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Ich bin auf so einem Bauernhof aufgewachsen, wo ab den 60ern der Vertreter der Chemie regelmässig am Tisch sass und den Bestellzettel ausfüllte. Wie die Landschaft nachn und nach völlig ausgeräumt wurde. Wie die Schweine in den viel zu engen Ställen sich die Schwänze abfrassen. Ich begann bald zu leiden, doch Grossvater meinte immer nur: "Du isst ja auch gerne Kottellets"! Die meisten Bauern hatten in unserer Gegend damals keine Ausbildung, übernahmen den Hof vom Vater. Sie waren einerseits stolz und anderseits leicht manipulierbar, bzw. konnten wenig "modernes" Wissen entgegenhalten.
Ich habe bereits in den 70ern mich für Biolandwirtschaft interessiert, die damals aber noch inhaltlich in den Kinderschuhen steckte. Oder dann leicht esoterisch angehaucht war. Ich hatte ein solide Bildung erhalten und auch die rebellischen 70er taten ihr Werk. Unzählige Diskussionen mit Vater und anderen Bauern folgten. Bio galt als reine Romantik, auch wenn diese Männer eigentlich durchaus "Gutes tun " wollten. Aber was war "das Gute"?
Es brauchte zB viel zuviel Idealismus, denn KonsumentInnen wollten immer weniger dafür bezahlen und KonsumentInnenorganisationen waren da auch nicht hilfreich. 20 Jahre später bekam sich die ökologische Landwirtschaft langsam einen soliden Ruf, vor allem, weil nun Landwirte eine Ausbildung machten und langsam Grundlagen beurteilen konnten. Die Bauern in der Generation meines Vaters hatten natürlich auch Wissen, aber da die Erträge tiefer als mit Chemie waren und die Ausfälle manchmal hoch, war das "Neue" grundsätzlich besser. NUn gab und gibt es viel Innovation technischer Art und viel mehr Wissen um Zusammenhänge. So verlief die Entwicklung langsam in differenziertere Wege.
Doch ich werde trotzdem 3x "JA" stimmen, denn es braucht den politischen Druck, damit es endlich spürbar vorwärts geht. Die KonsumentInnen sind aber ein grosser Teil des Problems, das war und ist immer so. Dabei ist der Budgetanteil der Lebensmittel seit langem unter 10%. 1919 war es noch die Hälfte!
https://www.handelszeitung.ch/inves…-verandert.
Wie oft haben wir perfekte GEmüseware auf den Feldern verrotten lassen müssen, weil der Verkauf an den Zwischenhandel die Erntearbeit nicht rentierte. Oder gar kein Käufer gefunden werden konnte.
Der Zwischenhandel reagiert sowohl auf die Angebote der Landwirtschaft, als auch auf die KäuferInnen der Produkte. Ja , alle hängt zusammen, ich kaufe seit jeher fast nur Bio, auch wenn ich meist ein kleines Budget hatte. Sowieso wenig Fleisch. Pflanze auch selber an, Hände schmutzig machen, täglich kümmern um Nahrung zu produzieren, das kennen viele erst wieder seit Corona-Lockdowns. Hobbymässig.
Menschen sind immer widersprüchlich, haben viele sich widersprechende Bedürfnisse. Und erfüllen sie oft rasch, wenn es einfach geht. Langfristige Konsequenzen verlieren fast immer. Wir müssen "Hindernisse" einbauen, das zu tun, in unsere Systeme. In die Produktionessysteme, aber auch in die des Konsums. DAs Parlament hat die Aufgabe, solche für alle sinnvollen "Weichen" einzubauen.

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Ja, klar. Schreibe ja, wie es sich geändert hat. Ich verstehe beide Seiten sehr gut und auch "von innen". Es gibt aber eine "übergeordnete" Dringlichkeit: Wir müssen die Fruchtbarkeit der Böden, die Biodiversität, das Grundwasser und das Klima schützen. Das ist eigentlich das ureigenste Interesse der Bauern, wenn sie in die Zukunft schauen und noch eine Grundlage zum Bauern haben wollen - aber halt nicht derjenigen, die hier und jetzt auf ihr jährliches Einkommen schauen. Schauen müssen, denn sie wollen davon leben wie alle anderen auch. Ist ok. Aber es muss sich leider einiges ändern. Bei vielen jüngeren gut ausgebildeten Bauern ist diese Einsicht "theoretisch" ja da.
Dafür dass es in der Praxis ändert, braucht es aber Druck, denn Menschen wollen in erster Linie immer eines - und zwar alle, nicht nur Bauern - möglichst nichts ändern. Oder dann zuerst bei "den Anderen". Finden 100 Gründe dafür. Das ist psychologisch ein Basisverhalten. Der Wunsch oder die Bereitschaft nach Änderung kommt erst mit (Leidens)druck. Deshalb wäre ich auch für ein massives Erhöhen der Lebensmittel, analog hzur CO2-Abgabe: Die Verschwendung von 1/3 sollte zB eingepreist werden.

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Danke für diesen differenzierten Bericht. Ich habe meine 2x Nein schon eingeworfen, vor allem auch deswegen, weil mir das Ganze zu wenig auf Akteure wie Grossverteiler, Industrie etc. abzielt, sondern nur, und das sind immer die einfachsten Ziele, auf die Produzenten.

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In Tat und Wahrheit schieben wir damit das Problem zu den vielen anderen auf der langen Bank. Ein deutliches Nein zu diesen Initiativen werden Bauernverband und SVP als Freipass verstehen ihre derzeitige Agenda, das Töten von Kleinbetrieben und das Fördern von grossindustriellen Umweltzerstörern, weiterzuverfolgen.
Am Ende dieses Weges wird eine vernichtete Lebensgrundlage der Produzenten stehen. Wie um Himmels willen kommen sie darauf, dass die Landwirte einfache Ziele seien? Haben sie die Zehntausende von Plakaten nicht gesehen? Die Bauern sind alles andere als wehrlos. Leider sind sie kollektiv extrem kurzsichtig und dumm. Sie lassen sich kostenlos vor den Karren der Agroindustrie und der SVP spannen und merken nicht einmal, dass es genau diese Akteure sind welche ihnen bei jeder Gelegenheit das Messer in den Rücken stossen. Stattdessen bekämpfen sie mit hasserfüllter und gewaltbereiter Energie ihre weitsichtigeren Kollegen.
Einfach nur beschämend, und ein Grund weshalb die Demokratie wohl nicht überlebensfähig sein wird.

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Ich wähle zwar in der Regel SP, obwohl auf dem Landleb lebend und geboren aber danke für den SVP-Stempel. Eigentlich meine ich mit einfachen Zielen schon teilweise, was sie andeuten: Die Bestandteile des System, die auch gute Lakaien abgeben. Die sind aber oft nur das unterste Glied der Kette, flexibel für gewisse Zwecke zu gebrauchen. Die Plakate wohl nicht von denen selbst finanziert, die sie aufstellen. Auch ist es weniger komplex, nicht ein System als solches in eine Initiative zu packen, sondern sich Akteure herauszupicken. Ein Murcks wird es über Jahrzehnte so oder so. Ich glaube selbst auch nicht daran, dass wir das Klima im Grundsatz mit einem kapitalistischen System retten aber dies ist ein anderes Thema.

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Als Imker und Hobbyobstbauer verfolge ich schon seit Jahrzehnten den unsäglichen Einsatz dieser Substanzen. Die Aufmerksamkeit möchte ich auch noch auf das Zulassungsverfahren, im Besonderen auf dessen Betrachtungsumfang, wie der sehr reduzierten Auswahl von den zu untersuchenden SchlüsselLebewesen, lenken. Die Zusammensetzung der Entscheidungsträger, sowie die Betrachtung der Metaboliten spricht auch noch Bände.
Warum führen wir in unserem Land keine Krebsstatistik? Warum wohl? Warum wird nicht über die von den Substanzen geschädigten Anwender gesprochen? Warum brauchte die Politik so lange, die Neonicotinoide zu verbieten. (n.b. sie sind mehrere tausend mal toxischer für Bienen als DDT). Warum wurde das ca 60 Jahre alte Zuslassungsverfahren nicht den Erkenntnissen angepasst? etc etc etc
Zum Schluss noch etwas Positives: Das Kantonale Labor des Kt ZH macht einen Superjob! Durch das Lesen deren Jahresberichte(->Internet) passte ich meine Ernährung signifikant an und habe seither auch die Grundlage, die kommenden Abstimmungen als Schritte in die richtige Richtung einzuschätzen.

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Es gibt ein nationales Krebsregister. Aber erst seit 2020.

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Merci vielmal für die doch erfreuliche Aktualisierung/Korrektur, dann werd ich mich mal darum bemühen. Freundliche Grüsse!

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Guter, differenzierter Artikel (inkl. dem verlinkten Beitrag aus der WOZ). Finde es auch schade, dass er erst jetzt kommt.
Ein Satz hat mich besonders angesprungen, weil der mein Interessensgebiet tangiert:

Dass die Schädlichkeit neuer Wirk­stoffe unterschätzt wird, ist ein wieder­­kehrendes Motiv in der Geschichte der Pestizide.

Das ist nicht nur in der Geschichte der Pestizide so, sondern auch bei einem anderen Pharmaprodukt: den Medikamenten. Auch da ist das neueste immer das beste, das mit den wenigsten (bekannten) Nebenwirkungen. Wenn dieses Neue dann lange genug auf dem Markt war, dass man auch hier das ganze Nebenwirkungsprofil kennt, kommt etwas neues. Und das Spiel geht von vorne los.

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IP - Suisse - Bäuerin
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Absolut einverstanden, liebe Frau J. Aber ich sehe das einfach viel pragmatischer: Wir wären nicht glücklich, wenn die Pharmaindustrie uns nur noch homöopathische Kügeli zur Verfügung stellen würde. Jeder Fortschritt birgt Risiken und unsere Aufgabe ist es, den richtigen Weg zu finden. Das geschieht nicht auf Anhieb, sondern nur in Schritten, mit vielen Versuchen und eben auch Irrtümern. Das liegt in der Natur der Sache. Was das Ganze erschwert, aber auch spannend macht, ist die Tatsache, dass wir nicht nur den Menschen, sondern auch die Natur in unsere Überlegungen mit einbeziehen müssen. Deshalb plädiere ich ja für Zusammenarbeit mit vielen Fachrichtungen, statt dieser ewigen Grabenkämpfe.

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Meeresbiologe, Fotograf
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Liebe Frau Schürch
All Ihre engagierten Voten in Ehren. Es liegt leider offensichtlich auch in der Natur der Sache, dass Pestizide direkt oder indirekt viel mehr Organismen eliminieren, die nicht das Ziel ihres Einsatzes sind. Wir können es drehen und wenden wie wir wollen, der Einsatz von Pestiziden reduziert die Artenvielfalt, schnell und dramatisch. Das hat keine Zukunft. Und wir damit.

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· editiert

Jezz aber, Frau Schürch: Sie sehen es viel pragmatischer, und ich plädiere für homöopathische Kügeli, und dann sprechen Sie sich gegen Grabenkämpfe aus?
Dass ich in meinem Kommentar eine Marktstategie der Pharma angesprochen habe, mit der die Landwirtschaft nichts zu tun hat, das haben Sie aber schon gemerkt? Aber Sie dürfen sich natürlich auch für die Pharma in die Bresche werfen, da stehe ich Ihnen nicht davor. Nur unterstützen dabei werde ich Sie nicht.

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Meeresbiologe, Fotograf
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Angenommen, Sie haben ein Auto, bei dem man vermutet. dass es während der Fahrt explodieren könnte: Wie viele Kilometer würden Sie mit diesem Auto noch fahren?

Nehmen wir weiter an, Sie gingen besorgt zum Garagisten und fragten, wie hoch denn das Risiko einer Explosion sei? Er sagt, das wisse man nicht so genau, aber er wolle sich darum bemühen, das Risiko in den nächsten sechs Jahren um 50 % zu reduzieren. Bis dahin könnten Sie ruhig weiter fahren. Würden Sie ruhig weiter fahren?

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Meeresbiologe, Fotograf
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Wir reden hier nicht von IP Suisse, sondern von der Evidenz, dass die 2000 Tonnen Pestizide, die jährlich in der Schweiz ausgebracht werden, in den letzten Jahrzehnten zu einem massiven ökologischen Problem geführt haben. Natürlich kenne ich den Satz von Paracelsus. Ich kenne aber auch das Phänomen kippender Ökosysteme. Sie auch?

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Geschädigter
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Für jemanden wie mich, dessen Trinkwasserquelle durch einen unsorgfältigen, benachbarten Bauern verunreinigt wird, ist klar: Pestizide gehören nicht in den Boden, nicht ins Trinkwasser und nicht in unsere Körper. Sind Landwirte nicht fähig, ohne Pestizide zu produzieren, sollten sie aufhören. Angesichts der unabsehbaren Gefahren der sich im Boden ansammelnden Cocktails, sehe ich auch keine Grundlage, darüber zu diskutieren, wie viel gerade noch nicht giftig ist. Paracelsus hin oder her. Sauberes Trinkwasser ist ein Menschenrecht. Sauber bedeutet für mich pestizidfrei. Ohne Kompromisse! Der vom Bauerverband und Ritter Markus propagierte Absenkungspfad ist angesichts des seit Jahren praktizierten Hinhaltetaktik ein ABLENKUNGSPFAD. Landwirte, die sich nicht innerhalb von acht bzw. zehn Jahren auf eine pestizidfreien Produktion umstellen können/wollen, sollen aufhören oder zumindest auf die Subventionen verzichten. 2xJA! Mindestens!

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Leider wird weder im Artikel noch in den Kommentaren die Möglichkeit angesprochen, genetisch manipulierte Pflanzen einzusetzen, welche beispielsweise insektenresistent oder pilzresistent oder dürreresistent sind oder bedeutend weniger Dünger brauchen. Das OGM-Bashing ist unsäglich, nicht nur in der Schweiz, sondern auch in der EU. Natürlich hat Monsanto, welche zuerst vor allem skrupellos chemische Mittel einsetzte und danach in grossem Massstab genmanipulierte Pflanzen entwickelte, massgeblich dazu beigetragen, dass im grossen Publikum die sogenannte grüne genetische Manipulation verteufelt wird. Dies auch, weil damit vor allem Grossfarmen in den USA bedient wurden, welche es sich leisten konnten, Saatgut von Monsanto kaufen zu müssen, weil viele genmanipulierten Pflanzen zwar gute Erträge lieferten, die jedoch nicht wieder als Saatgut dienen konnten. Inzwischen sind jedoch auch viele Kleinbauern in Indien und Afrika dazu übergegangen, mit MGOs billiger produzieren zu können, mit besseren Erträgen und unter Vermeidung von Pestiziden. Natürlich müssten in Jedem Land "gute" genmanipulierte Pflanzen von bedenklichen unterschieden werden durch entsprechende Zulassungs-Gremien.

Im Raum standen natürlich auch Bedenken, dass durch Pollenflug biologisch gezogene Pflanzen durch GMOs verändert werden könnten. Der Schweizerische Nationalfonds für wissenschaftliche Forschung hat diese Bedenken in speziell dafür vorgesehenen Forschungsprogrammen ausräumen können; aber dennoch ist das Moratorium, GMOs im Feld anzubauen, immer noch in Kraft, und es sind Bestrebungen im Gang, das Verbot sogar dauerhaft zu verankern. Inzwischen ist es auch möglich, durch die Anwendung von Crispr-Cas punktmässig das Erbgut zu verändern, sodass im Grenzfall künstlich eingeführte Mutation nicht mehr von natürlichen Mutationen unterscheidbar sind. Aber dennoch sind auch solche punktveränderten Pflanzen nicht zugelassen.

Inzwischen ist das Label "No NGO" zum Markenzeichen geworden, welches das Publikum dazu anhält, keine verteufelten genmanipulierten Lebensmittel zu konsumieren. Leider ist damit hier auch die wissenschaftliche Forschung in Botanik-Instituten der hiesigen Universitäten unattraktiv geworden. Von selbsternannten Umweltschützern behindert wurde auch der von Prof. Potrikus an der ETH schon vor langer Zeit entwickelte "Golden Rice", der Vitamin A-Vorläufer produziert und einen ganz wesentlichen Beitrag leistet zur Behebung des Vitamin A Mangels in Populationen, die sich hauptsächlich von Reis ernähren. Dabei ist zu erwähnen, dass die entprechende Züchtung nicht patentiert, sondern unentgeltlich an das internationale Reisinstitut in Manila geschickt wurde zur Weiterverbreitung.

Wann werden auch die grünen Parteien einsehen, dass grüne Genmanipulation einen wesentliche Beitrag zur Produktion biologischer Nahrungsmittel leisten kann?

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Chefredaktion
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Eins nach dem anderen. Das Thema Gentechnik und Pflanzenschutz folgt morgen.

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Danke, immer spannend. Prognose: Ihr werdet euch damit bei der Verlagsetage ähnlich beliebt machen wie bei den AKW-Artikeln.

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Ja was jetzt: MGO, OGM, GMO oder NGO?

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IP - Suisse - Bäuerin
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Warum kommt dieser Artikel erst jetzt, wo die meisten Stimmzettel schon ausgefüllt und abgeschickt sind und die Meinungsmacher der Republik in früheren Artikeln den Leser eindeutig in eine Richtung gelenkt haben? Unterschwellig wurde in dieser Zeitung doch in letzter Zeit immer nur suggeriert: "Fordert Bio und die Welt ist gut!" Ich habe im Forum aber immer genau für den Ansatz plädiert, der im 2. - letzten Abschnitt des Artikels zur Sprache kommt.

"Statt die Land­wirtschaft in eine gute biologische und eine schlechte chemische zu unterteilen, fordern Wissenschaftler differenziertere Ansätze, um den Pestizid­einsatz zu reduzieren."

Meiner Meinung nach sollte eine seriöse Zeitung genau diese Komplexität des Lebens abbilden und nicht einfach den Wunsch des Menschen nach eindeutigen Wahrheiten bedienen. Ich möchte dem Leser vor allem auch den letzten Abschnitt des Artikels ans Herz legen, wo Herr B. schreibt:

"Expertinnen plädieren zudem für eine Abkehr von einer reinen Agrar- hin zu einer Ernährungs­politik: Alle Akteure entlang der Wert­schöpfungs­kette sollen einbezogen werden. Nur wenn auch Industrie, Gross­verteiler und Konsumenten mitmachen, ist der Übergang in ein post­chemisches Zeitalter möglich."

Diese Aussage hätte am Anfang aller Diskussionen stehen müssen!!

Wir Leser sind erwachsen und sollten Widersprüche aushalten können, mit denen auch Bauern und Bäuerinnen jeden Tag zu kämpfen haben. Schade, ich hätte mir eine Republik gewünscht, die ihren Lesern auch unbequeme Wahrheiten zumutet, wo es nicht einfach darum gehen kann, sich innerhalb einer geschützten Blase gegenseitig auf die Schultern zu klopfen.

PS auch das ist Landwirtschaft, bezahlt mit Direktzahlungen, auf einem IP Suisse Betrieb, der ab und zu noch Herbizide verwendet: https://www.neuhof-reinach.ch/aktuell-blog/ (Eintrag vom 7. Juni 2021)

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Der folgende Satz am Schluss des Artikels, welchen Sie so loben, ist m. E. eher irreführend formuliert:

Statt die Land­wirtschaft in eine gute biologische und eine schlechte chemische zu unterteilen, fordern Wissenschaftler differenziertere Ansätze, um den Pestizid­einsatz zu reduzieren.

Denn:

  • Natürlich fordern Wissenschaftler:innen mehr Differenziertheit, als die Landwirtschaft in eine gute "Bio-" und eine böse "Chemiewelt" einzuteilen. Wissenschaft bedingt Genauigkeit, welche wiederum Differenzierung bedingt. Eine Binsenweisheit.

  • Der zitierte Satz folgt auf die Frage:

    "Sollte man also diese Pestizide nicht besser schlicht verbieten? Das wollen wir Ihrem Stimm­zettel überlassen – und lieber den Horizont etwas öffnen:"

    Das impliziert, eine Annahme eine der beiden (oder beider) Initiativen wäre gleichbedeutend mit der erwähnten plumpen Bio-Chemie-Zweiteilung. Eine masslose Übertreibung, denn:

    a) Die Trinkwasserinitiative verbietet gar nichts, sondern setzt bloss das mächtigste dem Bund zur Verfügung stehende Lenkungsinstrument stärker in den Dienst des Umwelt- und Gesundheitsschutzes (was ich persönlich vorbehaltlos unterstütze).
    b) Die Trinkwasserinitiative sieht eine Übergangsfrist von 8 Jahren vor, die Pestizidinitiative gar von 10 Jahren. Wenn man sich vergegenwärtigt, dass sich die Belastung der hiesigen Gewässer in den letzten 10 Jahren nicht verbessert hat (wie dieser Republikartikel ja gerade aufzeigt), ist das überhaupt nicht radikal.
    c) Es handelt sich wie immer bei Initiativen um Änderungen der Verfassung, welche bei Annahme zwingend eine gesetzliche Präzisierung durchs Parlament bedingen, notabene jenes Parlament, in dem die Chemie-Bauern-Lobby massiv übervertreten ist. Die Schweiz kennt kein Verfassungsgericht, bei dem im Falle einer mangelnden Umsetzung der Initiative(n) geklagt werden könnte.

Ergo: Die kopflose Hysterie der konventionellen Bauernschaft ist einfach nur lächerlich.

Wer übrigens genau eine differenzierte Betrachtung der Agrarwirtschaft liefert jenseits von Bio vs. konventionell, ist bspw. Martin Jucker im Deep-Technology-Podcast. Sehr hörenswert, bspw. via YouTube oder Spotify.

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Der entscheidende (und progressive) Teil der Trinkwasser Initiative ist das Verbot von Futtermittel Importen. Das hätte tatsächlich einen separaten Artikel verdient..

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Liebe Frau Schürch, zum Zeitpunkt der Terminierung der Artikel kann ich mich genau so wenig äussern wie zur generellen Republik-Berichterstattung (ich bin freier Autor ausserhalb der Redaktion). Wenn Sie aber auch mir irgendwelche Tendenzen unterstellen möchten, so verweise ich gern noch einmal auf meine Intention: Ich habe versucht, denn Wissensstand der Forschung abzubilden (natürlich stark vereinfacht). Dass es zahllose Erkenntnisse zu den Schäden synthetischer Pestizide gibt, ist nun mal Tatsache, daraus zu folgern, man müsse sie verbieten, ist aber natürlich logisch keineswegs zwingend.

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IP - Suisse - Bäuerin
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Lieber Herr B., ich unterstelle Ihnen gar nichts und bin durchaus zufrieden mit ihren Artikeln😊. Auch bin ich mit Ihnen einig, was die Schädlichkeit von Pestiziden angeht, wobei es ja, wie Sie richtig andeuten, eine Gesamtschau zusammen mit allen Beteiligten braucht. Leider kam dieser Artikel in der zeitlichen Abfolge zu spät, wofür Sie aber nichts können.

Was ich meinte (und was nichts mit Ihnen zu tun hat): Das Problem ist, dass sich Landwirtschaft, vor allem in der Schweiz mit den vielen unterschiedlichen Standortbedingungen (Klima, Boden, Meter über Meer, Flachland oder Hanglage etc etc), nicht pauschal beurteilen lässt, weil sich jeder Betriebsleiter wieder mit anderen Voraussetzungen konfrontiert sieht und danach seine Betriebsart, Betriebszweige etc. ausrichtet. Es genügt also nicht, wenn ich als Leser nur einige wenige Betriebe kenne, weil man davon noch nichts aufs Ganze schliessen kann. Eine einseitige Abhängigkeit von der Agrarindustrie zu implizieren oder gar eine Nicht - Bio - Produktion als dumm und konservativ abzuqualifizieren ist für mich plump vereinfachend und wird unserem Berufsstand nicht gerecht. Wie Sie richtig schreiben: Eine Zusammenarbeit tut not, nicht nur zwischen Produzenten, Konsumenten , Industrie und Grossverteilern, sondern auch mit Biologen und Technikern. Das abzubilden, hat die Republik im Vorfeld der Abstimmung versäumt.

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Sie könnten damit recht haben, dass ein grosser Teil der Leserinnen und Leser der Republik ihren Stimmzettel bereits ausgefüllt haben. Es dürfte aber trotzdem ein paar Personen geben, die, weil sie noch schwanken, dies noch nicht getan haben.

Ich selber für meinen Teil warte mit dem Aufüllen vermutlich noch bis Sonntag, da ich mir bei den beiden Agrarinitiativen immer noch nicht sicher bin, ob ich sie annehmen soll oder nicht. Das ganze Thema ist hochkomplex und die Folgen sind nicht klar absehbar. Es besteht durchaus die Möglichkeit, dass bei einer Annahme einer oder beider Initiativen die erhoffte Wirkung ausbleiben wird oder sie sich sogar kontraproduktiv auswirken könnten.

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dipl. Natw. ETH
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Besten Dank für den informativen Artikel. Der Umstand, dass über den Pestizidverbrauch keine brauchbare Statistik veröffentlicht ist, wird seit den frühen 1980er Jahre beklagt (z.B. im "Chemie Report, 1982" der Umweltorganisationen). Dabei wäre es ja einfach: Biologisch aktive Wirkstoffe, wie etwa Enzyme oder Antibiotika, werden in "Wirkungseinheiten" gemessen - die Menge einer organischen Substanz, die notwendig ist, eine definierte Wirkung zu erzielen, wird bestimmt, das gibt dann eine "Internationale Einheit (IE)". Unterschiedliche Enzympräperate können bei gleicher Wirkung eine unterschiedliche Dosis benötigen, aber die gleiche IE.
Auf Pestizide wäre ein solches Verfahren seit Jahren sehr einfach anwendbar: Die Aufwandmengen an Wirkstoff pro Fläche für eine Wirkung ist für jedes zugelassene Mittel erfasst und publiziert (www.psm.admin.ch/de/produkte). Die Marktdaten sind Basis der heute publizierten Statistik. Die einfache Kombination dieser Daten würde immerhin zeigen, wie sich die Anwendungen in Funktion der Zeit ändern, was heute nur grob geschätzt wird (in Tonnen). Das gäbe immerhin ein besserer Hinweis auf das Verhalten der Landwirte, wenn auch so die aufwendigen Risikoanalysen nicht ersetzt werden können.
PS: Personen, die sich mehr für unsere Ernährungssysteme interessieren, empfehle ich einen Besuch in der Ausstellung "Wer ist Landwirtschaft" im neuen Gebäude des "Schweizerischen Agrarmuseums Burgrain", bei Willisau (www.museumburgrain.ch). Die Ausstellung folgt den Konfliktlinien zwischen Gesellschaft, Landwirtschaft und Umwelt. Eröffnung war am 6. Juni 2021.

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Lieber Herr E., danke für Ihren Hinweis (auch auf das Agrarmuseum). Es ist aus meiner Sicht nicht ganz verständlich, weshalb die Datenlage nicht besser ist, zumal die Landwirte ihren Pestizideinsatz meines Wissens erfassen und dokumentieren müssen. Es ginge nur darum, die Daten zusammenzutragen, eigentlich sind sie da. Mit dem im Text erwähnten im März angenommen neuen Gesetz soll die Dokumentation immerhin deutlich verbessert werden.

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Grundsätzlich finde ich die Pestizidbelastung bezüglich des Insektensterbens bedenklich und nicht in Bezug auf die menschliche Gesundheit. Denn nicht wahr: die Lebenserwartung ist kontinuierlich gestiegen und die Anzahl der Krebs-Erkrankungen und Todesfälle bis auf den Lungenkrebs bei Frauen in den letzten Jahrzehnten gesunken. Der menschliche Organismus ist viel wiederstandsfähiger als uns überall weisgemacht wird. Aber der Insektenschwund wird und noch zu schaffen machen.
Nun ist es gar nicht so schwierig mit ein wenig Kenntnissen in Chemie sich selbst ein Bild über die Schädlichkeit eines Stoffes der organischen Chemie zu verschaffen.
Vereinfacht geht es um die Abbaubarkeit einerseits in der Umwelt und andererseits in den Organismen; bei den Säugetieren in der Leber. Dabei gilt schon mal: je wärmer desto schneller. Und stark vereinfacht: ein ringförmiger (aromatischer) Stoff ist stabiler als ein kettenförmiger. Und sobald ein Halogen (Brom, Chlor, Fluor oder Jod) an der Struktur hängt ist die Substanz nochmals schwerer abzubauen. Die Struktur könnte jeweils in Wikipedia nachgesehen werden.
Ringförmige Strukturen mit Halogenen kommen in der Natur praktisch nicht vor und sind deshalb so schlecht abbaubar.
Wer nun Glyphosat (Roundup) nachschaut und wird sehen, dass die Substanz ohne Chlor, Fluor etc. eine Kette bildet und nicht ringförmig ist. Darum baut sie sich leicht ab. Das sieht man auch daran, dass ein Kiesweg nach 2 Wochen je nach Regen wieder nachbehandeln müssen. Ein Gegenbeispiel wäre DDT.
Wie gesagt, alles stark vereinfacht und nur organische Stoffe betreffend.
Daraus folgt schliesslich: solches Wissen sollte unbedingt in der Grundschule vermittelt werden. Am besten zusammen mit einer besseren Bildung in Masseinheiten, damit alle wissen was ppm, Mikro, Nano und Pico überhaupt bedeuten.

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Hier noch ein spannender weiterer Beitrag für alle noch Unentschlossenen, Gegner und Befürworterinnen.
https://www.srf.ch/kultur/wissen/re…-pestizide

Es würde ganz gut klappen, man muss es nur wollen. Nicht nur die Bauern, wir alle!
Was ich ändern werde, unabhängig wie die Abstimmung ausgeht: Sich mehr Zeit nehmen und Produkte direkt vom lokalen Bauernhof kaufen.

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Kritischer Beobachter und Fragesteller
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Ein weiterer wichtiger Beitrag der Republik, vielen Dank dafür.
Von Gegnern der beiden Gesundheits-Initiativen hört und liest man immer wieder, der Einsatz von Pestiziden sei in den letzten Jahren um 50% zurückgegangen. Als diese Aussage dann auch im Leserdialog unter "https://www.republik.ch/2021/05/22/…gesordnung auftauchte, habe ich an eben dieser Stelle meine Mitlesenden um eine entsprechende Quellenangabe gebeten. Ich warte bis heute auf eine Antwort.
Auch beim stattdessen verlinkten https://www.blw.admin.ch/blw/de/hom…chutz.html war davon nichts zu lesen.
Mittlerweile ist für mich die Aussage einer 50% Reduktion nichts weiter als eine unbestätigte Behauptung. Von daher war der Name des oben verlinkten Binswanger Beitrages sehr passend.

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Mit den Mengenangaben der Pestizide ist es ähnlich wie mit dem Antibiotika (AB). Die Mengenreduktionen in der Anwendung sind bei beiden Gruppen irrelevant. Es geht um deren Gefährlichkeit für all des anderen Lebens, das mit der Substanz in Berührung kommt.
Heute in der "Schweizer Bauer"-Zeitung Seite 20: Mit einem kg Sulfonamid(altes AB) können 100 Schweine behandelt werden. Mit 1kg Fluorchinolon(neues AB) 8000 Schweine. Nochmals: es geht darum, wie jede einzelne Substanz all die Lebewesen schädigt, heute und in späteren Generationen. Die Menge spielt erst eine Rolle bei den Auswirkungen am untersuchten Lebenwesen. Bei der AB-Resistenzbildung kommen natürlich noch ein weitere Aspekte dazu.

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IP - Suisse - Bäuerin
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Vielleicht hilft Ihnen mein Beitrag hier das etwas weiter: https://www.republik.ch/dialog?t=ar…0803ca799d oh, ich sehe gerade, dass ich Sie damals nicht überzeugen konnte 😊 Allerdings haben Sie meinen Beitrag hier nicht verlinkt.

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Kritischer Beobachter und Fragesteller
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Frau Schürch natürlich hatte ich auch an Sie gedacht als ich obige Zeilen vorhin schrieb. Ich habe den Dialog mit Ihnen letzte Woche unter dem Binswanger Beitrag sehr geschätzt, auch wenn sie meine Frage nach der Quelle der 50% Behauptung (die auch Sie verbreiteten) nicht beantworten konnten. Aber wieso sollte ich Ihn denn verlinken?

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Lieber Herr J., also eine 50%-Reduktion sehe ich nirgends. Die offizielle Statistik des BLW zeigt einen deutlich weniger starken Rückgang. Wer behauptet das wo?

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Kritischer Beobachter und Fragesteller
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Danke für die Frage Herr B.
Ich habe nun nochmals recherchiert und konnte die Aussage der Bäuerin und "Die Mitte" NR Priska Wismer-Felder zuordnen, gemacht im Club vom 11.05.21 https://www.srf.ch/play/tv/club/vid…9e77a7963e
Erst jetzt beim nochmaligen Hören ist mir allerdings klar geworden dass Frau Wismer-Felder die entsprechende Aussage bei ca. 06:30 wohl auf den eigenen Hof bezog. Insofern war ich beim Thema selber ungenau - wofür ich mich entschuldige (und mir nun Asche über das Haupt streue). Ich las dann aber kurze Zeit später hier https://www.republik.ch/dialog?t=ar…dc168f7583 von einer engangierten Gegnerin (die ich durchaus schätze) der beiden Gesundheits-Initativen genau das, was ich vorher zu hören schien:

... Die Landwirtschaft hat in den letzten 10 Jahren den Einsatz von Spritzmitteln um 50 % gesenkt und wird ihn nochmals massiv absenken. In der Agrochemie gab es grosse Fortschritte bei der Abbaubarkeit und toxikologischen Überprüfung von Spritzmitteln ....

Worauf ich dann im Forum ein wenig später die Frage stellte ob jemand dokumentieren könne woher die Aussage der 50% Reduktion ursprünglich stammt.

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Schoen dass das alles modelliert wird. Der Rueckgang der Insekten und Voegel ist der Benchmark. Die Aussage von Herrn Ritter ist daher leider falsch, Wunschdenken. Es wird schnell schlimmer.
Dass ein reduzierter MWST Satz zur Anwendung kam und immer noch kommt ist nicht nachvollziehbar. Ich bezahle immer noch 8% fuer die meisten meiner Einkaeufe trotz mangelnder Lenkwirkung. Weshalb laesst sich der Bund dieses Geld entgehen ?

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Sehr geehrter Herr B., den Rückgang der Insekten kausal (lediglich) auf den Pestizideinsatz zurückzuführen, ist nicht haltbar. Da spielen – neben Pestiziden – eine Vielzahl von Faktoren eine Rolle, wie etwa Intensivierung der Landwirtschaft, Klimaerhitzung, Ausdehnung der Siedlungsfläche, Lichtverschmutzung etc. Zur MWST: Ihre Frage kann ich auch nicht beantworten. Im Nationalrat wurde aber gerade eine Motion angenommen, die die Erhöhung des MWST-Satzes vorsieht.

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Unter Anderem Bäuerin...
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Vielen Dank für diesen sachlichen Beitrag!

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