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Wenn ich das lese, ergreift mich eine Art "Phantomwehmut". Ich spüre, dass da was Hochinteressantes, Wahrhaftes wäre, wenn ich es denn (be-) greifen könnte.

"... separaten Communitys und sozialen Monaden, durch die Stimulierung einer affektiven und kognitiven Segregation, durch eine ballistische Schnell­kommunikation..."

Das ist (exgüseh) derart segregativ-ballistisch abgehoben formuliert, dass man sich erkundigen sollte, ob die ISS eine Schramme abbekommen hat.

Soweit mein Ressentiment dazu.

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Lieber Herr K., natürlich ist Joseph Vogls Sprache eine sehr eigene und sehr herausfordernde. Das Buch, von dem hier die Rede ist, ist vermutlich eines der sprachlich und theoretisch anspruchsvollsten, die man überhaupt im Publikumsmarkt findet, und meine Hoffnung ist, dass das Interview vielleicht zumindest einige Kerngedanken auch Leser:innen zugänglich macht, die beim Buch definitiv aussteigen würden. Man muss ja, das ist das Gute, nicht jedes Wort und nicht jeden Satz auf Anhieb verstehen, um den Sinn und die Grundgedanken einer Sichtweise zu verstehen. Und wenn ich auf eigene Lektüreerfahrungen zurückblicke, würde ich ganz klar sagen: man wächst am meisten an Texten und Büchern, die einen mindestens stellenweise auch überfordern. Das ist sicher ein Unterschied zwischen Wissenschaft und Journalismus: Unser Anspruch bei der Republik ist immer die grösstmögliche Zugänglichkeit. Nicht-journalistische Autor:innen hingegen haben mitunter eine andere Perspektive, und einen Autor kennenzulernen, heisst immer auch, seinen Denk- und Sprechstil kennenzulernen.

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Lieber Herr Graf

Vielen Dank für die Rückmeldung. Ich finde es einfach schade, dass sich solche wertvollen Arbeiten selber dazu verdammen, in ihrem winzigen Intellello-Filterbläschen stecken zu bleiben, statt sich ein bisschen darum zu bemühen, ein breiteres Publikum anzusprechen. Inhaltlich wäre es ja, wie ich finde, dringend nötig, diese Themen in der breiten Gesellschaft zu diskutieren. Dass sich die(ser Teil der) Wissenschaft gleichsam davon dispensiert und lieber nach innen gerichtet den Denk- und Sprechstil zelebriert, finde ich nicht in Ordnung.

Insofern verstehe ich mein "Ressentiment" weniger als Kritik und mehr als Aufruf, mit der leisen Hoffnung, dass vielleicht sogar Herr Vogl mitliest. Eine möglichst komplizierte, fremdaltsprachlich hochbelastete Sprache zu verwenden gilt (vor allem im deutschen Sprachraum) offenbar immer noch als Qualitätsmerkmal. Das ist ein alter Pfaffenzopf, den es endlich abzuzwacken gilt. Es ist doch deutlich anspruchsvoller, einen verworrenen, mehrschichtigen Sachverhalt möglichst allgemeinverständlich zu erklären. Entsprechend müssten solche Hochleistungen gewürdigt werden (und umgekehrt). So jedenfalls mein wohlmeinendes (Res)sentiment.

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Auch wenn Joseph Vogl - wie einige hier monieren - zu einer bisweilen etwas zu akademischen Ausdrucksweise neigen mag, der Kern seiner Analyse scheint mir klar: Wir haben es mit einer erschreckenden ökonomischen, politischen und kulturellen Machtkonzentration zu tun, die sich demokratischer Kontrolle entzieht und zu der wir als Produser tagtäglich munter weiter beitragen. Nicht nur Linke, sondern insbesondere auch Liberale sollten ein vitales Interesse daran haben, dass diese privaten Monopole zerschlagen und durch einen digitalen Service Public ersetzt werden - analog zur Verstaatlichung der Eisenbahn, dem damaligen "Internet", im 19. Jahrhundert. Und wir sollten uns als Bürger*innen in digitaler Emanzipation üben, im Umgang mit Open Source und Diensten jenseits von Big-Tech...Denn das Problem, unter dem auch ich leide: Je weniger ICT-Kenntnisse wir haben, desto bequemer oder gar alternativloser erscheinen uns die Angebote von Facebook, Google und Amazon...Wir kritisieren die geballte Macht der KP in China, lassen aber im Westen eine derartige Monopolstellung privater Konzerne zu?

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Deshalb lässt Joseph Vogl ja auch zu, dass seine Werke über amazon verkauft werden; seine amazon-Rämge - z.B. 4. Platz in "Internationalisierung" und 7. Platz in "Netzwerke" sind doch Beweise für Qualität...
Ich sag ja nicht, dass der Herr Literaturprofessor in seiner kargen Freizeit Büttenpapier für seine idealerweise in Heimarbeit gedruckten und gebundenen Bücher schöpfen soll, aber die Abwesenheit jeglicher kritischen Selbst- Reflexion der eigenen Positionierung in den kritisierten Prozessen ist bemerkenswert.

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Ja, Herr Vogel liefert uns da schon sehr schwierige und von uns gewöhnlich Sterblichen fast nicht zu verdauende Kost. Ich habe mich bei der Lektüre manchmal gefragt, ob man einen schwierigen Sachverhalt nicht doch etwas weniger fremdwörterschanger, dafür verständlicher darstellen könnte.
Seine Schlussfolgerung finde ich super (die Verhältnisse werden sich nicht ändern, wenn man sie nicht ändert). Aber da sind mir die wenigen positiven Hinweise auf die – ehemals? – reaktionäre Europäische Kommission doch etwas mager und schwammig: Gibt es denn tatsächlich kein Mittel, die Verantwortungslosigkeit der Konzerne wirklich und effektiv aufzuheben? Die Konzernverantwortungsinitiative wäre wohl - wenigstens für die Schweiz – eine reale und vermutlich auch greifende Möglichkeit der Veränderung gewesen: Deswegen wurde sie auch von allen reaktionären, geldscheffelnden Gruppen und bürgerlichen Parteien so heftig bekämpft. Gut, der auch geistig etwas sehr gealterte ehemalige Bundesrat namens Couchepin aus dem Wallis kommt da begreiflicherweise nicht mehr ganz mit. Er hat ja absolut nicht begriffen, welches die wirklichen Aufgaben - eben vor allem auch klare Informationen - die ONGs eigentlich heutzutage haben. Aber wo bleiben die jüngeren, veränderungswilligen und die "gottgewolten" Mechanismen der Konzerne durchschauenden Kräfte, welche etwas wirklich bewegen könnten, nein dringend müssten?!. Es sieht leider schon eher düster aus im weltweiten Wirtschaftshaus!

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Chefredaktion
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Vielen Dank für die Rückmeldung, Herr Goldinger. Uns ist bewusst, dass das Gespräch an der Grenze der allgemeinen Verständlichkeit ist. In der Republik gilt bei Beiträgen grundsätzlich: das Schwere leicht und das Leichte schwer und möglichst zugänglich für alle. Bei einem Interview haben wir allerdings keinen direkten Einfluss auf die Sprache von Gesprächspartnerinnen. Die Alternative wäre gewesen, das Interview nicht zu bringen. Das wäre allerdings auch schade gewesen. Es ist immer eine Abwägung.

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Danke für den Abwägungsentscheid , den Sie getroffen haben. Ich verstehe auch Etliches nicht. Warum nicht Zeit investieren um den Worten und damit dem Denken dahinter nachzugehen und mich kundig zu machen. Muss denn alles convenience food sein! Davon gibt es mehr als genug.

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Abonnent erster Stunde
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Nun ja, die Republik hätte ja die Antworten übersetzen können und dann sowohl Original wie Übersetzung publizieren können. Ich jedenfalls bin in der Hälfte des Textes ausgestiegen und hab mir gedacht, ob wohl irgend jemand der Leser/innen den Text einer Drittperson verständlich erklären könnte (ich zweifle). Und ich hab mal wieder an die Studien von Schulz von Thun gedacht, der sich schon anno '81 über gestelzte Gelehrtensprache genervt hat und mit Untersuchungen zeigte, dass ein akademisches Publikum nur wenig besser versteht (und vor allem erinnert) als ein "ungebildetes", wenn mit derartigen Texten konfrontiert. Ist im Deutschen generell ein grösseres Problem als im angelsächsischen Sprachraum, weil Englisch einen Stil mit einfachen Satzkonstruktionen bevorzugt (Französisch ist dafür wohl noch schlimmer).

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Lieber Herr Goldinger, vielen Dank für Ihren Kommentar und die Links zu weiteren Politikfeldern. Ein begriffliches Detail, das mir aber wichtig scheint, wollte ich gerne noch anmerken: Vogl nennt die Europäische Kommission ehemals wirtschaftsliberal (oder „erzliberal“, wie er sagt), nicht (ehemals) reaktionär. Das ist ja schon ein beträchtlicher Unterschied. Ein schönes Wochenende Ihnen ins nochmals vielen Dank fürs Lesen und Kommentieren.

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Software Engineer
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Kleine aber meiner Meinung nach wichtige Korrektur:

Ja, bei einem linearen Wachstum von Knoten im Netz wachsen die möglichen Beziehungen, die zwischen den Knoten existieren, exponentiell an.

Diese Aussage ist klar falsch. Statt "exponentiell" wachsen die möglichen Beziehungen quadratisch. Der Unterschied zwischen quadratischem und exponentiellem Wachstum ist gross. Ein Beispiel: Atombomben spalten Kerne mit exponentiell wachsendem Tempo, Luftwiderstand wächst quadratisch mit der Geschwindigkeit eines Fahrzeugs.

Was nicht heisst, dass man innerhalb eines Netzwerks von Personen kein exponentielles Wachstum erzeugen kann. Dass dies möglich ist, zeigte Corona ja sehr beeindruckend. Leider hat die Pandemie aich dazu geführt, dass wir relativ unüberlegt von "exponentiellem" Wachstum sprechen, sobald wir eine nicht-lineare Wachstumskurve sehen. Dass es da noch viele (relevante) Zwischenstufen gibt, geht dabei offensichtlich vermehrt vergessen.

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Besten Dank, lieber Herr S.! Vermutlich haben Sie da vollkommen recht. Wir werden dazu noch Rücksprache mit Joseph Vogl halten, aber Ihre Präzisierung der Terminologie ist in jedem Fall sehr hilfreich. Wieder was gelernt – merci!

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Sehr geehrter Herr S., nochmals besten Dank für den Hinweis. Wir haben mittlerweile ein Feedback von Herrn Vogl erhalten, er stimmt ihnen (natürlich) zu, wir haben seine Antwort angepasst.

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Fachperson
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Alles nicht falsch, alles etwas chaotisch miteinander verbunden: Derartige Rundumschläge erscheinen mir immer etwas atemlos. Telecommunications Act und Section 230, Digital Services Act und Digital Markets Act haben alle ihre faszinierenden Geschichten. Sie alle gleichzeitig zu nennen, wirkt etwas beliebig. Sobald man einen Gedanken gefasst hat, rast man zum Nächsten. Übrig bleibt die Erkenntnis, dass...ja, was? Dass man sich gut unterhalten hat im Gefühl, irgendwie der Wahrheit ganz nahe gewesen zu sein?

Unter dem Stichwort des Ressentiments festhalten kann man, dass die Social Media-Plattformen ihr Geschäftsmodell bewusst auf Hass, Empörung und Entfremdung aufbauen. Gerade ist die gefühlt tausendste Studie dazu erschienen.

Wer hasst und sich empört, bleibt länger vor dem Bildschirm und konsumiert mehr Werbung, die genauer auf seine Gefühle zielen kann.

Diese Effekte wirken heute bei 4 Milliarden Menschen. Zu glauben, dass die Schweiz hiervon verschont bleibt, wäre naiv.

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Mathematiker in IT, Bildung und Beratung
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Grüezi Herr K.

Hass, Empörung und Entfremdung sind mir gängige Begriffe und ich habe eine Position. Es sind für mich ‚Antiwerte‘ in meiner Ethik (Ethik verstanden als ‚Reflexion von Handeln anhand von Werten‘).

Die Erweiterung durch Ressentiment ist für mich das Neue. Über meine Ressentiments bin ich mir weniger deutlich im Bild. Den Begriff nehme ich also gerne mal in mein Reflexionsinstrumentarium auf. Vielleicht finde ich Körnchen Wahrheit, vielleicht aber auch nur ein kleiner Versuch ‚to make the world a butter place‘ .

Beste Grüsse, K.A.

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Johanna Wunderle
Muttersprache NL
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Lieber Herr K., in Ihrem Satz:" Alles nicht falsch, alles etwas chaotisch miteinander verbunden", finde ich meinen eigenen Eindrücke am ehestens zurück. Ich würde Vogl's Buch lesen müssen um herauszufinden ob mein etwas zwiespältiges Gefühl (nur was mich betrifft) begründet ist oder nicht.

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Brot
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Für einen dritten, europäischen Weg, der von einem Informations­begriff im Sinne des Gemeinguts ausgeht, steht auch die Initiative für ein Small Web von Cyborgrechtler Aral Balkan. Die momentane Situation beschreibt er als «eine Ausbeutungsfarm, die vorgibt, ein Spielplatz zu sein.». Ansätze für eine Verbesserung skizziert er in seinem lesenswerten Essay (auch auf Deutsch übersetzt):

  • Ethische Alternativen zur Mainstream-Technologie entwickeln. Werkzeuge, die wir besitzen und kontrollieren statt umgekehrt. Und die gibt es bereits: Zum Beispiel das Twitter-ähnliche Mastodon ist dezentral organisiert, jeder kann nach seinen eigenen Regeln ein Social-Media-Netzwerk betreiben. An dessen Ursprung steht kein riesiges Investorenvehikel, sondern ein anfang Zwanzigjähriger mit etwas Freizeit. Darum:

  • Die Strukturen verbessern mit Geld aus der öffentlichen Hand. In viele kleine und unabhängige Organisationen investieren, die nicht gewinnorientiert arbeiten, und ihnen die Aufgabe stellen, die ethischen Alternativen zu entwickeln. Anstatt Startup-Unternehmen sollten wir in Europa Stayup-Unternehmen aufbauen. Und dabei über Open Source hinaus denken: Freie Softwarelizenzen, Peer-to-Peer wo möglich, offene Protokolle.

  • Langfristig: Unser erweitertes Selbst im digitalen Raum mit denselben Rechten ausstatten wie das analoge. Wir sind Cyborgs, auch wenn es uns nicht immer bewusst ist. Darum ein Universelle Erklärung der Cyborgrechte als Ergänzung der bestehenden Menschenrechte, verfassungsmässig geschützt.

Der Mann ist Feuer und Flamme dafür, wie man in seiner Rede am Europäischen Parlament eindrücklich mitverfolgen kann.

Klingt alles etwas zu utopisch? Ich glaube dazu sind Visionen da. Und ein Anfang ist in Sicht. Wir müssen nur den Glauben an die eigene Selbstwirksamkeit im Digitalen wiederfinden.

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Lieber Anonymus, vielen herzlichen Dank für diese weiterführenden Überlegungen und Hinweise! Ihr Bekenntnis zum vermeintlich utopischen Denken finde ich sehr sympathisch.

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«Produser» sind ja Nutzer oder User, die gar nicht merken, wie und wo sie mit beliebigen Netzaktivitäten Daten­rohstoffe produzieren.
Zwar kann die «Produserin» gewisse Abwehr- oder Erkennungsmassnahmen treffen (Zurückhaltung in Social Media, alternative Suchmaschine, PrivacyBadger, Lightbeam...), kann sich aber der praktisch flächendeckenden Dateninkontinenz der allermeisten Websitebetreiber bzw. -verantwortlichen nicht entziehen, die ohne Not das Besucherverhalten über "praktische" Tools wie Analytics, API, Fonts etc. an die Datensammler weiterreichen. Hier herrscht eine gewisse Blindheit?, Wahrnehmungsverschiebung?, Naivität?, Arroganz?, Faulheit?, Verantwortungslosigkeit?, Gleichgültigkeit? (zutreffendes ankreuzen, weitere Vorschläge willkommen), die geradezu atemberauben ist.
Die Republik ist eines der wenigen Medien, die nicht in diese Dateninkontinenz verstrickt sind, und sie kann deshalb freier über solche Themen berichten und solche Interviews publizieren.

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Lieber Marc Véron, besten Dank für Ihren Kommentar. Man kann vielleicht noch ergänzend hinzufügen: Die Republik ist auch ein Ort mit grosser Sachkompetenz der Leser:innen in der Kommentarspalte, wie man auch an den Kommentaren zu diesem Interview sieht. Das ist auch für uns Redakteur:innen jedes Mal bereichernd und lehrreich.

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Doris Edwards
Permaculture Designer.
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Sehr interessant. Vielen Dank für dieses Gespräch, welches gewisse Bestände, die ich (wir alle?) selber erkenne, klar formuliert. Wenn nur alles etwas einfacher wäre...
Jetzt gehe ich mal in meinen Gemüsegarten und hoffe, dort keine Ressentiments zu finden 😊

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Liebe Frau Edwards, besten Dank. Es soll ja, wie wiederum ein ganz anderer Autor schreibt, sogar «böses Gemüse» geben. Aber das hat glücklicherweise wenig mit Ressentiment und viel mit der Titelgebung in Verlagen zu tun :-) Einen schönen, erholsamen Tag Ihnen!

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Doris Edwards
Permaculture Designer.
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🤣🤣🤣

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Dieses Interview, das ist keine Frage, fordert einen heraus. Das wird ja auch in den Kommentaren deutlich. Aber sind nicht Nahrungsmittel, die man lange kauen muss, gesünder als Produkte, die einfach so runter gehen?
Jedenfalls sind diese Gedankengänge, auch wenn sich mir nicht alle ganz erschlossen haben, sehr anregend und helfen mir, in diesem digital-kapitalistischen Wirrwarr doch ansatzweise einige Mechanismen und Zusammenhänge besser verstehen zu können.
„Meinungen sind Äusserungen minus Beweis- und Begründungslast.“ Dieser prägnante Satz ist in Corona-Zeiten hoch aktuell und lohnt allein schon die Lektüre!

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Lieber Herr Kienholz, vielen herzlichen Dank für Ihren Kommentar. Es freut mich besonders, dass Sie gerade den Satz mit der Beweis- und Begründungslast herausgreifen. Das wäre auch mein Lieblingszitat aus diesem Text.

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Johanna Wunderle
Muttersprache NL
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Lieber Herr Graf, zuerst mal ganz herzlichen Dank für dieses Interview. Eine grosse Leistung!
Meine Frage : Wenn eine Meinung erkannt wird als " Äusserung minus Beweis-und Begründungslast", das heisst, wenn eine Meinung nicht als absolute Wahrheit empfunden und proklamiert wird, kann diese dann nicht durchaus wertvoll sein?
Ressentimentaler Kritik hat eine grosse Verführungskraft. Könnte ein aufrichtiges Reflektieren der eigenen Meinung beitragen um herauszufinden aus der Sackgasse?

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"... in diesem digital-kapitalistischen Wirrwarr doch ansatzweise einige Mechanismen und Zusammenhänge besser verstehen...":
Danke für diese Bemerkung. Genau das ist der Punkt. Dafür lasse ich mich durch Texte wie diesen gern (manchmal leicht, manchmal sehr) überfordern.
Wir stehen einem rasch wachsenden, sich ständig den Begriffen entziehenden Phänomen gegenüber, das mit gängigen "Erzählmustern" kaum zu fassen ist.
Deshalb ist zum Beispiel der zitierte Ausdruck über "Meinungen" so wertvoll. Oder die Feststellung, dass "Normative Enklaven" entstehen, die sich gesellschaftlicher Regulierung entziehen, und dass eine "neue Mediensouverenität" entstanden ist, also ein Herrschaftsgebiet, in welchem eine alternative (private) Gerichtsbarkeit (ähnlich wie früher die kirchliche nun eine Facebook'sche) die klassische staatliche Rechtssprechung konkurrenziert.

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Natürlich ist eine Bratwurst leichter zu verdauen als ein Gedicht..... (Lisa Elsässer)
Das gilt auch für dieses Interview, das ich jetzt zum drittenmal gelesen habe und noch immer blitzen Zusammenhänge auf, denen ich nach-denken muss und möchte: Kapitalismus-Konkurrenz-Ressentiment-Finanzsystem-social media.... Die Schlange beisst sich in den Schwanz. Wegwerfarbeiter als Hamster, die das Rad treiben. Was für ein furchtbares Wort für eine Alltagsrealität. Nicht neu, aber deswegen nicht weniger erschreckend.
Grossen Dank an Daniel Graf für dieses Interview und eine inständige Bitte an die Republik: gebt diese Art von Texten nicht gänzlich zugunsten von eingängigem (Empörungs)-Fast-Food auf.

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Vielen herzlichen Dank, liebe Frau J.! Ich bin sehr sicher, dass wir Ihre Bitte über sämtliche Ressorts und Themenfelder hinweg erfüllen werden.

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Da kann ich mich Ihnen nur anschliessen, Frau J.! Insbesondere Ihrem letzten Satz.

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Ich möchte allen Kommentator:innen danken für die engagierte Diskussion, die vielen weiterführenden Hinweise, die Kritik, das Lob, die Neugier und ganz besonders die Bereitschaft, auch dort weiterzulesen und zu -denken, wo es einem der Text nicht leicht macht. (Falls die Diskussion noch ein bisschen weitergehen sollte: Ich bin das Wochenende über dienstlich unterwegs und werde allenfalls mit Verzögerung antworten können. Bitte um Nachsicht.)

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Eine gfürchige Entwicklung... für die es laut Artikel lediglich den Ausbau von Rechnerkapazitäten brauche. Ich erinnere mich an den Republikartikel:"Hören Sie das?" über den Lärm von Rechenzentren. Die Rechnerkapazitäten entstehen nicht aus dem Nichts, sie brauchen gut kontrollierbares Land und sehr viel Energie. Vielleicht liesse sich da der eine oder andere Riegel schieben, weil die Interessenkonflikte für ganz viele Menschen nachvollziehbar wären?

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Danke für dieses hochinteressante Interview! Es lohnt sich diesen sperrigen Text zu Ende zu lesen.

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Timon Zielonka
Sales @ zukunft.com
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Danke für diesen sehr spannenden Artikel, der viele interessante Gedanken und Hinweise enthält. Da aber "Gefahr in Verzug" ist halte ich den Hinweis auf den Digital Service Act für besonders relevant. Ich hätte den gerne noch weiter radikalisiert.

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Mathematiker in IT, Bildung und Beratung
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… und diese Plattform hier?
… bestünde die Republik auch ohne? (Sicher wäre es eine Andere).

Manchmal fühle ich mich hier wie auf der Alp, fern von all dem fürchterlichen Konsumrummel. Und ich produziere Käse für den Bioladen im gentrifizierten Zürich Seefeld, irgendwie muss ich ja leben.

(Sorry, falls zuviel Metapher und Ironie)

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"Und Spass lässt sich nicht unbedingt als krasse Entfremdungs­erfahrung fassen" wird im hochspannenden Interview gesagt. Diese Aussage entspricht nicht folgenden zwei Beispielen: 1914 zogen Massen von deutschen und französischen Soldaten mit HURRA-Rufen in den Ersten Weltkrieg und schwärmten, an Weihnachten des Jahres siegreich wieder daheim zu sein. Den Rest kennen wir. "Spass" - Entfremdung?
Idem der "Spass" der letzten Zigarette des an Nikotin-verursachtem Krebs sterbenden Menschen, 10 bis 20 Jahre früher als Nichtraucher.
Freud, in seinen drei Kränkungen, meinte 1917, "die dritte und empfindlichste Känkung aber soll die menschliche Grössensucht ....erfahren, welche dem Ich nachweisen will, dass es nicht einmal Herr im eignen Hause (ist)."
In beiden Beispielen wähnten sich die Personen "im Spass". Es war/ist es ein neuronal-synaptisch gezüchteter, fremdbestimmter "Spass" mit tödlichem Ausgang nicht nur des "Spasses", sondern der Person. Dieser Konsum aber ist ein Riesen-Geschäft für alle, die diese Synapsen und Abhängigkeiten züchten und daran verdienen, inklusive Staat.
Darum frage ich mich, gibt es eine grössere Entfremdungserfahrung als die Entkoppelung von Hirn und Körper, wenn das Hirn alles (digital) wird, und der Körper nichts; anders gesagt: die soziale Ordnung der "social media" in den Synapsen des Hirns als Referenz die natürliche Ordnung des Leibes missachtet, vereinnahmt, versklavt, so dass der "Spass" im Hirn progressiv die anderen Organe vernachlässigt und zerstört (vgl. Addiktion an Computerspielen als psychiatrische Herausforderung der Schulen)?

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Zum Finanzsystem, welches sich von den Realitäten löst. Es ist leider nichts so wie beschrieben, dass Kryptowaehrungen, speziell wenn sie von wenigen Firmen monopolisiert werden das Finanzsystem von den Wirklichkeiten löst. Das Finanzsystem wurde erstens von den Nationalbanken von der Wirklichkeit gelöst. Indem sie den Banken das Recht gaben selbst Geld zu erschaffen. Und deren glorreiche Taten darin bestehen Party zu machen. Die Banken erfüllen ihren einen Zweck, die Firmen mit Liquidität zu versorgen nicht. Erstens können sie's nicht, weil sie gar keine Ahnung von Wirtschaft haben. Die angewandte Methode, die 3 Monatszahlen zu vergleichen, passt auf einen börsennotierten Konzern. Welcher aber eigentlich keine Bank zu Finanzierung braucht, sondern nur einen guten Börsenkurs. Auf KMU passen diese 3 Monatszahlen nicht. Und zweitens, weshalb sollten sie, wenn trotzdem genügend reinkommt.
Und die zweite Zutat, welche das Finanzsystem von der Realität löst ist das unsägliche System der Pensionskassen. Die sollten jeden Monat 10% der Lohnsumme gewinnbringend anlegen. Zu einem Zins, welcher im Aktienmarkt unter spekulativ läuft, und von den Markteilnehmern nicht bezahlt werden will. Investitionen von Pensionskassen in Immobilien werden speziell von jenen bekämpft welchen diese Renten auch zugute kommen.
Hat schon jemand drüber nachgedacht wie mit einem Hypozins von 1-2% eine Rendite von 6% erwirtschaftet werden kann ? Das geht nur durch Sanierungen, welche nachher die Hälfte mehr einbringen. Oder durch Neubauten welche mit Gewinn an einen Mitbewerber verkauft werden.
Dadurch, dass zuviel Geld vorhanden ist, haben die Nationalbanken ihren Handlungsspielraum verloren. Unser Finanzsystem ist brüchig. Da die Banken nur 5% Kapital, welches sie vergeben können effektiv haben müssen bedeutet das, dass mein Guthaben 20 fach überzeichnet ist. Ich bezahle dafür sogar noch Gebühren, obwohl ich das Risiko des Bankencrashs trage. Unsere Banken braucht's eigentlich nicht, sie erfüllen keine Funktion mehr. Kryptowaehrungen versprechen die Ablösung zu sein, weil es dafür kein Konto braucht.
Es schwer einzusehen, weshalb unsere Nationalbanken keine Kryptowährung herausgeben wollen. Dann lassen wir's die Chinesen machen. Deren geplantes Krypto System hat aber jeweils ein Konto unterlegt. Dann machen wir das halt so.

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Besteht die Zukunft des Kapitalismus ausschliesslich in der Herstellung von Monopolen?

Zukunft ? Das war schon immer so. Kapitalismus ist nur spannend und gut, wenn man ein Monopol und Zuschuesse hat. Was waren die Zuenfte ? Monopole. Was waren die Muenzrechte ? Monopole. Patente & geistiges Eigentum ? Monopole.
Bevor's vergessen geht.. bezahlen wir auf jeden USB Stick und jede Festplatte eine Urheberrechtsabgabe, wil wir ja geschuetztes Material speichern koennten. Das ist triviale Monopolabzocke.
Wenn der Staat von den " freien" Maerkten, resp Unternehmern etwas moechte muss er Beihilfen und Uebergangsfristen gewaehren.

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Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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Diese Unternehmen existieren meiner Beobachtung nach ursprünglich nicht, um Märkte zu zerstören, sondern sie wurden so erfolgreich und so mächtig, weil sie soziale Grundbedürfnisse befriedigen. Eine Social-Media-Plattform ist ein Ort, an dem ich sehen und gesehen werden kann. Der frühere Dorfplatz, einfach in sehr gross. Ein neuer Ort, in dem meine Äusserung mit einem Mausklick eine grössere Öffentlichkeit erreicht als je zuvor. Auch jede Aktivität aus menschlicher Schwächen (als da seien Gier, Neid etc.) wird ver-x-facht. Sowie vereinfacht durch den Schutz vermeintlicher Anonymität. Es ist die schiere Menge der Teilnehmenden, die diesen Orten Macht gibt. Der Ort als solcher ist wertfrei. Die enorme Dynamik dieser Entwicklung im Internet brachte es – nicht überraschend - mit sich, dass auch die damit verbundenen Gefahren und die Gelegenheit zu Missbrauch ebenso enorm sind. Diese Entwicklungen sind vielschichtig und in wesentlichen Aspekten bedrohlich. Hier wach zu bleiben und mit Bedacht zu reagieren, dazu liefert das Interview mit Joseph Vogl einen äusserst anregenden und tiefreichenden Beitrag. Vielen Dank dafür!

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Was bedeutet der Begriff Ressentiment im Zusammenhang dieses Artikels?

Laut Duden eine „ auf Vorurteilen, einem Gefühl der Unterlegenheit, Neid o. Ä. beruhende gefühlsmäßige, oft unbewusste Abneigung“ aber ich glaube in diesem Artikel ist eine andere Bedeutung gemeint?

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Lieber Herr W., zunächst Entschuldigung für die späte Reaktion meinerseits; ich bin derzeit auf Dienstreise und kann nur verzögert reagieren. Frau L. hat aber meines Erachtens sehr treffend die Grundgedanken bei Vogl wiedergegeben. Unten im Thread hat auch J. K. die Mechanismen gut beschrieben. Wenn Vogl in seiner Definition vom «Konkurrenzsystem» spricht, zielt er damit auf eine Kultur des ständigen wettbewerbsmässigen Sich-Vergleichens mit anderen. Das kann Begehrlichkeiten wecken und damit eben auch Neid und das Gefühl befördern, übervorteilt worden zu sein (das ist also durchaus nah an der Duden-Definition). Im Wortsinn bedeutet «Ressentiment», dass sich dieses Gefühl durch Wiederholung verstärkt: ein immer wieder neu aktualisiertes, sich selbst bestätigendes Neid- und womöglich auch Hassempfinden. Richtig gefährlich wird es – im Dialogen wie im Analogen –, wenn Ressentiments mit kollektiven Feindbildern und Sündenbock-Narrativen einhergehen.

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Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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Ich habe den Autor so verstanden, dass es die Groll geladenen Reaktionen der Teilnehmenden auf den Plattformen sind, auf die es ankommt, damit das Geschäftsmodell funktioniert. Die Plattformen leben von Aufregung, Empörung und Ressentiments. Gefühle, die dazu benutzt werden, vermeintlich "Gemeinschaft" und Zugehörigkeit zu schaffen, Aufmerksamkeit und Klicks zu erhaschen und damit das System, das nur durch die Masse an Teilnehmenden funktioniert, aufrechtzuerhalten. Im Grund ist es die alte Doktrin von "teile und herrsche", die hier im Schwang ist, denn durch die geschürten Ressentiments kann sich ja kein echtes Gefühl von konstruktiver Gemeinschaft einstellen.

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(durch User zurückgezogen)
Johanna Wunderle
Muttersprache NL
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„Die Verstehensillusion durch eine glattpolierte Sprache „ ist leider gang und gäbe. Bei Joseph Vogl empfinde ich manche Aussagen ganz knapp zu undifferenziert. Wird er seinen sehr lobenswerten Anspruch möglichst viele dynamische Verknüpfungen aufzuzeigen vollumfänglich gerecht?

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Als glattpoliert habe ich Vogls Sprache nicht unbedingt empfunden, die Gedankengänge eher als mäandrierend, nicht gradlinig von Knoten zu Knoten hüpfend, wie es dem Bild eines Netzwerks vielleicht eher entsprechen würde. Und offensichtlich verwendet er teilweise Fachbegriffe, die umgangssprachlich nicht geläufig sind. Über solche stolpere ich auch bei anderen Beiträgen zur Digitalisierung. Dass neue technische Bereiche auch neue Begriffe nach sich ziehen, leuchtet mir ein. Die sind anfänglich fremd und werden dann Allgemeingut. Wer wusste vor 20 Jahren, was ein Smartphone ist oder eine digitale Plattform? Digitaler Kapitalismus bspw. ist für mich auch heute noch ein sperriger Begriff.
Haben Sie ein Beispiel für eine Aussage, die Sie als knapp zu undifferenziert empfinden, liebe Frau Wunderle?

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Johanna Wunderle
Muttersprache NL
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Liebe Frau J.,
Dieser Kommentar ist an der falschen Stelle gerückt. Es war eine Antwort auf eine Aussage von Daniel Graf.
Ein Beispiel: Joseph Vogl gebraucht den Ausdruck: Urteilssucht ganz am Ende des Beitrags. Da hätte ich lieber Ver-Urteilssucht gelesen.
Ich könnte mir vorstellen, dass der Text eher schwer verständlich ist wegen solchen Kleinigkeiten, als durch den Gebrauch von neue Begriffe und Fremdwörter. (Nur einen persönlichen Eindruck.)

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Ich möchte hier für Interessierte auf das Buch The Age of Surveillance Capitalism von Shoshana Zuboff verweisen. Zu diesem Zeitpunkt kann ich keine Aussage darüber machen, ob es verständlicher ist. Leichte Lektüre ist es sicherlich nicht, doch es wird einfacher..oder ich habe mich daran gewöhnt? Sie legt dar, wie sich heutige Internetgiganten ua durch glückliche Umstände formieren konnten, die Nutzergruppen als Rohstofflieferanten entdeckten und nun ihre Vormachtstellung mit ihren monopolartigen Privilegien in Geld, Infrastruktur und Daten aufs bitterste verteidigen.

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