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SoWi, Übersetzerin, Autorin, Bloggerin
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Wieder einer dieser "stillen" Republikartikel, die so unschuldig daherkommen und dann wochenlang nachhallen.
Danke Frau Kolly!

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Marie-José Kolly
Journalistin mit 💕 für Wissenschaft
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🙏

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Danke, Frau Kolly. Es gefällt mir sehr, wie sie, von eigenen Erfahrungen (oder eben deren Fehlen) her kommend, zu forschen beginnen und Wesentliches lernen!

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Diesem Dankeschön schliessen wir uns gerne an.
Auch diesen anregenden Essay später nochmals lesen können und die Gedanken intuitiv „weiter spinnen“, so lässt sich gut die Woche beginnen.

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Marie-José Kolly
Journalistin mit 💕 für Wissenschaft
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Herzlichen Dank Ihnen allen. Es freut mich sehr, das zu lesen.

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Selten ist ein Text gleichzeitig berührend und kühl überdacht - der hier ist es. Und ein grandioser Schlussatz:

Erleben ist etwas ganz anderes als meinen.

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Marie-José Kolly
Journalistin mit 💕 für Wissenschaft
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Merci!!

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Wieder einmal durch ein Zitat etwas Erstaunliches dazugelernt, was ich auch auf andere Lebensbereiche übertragen kann:
„“Aber schlimmer noch sei die weisse Person, «die zwar willens sein könnte, die Existenz dieses Rassismus zu erwägen, aber die denkt, wir würden dieses Gespräch as equals beginnen, unter Gleichen. Das tun wir nicht.»“
Vielen Dank Frau Kolly für die Vermittlung dieser Einsicht.

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Marie-José Kolly
Journalistin mit 💕 für Wissenschaft
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Ich freu mich, dass der Text das bewirken konnte.

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Mitglied Genossenschaftsrat Project R
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Wow - da steckt einiges im Beitrag...
Mir gefällt die äusserst einladende Argumentation. Der Inhalt ist auch in der Struktur abgebildet - sehr clever!

Kurz: mit der Liste das Bauchgefühl füttern und mit dem Bauchgefühl die Liste.

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Interessant, ich hätte spontan die 10 Franken genommen. An welcher Erfahrung das wohl liegt?

Aber es passt ins Bild. Spätestens in der Covid-Pandemie ist mir aufgegangen, wie viele Menschen (auch viele Journalisten) mit Zahlen kaum umgehen können, und insbesondere keine Intuition für Zahlen haben.

Müsste es nicht Teil des Bildungsauftrags der Volksschule sein, eine solche Intuition zu entwickeln? Was müsste sich im Mathematikunterricht ändern, damit Schüler Wahrscheinlichkeiten erfahren können?

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Der Mathematikunterricht müsste spielerischer sein, anschaulicher. Überhaupt müssten wir vielleicht wieder mehr Spiele spielen. So lassen gute alte Würfelspiele sehr gut Wahrscheinlichkeiten erfahren. Ich erinnere mich, dass wir im Matheunterricht einmal versuchen mussten 10x eine Sechs zu würfeln – das dauerte.

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Wie Kahnemann und Tversky in ihrem Buch "Thinking fast and slow" ausführen, ist die schlechte Intuition für Statistik selbst unter Statistikern weit verbreitet.
Die beiden erklären das (symbolisch) mit dem System 1 (automatisch, intuitiv) und System 2 (kostet Aufmerksamkeit und Ressourcen, ist rationaler, zu logischem Denken befähigt). Wenn man eine Entscheidung in einer Studie treffen muss, wird in der Regel System 1 aktiviert, System 1 ist leider miserabel in Statistik...

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Ganz toller Beitrag. Spricht mir aus dem Herzen.
Einen wichtigen Hinweis für Politikerinnen und Politiker haben Sie platziert:
"Menschen, die im Parlament oder gar in der Regierung sitzen, fällen per Berufs­auftrag Entscheide, die sie nicht betreffen, andere aber umso mehr. Politikerinnen, die sich deren Stimmen anhören, können damit diejenigen Erfahrungen, die ihnen fehlen, simulieren: Kognitions­psychologen nennen das surrogate learning."
Diese Verantwortung ist vielen Volksvertreterinnen und -vertretern zu wenig bewusst.

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es ist einfach unglaublich aufwändig, wirklich mit den Betroffenen zu sprechen (zuzuhören). eine rechte Strategie besteht darin, den Beruf der Politik so knapp zu entschädigen, dass das selbst für diejenigen, die zuhören wollen nicht möglich ist und letztlich nur noch diejenigen, die es sich leisten können in der Politik aktiv sind.
tja und mir gähnd niemals uuf!

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Es fällt leicht, Parallelen zu sehen in unzähligen anderen Bereichen beim Lesen dieses Artikels.
Und sich einzugestehen, dass die Schuhe der anderen immer mindestens eine halbe Nummer zu gross oder zu klein sind, um den Weg, den sie gegangen sind, nachzufühlen.

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ASS-Diagnostiziert
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Danke Frau Kolly! Besonders auch für den Abschnitt mit Reni Eddo-Lodge und deren Zitat. Ähnlich wie ihr im Kontext race geht es mir im Kontext Autismus.

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Marie-José Kolly
Journalistin mit 💕 für Wissenschaft
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Merci fürs Teilen, liebe Frau B.

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ASS-Diagnostiziert
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Das ist gerne geschehen :)

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· editiert

Ein sehr interessanter und schöner Artikel, danke dafür!
Um eine Situation ohne eigene Erfahrung zu beurteilen, hilft mir jeweils meine emotionale und kognitive Empathie für die Menschheit generell. Ich brauche nicht selber in einem Flüchtlingsboot zu sitzen, um mit diesen Menschen mitzuleiden und sie zu verstehen, nur um ein Beispiel zu nennen und die Bedeutung der Empathie der Notwendigkeit der persönlichen Erfahrung gegenüber zu stellen.
Und da habe ich gestern noch diese Frau mit Migrationshintergrund getroffen, die mir Toleranz und Akzeptanz erklärt hat. Es ist ein Unterschied, ob ich bloss toleriere, dass sie anders ist, denkt und handelt als ich oder ob ich dies tatsächlich akzeptiere. Passt für mich irgendwie auch noch in die Thematik dieses Artikels rein, zumindest stellenweise.

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Dorian Mittner
wohlwollend kritisch
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Ich habe von verschiedenen Menschen in meinem Umfeld beunruhigend oft gehört, dass ihre Gebär-Erfahrung erschütternd, teils sogar traumatisierend war. Oft hatte das nicht nur mit ihrem unerfüllten Wunsch nach einer Spontangeburt, sondern auch mit der Behandlung im Spital zu tun. Auch wenn ich zu diesem Thema nicht aus eigener Erfahrung sprechen kann, frage ich mich, muss das wirklich so sein??

Stellen wir uns eine Gesellschaft vor, in der wir von klein auf lernen, auf unsere Körpersignale und Empfindungen genauso zu vertrauen wie auf unser "rationales" Wissen. Anstatt alles, was vom romantisierten Ideal einer "natürlichen" Geburt abweicht zu tabuisieren könnten wir die Offenheit haben, uns gegenseitig zu diesen Erfahrungen auszutauschen, bevor wir von einer völlig anderen Realität eingeholt werden. Und die Medizin könnte die subjektiven Erfahrungen von Gebärenden ernst nehmen, die Rolle von Hormonen und anderen körperlichen Faktoren im Zusammenhang mit diesen Erfahrungen erforschen und auch dieses Wissen in die klinische Praxis einbeziehen.

Sehr wahrscheinlich würden Gebärende immer noch Erfahrungen machen, auf die es kaum möglich ist, sich vorzubereiten. Aber vielleicht könnte so auch manches Leid verhindert werden.

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Marie-José Kolly
Journalistin mit 💕 für Wissenschaft
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Danke für Ihre Überlegungen. Das muss nicht so sein, zumal ein beträchtlicher Teil dieser (wirklich erschreckend frequenten, gemäss Psychotherapeuten) Traumatisierungen auch mit einem Gesundheitssystem zu tun hat, das hart am Limit arbeitet.

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Frau, Mutter
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Vielen Dank für diesen anregenden und vielschichtigen Artikel!
Ihre Anmerkung, dass gebären im Spital viel zu häufig als traumatisch erlebt wird, sei der Überlastung des Gesundheitswesens geschuldet, erklärt diese traurige Tatsache m.E. nur bedingt. Im Spital unterliegen einerseits die Hebammen einer hierarchischen Struktur, an deren Spitze Ärztinnen entscheiden. Dieser Kultur erliegen auch wir Gebärende. Wir Frauen geben andererseits ein Stück unserer Kompetenz, mitzuentscheiden und zu spüren was wir brauchen, beim Eintritt in den Spital grösstenteils ab und übergeben uns in die Verantwortung der Ärztinnen. Diese verfügen letzlich sowohl über die Hebammen als auch über unsere Körper, im Namen der Sicherheit. Der Zeitdruck und die Tatsache, dass Leistungen verrechnet werden müssen (Zeit lassen wird kaum entlöhnt) tut dann noch das seine...

Noch ein Gedanke zur Bewertung des natürlich Gebärens: eine Geburt aus eigener Kraft durchzustehen, gibt ein grosses Gefühl von Potenz. Mich hat diese Erfahrung während meines späteren Lebens gestärkt (obwohl ich mich keineswegs als tough bezeichnen würde, erlebte ich zwei Hausgeburten). Vielleicht weiss Frau dies intuitiv?
Manchmal denke ich, dass vor lauter Gesellschaftsdruck, dass alles immer unter Kontrolle sein muss, so auch die Schmerzen, Frauen sich vorschnell für einen Kaiserschnitt als leichtere Variante, ohne unvorhersehbar starke Schmerzen entscheiden und dadurch eine potentiell stärkende Erfahrung verspielen. Und der Spital verdient besser daran.
Wenn die Geburt nicht natürlich erfolgen kann, haben wir zum Glück ein gutes Gesundheitssystem, das fast immer das Leben von Mutter und Kind zu schützen vermag.
Und wir sollten nicht aufhören zu vermitteln, dass jede Frau mit ihrem Gebären richtig ist, und sie hören und unterstützen in ihrer ureigensten Erfahrung.

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Vielen Dank für den berührenden Artikel. Sie beschreiben die Gedanken und Gefühle vor einer Geburt sehr einfühlsam; ich erinnere mich sehr gut an die Geburten meiner Kinder und ich erkenne vieles wieder. Auch die eigene Erwartungshaltung konnte ich mir nur schwer erklären; habe es nochmals neu verstanden.

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Marie-José Kolly
Journalistin mit 💕 für Wissenschaft
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💜

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besten dank für den guten und auch sehr persönlichen artikel. in unpersönlicherer sache nähme es mich wunder, ob die wissenschaft auch varianten der folgenden versuchsanordnung erforscht:

Mit einer Wahrscheinlichkeit von 1 Prozent bekommen Sie 1000 Franken, mit 99-prozentiger Wahrscheinlichkeit aber nichts. Oder aber: Sie bekommen sicher 10 Franken.

mein erstes gefühl (und hier bin ich mir bewusst, dass ich und viele schweizer:innen privilegiert sind) sagt mir, dass 10 franken hierzulande zu wenig sind, um die möglichkeit von 1‘000 chf aufzuwiegen. wie änderten sich die entscheide, wenn man sicher 10‘000 kriegte, oder die einprozentige chance auf eine million hätte? man könnte auch noch eine grössenordnung höher gehen und untersuchen, ob das verhältnis eine rolle spielt - also z. b. 100 vs. 10‘000, 100‘00, 1 mio.

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Marie-José Kolly
Journalistin mit 💕 für Wissenschaft
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Hallo Herr S., kognitionswissenschaftliche Experimente erforsch(t)en verschiedenste Varianten hiervon. Wenn Sie eintauchen möchten, können Sie sich zB die verlinkten wiss. Artikel ansehen.

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Dorian Mittner
wohlwollend kritisch
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Die Entscheidung der Mehrheit für die niedrige Chance auf 1000 Dollar Gewinn liesse sich m.E. auch damit erklären, dass ein sicherer (entgangener) Gewinn von 10 Dollar für die meisten Leute einen kaum spürbaren Unterschied macht (auch wenn 10 Dollar in den 70ern noch mehr Wert waren).

Sobald wir schon etwas investiert haben/den Kontext dramatisieren und der Fokus auf mögliche Verluste gelenkt wird, kann ein anderer kognitiver Bias überwiegen, der Framing Effect: demnach führt eine positive Formulierung (A: sicher 200 von 600 Leben retten vs. B: 33% Wahrscheinlichkeit, alle 600 zu retten) genau derselben Optionen/Wahrscheinlichkeitsverhältnisse zu anderen Entscheidungen als eine negative Formulierung (A: 400 von 600 Personen werden sicher sterben VS. B: 33% Wahrscheinlichkeit, dass niemand stirbt).

Das lässt sich nicht nur auf Medikamente gegen fiktive tödliche Krankheiten im konstruierten Kontext psychologischer Laborstudien, sondern zu einem gewissen Grad auch auf politische Entscheidungen im Umgang mit aktuellen globalen Herausforderungen anwenden und erklärt u.a. warum auf Angst vor Verlusten basierende Argumente im Abstimmungskampf so gut funktionieren.

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Die beschriebenen Versuche waren Teil der Experimente, die unter anderem zu der Prospekttheorie geführt haben. Dass die eine Entscheidung unter Zeitdruck oder sonstiger Beanspruchung kognitiver Fäfhigkeiten häufiger wird, haben Kahnemann und Tversky auch belegt.

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Das Experiment wurde sehr bewusst so gewählt: 1% von 1000.- entsprechen 100% von 10.–, die beiden Ereignisse haben denselben Erwartungswert von 10.- Menschen überschätzen die Wahrscheinlichkeiten für seltene (positive) Ereignisse teils massiv.
Wenn sie dieses Experiment mit 10'000.- starten wollten, müssten sie entweder die Wahrscheinlichkeit auf 0.1% senken oder den sicheren Betrag auf 100.- erhöhen.
Als Beispiel: In den USA konnten Leute zum Sparen animiert werden, indem man die Zinsgutschriften der Konten vieler Anleger zusammengelegt und anschliessend verlost hat. Weiss die Quelle dazu jedoch nicht mehr

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«Was man sich beim anderen nicht vorstellen kann, das erklärt man gern für ungültig» – Dies erfahre ich oft, wenn es um Erfahrungen von People of Color geht oder LGBTQI+. So etwa bei trans oder non-binären Menschen: Deren Erfahrungen werden oft für ungültig, ja deren Existenz rundheraus geleugnet. Wie verletzend dies sein kann, können – oder wollen – die Leugner sich offenbar schlicht nicht vorstellen.

Mangelt es schlichtweg an Empathie? Würde ein Perspektivenwechsel Abhilfe schaffen? Walk in my shoes? Doch:

Ist es überhaupt möglich, sich hinein­zuversetzen in jemanden, dessen Erfahrungen man nicht teilt? Nie teilen wird?

Eine Studie sagt: Ja, sehr gut sogar, aber nicht mit dem Resultat, das man sich davon erhoffte. Denn je mehr sich die Probanden ausmalten, wie das Leben der anderen ist, umso weniger offen wurden sie für deren Position. Der Grund? Weil sie sich dadurch umso mehr bewusst wurden, welche andere Werte die anderen haben. Übernahmen sie jedoch die Perspektive von jemandem, der zwar eine andere Meinung, aber die Werte mehr oder weniger kongruent waren, war der backfire effect geringer.

Wer um den eigenen Erfahrungs­mangel weiss und die Erfahrung anderer anerkennt, entscheidet vernünftiger.

Dies ist also bereits eine sehr starke Vorannahme: Einen Mangel, ein Fehler, Unwissen zugeben wird in unserer perfektionistischen Leistungs-, Wissens- und Mediengesellschaft nicht gerade gefördert. Und die Anerkennung der Erfahrung – und letztlich der Werte – leider auch nicht.

Trotzdem sollten wir nicht aufgeben, in den Schuhen der anderen zu laufen. Wobei:

Before criticising someone, walk a mile in their shoes; that way, when you criticise them, you’ll be a mile away, and you’ll have their shoes.—Jack Handey

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Vielen herzlichen Dank für diesen klugen, tiefen Beitrag! Wissen Sie, warum Rassismus wichtiger genommen wird als Ableismus? Ohne Zweifel müsste auch Rassismus viel wichtiger vorkommen! Aber Ableismus, die Diskriminierung aufgrund eingeschränkter körperlicher Fähigkeiten, ist furchteinflössender - körperliche Gebrechlichkeit bedroht potenziell alle, weil alle älter werden. Also hilft es der Verschleierung der eigenen Ängste, Ableismus als gesundheitliches nicht als gesellschaftliches Problem darzustellen.

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Schöner Beitrag, vielen Dank.

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Danke für diesen Beitrag, Sie sprechen mir von der Seele. Zwar mit anderen Erfahrungen, aber trotzdem erkenne ich die Gedankengänge wieder. Als Auslandschweizer ist dieses Phänomen allgegenwärtig und verursacht regelmässig peinliche Erkenntnisse.

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Vielen lieben Dank, Marie-José Kolly, fürs Teilen deiner Erfahrungen – und deines Wissens! Meine Frau und ich entschieden uns für eine Hausgeburt mit Hebamme, bei der ich als Vater stark involviert war. Dieses unglaublich intensive Erlebnis von etwas, das ich ohne Scham als "Wunder" bezeichnen möchte, liess mich – nur bis zu einem gewissen Grad natürlich – nachvollziehen "Wie verrückt das ist, was sie erleben", die gebärenden Mütter also, ob nun "natürlich" oder sonst wie. Einen tiefen Respekt vor dieser Leistung, ja Arbeit (labour) und Demut gegenüber etwas so Natürlichem und doch immer wieder Aussergewöhnlichen. Ich übernahm dadurch noch viel selbstverständlicher die Care-Arbeit nach der Geburt unserer Tochter, etwa, dass ich mich stets um sie kümmerte, wann immer sie aufwachte oder sie schlafen wollte.

Ein weiterer Fall von Wissen vs. Intuition – oder besser Wissen & Intuition folgte sogleich, als es um ihre Erziehung ging. Ich las bewusst keine sog. Erziehungsratgeber, weil ich a) fand, dass auf jedes A man ein Nicht-A findet, was nur für Verwirrung sorgt und die Unsicherheit noch erhöht, und b) ich ja nicht ohne Erfahrung bin, da ich als Kind auch mal erzogen worden bin und erlebte, was ich bei meinen Eltern gut fand und was weniger gut, ich also c) zuerst mal schauen wollte, wie weit ich mit der Intuition, der Erfahrung und dem Trial & Error käme (bei der Pubertät der Tochter stiess ich dann an meine Grenzen und liess mich aufklären).

Es braucht also auch eine gesunde Portion Vertrauen – und Selbstvertrauen.

Der Perfektionismus, der meint man müsse zuerst alles ganz genau wissen, so dass man Unmengen an Büchern anhäuft und liest, bevor man eine Erfahrung macht, die dann – so der Glaube – die optimale, die beste Erfahrung sein sollte, sehe ich besonders im akademischen Umfeld (anekdotische Evidenz) und – sozialisationsbedingt – gerade auch bei Frauen. Dieses Bedürfnis und diese Unsicherheit speist eine ganze Industrie an Geburts- und Erziehungsratgebern, -Coaches, -Kursen usw. Unter anderem mit der Folge, dass gerade frau meint nicht der Norm zu entsprechen, immer etwas falsch zu machen, nicht gut genug zu sein, nicht "natürlich" zu sein.

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Mensch - wie alle anderen
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Gestehe, dass ich auch zu denjenigen gehöre, die viel Wissen aus Büchern haben, und grosse Angst davor, das echte Leben zu „erfahren“. Es könnte ja was Schlimmes passieren, oder frau versagt komplett, oder man macht sich lächerlich. Dabei weiss ich heute aus Erfahrung: wenn ich genau dorthin gehe, wo meine Angst zurzeit am grössten ist, lerne ich am allermeisten …

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Dieselben Ueberlegungen gelten auch fuer Risikoabschaetzungen. Wenn man keine Ahnung hat bezieht man sich auf Statistiken. Auch wenn sie diffus, ohne Zahlen sind. Zb in Lauterbrunnen springen Leute ueber Felsen. Hin und wieder schlaegt einer unten auf. Ohne Ahnung zu diesem Thema ist mir das Risiko zu hoch. Gleitschirm fliegen erschien mir interessant und kalkulierbar, ein Kurs bestaetigte das. Sicherheitsstrategien und -Trainings senken das Schadensrisiko. Die Statistik zeigt auch, man hoert wenig von toedlichen Unfaellen. Beim Strassenverkehr ist die aktive Gefahr von der eigenen Geschwindigkeit abhaengig. Ist also vollstaendig kontrollierbar. Von der eigenen Ueberschaetzung abgesehen. Das Grundrisiko bleibt in passiver Form bestehen auch wenn man beliebig langsam faehrt. Auch als anderer Verkehrsteilnehmer ist man dem untetworfen, darauf basierend, dass man nicht alleine ist. Ueber das Risiko von Familie lasse ich mich nicht aus. Das kann abstossend sein.
Fuer Aussenstehende allenfalls ueberraschend, Panik ausloesend oder auch nicht sind lokale Gefahren, welche damit zumindest theoretisch Vertraute eingehen. Sei das die Steinschlag- und Lawinengefahr in den Bergen, das Leben im Erdbebengebiet, im Kriegsgebiet.

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Vielen Dank für diesen mehrdimensionalen Text! Schön gewoben.
Trotz kaum zu toppendem Schlusssatz – gibt es dazu noch Fortsetzung(en)? Allenfalls auch im Dialog oder mit „Spotlicht auf …“
Der Themenkomplex persönliches Urteil/Wahrnehmung/gesellschaftliche Werte/Erleben scheint mir für unsere Zeit zentral.

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Danke für den Text, sehr schön.

Vielleicht noch zum „Labor“: ziemlich sicher wurde das alles schon bedacht, aber: könnte es nicht einfach auch sein, dass Menschen die sehr kleine Möglichkeit, einen hohen Betrag zu erhalten, attraktiver finden, als ziemlich sicher einen sehr kleinen? Dass der sehr wahrscheinliche „Verlust“ der 10.- einfach nicht schwer genug wiegt, angesichts der möglichen 1000.-?

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