelt, die als Krankenversicherer (bzw. Versicherungsvermittler) die entsprechend vergünstigte Versicherung abschliesst; mit der Helsana, mit der die ProLife zusammenarbeitet, scheint das direkt nichts zu tun zu haben.

In Wikipedia steht:
Pro Life ist [...] ein Verein [...], der ein nach kaufmännischer Art geführtes Gewerbe betreibt, das nicht gewinnorientiert ist. [...] Der Verein erhält von seinen Mitgliedern eine Vollmacht zum Abschluss eines Vertrags nach dem Krankenversicherungsgesetz und einiger Zusatzversicherungen. Im Gegenzug verpflichten sich die Mitglieder, auf einige gesetzlich zustehende Leistungen der Krankenversicherung zu verzichten. Hierzu gehört insbesondere der Schwangerschaftsabbruch. Da diese Leistung in der Schweiz gesetzlich vorgeschrieben ist, kann sie dennoch in Anspruch genommen werden – dann jedoch mit der Konsequenz, dass die Mitgliedschaft erlischt.

Zur Entstehungsgeschichte von ProLife sagt Wikipedia:
Die Initiative zur Gründung ging von Gerd Josef Weisensee aus, der 1989 der Geschäftsleitung des Verbandsrechenzentrums der Schweizer Krankenkassen angehörte. Nach seiner eigenen Darstellung erfuhr er dort, dass Schwangerschaftsabbrüche zu einer Flut von Nachbehandlungen bei den betroffenen Frauen führten und daher aus finanzieller Sicht die Abbrüche sehr viel teurer als Geburten sind. Zusammen mit anderen Mitgliedern der zur Lebensrechtsbewegung zählenden Schweizer Stiftung Ja zum Leben wurde die Idee entwickelt, eine Krankenversicherung zu gründen, die Schwangerschaftsabbrüche nicht unterstützt und daher finanziell sehr viel besser dastehen müsste.

Die Geschäftstätigkeiten der ProLife scheinen ethisch umstritten zu sein. Unter anderem, wird ihr vorgeworfen, das Solidaritätsprinzip zu untergraben. Im weiteren ist es gesetzlich gar nicht möglich, Krankenversicherungsleistungen aus der gesetzlichen Grundversicherung zu streichen; eine vorherige Verzichtserklärung des Versicherten ändert daran nichts. D.h. ein Verein, welcher über eine Versicherung eine Krankenversicherung mit Kunden unter dem Vorbehalt abschliesst, dass die Vereinsmitglieder auf gewisse Leistungen aus der obligatorischen Grundversicherung (z.B. Schwangerschaftsabbruch) verzichten, wird am Ende des Tages, wenn eine Kundin dies verlangt, die Leistung trotzdem erbringen müssen (bzw. die Versicherung). Der ProLife wird anscheinend vorgeworfen, dies den Kunden gegenüber nicht genügend transparent zu machen.

Scheint alles in Allem eine ziemlich windiger, ideologisch verbrämter Verein zu sein...

Entsprechend untransparent bezüglich wer eigentlich hinter dem Verein steht auch die Webseiten www.prolife.ch und www.prolife-family.ch, die als aufgestellt lockere Familien- und Freizeitportale daherkommen.

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Musikerin & Autorin
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Wow. Danke fürs Recherchieren! Frage an die Redaktion: Gäb das nicht auch mal einen Artikel her, mal versuchen herauszufinden, wo da eigentlich das Geld herkommt für solche reaktionär-christlichen Vereine und Portale, die sich gegen Abtreibung und weitere Rechte von Frauen und von queeren Menschen einsetzen? Und wie diese Netzwerke aussehen? Mich würde es interessieren!

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Vielen Dank für diese Ergänzungen - das wäre tatsächlich nochmals eine Geschichte für sich.

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Es gibt das Modell der Kollektivversicherung, was meist zu Prämienrabatten führt, die zu erbringenden Leistungen aus der gesetzlich geregelten Grundversicherung aber nicht schmälert. Viele grosse Arbeitgeber bieten ihren Angestellten die Möglichkeit der Kollektivversicherung.

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Even Meier
(ex | they)
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Die erste Frage kann ich nicht beantworten.

Zur zweiten: Die Grundversicherung kann gemäss KVG - ausser durch Wahl von Franchisen und/oder Modellen - nicht rabatiert werden.

Bei den Zusatzversicherungen gemäss VVG gibt die Finma seit einigen Jahren strenge Regeln vor:

  • Technisch begründete Rabatte sind zulässig. Hier ist es denkbar, ein Produkt in einer Variante anzubieten, die gewisse Deckungen ausschliesst und diese Variante entsprechend zu rabatieren. Ob der Verzicht auf Abtreibung zum einen zu statistisch relevant weniger Leistungen führt, ist mir nicht bekannt bzw. hängt stark vom Produkt ab (bei einer Zahnversicherung ist der Effekt 0, bei einer Spitalversicherung vermutlich nicht materiell, etc.); ebenso ist mir zum anderen unbekannt, ob die Finma einen solchen Ausschluss als zulässig erachten würde. (Es ist kompliziert.)

  • Technisch nicht begründete Rabatte sind auf insgesamt 10 % beschränkt.

Soweit stark vereinfacht die Rahmenbedingungen.

Das Kollektiv umfasst gemäss deren Website 70'000 versicherte Personen. Wenn die anklopfen, findet sich offenbar eine Versicherungsgesellschaft, hier Helsana. Über deren Interna Informationen zu erhalten dürfte knifflig sein.

Edit: Präzisierungen VVG und Beispiele.

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Musikerin & Autorin
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Danke für die sachkundige Antwort! Ich könnte mir vorstellen, dass dieses Rabatt-Angebot in den Fall vor allem die Wirkung hat, eine Mitgliedschaft bei Pro Life als wirtschaftlich günstige Entscheidung für junge Familien erscheinen zu lassen. Sprich: Mit Hilfe des Helsana-Angbots kann Pro Life vermutlich mehr Mitglieder anwerben unter Personen, die sonst zwar auch gegen Abtreibung gewesen wären, sich drum aber nicht gleich einem politischen Interessens-Verband angeschlossen hätten.

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Olive Haymoz
Ayurvedatherapeutin
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Sehr spannende Fragen, die Antworten hierzu würden mich auch sehr interessieren.

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Keine Frau treibt leichtfertig ab. Ich staune darüber, wie die Freikirchen das "Leben" für sich in Anspruch nehmen, aber dabei nur das ungeborene Leben meinen.
Christus handelte barmherzig gegenüber den Schwachen. Wo ist die Barmherzigkeit bei diesen religiösen Splittergruppen?

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Irritiert
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Wow, ich bin sehr (negativ) überrascht - vor allem über den Artikel und die darauffolgenden Reaktionen.

Um was geht es eigentlich? In den beiden Initiativen geht es darum

  • einen Tag Bedenkzeit vor einer allfälligen Abtreibung

  • keine Abtreibung, wenn das K. ausserhalb des Mutterleibes lebensfähig ist.

Einen Tag Bedenkzeit bei einer Entscheidung dieser Tragweite erscheint mir als gesunden Menschenverstand.
Einen Organismus nicht zu töten, welcher bereits lebt, ebenfalls. Mindestens etwas, das ganz normal, rational, emotions- und ideologienlos diskutiert werden kann.

Was hat das Thema mit Freikirchen zu tun? Mich überrascht eher, dass zwei solch harmlose Vorlagen derartige Emotionen auslösen und eine Wut- und Angststimmung aufkommt.

Ich kann abgesehen davon jedem/jeder empfehlen, sofern sie oder er tatsächlich den Mut haben, sich Abtreibungen anzuschauen - vor allem die, welche operative Eingriffe erfordern. Bitte vorher warm anziehen, es könnte unter die Haut gehen.

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Bereits heute muss eine Frau einen Papierkrieg über sich ergehen lassen, der sich kaum innerhalb eines Tages erledigen lässt. Nochmals einen Tag einzubauen ist bestenfalls redundant und schlechtestensfalls respektlos, denn er spricht den betroffenen Frauen ihre Urteilsfähigkeit ab.

Und auch die zweite Initiative finde ich sehr kritisch. Sie schreibt zwar:

Ausgenommen sind Schwangerschaften, welche die schwangere Frau in eine akute,
nicht anders abwendbare Lebensgefahr bringen.

aber vergleichen wir das doch mal mit der aktuellen Rechtslage:

Der Abbruch einer Schwangerschaft ist straflos, wenn er nach ärztlichem Urteil notwendig ist, damit von der schwangeren Frau die Gefahr einer schwerwiegenden körperlichen Schädigung oder einer schweren seelischen Notlage abgewendet werden kann. Die Gefahr muss umso grösser sein, je fortgeschrittener die Schwangerschaft ist.

Die Initiative verlangt also, dass Frauen denen eine "schwerwiegende körperliche Schädigung oder schwere seelische Notlage" droht nicht abtreiben dürfen, bis ihr Leben akut gefährdet ist. Wie sie sich dabei fühlen, das K. eines Vergewaltigers zu gebähren, wäre völlig irrelevant, ebenso bleibende gesundheitliche Schäden der Mutter oder des Kindes (ungeachtet ihrer Schwere!).

Mit Verlaub: Das ist ziemlich extrem.

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Sie denken wirklich Frauen die abtreiben denken da nicht sowieso schon (wann immer möglich mehr) als einen Tag drüber nach? Das man es ihnen vorschreiben muss, wie ein kleines K. ins Zimmer, so und jetzt denkst du darüber nach? Diese Haltung ist unfassbar respektlos, beinahe schon übergriffig. Was glaubt ihr denn was eine Frau macht wenn sie erfährt das sie schwanger ist? Eine Münze werfen und dann ein Taxi in die Klinik anrufen? Ausserdem geht es nicht um den einen Tag es geht darum Abtreibung und Abtreibende insgesamt zu stigmatisieren und die grenze gaaanz langsam wieder zurück zu drängen. Es ist das erklärte Ziel dieser Kreise Abbrüche wenn überhaupt bei Lebensgefahr zuzulassen (siehe auch Text). Sie wissen einfach das sie damit im Moment (noch?)keine Chance hätten.

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Lieber Anonymous, es gibt zwei Gedanken, die ich als Antwort auf Ihren Beitrag gern mit Ihnen teilen möchte. Einerseits geht es im Beitrag von Tabea Steiner nur am Rande um die beiden Initiativen. Vielmehr geht es darum, die Gedankenwelt zu beleuchten, in der sich vor allem restriktive freikirchliche Kreise bewegen, um zu verstehen versuchen, was diese antreibt, sich so vehement gegen Schwangerschaftsabbrüche zu engagieren. Das tun sie ja auf alle möglichen Arten und an allen möglichen Fronten, und längst nicht nur, seit diese zwei Initiativen lanciert wurden. Aus meiner Sicht ist es Tabea Steiner ausgezeichnet gelungen, auf eine behutsame Art und Weise ein Bild dieser Welt zu zeichnen, ohne je abschätzig zu werden - was sicher auch damit zu tun hat, dass sie, die selber in einer restriktiven Freikirche aufgewachsen ist, einen besonderen Zugang zum Thema hat.

Zu den Initiativen selber, die Sie erwähnen, ist mir folgender Hinweis wichtig: Ja, auf den ersten Blick scheinen die beiden Initiativen tatsächlich einigermassen harmlos. Wer würde schon gegen einen Tag Bedenkzeit argumentieren wollen? In Tat und Wahrheit ist das Ganze aber einiges perfider. Nicht nur ist es, wie schon andere hier richtigerweise geschrieben haben, unglaublich bevormundend und paternalistisch, so zu tun, als würden Frauen eine solche Entscheidung gedankenlos treffen, weshalb man sie dazu zwingen muss, sich doch wenigstens einen Tag Bedenkzeit zu nehmen. Und für einen Spätabbruch sind die gesetzlichen Rahmenbedingungen schon heute sehr strikt. Es braucht dafür die Zustimmung des Arztes, die dieser nur gibt, wenn damit eine «schwerwiegende körperliche Schädigung» oder eine «schwere seelische Notlage» abgewendet werden kann. Solche Spätabbrüche geschehen entsprechend nur sehr, sehr selten (meist weniger als 50 pro Jahr schweizweit).

Was aber noch viel wichtiger ist als der eigentliche Inhalt der Initiativen ist die Absicht dahinter: Denn genau das, was die Initianten hier versuchen, geschah in den USA über Jahrzehnte, bevor der Supreme Court letztes Jahr das nationale Recht auf Abtreibung aufhob: Auf Stufe State oder darunter wurde das Recht schrittweise mehr und mehr eingeschränkt und die Kapazität von Frauen, eigene vernünftige Entscheide treffen zu können mehr und mehr infrage gestellt. Immer mit dem Ziel, Abtreibungen letztlich ganz zu verunmöglichen.

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Was ausgeklammert wird: woher kommt das Geld und das Propagandamaterial. Ich würde mal über den Teich schauen, wo nach 40 Jahren gerade der Endgegner Supreme Court erledigt worden ist.

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Dazu muss man doch nicht bis in die USA gehen. Es gibt genügend hiesige Geldgeber mit sehr konservativen Ansichten z.B. Läderach.

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Etwas Biologie hätte der Diskussion nicht geschadet. Fast 60% der Zygoten implantieren nicht und werden natürlich abgetrieben. Die Natur arbeitet mit enormen Verschleiss und wenigen Erfolgen. Auf jeder Ebene.

Woher gewisse Kirchen die Idee nehmen, dass die Seele in Zygotenstadium bereits beigegeben wird, lässt sich schwer nachvollziehen. Vermutlich aus de mitteralterlichen Idee, dass der aktive Samen auch die Seele bringt und die Frau passiver Empfänger ist. Es ensteht somit ein Vertrag, den die Frau nicht einseitig brechen kann. So dachte man halt...

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Simon Reber
Software Entwickler, Familienvater
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Wenn ich daran denke, wie viele Millionen Seelen jeder Mann bei einem Geschlechtsverkehr so tötet, wenn man diesem Ansatz folgt, muss der Himmel wohl sehr feministisch sein ...

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Lieber das als Benedikt XVI Behauptung, alle Ungeborene seien aus dem Limbo nun ins Paradies versetzt worden, weil dieser hypothetiche Ort von ihm abgeschafft wurde. Langweiliger Ort muss das Paradies nun sein: es enthält 60% de Menschheit die je je gab (ca. 100 Milliarden Individuen) und diese haben die das Licht der Welt nie gesehen. ||=))

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Senftube
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Die Grundfrage wäre ja zunächst mal: Gibt es überhaupt eine Seele?

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Selbstverständlich! Homunculi, eines im anderen, bis zum geht's nicht mehr - oder, wenn Sie es lieber wollen, Schildkröten.

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· editiert

Ich vermisse in diesen Diskussionen immer den einen Aspekt: Um welches Leben geht es eigentlich? Meines Erachtens geht es primär um das Recht auf ein glückliches Leben. Wenn ein K. in eine Welt bzw.ein soziales Umfeld geboren wird,in welchem seine Perspektiven objektiv ungünstig sind, insbesondere wenn es von den Eltern gar nicht erwünscht ist oder es in eine repressive Gesellschaft geboren wird, warum sollte es dann in dieses Leben genötigt werden?
Mensch bedenke auch ,dass ein K., das nie in diese Welt gekommen ist, nichts vermisst, ein unerwünschtes K. aber tendenziell eher leidet.

Ausserdem: Ich persönlich weiss, dass ich keine gute Mutter wäre, auch weil ich diese Rolle nie wollte, daher werde ich auch keine Kinder in die Welt setzen. Mir diese Entscheidung zu verbieten, würde auch bedeuten, mir ein selbtbestimmtes Leben zu verunmöglichen. Und mein K. würde dann bestimmt auch nicht besonders glücklich.

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Zum Punkt, um welches Leben es geht, ich erkläre mir das so: Das Problem scheint mir bei religiösen Fanatikern, dass es eben nicht darum geht, dass alle möglichst glücklich (nach den eigenen Masstäben) leben. Bei manchen scheint die Sicht sehr stark zu sein, dass irgendein Gott den Lebensweg klar vorgibt. Und sie wollen selbst diesem Gott gefällig sein, also verhindern, dass ein K., welches ja durch Gottes Wille entstanden ist, abgetrieben wird, weil das ja gegen den göttlichn Plan ginge. Aber sobald das K. dann da ist, sind sie aus dem Schneider. Denn Gott hat ja einen "Plan". Und da soll man sich nicht zu sehr einmischen. Wenn es dann unglücklich ist, wird es im Himmel belohnt, oder so. Sieht man oft in den USA, wo junge Frauen vor Abtreibungskliniken abgefangen und zugetextet (und vielleicht mit Windeln beschenkt) werden. Aber wenn ein Baby da ist, unter schlechten Umständen, dann ist von diesen Kreisen kein Engagement zu erwarten.

Und deshalb ist es wohl schwierig, in der Diskussion da einen gemeinsamen Nenner mit gewissen religiösen Kreisen zu finden. Es geht nicht ums Kindswohl, oder nicht zuoberst.

Ich bin auch der Meinung, dass es besser ist, ein K. abzutreiben oder nicht zu zeugen, wenn die geeigneten Umstände fehlen. Es vermisst ja nichts.

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Frau, 75, Theologin, Redaktorin
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Vielen Dank, Frau S., für Ihre Geschichte und auch den Mut, diese Ihre Gedanken hier so zu schildern.
Zu Ihrer persönlichen Entscheidung: die habe ich so ähnlich vor rund 50Jahren getroffen. Dies, weil ich mir diesen "Job" nicht zutraute, zusammen mit dem damals "aktiven" Partner schon gar nicht, auch weil wir beide ein einigermassen grosses Potential an möglicherweise erblicher Belastung zusammenbrachten.
Bei vielen Begegnungen seit 1971 bis in die Gegenwart fällt mir die gleiche "laute Stille" auf: es wird das Augenmerk (fast) nirgendwo auf das mögliche "Kindeswohl" im Leben gerichtet. In letzter Zeit fällt mir sogar mehr und mehr wieder auf, dass einem "schnusige" Minis (ca.3-4-monatige) auf Plakaten entgegenstrahlen mit der Frage: wollt Ihr so ein Leben ermorden. Die Reaktionen auf den Hinweis, dass es in der Schweiz um einen Schwangerschaftsabbruch bis zur 12. Schwangerschaftswoche gehe und um nichts anders, sind zunehmend hektisch: je ruhiger und sachlicher die Nachfrage, desto aggressiver.

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In eine übervölkerten Welt sind ungewünschte Kinder doppelt benachteiligt.

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Simon Reber
Software Entwickler, Familienvater
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Ich glaube kaum, dass die Welt wirklich übervölkert ist. Die Ressourcen sind ungleich verteilt, weil ein Teil der Menschen alles für sich beansprucht.
Unerwünschte Menschen sind benachteiligt, aber die Frage sei gestattet, warum wir immer auf die Benachteiligten fokussieren, welche meist kaum Einfluss auf das Geschehen haben, statt auf die wirklich problematischen Leute, welche diese Ausgrenzungen aktiv betreiben und sehr wohl etwas ändern könnten.

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Der Beitrag von Frau Kroll (herzlichen Dank!) als Reaktion auf Herrn B. weiter unten hat mich angeregt.
Mir fällt auf, dass sich vor allem Männer sehr engagiert äussern. Diesmal lasse ich nicht gelten, dass das meist so ist im Dialog. Es gibt nämlich durchaus Themen, wo zuerst und manchmal über längere Zeit, v.a. Frauen sich äussern. Frauen haben vielleicht gute Gründe, hier nichts zu sagen.
Dass Männer sich dazu äussern ob Frauen ein K. austragen sollen oder nicht - das ist ja nichts spezielles. Das war doch eigentlich immer so? Aber für die heutige Zeit: äussern sich Männer, weil sie ganz genau wissen, dass sie auf Frauen angewiesen sind, damit sie Väter werden - oder eben nicht?

Noch ein anderer Aspekt: heute wird sehr viel gemacht, um Kinder zu bekommen. Es kommen Kinder viel zu früh auf die Welt, Erfolg der Medizin. Was aber ist mit den Menschen, die nicht der Norm entsprechen, wenn sie auf die Welt kommen? Wenn sie sehr viel länger intensive Betreuung brauchen als die Zeit im Brutkasten? Unter solchen Menschen sind die Meinungen geteilt, ob sie lieber nicht auf die Welt gekommen wären oder ob sie es eine Frechheit finden, dass ihr Leben weniger lebenswert sein soll als das eines Normmenschen.

Frau Steiner legt sehr schön dar, was es in freikirchlichen Kreisen bedeutet: und sie stellten die Frau in die Mitte.

Die Reaktionen im Dialog sind eindeutig. Nur: was macht unsere durchschnittlich nicht religiöse Gesellschaft so anders? Sie lässt die Frauen allein. Und immer entscheiden die Frauen falsch: sie haben zu wenig Geld für ein K.; oder ein nicht geeigneter Mann ist der Vater; sie riskiert alleinerziehend zu sein; sie freut sich auf ihr K., obwohl ihre Lebensumstände haarsträubend sind; sie hat ein K. mit Geburtsschäden, das in der Schule stört; sie hat zu wenig Zeit für ihr K. weil sie zu viel arbeitet; sie arbeitet zu viel, weil sie ihren Lebensunterhalt sonst nicht verdienen könnte; oder sie arbeitet zu viel, weil ihr die Arbeit gefällt und sie findet, eine Kita sei kein Schaden für ihr K.; etc etc.
Wir zeigen auf die Freikirchen - aber sind wir wirklich tolerant, grosszügig, oder sind wir eher gleichgültig oder verurteilen gar unsererseits den Entscheid der schwangeren Frau, je nachdem?

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Vielen Dank, liebe Christina. Das sind wichtige Fragen, die du stellst.

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Diesmal geht es aber darum, dass die Freikirchen auf die Nichtfreikirchler zeigen und bestimmen wollen, wie sie sich zu verhalten haben.

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Vielen Dank, Frau Steiner, für das Teilen dieser differenzierten, tiefgründigen Einsichten in die Welt der evangelikalen Freikirchen. Bezüglich des Zusammenhangs zwischen Rechtspopulismus und diesen Kirchen stelle ich mir die bange Frage, ob es sich nicht um ein und dasselbe Phänomen handeln könnte: Zuflucht bei autokratischen Systemen mit ihren nostalgischen Heilsversprechen und totalitären Ansprüchen, welche in "Kampf für..." und "Kampf gegen..." Parolen münden, statt der "Dienst an..." Auffassung, welche Sie in ihrem Artikel so trefflich im Abschnitt zu "Remoralisierung" ausführen, und wie sie auch in dem von Ihnen verlinkten Artikel zu Bonhoeffer's "religionslosem Christentum", welches die Mündigkeit des Menschen ins Zentrum stellt, zum Ausdruck kommt.

Die Idee einer inklusiven, sich in ihrer Vielgestaltigkeit gegenseitig unterstützenden Gesellschaft war eine Vorstellung, die sowohl die jüngste säkulare Entwicklung unserer Gesellschaft prägte, wie auch, durch den Einfluss von Bonhoeffer und vielen anderen, die evangelisch-reformierte und römisch-katholische Kirche (die glaziale Geschwindigkeit bei letzterer dahingestellt). War das eine Überforderung? Ist der Drang nach Aufklärung und Mündigkeit letztendlich kleiner als das Bedürfnis nach totalitären Sicherheits- und Heilsversprechen? Beginnt sich das Pendel jetzt in die Gegenrichtung zu bewegen? Müssen wir bald schon froh sein, dass es einen Papst gibt, der vielleicht die totalitären Einflüsse der Freikirchen abschwächen kann, so wie wir uns rechtskonservative Parteien im Sinne der alten Bauernpartei wieder herbeiwünschen würden, statt der modernen SVP?

Die evangelikalen Freikirchen mögen hierzulande noch eine Randerscheinung sein, in der mehrheitlich protestantisch und in Freikirchen organisierten USA greifen die Kirchen völlig unverhohlen nach direkter politischer Macht; nur wenige Pastoren wehren sich gegen diesen Trend. Entsprechend sprachen sich bereits eine Mehrheit der Republikaner dafür aus, das Christentum zur offiziellen Landesreligion zu erklären, wobei es dann eben auch wenig erstaunte, dass nur eine Minderheit der Befragten daran glaubte, dass es sowas wie "Evolution" gibt...

Vielen Dank nochmals an die Republik für den Artikel, es ist sicherlich wichtig, diesem Trend auch bei uns Aufmerksamkeit zu schenken.

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Vielen Dank für diesen klugen Kommentar!

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Senftube
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Religionsbashing… ja, es ist halt schwierig, sich eine „vorurteilsfreie gesellschaftliche Diskussion“ mit religiösen Menschen vorzustellen. Noch nie erlebt. Das Gegenteil dafür x mal. Eigentlich mit Menschen generell, aber Gläubige neigen noch weniger zum Hinterfragen als Menschen sowieso schon. Ein bisschen Ideolog:innen sind wir zwar alle. Wer sich‘s bewusst ist, kann aber wenigstens gegen die eigenen „cognitive biases“ ankämpfen. Oder ist es sich eher bewusst, was Ideologie ist und was nicht. Religionen machen daraus ewig gültige Wahrheiten.

Das Positive an Religionen ist Folgendes: Da sehr viele Menschen sowieso einfach glauben, was sie am meisten hören (was gerade die Religionen eindrücklich beweisen, man braucht nicht mal Philosophen wie Heidegger zu lesen), werden sie sowieso irgendeiner Ideologie anhängen. Religionen haben da oft wenigstens noch aus ethischer Sicht positive Werte anzubieten. Oder eben positive Ideologien.

Die man aber auch als Atheist oder Agnostiker vertreten kann. Meine ist: Das Wohl der Mehrheit steht über dem Wohl der Einzelnen - ohne dass diese unter die Räder kommen.

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Ihr "noch nie erlebt" erstaunt mich ein wenig Herr K.
Ich treffe mich in einem Studienkreis mit Buddhisten, Hindus, Muslimen, Christen, Aleviten und das Thema ist öfter als nicht: Selbsterkenntnis.
Die Meisten in meiner Familie fühlen sich den Agnostikern oder den Atheisten zugehörig.
Mir persönlich gefällt es, nach der Einheit in der Vielfalt Ausschau zu halten.
Darum halte ich eine vorurteilslose Diskussion mit Ihnen durchaus für möglich.
(Was mir nicht möglich scheint, ist vorurteilslos mit Fanatikern zu reden, da höre ich lieber zuerst einmal zu.)

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blauäugige Bürgerin
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Dem Dank an Frau Steiner kann ich mich nur anschliessen. Eindrücklich. Lese- bzw. Hörempfehlung für diejenigen, die sich über Sinn und Funktion von Religion(en) wundern: "Das Tagebuch der Menschheit" von Carel van Schaik und Kai Michel (Untertitel ungefähr: Was uns die Bibel über die menschliche Evolution verrät).

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aus eigener Erfahrung…
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Religionsbashing ist nicht angesagt, nein. Es gibt Menschen, die klare Orientierung und eine echte Community suchen, und das in diesen Kreisen bekommen. Es wird viel für ältere, alleinstehende, kranke Menschen getan. Das ist zu respektieren.

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Senftube
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Ich bezahle Kirchensteuer, gehe nie in die Kirche und kritisiere jede Religion. Warum bezahle ich? Sie nennen die Gründe.

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Danke für diesen Beitrag Anonym 1.
Vor allem für den Hinweis auf die Religionsfreiheit.
Auch in Demokratien gibt es Missstände in Hülle und Fülle.
DIE müssen angegangen werden, nicht die Demokratie.
Wenn in Glaubensgemeinschaften auf wichtige Werten hingewiesen wird und danach getrachtet wird diese zu leben, giltet das zu respektieren. Sobald es dogmatisch wird, kann es problematisch werden.
Doch haben wir in unserer Gesellschaft nicht ein „Wirtschaftsdogma“ ?

Über Freikirchen weiss ich nichts. Erst dieser Artikel gibt mir einen Eindruck.
Dank an Tabea Steiner für ihre feinfühlige und differenzierte Auseinandersetzung.

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Senftube
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Ps: Ich habe Sie nicht so verstanden, dass Sie meinen Beitrag unter „Totschläger“ fassen - aber wollte trotzdem antworten. Dass Freiheit nicht vor (respektvoller) Kritik schützt, ist ausserordentlich wichtig. Denn alles andere ist ein totalitärer Anspruch… wahrscheinlich nur eine Reaktion auf die extremeren unter den Kritiken und nicht optimal formuliert.

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Senftube
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Religionsfreiheit ist keine Freiheit von Kritik, genau wie Meinungsfreiheit nicht bedeutet, vor Widerspruch geschützt zu sein. Gerade das ist wichtig, wenn Sie Parallelgesellschaften verhindern wollen. Religiöse Gefühle gehören nicht stärker geschützt als Gefühle generell. Im Rahmen des Strafgesetzes. Ich hoffe natürlich trotzdem, meine Kritik sei jeweils nicht beleidigend.

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Wieso sie sich vor der Scharia fürchten, welche ja mit ihren Anliegen grösstenteils deckungsgleich ist, verstehe ich nicht ganz.

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Theologe & Religionspädagoge
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Vielleicht müsste man sie „Volchs-Scharia“ nennen, damit sie das endlich einsehen ;-)

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Herzlichen Dank für den persönlich gefassten, aber dennoch ausgewogenen Artikel zu einem Thema, das uns alle in irgend einer Form angeht.
Das ist, was für mich die Essenz der Republik ist (in letzter Zeit zu oft: sein sollte).

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Vielen Dank, Herr K. Es freut mich, dass wir Sie mit diesem Beitrag abholen konnten. Er hat eine lange Entstehungsgeschichte - umso mehr freut es mich, dass wir Tabea Steiner gewinnen konnten dafür und dass der Text so vielschichtig geworden ist.

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Senftube
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Es gibt nur eine vernünftige „Religion“: Das beständige Hinterfragen. Nicht zuletzt von sich selbst.

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Simon Reber
Software Entwickler, Familienvater
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Generell ist Fragen stellen oft zielführender als vermeintliche Gewissheiten zu verbreiten. Aber in dieser Frage 🙂 sind eigentlich alle Religionen auf dem Holzweg, weil sie im Glauben sind, die absolute Wahrheit zu kennen.

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Theologe & Religionspädagoge
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Da gehe ich als Vertreter einer Religion mit Ihnen einig.
Die mystischen Wege, die sich in allen Religionen öffnen, werden ja kaum als „Religion“ bezeichnet.
Bloss würde ich am Ende des Satzes ein Fragezeichen setzen, sonst haben wir wieder eine absolute Wahrheit.

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Ich glaube über den Fluss des Lebens gibt es ganz viele Brücken. Wichtig ist, eine zu finden. Und wer bin ich, zu entscheiden, was eine Brücke ist. Und ob gut Schwimmen nicht auch ausreicht.

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Senftube
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Die Anführungszeichen sind durchaus bewusst gesetzt. ;-) Allerdings hat Religion mindestens insoweit mit Vernunft zu tun, als diese in der Aufklärung quasi als Gegenentwurf zu Religionen propagiert wurde. Die Kritik an der reinen Vernunft (Kant und andere) darf natürlich auch nicht vergessen gehen…

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Helene Huldi
Frauenärztin, Präsidentin APAC
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Merci für den Beitrag, der auf eine schöne Art das Frauenbild in freikirchlichen Strukturen erläutern. Ich möchte aber noch auf eine Formulierung hinweisen: die aktuelle Regelung zum Schwangerschaftsabbruch ist keine Lösung des Problems (keine Fristenlösung) sondern eben eine Fristenregelung. Mir ist dieser Sprachgebrauch wichtig.

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Lucia Herrmann
Community-Redaktorin
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Vielen Dank für Ihre Kritik zum Sprachgebrauch im Text. Wir sind ganz Ihrer Meinung und haben die Stellen soeben angepasst. Herzliche Grüsse

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Vielen Dank für diesen differenzierten Beitrag. Ich bin in der erwähnten Absplitterung der Brüdergemeinde aufgewachsen (quasi die freiheitlichere Strömung, die im freikirchlichen Spektrum aber immer noch sehr konservativ ist). Inzwischen bin ich immer noch Teil einer (anderen) Freikirche, allerdings auf der eher liberalen (für Freikirchen-Verhältnisse) Seite.

Freikirchen sind nicht Freikirchen, und Freikirchengänger sind nicht Freikirchengänger. Ich erlebe in meinem Umfeld auch viel Lernbereitschaft, Umdenken, Offenheit für andere Positionen. Nicht nur, aber auch.

Das Leben beginnt irgendwo zwischen Zeugung und Geburt. Unsere Gesellschaft findet Kindesmord von Neugeborenen (etwas, was beispielsweise im alten Rom gang und gäbe war) verachtenswert. Die Frage ist halt immer, wo ist der Punkt, wo ein Zellhaufen zu einem K. wird. (Der verlinkte Artikel von Evelyne Baumberger beleuchtet das sehr differenziert.) Und je nach Überzeugung diesbezüglich verändert das die Gewichtung zwischen Rechten der Frau und Rechten des Kindes fundamental.

Ich habe keine Antwort auf die grosse Abtreibungs-Frage. Ich will auch nicht über Situationen von anderen urteilen. Mir ist es aber wichtig, dass es in Ordnung ist, die persönliche Meinung zu vertreten, dass Abtreibung zum Zeitpunkt X moralisch falsch ist, ohne dass man für diese Ansicht verachtet wird. Nur so kann es einen Dialog geben. Gleichzeitig sollte die persönliche Überzeugung, dass etwas falsch ist, nicht zwingend dazu führen, dass man sich für ein ganzgesellschaftliches Verbot einsetzt.

Da sich die Frage in einem Spannungsfeld der Rechte verschiedener Individuen (und deren gegenseitigen Gewichtung) bewegt, und es buchstäblich um Leben und Tod geht, werden wir wohl als Gesellschaft nie die endgültig richtige Antwort finden. Ich hoffe, wir bewegen uns aber in eine gute Richtung!

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Ich stimme mit Ihnen zwar überein, dass die Frage, ob schützenswertes, beseeltes, Leben bereits ab der Zeugung, vor der Ausbildung eines reaktiven und schmerzempfindenden Nervensystems, vorliegt oder nicht, eine schwierige Glaubensfrage ist. Darum geht es in dem Artikel aber nicht: Es geht darum, dass Freikirchen zurück in ein Gesellschaftssystem wollen, in dem genau solche Glaubensfragen nicht mehr Privatsache sind, sondern von der Kanzel herab der Gesellschaft aufgezwungen werden.

Mit anderen Worten ist eben auch Ihr obiges, relativierende Statement "...werden wir wohl als Gesellschaft nie die endgültig richtige Antwort finden" bedeutungslos, weil es sich in solchen Glaubensfragen um eine private, und keine gesellschaftliche Angelegenheit handelt.

Ausser eben, man ist nicht mehr bereit, dies zu akzeptieren.

Bereits heute sind dank des Erfolgs der religiös-christlichen Fundamentalisten in einzelnen Regionen in den USA gewisse Praktiken zur Lebensrettung einer schwangeren Frau, die den Abbruch der Schwangerschaft bedeuten, juristisch gesehen illegal. Bislang hat gegen die Ärzteschaft noch niemand geklagt, weil es auch die extremsten Abtreibungsgegner nicht darauf ankommen lassen wollen, in einem konkreten Fall als "Frauenmörder" dazustehen. Aber die Ärzte sind gezwungen, in einer grossen Rechtsunsicherheit zu operieren.

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Sie schreiben: "Es geht darum, dass Freikirchen zurück in ein Gesellschaftssystem wollen, in dem genau solche Glaubensfragen nicht mehr Privatsache sind, sondern von der Kanzel herab der Gesellschaft aufgezwungen werden."

Das meinte ich mit "Freikirchen sind nicht Freikirchen". Während das in vielen Gemeinden tatsächlich so ist, kann ich das z.B. für die Kirche, die ich besuche, so nicht bestätigen (ansonsten hätte ich ein Problem damit). Mit Zuständen in den klischeehaften amerikanischen Freikirchen mit Sturmgewehr im Kinderzimmer, "God Hates Fags" Postern und Pastoren im Privatjet ist das weit entfernt. Und doch wird das von den meisten Kommentatoren in einen Topf geschmissen.

Genauso, wie vielen Freikirchen mehr Offenheit und Toleranz (und angewandte nichtselektive Nächstenliebe) gut tun würde, hilft es, Differenziertheit auch auf Religionskritik anzuwenden. Der Artikel macht das sehr gut, finde ich. So wie ich ihn gelesen habe, entspricht er nicht dem Fazit, welches Sie gezogen haben. Sondern er versucht, einige Einblicke in die Denkweise einiger Freikirchler aus verschiedenen Strömungen zu geben - im Kontext der Abtreibungsfrage.

Und zum Schluss noch ein Kommentar zu Privat vs Gesellschaftlich: Diese Unterscheidung ist halt schwierig. Sobald mehrere Individuen betroffen sind, ist es eine gesellschaftliche Frage. Amerikanische Sklavenhalter hätten sicher auch gesagt, dass sich Sklavereigegner nicht in ihre Privatangelegenheiten einmischen sollen. Und dass man zwar gegen Sklaverei sein könne, aber das doch bitte privat so glauben soll, statt von der Kanzel politische Forderungen zu stellen. Natürlich hinkt der Vergleich. Aber je nachdem, wie man gewichtet ("my body my choice" oder "Menschenrechte bereits für Embryos"), ist auch die Grundfrage, ob es eine Privatangelegenheit ist, oder nicht, bereits strittig. Bei den Menschenrechten für Sklaven hat man heute zum Glück eine für unsere Gesellschaft selbstverständliche Antwort gefunden. Und wir sind alle froh, dass es keine Privatsache blieb. Bei der Abtreibungsfrage ist es anders. Und es ist wohl gut, wenn es eine individuelle Entscheidung bleibt. Das sehen aber viele anders. Und daher kommt der Konflikt.

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Theologin, FAMA-Redaktorin
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Verschiedene Perspektiven auf das komplexe Thema Abtreibung eröffnet das zitierte FAMA-Heft auf: https://fama.ch/archiv/2018-3abtreibung/
Zum Beispiel die Zusammenhänge zwischen Gegner:innenschaft und rechtskonservativer Politik. Auch wird die Behauptung widerlegt, dass die Möglichkeit abtreiben zu können, zu mehr Abtreibungen führe.
FAMA ist übrigens die feministisch-theologische Zeitschrift der Schweiz, und das seit 37 Jahren.

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Danke für diese Ergänzung!

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Vielen Dank für diesen sehr persönlichen und lernreichen Artikel.
Einige spontane Gedanken:
"Junge Menschen stünden näher am Beginn ihres Lebens, und der Gedanke, dass es ihr Leben sein könnte, das verhindert worden wäre, treffe sie unmittelbarer". Aber die Chance eine real lebende Person zu sein, das aktuell im Elend lebt ist doch viel grösser. Etwas was es noch nicht gibt, aber geben könnte, obwohl es bereits vieles bereits gibt, was ich wirklich sein könnte. Viel Fantasie, was nicht nötig wäre habe ich das Gefühl. Wenn seine Energie in dem investierten, dann lieber doch bei schon lebenden Menschen.
Oder:
". In Polen sind Abtreibungen nur noch zulässig, wenn die Schwangerschaft Folge einer Vergewaltigung ist oder das Leben der Mutter auf dem Spiel steht".
Ich verstehe: Entweder passiert dir als Frau etwas, was wir Männer im Macht als ganz schlimm empfinden wie eine Vergewaltigung. Das oft (statistik gesehen eigentlich am häuftigsten) von Männer begangen wird. Da Menschen sich wiederholen, ist meine Chance als Mann schon gross das mir dieses spetzifisches "falsch Verhalten"(es fällt mir jetzt leider nichts besser ein) passieren könnte. Und danach hätte ich ungewollt ein K. Obwohl ich doch bereits Frau und Kinder habe. Oder die Frau stirbt.
Oder:
"Dabei geben gerade die biblischen Geschichten durchaus Hinweise darauf, dass das menschliche Leben komplex ist und Ambivalenzen nicht immer umgangen werden können".
Gerade ihr eigenes (und generell jede Existenz) sollte ihnen doch aufzeigen wie komplex das menschliche (und irgendwie noch komplexer das nichtmenschliche)Existenz ist.
Bekommen die kein Kopfweh?
Ich hoffe ich konnte meine Gedanke irgendwie verständlich machen.
Danke für den Artikel.
PS: diese David Geschichte ist krass. Ich lese daraus eine Machtmissbrauch. Wie die polnische Politik. Oder wie bei allen Menschen, denen es keine Kopfweh macht.
PPS: "Hätte einer der grösseren Söhne einen Auto­unfall und wäre fortan behindert, würde ich ihn dann töten?" Spannend. Musste länger darüber nachdenken. Und finde es einen berechtigten Einwand. Aber projeziert sie nicht irgendwie ein gelebtes Leben in eine Existenz die es nie gab?
Wenn mein Sohn ein mehrfach Vergewaltiger wäre, würde ich ihn behalten? Unmögliche Zukunftungsentscheidigung. Habe das Gefühl, als Frau kann alles gegen dich benutzen werden. Egal was oder wie, pech.
"Um bei der Frau zu bleiben, die noch immer in der Mitte steht: Ich hoffe, sie trifft eine freundlichere Welt an, wenn sie den Tempel verlässt. Eine Welt der Nächsten­liebe." Ich hoffe es auch sehr für sie.

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Wer wissen will, worauf diese fundamentalistische, radikal intolerante Biopolitik, d.h. patriarchale Kontrolle über Körper von Frauen, hinausläuft – die religiös aber auch rein politisch-ideologisch begründet werden kann –, die:der lese Margaret Atwoods "Handmaid's Tale" oder schaue die gleichnamige TV-Serie mit Elisabeth Moss.

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Danke für diese Ergänzung!

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acc@eml.cc
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Es regt mich ehrlich auf. Es fällt mir schwer zu so viel Unvernunft einen vernünftigen Beitrag zu schreiben... es regt mich einfach auf.

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Lieber Herr H., worüber regen Sie sich denn auf?

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acc@eml.cc
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Sehr geehrte Bettina Hamilton-Irvine, worüber regen Sie sich denn nicht auf? Nein ernsthaft, an sich ist mir bewusst, dass man solche Kommentare wie den von mir so nicht einfach stehen lassen sollte. Ich weiss gar nicht wo ich anfangen soll:

  • die EDU betreibt unter dem Deckmantel "christlich" eine extrem fremdenfeindliche Politik

  • der Name "Pro Life" suggeriert, dass alle die dazu nicht brav "Halleluja" rufen, gegen das Leben wären. Das ist doch sehr perfide, angesichts der Thematik.

  • der Versuch hier auf den amerikanischen "Pro Life" Zug aufzuspringen, sehr durchsichtig (edit: die Aussage relativiert sich etwas. Ich habe nachgeschaut, der "Marsch fürs Läbe" hat ja bereits zum 12. mal stattgefunden, scheinbar mit ähnlich viel Polizeischutz wie Demonstranten)

  • dass Fundamentalisten unter dem wohligen Schutz der Versammlungs-, Meinungs- und Glaubensfreiheit Ideen zur Abstimmung bringen, die uns ihre Lebensweise aufzwingen wollen, ist nicht nur frech sondern tatsächlich problematisch.

  • die Bibel als eine Art groben Leitfaden fürs Leben zu benutzen ist für mich soweit ok, sie taugt aber absolut nicht um Fragen der modernen Gesellschaften zu klären. Angesichts des Alters der Schriften liegt das einfach auf der Hand (Stichwort z.B. Patriarchat)

  • noch einiges mehr, z.B. dass die Mädchen mit Zopf, Rock und Strümpfen in die Schule müssen ...

Eine Randbemerkung zur Scharia noch: auch da gibt es unterschiedliche Auslegungen, wie Abtreibungen gehandhabt werden sollen.

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Grafiker, Historiker, Schlagzeuger
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Religiöse Fanatiker sind die Ursache für die grössten Menschenrechtsverletzungen in der Geschichte und ausgerechnet solche Leute setzen sich fürs Leben ein? Die Erfindung eines männlichen Gottes und die Entthrohnung der vorangegangenen weiblichen Gottheiten ist einer der allergrössten Skandale in der Menschheitsgeschichte. Sie geht einher mit dem Beginn von Frauenunterdrückung und -verachtung. Dieses heuchlerische Verhalten, den Ungeborenen mehr Rechte einzuräumen als den betroffenen Frauen ist zum Kotzen! Keine Gläubischen in Parlament, Schule und Gericht und auch nicht in der Arztpraxis!

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Die Interessierte
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Den Beitrag von Anonym 8 finde ich lesenswert. Sie schreiben über Ihre Erfahrungen in den beiden Kirchgemeinden. Gerne hätte ich von einer Frau gelesen, ob sie sich, trotz diesem kirchlichen Hintergrund, für eine Abtreibung entschieden hat. Ich bin Außenstehende und mag nicht Stellung nehmen zu einer Gemeinschaft, die mir fremd ist.

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Sehr berührender Text. Danke.

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Ich kann hierzu nur mit Zitaten beitragen:
"Jeder Versuch, das Absolute in Worte zu fassen, macht es relativ. Die Geschichte des Umgangs mit dem Absoluten ist lang und gefährlich. Die Menschen haben es in Worte gefasst, und es ist sehr tyrannisch geworden." (David Bohm)

"Ein Anspruch auf Wahrheit oder Realität ist ein Anspruch auf Gehorsam. Wenn ich weiss, dies ist die Wahrheit in einem übergreifenden Sinn, dann behaupte ich privilegierten Zugang zu dieser Wahrheit oder Realität zu haben. Wer mir also nicht zustimmt, ist notwendigerweise im Unrecht. Nicht nur im Unrecht, er ist auch blind, sieht’s nicht, ist irgendwie nicht in der Lage diese fundamentale Wahrheit, diese fundamentale Realität zu begreifen, die ich natürlich das Privileg habe, zu kennen. Ich habe also die unausweichlich scheinende Verantwortung, von dem anderen zu verlangen, das zu tun, was ich sage, denn ich habe Recht und er nicht." (Humberto Maturana)

"An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen." (Jesus)
Wenn die Früchte aus Ausgrenzung, Phsychoterror, Erniedrigung und Ausbeutung bestehen, handelt es sich mit Sicherheit um falsche Propheten.

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Ans Korrektorat: Bei "Zukunft CH" scheint es stets ein, zwei Leerzeichen zu viel zu geben. Und bei "Volks­wirtschaft – weswegen" ebenfalls. Oder ist das ein Fehler der responsiven Absatzbreitenformatierung?

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Daniel Meyer
Korrektor Republik
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Lieber Anonym 2, merci für den Hinweis. Ich kanns im Moment nicht nachvollziehen, warum das so ist – auf Produktionsebene ist dort jeweils einfach ein normaler Festwert eingefügt. Ist angefragt und in Abklärung. Schönes Wochenende und herzlich! DM

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Caroline Kitchener von der «Washington Post» erhielt heute den Pulitzer Preis für ihre Berichterstattung zum Thema Abtreibung, insbesondere über ihr Porträt einer Teenagerin, die 48 Stunden bevor der Abortion Ban in Kraft trat, herausfand, dass sie schwanger ist: «This Texas teen wanted an abortion. She now has twins.»

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Software Ingenieur, Mami, Näherin
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«Jedes K., das man fragt, findet Abtreibung falsch.» Absolut nicht korrekt, zumindest 1 K. sieht es anders.. meine 6 jährige Tochter (habe per Zufall gestern mit ihr über das Thema gesprochen und heute diesen Artikel gelesen)

"Mami wenn jemand wirklich kein Baby bekommen möchte, dann ist es vielleicht besser so ".
Sie hat auch gesagt"aber Mami, kann man das Baby nicht bekommen und einem Freund geben?". Ich habe ihr Adoption erklärt. Auch habe ich darüber gesprochen, dass man 10 Monate schwanger ist und das alles sicher mega schwierig ist, wenn man nicht schwanger sein möchte. Sogar ein K. kann sich ein Stück weit das Leid vorstellen, dass das bedeuten könnte.

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