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Dieses Interview ist etwas vom Besten und Differenziertesten, das ich über diesen furchtbaren Krieg und die ausweglos erscheinende Situation im Nahen Osten gelesen habe. José B. benennt die zu Grunde liegenden geschichtlichen und gesellschaftlichen Kräfte mit ihren kollektiven und individuellen Traumata und Ängsten, zeigt den Wahnsinn des ideologischem Fanatismus mit all seiner Brutalität auf und weist in der unüberwindbar erscheinenden Widersprüchlichkeit und Komplexität dieses grauenhaften Konfliktes auf, dass Lösungen, wenn sie auch zur Zeit sehr utopisch anmuten, möglich sein könnten.
Solche Beiträge machen die grosse Qualität der «Republik» aus. Danke!

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Vielleicht interessiert Sie auch der Vortrag, den Noam Chomsky 2014 vor der UNO-Vollversammlung gehalten hat:

https://www.youtube.com/watch?v=1f1wXGKd9Ss

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Vielen Dank für diesen Hinweis!

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Gratuliere! Der beste einordnende Text, den ich je gelesen habe!
Aus politischer, aber auch aus psychologischer Sicht.
Auch die Voraussetzungen zu einer möglichen Lösung sind genau benannt. Und die Vielschichtigkeit der Problematik.
Da wurde die richtige Person befragt.

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Ich kann mich diesem Lob nur anschliessen.
Fasziniert hat mich der Ausblick und die Hoffnung der in diesem Beitrag steckt und gleichzeitig mit klaren Worten das Elend zu benennen.
Danke

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Es nähme mich schon wunder, warum man bei diesem Beitrag nach unten klicken kann . Es geht wohl eher um die Person von Herrn Löpfe. Ziemlich schäbig und armselig.

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Theologin/Seelsorgerin
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Danke! Endlich ein Gespräch/Beitrag, der differenziert und vor allem deutlich macht, wie komplex die ganze Sache ist.

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Was für ein Interview, Herr Binswanger! Unerreicht in seiner Differenziertheit. Danke, da habe ich rückblickend gerne gewartet.

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Wow, das ist Journalismus in Hochform, der dem Manifest der Republik wahrlich gerecht wird. Danke Daniel Binswanger, dass Sie mit der offensichtlich goldrichtigen Person ein so erhellendes Interview führten! Ich habe grossen Respekt, insbesondere auch gegenüber dem Interviewten.

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Mitverleger
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· editiert

Danke für dieses Interview. Öffnet die Augen und verändert festgefahrene Denkmuster. Es wäre nützlich, wenn mehr Menschen das Interview lesen könnten, nicht nur Republik-Abonnenten !

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Gaby Belz
Jeden Morgen neu
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...oder umgekehrt: dass möglichst viele Interessierte die REPUBLIK abonnieren weil sie die Qualität der meisten Beiträge für unverzichtbar halten. Darum: weiterleiten, weiterleiten!

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Das Interview kann auch von Nicht-Abonent*innen gelesen werden - einfach fleissig den Link teilen! (Ist ja wohl im Isnne aller beteiligten, die Republik hat ja sehr bewusst keine harte Paywall...)

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Lucia Herrmann
Community @ Republik
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Genau! Merci für den Hinweis. Erwähnen, dass Beiträge wie dieses Interview nur möglich sind, weil Menschen für den Journalismus der Republik zahlen, dürfen Sie natürlich trotzdem.

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Herr B., Ihnen gilt mein grösster Respekt. Ich versuche mir vorzustellen, wie viel Mut und Redlichkeit es erfordert, mittendrin, als Bewohner und aktiver Bürger Israels, eine so differenzierte, schonungslose Sicht auf die Situation zu werfen und sich von (verständlichen) Vereinnahmungsversuchen fern zu halten. Womöglich ist dies auch mehr als eine Analyse - ein noch einsamer aber notwendiger Schritt Richtung Frieden. Vielen Dank.

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Sehr interessanter Beitrag und trotzdem ziemlich ernüchternd, dass die Protestbewegung sich bereits vor dem Terrorangriff der Hamas nicht einig war zum Thema bezüglich den besetzten Gebiete. Insgesamt gefällt mir die Sichtweise von Herr B., weil er sich in beide Sichtweisen hineinversetzen kann. Etwas, was im derzeitigen Diskurs enorm fehlt.

Die Hamas dient den iranischen Grossmachts­ambitionen. Im Westen hat die Linke Schwierigkeiten, zu verstehen, dass Kolonialismus nicht nur von europäischen Mächten praktiziert wird, sondern auch von islamischen Staaten, die Länder und Bevölkerungs­gruppen unter ihre Herrschaft bringen, um ihnen einen radikalen Islam aufzuzwingen.

Ich gebe hier Herrn B. insofern Recht, dass bei radikalislamisch geprägten Staaten sicher nicht nur gute Absichten vermutet werden müssen. Frage mich aber gerade, ob Kolonialismus der richtige Begriff ist? Kolonialismus betrieb beispielsweise das osmanische Reich und an den Folgen leiden Regionen des Nahen Ostens und auch Südosteuropa bis heute. Auch weil der islamische Kolonialismus einfach durch westlichen Kolonialismus ersetzt wurde, statt eine Politik die den Menschen vor Ort dient. Derzeit würde ich eher von Imperialismus sprechen, der z.B. vom Iran und der Türkei ausgeht?

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Danke für diesen Beitrag. Mit Verwandten und Freunden auf nicht nur beiden, sondern "allen Seiten" ist es fast unmöglich die eigenen Emotionen, Verwzeiflung, vielleicht Hoffnung (aber wo?) zu ordnen. Wenn ich eines gelernt habe in den letzten 35 Jahren, in denen ich Orte und Leute in der Region aufsuche, ist es die Komplexität der Situation und der vielen Akteure mit ihren je eigenen Agenden darin. José B. zeigt fünf Punkte für einen Weg nach dem Krieg auf. Schon diese wenigen Punkte zeigen die Komplexität der bevorstehenden möglichen Verhandlungen.
Wenn schon nicht agiert werden kann in der jetztigen Situation, ist es doch wichtig, inne zu halten und wachsam zu bleiben für Gespräche, Emotionen, Anteilnahme hier und dort.

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Leser
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Das notwendige Gespräch. Danke.

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Kritischer Leser
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B. ist nicht so unparteiisch, wie er zu sein vorgibt. Sein Vorgehen erinnert an das Prinzip "Wir nicht, aber die auch". Den Siedler-Kolonialismus Israels würde B. nicht mal mit der Zuckerzange anfassen, behauptet aber unverfroren, die Hamas sei eine Kolonialmacht, was einfach nur Unsinn ist. Es macht aber auch keinen Sinn, sie als Kolonialtruppe anzusehen, weil keineswegs klar ist, wer sie warum unterstützt (hat). Allen voran Israel, was Herr B. wohlweislich "vergessen" hat, obwohl ausgeschlossen werden kann, dass er das nicht wusste. Netanjahu hat das 2019 mehr als deutlich zum Ausdruck gebracht: "Wer auch immer die Gründung eines palästinensischen Staats verhindern möchte (und Netanjah wollte nichts sehnlicher als das), muss unsere auf eine Stärkung der Hamas und auf Geldtransfers an die Hamas ausgerichtete Politik unterstützen. Das ist Teil unserer Strategie, die Palästinenser in Gaza von jenen im Westjordanland zu isolieren." (monde diplo. 11.2023, S. 5) Die religiöse Seite der Organisation hatte zudem den Vorteil, dass man die Hamas gleichzeitig als Bewegung religiöser Extremisten diffamieren konnte. Als nächster Unterstützer gilt der Iran. Dumm nur, dass die Hamas sunnitisch und Ableger der Muslimbrüder Ägyptens ist. Zuletzt Katar, das damit wohl einfach seine Bedeutung für die Politik der ganzen Region unterstreichen wollte.
Seltsam mutet auch die Behauptung an, das Gebiet um Gaza sei kein Besatzungsgebiet gewesen. Das, obwohl die Totalblockade von Gaza, und nicht erst seit gestern, bestens bekannt war, und die erfolgte ja von diesem Gebiet aus. Das erinnert mich in etwa an die Angehörigen von KZ-Wärtern, die in nächster Nähe der deutschen Konzentrationslager idyllisches Familienleben zelebrierten. (Ich weiss, ich weiss: Angeblich lebten in der Umgebung von Gaza eher linke und regierungskritische Israelis. Umso schlimmer.)
Ich habe keinerlei Interesse daran, die Untaten der Hamas herunterzuspielen, aber "der Abgrund an Hass und Grausamkeit, der sich am 7. Oktober offenbarte", ist nicht aus dem Nichts heraus und nicht in einem harmlos friedlichen Gebiet geboren worden. Gaza ist seit Jahrzehnten ein riesiges Flüchtlingslager und ein Elendsgebiet; Seine Wirtschaft wurde systematisch abgewürgt und die Arbeits- und Perspektivlosigkeit ist dramatisch.
Übrigens stimmen auch die in Presse und im Fernsehen herumgebotenen Zahlen zu den Toten auf israelischer Seite nicht. Die neuste Zählung ist bei 848 Zivilisten, 278 Soldaten und 44 Polizisten angelangt. (The intercept podcast vom 15.11.2023/Jeremy Scahill) Dazu muss man wohl die 240 Geiseln addieren, deren Schicksal die Regierung Netanjahu jetzt bewusst ignoriert, um ihren Vernichtungsschlag ausführen zu können, der sich offiziell gegen die Hamas, tatsächlich gegen eine hilflos eingeschlossene Bevölkerung richtet, die zu grossen Teilen aus Kindern und Jugendlichen besteht. Über 11'000 Palästinenser hat Israel seither abgeschlachtet, darunter ca. 5000 Kinder. Übrigens auch über hundert UNO-Angestellte und 35 Journalisten: Israel will sich bei seinem schmutzigen Krieg gegen Zivilisten nach Möglichkeit nicht beobachten lassen. (Das Wort "abgeschlachtet" gehört nicht zu meiner üblichen Ausdrucksweise, aber es wurde uns in den letzten Wochen in Bezug auf die israelischen Opfer derart penetrant um die Ohren gehauen, dass es angebracht ist, es jetzt mal auf die andere Seite anzuwenden.)
Auch die Totalblockade von Wasser, Lebensmitteln, Elektrizität und Benzin ist ein typisches Kolonialverbrechen Israels. Und wenn die israelische Propaganda auch noch so sehr behauptet, sie "schone" die Zivilbevölkerung, ober bombardiere sie gar, um sie bei den Bodenangriffen zu schonen: Die Bombardierung dicht bevölkerter Stadtgebietet, Angriffe auf Schulen und Spitäler und die Vertreibung von hunderttausender der Bewohner sind Kriegsverbrechen, für die die Verantwortlichen vor den internationalen Gerichtshof in Den Haag gehören. Dieses typische Kolonialmassaker reiht sich in eine lange Reihe solcher israelischer Massaker ein, die Journalisten nicht einfach "vergessen" dürfen, wenn sie sich über das "Böse" aus dem Gaza-Streifen ereifern oder gar vorgeben, "wir seien jetzt alle Israelis" (Na Herr Binswanger: Schon vergessen, oder doch, angesichts der Weiterungen, bereits etwas peinlich?)
In einem muss man Herr B. aber recht geben: Israel hat keinerlei Pläne dafür, wie es nach dem "Krieg" weitergehen soll. Nur eines ist sicher: Die Ignorierung der Palästinenser, die Illusion, ohne sie zu einem nachhaltigen Frieden gelangen zu können, ist dramatisch gescheitert. Und das planlose Massaker wird bereits zu einem erstklassigen Desaster für Israel und seine westlichen Unterstützer und ihrem haltlosen Gerede von den "Menschenrechten". Israels Kolonialmassaker weckt in grossen Teilen der Welt üble Erinnerungen an entsprechende Massaker, die Franzosen, Engländer und Amis (von den Deutschen und den Russen zu schweigen) in den letzten hundert Jahren gegen zahlreiche Völker der Welt angerichtet haben. Biden macht sich wegen seiner Unterstützung Israels gerade unwählbar für die Jungen, auf die er gegen Trump angewiesen wäre, und wenn Trump nochmals gewählt wird, wird das zu einer Katastrophe für die Ukraine, für Europa und für das Klima. Europa sollte sich dringend etwas besseres einfallen lassen als die vorbehaltlose Unterstützung Israels und seiner rechtsextremen, mörderischen Regierung. Jede Unterstützung, die nicht zu einem Frieden beiträgt, kann nur dafür sorgen, dass sich das Rad der Gewalt weiter dreht. Wenn schon eine Garantie, dann nicht für den Kolonialstaat Israel, sondern für den Friedensprozess zwischen Israelis und Palästinensern. Eine Garantie dafür, dass beide Völker ein Existenzrecht in Palästina haben, weder die einen noch die andern vertrieben werden dürfen. Die USA fallen als Garantoren eines solchen Friedensprozesses aus, weil sie einseitig zu Israel stehen, Israel während Jahrzehnten hochgerüstet haben. Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass die diktatorischen, zudem heillos zerstrittenen arabischen (oder gar die muslimischen) Staaten in die Bresche springen werden. Europa hat eine spezielle Verantwortung gegenüber den Juden: Es muss diese Verantwortung neu und inklusiv auch gegenüber den Palästinensern wahrnehmen.

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Interviewter
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Da hätten wir viel zu diskutieren, aber ich möchte nur ein paar Punkte klarstellen.

  1. Ich bin nicht unparteiisch. Ich bin kein auswärtiger Beobachter. Ich lebe seit einem halben Jahrhundert in Israel, habe hier geheiratet, unsere Kinder sind hier geboren worden und aufgewachsen, wie es nun auch unsere Enkelin tut. Ich habe das ja auch ausdrücklich erwähnt. Ich habe versucht, eine kritische Perspektive zu formulieren, aber ich erlebe und sehe was hier vor sich geht aus einem Vorort von Tel Aviv. Das wurde in keiner Weise verheimlicht.

  2. Die Hamas als "Bewegung religiöser Extremisten" zu bezeichnen, heisst nicht sie "diffamieren". Ich glaube, das ist eine akkurate Beschreibung.

  3. Sie haben ganz recht, was Netanjahu anbelangt. Er hat versucht, die Hamas für seine Zwecke zu instrumentalisieren. Das schliesst aber nicht aus, dass sie Iranische Interessen repräsentiert. Im Gegenteil, gerade das versicherte, das mit ihnen nicht verhandelt werden musste, konnte.

  4. Die Hamas sind Sunniten, wie Sie richtig festhalten, aber in der Iranischen "Achse des Widerstands" befinden sich aber nicht nur Schi'iten. Hamas Kämpfer werden durch den Iran finanziert, bewaffnet und trainiert und die Führung der Hamas ist regelmässig in Teheran.
    Wie gesagt, es gäbe noch viele Details, aber zu lange Antworten auf Kommentare sind nicht wirklich angebracht, glaube ich. Nur noch dies: Es freut mich, dass sie gegen Ende Ihres Kommentars, was die Zukunft angeht, mit mir einverstanden sind. Sie wiederholen ja eigentlich meinen 5-Punkte Plan. Es ist in der Tat wichtig, dass nicht nur Israel Garantien erhält, in Sicherheit leben zu können, sondern auch die Palästinenser, und dass diese Garantien nicht (nur) von den USA gegeben werden. Sie schreiben, dass eine Garantie benötigt wird, "dafür, dass beide Völker ein Existenzrecht in Palästina haben, weder die einen noch die andern vertrieben werden dürfen." Mit anderen Worten, zwar bin ich nicht unparteiisch, und zwar stimmen wir nicht in allen Punkten bezüglich der Analyse der Vergangenheit und der Gegenart überein, aber wenn Sie sich nochmals ansehen, was ich im Interview zur Zukunft gesagt habe, scheinen wir uns da einig zu sein. Und das ist doch das Wichtigste.

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Kritischer Leser
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Sehr geehrter Herr B.
Ihre strukturierte Erwiederung auf meinen Beitrag fordert eine entsprechende Antwort.
Zu 1: Ich bin ein aussenstehender Beobachter, aber kritisch engagiert in der Gesellschaft Schweiz-Palästina, die auch von israelkritischen Juden unterstützt wird. Aus dem Bewusstsein heraus, dass den Palästinensern während Jahrzehnten übel mitgespielt wurde. In Bezug auf die jüngsten Ereignisse bringt es Gideon Levy in einem Artikel von Haaretz vom 9. 10.23 am besten auf den Punkt: "Israel has never stopped punishing Gaza since 1948......You can't imprison two million Gazans without paying a cruel price." Das ist betont keine Rechtfertigung des widerlichen Hamas-Massakers, aber dieses rechtfertigt das fortlaufende, und absolut ziellose Massaker, das Israel jetzt in Gaza anrichtet, nicht im Geringsten. Noch einmal Gideon Levy: "Is there any hope in the Hamas attack? No. Will Israel learn it's lesson [regarding it's age-old arrogance towards paletinians]? No". Ganz bestimmt nicht unter dieser Regierung mit ihren offen faschistischen Ministern und einem Premier, der die israelische Gesellschaft nur noch mit einem Krieg hinter sich zu vereinen vermag.
Zu 2 und 4: Das bringt G. B. von der JVJP in seinem Beitrag am besten auf den Punkt (JVJP Jüdische Stimme für Demokratie und Gerechtigkeit in Israel/Palästina):
"[die hamas als] Kolonialisten? Damit kann ich nichts anfangen, diese Zuschreibung verschleiert mehr als sie erklärt. Die Hamas wurde am Anfang von Israel unterstützt. Religion als Ablenkung vom Befreiungskampf. Wer der Hamas den Charakter als palästinensische Struktur abspricht, handelt selbst kolonialistisch....Negiert, dass die Hamas eine gegen israelische Zivilist:innen absolut widerlich handelnde, aber gegen innen teilweise sozial handelnde, zudem identitätsstiftende (auch gegen die korrupte PA), reale palästinensische Kraft ist. Wie der IS und die Taliban, die von den USA unterstützt wurden und eine eigene Agenda haben."
Zu 3: Die Hamas ist, wie Herr B. ganz richtig sagt, vorab eine palästinensische Kraft und nicht bloss ein iranischer Ableger. Die Hamas nimmt Unterstützung, woher sie sie kriegen kann, hat aber ganz klar eine eigene, palästinensische Agenda. Diese Funktion macht es aber auch unmöglich, die Hamas definitiv zu besiegen, solange die Blockade Gazas und die Unterdrückung der Palästinenser anhält.
Zu Ihrem 5-Punkte-Plan: Die arabischen Nachbarstaaten sollten sich jedem Versuch Israels widersetzen, ihr "Palästinenser-Problem" mit einer erneuten Vertreibung zu "lösen". Die "Befreiung vom islamischen Imperialismus" bleibt nebelhaft, auch wenn die Türkei und der Iran durchaus imperialistisch auftreten und bewaffnete Kämpfer im Ausland unterstützen, die ihre Interessen vertreten. Dagegen hat die während Jahrzehnten und von sämtlichen Regierungen gehätschelte Sieder-Bewegung Israel tatsächlich destabilisiert. Diese Siedler-Bewegung ist heute das grösste Hindernis für eine politische Lösung des Konflikts. Das ist, neben der Abrechnung mit der Regierung Netanjahu, die Auseinandersetzung, die Israel nach dem Krieg bevorsteht, und es ist keineswegs garantiert, dass das mit friedlichen Mitteln gelingt, denn die Siedler sind längst ausser Kontrolle. In Bezug auf die Auseinandersetzung zwischen Israelis und Palästinensern ist es ein Faktum, dass beide Seiten auf Gewalt gesetzt haben, die offensichtlich nirgends hin führt als zu mehr Gewalt. In diesem fortlaufenden Konflikt war Israel immer dominierend, die Palästinenser immer unterlegen, hatten auch unverhältnis mehr Opfer zu verzeichnen als Israel. Es geht nicht bloss um die Anerkennung der Leiden der Palästinenser: Sie brauchen eine politische Perspektive anstelle von blossem Widerstand, sei das in einer (kaum noch möglichen) Zwei-Staaten-Lösung, sei das in einem binationalen Staat mit gleichen Rechten für alle Staatsbürger. Bisher hat sich Israel in seiner Arroganz immer gegen eine Lösung des Konflikts gewehrt, hat in typischer teile-und-herrsche-Manier die Hamas gegen die Paletinian Authority in Ramallah ausgespielt, und versucht, Friedensabkommen an den Palästinensern vorbei auszuhandeln. Das wird so kaum mehr möglich sein, und das ist ein Fortschritt. Ja, Israel braucht Existenz-Garantien, aber das brauchen noch viel mehr die Palästinenser. Die USA wie Deutschland müssten über ihren Schatten springen, ihre einseitige Unterstützung Israels aufgeben und für die friedliche Aushandlung einer Lösung garantieren, und sei das über die UNO, die in dieser Geschichte bisher typischerweise gelähmt war. Gewalt hat in die heutige Ausweglosigkeit geführt: Nur Friedensverhandlungen unter dem Schutz einer starken Garantiemacht können zu einer dauerhaften Lösung führen. Und es ist klar, dass Israel da viel grössere Kompromisse machen muss als die Gegenseite, die seit Jahrzehnten mit dem Rücken zur Wand steht. Einfach wird das nicht, aber sämtliche Alternativen sind verstellt und desavouiert, garantieren bloss eine Fortsetzung der Gewalt. Ich kann nicht schliessen, ohne einmal mehr eine sofortige Waffenruhe zu fordern. Dieses fortlaufende Massaker an palästinensischen Zivilisten muss enden, und zwar sofort. Nach neusten Zählungen sind es schon über 12000 Tote (darunter 5000 Kinder), und die Verletzten können nicht mehr behandelt werden, weil die Spitäler zu Kriegsschauplätzen G. sind: Das ist absolut inakzeptabel und durch nichts zu rechtfertigen. Und die Aushungerung Gazas, auf die die Blockierung eines Grossteils der nötigen Nahrungslieferungen hinausläuft, ist klar ein Menschenrechtsverbrechen.
Mit freundlichen Grüssen, U. B.

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Souri Thalong
Community-Support
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Ist es so schwierig, einfach einen sachlichen Beitrag zu schreiben? Wieso musst du den Interviewpartner zuerst beleidigen, bevor du auf die Sachebene gelangst, Ueli? Was ist das für eine Unart? Das ist definitiv nicht das, was wir unter einem konstruktivem Dialog verstehen.

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Kritischer Leser
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Oh, sag mir, inwiefern ich ihn beleidigt habe. Aber Herr B. ist ganz entschieden nicht so unparteiisch, wie er zu sein vorgibt. Er versteckt seine Parteilichkeit nur geschickter als andere Leute, etwa der NZZ Chefredaktor.

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Kennt der Community-Support den Kommentierenden persönlich und steht in aller Transparenz zur Du-Form, wenn er jenen oberlehrerhaft an den Ohren zieht? Oder wird hier in diesen Kommentarspalten etwa grundsätzlich geduzt (was mich an die Anfangszeiten von IKEA erinnert;-)?

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Bei aller Polemik ist der Punkt der rechten hardlineregierung, die jetzt härte demonstrieren kann, valide. Weniger valide scheint mir der Vorwurf, dass Europa die Palästinenser grundsätzlich nicht wahrnimmt. Es fliesst da viel Geld. Und es wurde in der Vergangenheit viel energie aufgewendet, um eine zweistaatenlösung zu stützen. Aber die einseitige Sicht auf palestinenser als Opfer scheint mir kein haltbares narrativ. Es kann nicht erwartet werden, dass die israelische Sicherheit spolitik auf die terroranschläge nicht reagiert.

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Ich empfehle Ihnen, sich so fundiert und neutral wie möglich über die Opferzahlen zu informieren: wieviele Juden wurden in den letzten hundert Jahren von Palästinensern vertrieben, entrechtet, diskriminiert, getötet, unrechtmässig inhaftiert, vergewaltigt, entführt, ihrer Existenzgrundlage entzogen und umgekehrt, wieviele Palästinenser dies durch Juden erleiden mussten. Ich vermute, dass Sie schockiert sein werden.

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Heiko Flottau, ein renommierter Nahostkenner und ehemaliger Journalist grosser deutschsprachiger Zeitungen, beschreibt in einem kürzlich im "Journal 21" erschienen Artikel mit dem Titel «Wer die Palästinenser zerstört, zerstört auch Israel» die elende Geschichte der 4 vorangegangenen Gazakriege und die frühere Geschichte des palästinensischen Widerstands gegen die israelische Landnahme.
In den vergangenen Wochen wurden schon über 11'000 Menschen, mehrheitlich Kinder und Frauen im Gazasreifen getötet und 27'000 Menschen verletzt. Mehr als 100 humanitäre UNO-Mitarbeiter wurden getötet.
Menschen irren hungrig und durstig im Gazatreifen herum, finden keinen Schutz vor den Bomben, die medizinische Versorgung ist zusammengebrochen und der kommende Winter ist auch im Gazastreifen kalt.
Die grosse Mehrheit der Länder und der Sicherheitsrat rufen zu einem sofortigen Waffenstillstand auf.
Das Töten geht weiter und hinterlässt auch in uns Zerstörungen. Wo wird das enden??
Stop the war!

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keine Frage: ein grossartiger Beitrag eines differenziert denkenden und argumentierenden Israeli. Danke Republik. Ausgewogener Journalismus aber würde nun auch ein Gespräch mit einem ebenso differenziert denkenden und argumentierenden palästinensischen Intellektuellen beibringen. Und die gibt es. Nur - sie werden wohl nicht in der Schweiz geboren sein, man müsste sie wohl im Ausland suchen - z.B. in den USA. Schafft das die Republik auch? Ich hoffe es - auch für die Republik!

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In den USA gäbe es z.B. diesen hier Fady Joudah; https://en.wikipedia.org/wiki/Fady_Joudah

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Dauernörgler
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Ich bin eigentlich immer ein Nörgler. Diesmal jedoch nicht. Merci für den Artikel. Merci vielmals. Auch wenn er weh tut.

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Edit: ich möchte hinzugügen, dass ich das Interview an sich sehr gut finde. Nur fand ich es schade, dass die Linie des 'Israel hat keine andere Wahl' nicht hinterfragt wurde. Viele Experten teilen diese Ansicht nicht.

Auch die Palästinenserinnen, die nun unter der Dauer­bombardierung leben, haben sehr berechtigte Ängste.
Die Palästinenser haben auch eine existenzielle Angst, nämlich dass Israel einen Genozid an ihnen verüben will. Israel hat den Holocaust in seiner kollektiven Erinnerung, die Palästinenser die Nakba. Beide Seiten sehen die andere mit Recht als existenzielle Bedrohung, und so sind beide Seiten von einer berechtigten existenziellen Angst getrieben.

Nur hat Israel tatsächlich die Nakba ausgelöst, während Palästina mit dem Holocaust nichts zu tun hatte. Nur weil eine Angst besteht heisst es nicht dass sie gerechtfertigt ist bzw nicht aktiv politisch instrumentalisiert wird. Da hätte ich schon ein bisschen mehr Kritik erwartet.

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Wieso soll diese Angst nicht berechtigt sein?
Weiter unten sagte B., dass es wichtig ist, dass die arabischen Staaten bei einer Friedenslösung hinzugezogen werden. Da braucht es beide Seiten. Nach aussen so tun als ob man sich für die Palästinenser einsetzt und gegen innen diese Leute nicht mal einbürgern und ihnen Rechte verwehren. So geht das nicht. Die arabischen Staaten müssen sich zusammenschliessen um Israels Sicherheit zu garantieren und Israel muss ebenfalls die Existenzängste der Palästinenser akzeptieren und entsprechend handeln.

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Die jetzige Situation hat gezeigt, dass kein arabischer Staat bereit ist militärisch einzugreifen. Es sind in Gaza gerade fast 12'000 Menschen ermordet worden. Israels Existenz wurde durch den Anschlag nicht bedroht auch wenn er viel Leid gebracht hat.

Diesen Krieg will auf arabischer Seite niemand, bis auf ein paar vom Iran unterstützte Gruppen. Auch die wollten den Krieg nicht und wurden nur hineingezogen. Es gibt keine Rechtfertigung für das, was in Gaza gerade verübt wird.

Keine.

Und ja, ich verurteile die Terroranschläge von Hamas.

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einverstanden: beide haben Existenzängste und sind gedemütigt worden. Beide tragen Traumata in sich, die noch nicht Geschichte G. sind, sondern wirken und diese Ängste verursachen.

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Sie sind immer noch im Aufrechnen Modus.

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Ich verstehen den Kommentar nicht, tut mir leid. Was ist gemeint?

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Der Beitrag von José B. erschien mir beim ersten Lesen differenziert, das mulmige Gefühl kam erst nachher. Auch Herr B. mag nicht zu Ende denken, was wahre Gleichberechtigung, universale Menschenrechte und wahre Freiheit für die Palästinenserinnen bedeuten würde. Solange sich Israel, die USA und der Westen nicht zu fest bewegen und kaum Opfer bringen müssen (Räumung der Siedlungen, Aufgabe der wahnwitzigen Idee eines Gross-Israels ohne Palästinenser, etc) könnte man den Palästinensern sogar ein annähernd menschenwürdiges Leben erlauben, nicht in Freiheit wohlverstanden, sondern unter irgendeiner Herrschaft. Leider wird völlig ausser acht gelassen, dass es so nebenbei gesagt auch um das Rückkehrrecht der bereits vertriebenen Palästinenserinnen geht (aktuell wohl ein Luxusproblem). Dieses heisse Eisen wird systematisch nicht angefasst, das wäre ja noch bedrohlicher betr. die demographische Entwicklung in Israel/Palästina (aus israelischer Sicht). Die bereits vertriebenen Palästinenser, die in allen Erdteilen verstreut sind, sollen sich gefälligst dort einbürgern lassen, wo sie sich aufhalten und endlich Ruhe geben. Seit rund 100 Jahren Bittsteller - immer Bittsteller.
Ich bin für die Klarheit im Statement von Herrn B. dankbar, es gibt in den gängigen westlichen Medien schon genug Augenwischerei.
Zu guter Letzt könnte man der Leserschaft auch mal einen Artikel zur Lage von medico international zumuten. Was sich schon länger und aktuell in den besetzten Gebieten abspielt, ist ein menschenverachtendes Drama, das sprachlos und ohnmächtig macht.

https://www.medicointernational.ch/…ch-zu.html

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Vielen Dank für ihren wertvollen Hinweis!
Edward Said hat schon vor Jahrzehnten darauf hingewiesen, wie absurd es ist, dass Juden aus aller Welt nach Israel reisen dürfen und schnell die israelische Staatsbürgerschaft erhalten, während er, der in Jerusalem geboren ist, nicht dorthin reisen durfte, geschweige denn dort leben. Es gibt auf YouTube etliche hörenswerte Reden und Interviews mit ihm.

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Ich nehme in Kauf, von Herrn B. als Scharlatan bezeichnet zu werden, aber ich sehe keine realistische Lösung ausser der Zweistaatenlösung. So viel ich weiss, war Mahatma Gandhi sehr traurig darüber, dass das gewaltfrei von der Britischen Kolonialmacht befreite Gebiet in drei Staaten zerfiel und nicht als multiethnischer und multireligiöser Staat funktionieren konnte. Bei der Umsetzung der Dreistaatenlösung gab es leider extrem viele zivile Todesopfer (1 Mio?) und Millionen von Menschen, die ihre Heimat verloren und an einem weit entfernten Ort eine neue Existenz und Heimat aufbauen mussten. Trotzdem denke ich, dass die Dreistaatenlösung das kleinstmögliche Übel war und noch immer ist.
Eine Einstaatenlösung oder eine Konföderation halte ich für so sinnvoll und erfolgversprechend, wie wenn die KESB einer Frau empfiehlt, mit dem dominanten, diskriminierenden und gewalttätigen Ehemann auf ewig zusammen zu bleiben oder wenigstens in einer WG zusammen zu wohnen.
Wer erfolgreich ist, hat wenig Motivation sein Verhalten zu ändern. Wer am Siegen ist, macht selten eine Denkpause. Solange die politisch dominanten jüdischen Israelis der Verwirklichung ihres Traumes eines unanfechtbar jüdisch dominierten Staates möglichst auf dem ganzen palästinensischen Gebiet entweder in Zeitlupe oder in sporadisch grösseren Schritten immer näher kommen, wird es keinen Frieden geben.
Absolute Sicherheit gibt es nicht, doch der beste Garant für Sicherheit ist Partnerschaft und nicht die Unterwerfung, Bombardierung oder Vertreibung des Nachbars. Wirkliche Partnerschaft gibt es nur auf Augenhöhe. Haben Verletzungen stattgefunden, braucht es Versöhnung. Voraussetzung dafür ist gegenseitige Vergebung. Diese kann es aber frühestens geben, wenn die Verletzungen (also die Eroberungen) nicht nur vollständig gestoppt worden, sondern weitgehend rückgängig gemacht worden sind.
Wer in Not ist (gesundheitlich, psychisch, finanziell, beruflich, usw.) ist maximal manipulierbar, denn er nimmt tendenziell jede angebotene Hilfe an. Den Palästinensern vorzuwerfen, sie seien 'imperialistische Handlanger' Irans, finde ich ziemlich schräg. Wenn die Palästinenser sehen müssen, dass auch die jahrzehntelangen Ermahnungen der besten Freunde und Unterstützer Israels die Zeitlupeneroberung des Westjordanlands in keiner Weise stoppen, wer gibt ihnen dann noch eine Hoffnung (!), dass ihr steter Untergang zu stoppen ist?
Maximale Ohnmacht führt zu Verzweiflungstaten. Diese sind oft sehr unschön und oft nicht erfolgreich.
Das Opfer ist dem Täter moralisch überlegen. Ich glaube, dass es eine der grössten Herausforderungen im Leben ist, sich selbst und den Mitmenschen einzugestehen, dass man von einem Opfer in einer neuen Situation zu einem Täter G. ist.
Manchmal braucht es aber gerade dies, damit Frieden entstehen kann.
Die Juden haben sich zweitausend Jahre daran erinnert, wo ihre einstige Heimat war.
Wie lange wird die palästinensische Erinnerung dauern?

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anonyme Verlegerin
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· editiert

Ich habe das Interview mit grossem Interesse gelesen und noch einige Fragen dazu. Vermutlich soll zum Ausdruck gebracht werden, dass Hamas nicht als Befreier der Palästinenser handelt oder als solche hochstilisiert werden sollten. Die Hamas als kolonialistisch zu bezeichnen, halte ich für etwas polemisch. Freilich, damit wird der Vorwurf an Israel adressiert, es betreibe selbst Kolonialismus. Gleichzeitig scheint Herr B. selbst jemand zu sein, der bereit ist, genau hier etwas mehr hinzuschauen. Vielleicht liegt ja eben der Schlüssel zur einer Lösung eben genau in einer Diskussion und Reflexion über Kolonialismus und wie dieser überwunden werden kann. Dass Israel dazu kaum selbst in der Lage scheint, stimmt mich traurig. Ob eine Bedingungslose Unterstützung des heutigen Israel wirklich ein Freundschaftsdienst an den Israeli ist, daran zweifle ich mehr und mehr. Und ja, wie kann aus dieser Existenzbedrohungsgefühlsspriale herausgefunden werden? Mir fällt da nur das Wort Vertrauen schaffen ein. Gewalt tut das Gegenteil.Ich würde mir generell mir noch mehr Berichterstattung über die Hamas wünschen (Geschichte, Personen, Unterstützer und Kritiker, Verpflzchtung mit der Palästinensischen Bevölkerung, man erfährt da sehr wenig). Was aus meiner Sicht nicht ganz trennscharf ist: ist Hamas nun  « die Palästinenser » oder ein « kolonialistischer » Fremkörper gesteuert von Iran? Wie ist Hamas in der Bevölkerung verankert? Wenn Hamas ein Fremdkörper ist, kann Israel sie vielleicht «zerstören ». Wenn nicht, dann ist das Ziel, Hamas komplett auszulöschen illusorisch und keine sinnvolle Rechtfertigung. Es sei denn, man töter sehr sehr viele Menschen. Die Aussage beide, Palästinenser und Israel seien von Existenzangst getrieben deutet eher darauf hin, dass die Hamas Gewalt eben doch von den Palästinensern ausgehe, nicht von einer Fremdmacht. Vielleicht will B. aber auch sagen, die Palästinenser unterstützen Hamas und lassen sich damit von Iran instrumentalisieren, nicht zu ihrem Wohl.

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Interviewter
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Die Hamas wurde im Gazastreifen 2006 demokratisch als groesste Partei ins Parlament der Autonomiebehörde gewählt. Seither gab es allerdings keine Wahlen mehr. Sie formte eine Einheitskoalition mit der Fatah, die allerdings bald auseinanderbrach, und die meisten ehemaligen Regierungspartner überlebten dies nicht. Die Hamas wird teilweise von Katar finanziert, teilweise von Iran, wo ihre Kämpfer auch ausgebildet und bewaffnet werden. Sie ist Teil der Iranischen "Achse des Widerstands", durch die der Iran die Region übernehmen will. Zur Unterstützung durch die lokale Bevölkerung ist es schwierig Daten zu sammeln. Proteste werden gewaltsam niedergeschlagen und wenn auch Umfragen ergeben, dass die Hamas heute nicht mehr gewählt würden, sind Umfragen nicht Wahlen. Und die gibt es ja nicht mehr.

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anonyme Verlegerin
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Danke, Herr B., für diese Ausführungen. Es ist so wichtig, besser zu verstehen, mit wem man es zu tun hat. In der europäischen Berichterstattung bleibt hamas, wie mir scheint, auffallend « gesichtslos ». Es wäre toll, wenn die republik es schaffen könnte, uns weitere einblicke zu verschaffen. Ich wünsche ihnen Kraft in dieser schrecklichen Situation und wünsche mir, dass sie sich nicht länger als Minderheit im eigenen Land fühlen müssen, wenn sie für die Demokratie in Israel einstehen.

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Endlich ein ausgewogener, reflektierenden Beitrag zu dem Thema.
Eine kleine Ergänzung, gemäss dem Teilungsplan der UNO besetzt Israel durchaus kleinere Gebiete rund um den Gaza-Streifen.

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Sorry fürs spamen :)

Ich finde die Aussage hochgradig interessant:

Aber es wird keine einfachen Antworten geben. Jeder, der eine einfache Antwort gibt und sagt, wir werden eine israelisch-palästinensische Konföderation haben, oder wir werden eine Föderation haben oder eine Einstaaten­lösung oder eine Zweistaaten­lösung, ist meines Erachtens ein Scharlatan.

Grundsätzlich hat er Recht. Aber m.E. weniger bezüglicher der nächsten Schritte - die sind tatsächlich vergleichsweise einfach (selbst das Problem der (il)legalen Siedlungen) - das eigentliche Problem ist die Transformation Palästinas von einem Steinzeitagrargebiet mit disfuktionaler Verwaltung und ohne jegliche Tradition was Demokratie oder Rechtsstaatlichkeit anbetrifft, in einen modernen Staat, der in der Lage ist, die Hoffnungen von Millionen von Menschen zu erfüllen. Anstatt so zu scheitern, wie die meisten Staaten Afrikas nach Erreichen ihrer Unabhängigkeit von ihren Kolonialherren.

Auch wenn ich weiter unten geschrieben gehabt habe, dass eigentlich der Westen in der Verantwortung stehen müsste, wenn er dies erreicht haben will. Die Wahrscheinlichkeit, dass es unter Anleitung des Westens klappt, dürfte bei 1% liegen. Positiv betrachtet.
Die Geschichte gibt hierzu keinen Grund zur Hoffnung. Der letzte Staat, der sich aus einer Diktatur in eine dauerhaft funktionierende Demokratie gewandelt hatte, war die BRD. Allerdings wird der Einfluss der Allierten massiv überschätzt. Zum einen hatte Deutschland eine demokratische/rechtsstaatliche Tradition (spätestens seit der Weimarer Republik), die als Blaupause für die Verfassungsväter diente, zum anderen war das Wissen, wie Industrie, Wirtschaft, Rechtswesen und Wissenschaft effektiv funktionieren mit der Niederlage im 2. WK nicht komplett verloren gegangen. Dh die Grundlagen für das Erfolgsmodell waren bereits vorhanden (auch wenn die Nazis alles dafür getan haben, die zentralen Elemente "vergessen zu machen"). Man musste es also "nur" zulassen, frei legen, verbessern und entsprechend fördern. Was der eigentliche Verdienst der Allierten gewesen ist - allen voran den Franzosen, die aus der Geschichte gelernt hatten.

Im Gegensatz zu all den anderen Beispielen, wo dies krachend gescheitert ist. Dabei muss man die kläglichen Versuche im Irak und Afgahnistan noch nicht mal zwingend erwähnen.
Wenn man schaut, wo Polen, Ungarn, Kroatien, die Slowakei, Bulgarien oder Rumänien stehen.... Mit deutlich besseren Voraussetzungen und einer finanzstarken EU im Rücken.

Wie soll das in Palästina funktionieren?

Faktisch geht dies nur, wenn Israel Palästina als Bruderstaat akzeptiert und allein schon zum Wohle seiner eigenen Mitbürger, die sich freiwillig dem neuen Staat Palästina angeschlossen haben würden, das neue Land in sämtlichen Bereichen fördert (zusätzliches "ausländisches" Geld ist natürlich willkommen; Israel kann es schon finanziell allein nicht packen).

Nur dann wird statt Frust Hoffnung das Land regieren. Mit einer echten Perspektive.

Alles andere ist meines Erachtens Wunschdenken...

...die Frage ist nur, werden beide Seiten irgendwann in der Lage sein, die gegenseitige Abhängigkeit zu akzeptieren und damit über ihren eigenen Schatten springen?

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Ein sehr interessantes, viele Dinge "bestätigendes" Interview (in Anführungszeichen, weil es für einige sicherlich ein "anti-israelisches" sein dürfte).

Trotzdem gibt es 2 Punkte, die mir aufgefallen sind.

Aber wenn die Gekidnappten einen so grossen Raum einnehmen, weshalb sind dann die Mahn¬wachen schlecht besucht?

Es sind allein 350.000 Reservist(inn)en eingezogen worden. Damit ist faktisch jede Familie Israels von dem Konflikt betroffen. Was das bedeutet, weiss ich aus eigener Erfahrung mit der Ukraine. Dein Gehirn setzt einfach aus. Die Angst um die eigenen Verwandten, Freunde und Bekannten dominiert. Selbst, wenn man im sicheren Ausland sitzt.
Dieser Effekt verschwindet nicht, aber er wird durch den irgendwann einsetzenden Abstumpfungseffekt (teils massiv) gemildert. Es ist etwas zu viel erwartet, dass die Leute nach nur 5 Wochen (und mit dem Wissen, dass der deutlich verlustreichere Krieg mit der Hisbollah noch bevorstehen könnte) bereit sein könnten, über mögliche Konsequenzen nachzudenken, wieder auf die Strasse zu gehen.

Die Israelis entgegnen: Nach dem Krieg darf es keine Hamas mehr geben. Im israelischen Diskurs geht es im Moment nur darum, was nicht mehr sein darf, nicht darum, wie man eine Nachkriegs¬ordnung gestalten kann. Da herrscht eine grosse Leere, als käme nach dem Krieg das Nichts.

Ich bin mir nicht sicher, ob diese Aussage wirklich so zutreffend ist. Nach dem Krieg kann tatsächlich das "Nichts" folgen, ohne dabei den Gazastreifen annektieren oder dauerhaft besetzt halten zu müssen.

Es reicht, wenn er erst von der Hamas (und der dortigen Bevölkerung) geräumt und anschliessend nach dem Vorbild der ukrainischen-russischen Kontaktlinien grosszügig vermint wird. Das Sicherheitsproblem "Gaza"/"Hamas" hätte sich dann erledigt.

Zynisch? Natürlich - was ich mich aber frage ist, nach dem der Norden komplett von der Hamas gesäubert wurde. Wie soll das im Süden funktionieren? In den Norden wird Israel niemanden zurücklassen, so lange der Krieg dauert - und nach Süden kommt nur noch Ägypten. Dh wenn die Armee weiterhin die Karte "wir haben euch gewarnt, flieht" spielen will, ohne dabei die eigenen Grenzen zu öffnen, dann geht es ohne Mithilfe Ägyptens schlichtweg nicht.
...und wenn sie einmal raus sind, dann muss man schon ein grosser Optimist sein, wenn man daran glaubt, dass die Zivilbevölkerung jemals zurückgelassen wird.

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anonyme Verlegerin
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Ich denke wirklich, dass niemand anfangen sollte in Kategorien wie «säubern» zu sprechen und noch weniger, zu denken. Auch nicht ironisch. Was von was denn überhaupt genau? Die Logik greift ins Leere. Sie ist angst- und hassgetrieben. Die fünf Punkte von Herrn B. weisen den ohnehin schwierigen weg.

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Egal, wie wir es drehen und wenden. Vergleichbare Aussagen / Gedanken wurden von der Regierung Israels so oder so ähnlich seit dem Terrorangriff der Hamas mehr als einmal getätigt. Nuklearoption inklusive.

Es wäre ein schwerwiegender Fehler, diese bereits laut gedachten Optionen zu ignorieren.
Effektiv muss sich gerade die westliche Welt Gedanken machen, wie sie reagieren wird, wenn Israel diesen Zug tätigt.

Seit dem Ukrainekrieg (und nicht nur seit dem) sollte uns eigentlich bewusst sein, dass gerade die unrealistischesten Optionen deutlich häufiger real werden als dies statistisch eigentlich stattfinden sollte.

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Im Portal der Rosa Luxemburg Stiftung findet man eine beeindruckend klare Chronologie der Ereignisse um Palästina und Israel, welche bereits Anfang des 19 Jahrhunderts seinen unheilvollen Anfang - und im ersten und zweiten Weltkrieg seine Fortsetzung nahm. Sehr lesenswert!! Man wird nach dem Lesen m.E. nicht mehr für Palästina oder für Israel Partei ergreifen können, sondern nur noch für den dritten Weg: Eine friedliche Koexistenz.
(Man muss auf der Seite oben das PDF öffnen, um den ganzen Artikel zu lesen).
https://www.rosalux.de/publikation/…tes-israel

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Nur eine friedliche Koexistenz ist möglich.
Um das zu erreichen braucht es gleiche Rechte für alle Bewohner.
Wenn ich im Interview den Satz lese: "Doch man kann wieder in Cafés und Restaurants gehen.", denke ich an den Menschen im Gaza, denen es an Wasser, Strom, Nahrung, medizinische Versorgung fehlt. Es fehlt an alles. Nur nicht an Bombardierungen.

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Ein wahrlich sehr interessantes INterview — welches der komplexen Situation gerecht wird, nicht einseitig daherkommt. Vielen Dank. Und was machen wir mit den heutigen UNO Beschlüssen? Wie kann ich sie verstehen? Als geschicktes taktisches Vorgehen in Richtung Frieden ? oder als ungerechte einseitige Beurteilung einer Situation? (die wiederum viele als antisemitisch beurteilen könnten?)

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Die Resolution zu Feuerpausen? Was gibt es dagegen einzuwenden?

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ich finde, es gibt nichts dagegen einzuwenden. Ich bin sehr zweiseitig unterwegs. Jedoch: warum sollen die einen Kriegsverbrechen begangen haben, und die andern nicht?

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und übrigens: das Tagesgespräch auf Radio DRS 1 von heute Mittag mit Tom Segev war sehr interessant. und auch interessant, wenn auch ein wenig seitlich unseres Themas, aber vielleicht doch nicht…. : Link : https://www.youtube.com/watch?v=a5zw3Yz-yas mit Gideon Levy

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Vielen Dank für den YouTube-Link. Ich finde den Vortrag von Gideon Levy sehr hörenswertvoll!

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Der Vortrag von Gideon Levy trifft es genau. Danke für den Link.
Wie Anonym 9 blieb auch bei mir ein mulmiges Gefühl zurück nach dem Beitrag von Herrn B.
Das "beide haben eine berechtigte existenzielle Angst" ist schrecklich genug wahr.
Gewalt durch Gewalt bekämpfen, führt sowohl zur Eskalation als auch zur Radikalisierung.

Mir scheint, dass die Palestinenser aktuell und seit längerem in den besetzten Gebieten unerträgliches Leiden ausgesetzt sind, dass nach Wiedergutmachung verlangt.

Die Aussage, dass beide Seiten existentiell bedroht sind, kann ich vollumfänglich nachvollziehen.
Der Satz: " beide Seiten haben recht", nicht .

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"Sie sind selbst Kolonialisten, auch wenn sie Palästinenser sind. Die Hamas dient den iranischen Grossmachts­ambitionen. Im Westen hat die Linke Schwierigkeiten, zu verstehen, dass Kolonialismus nicht nur von europäischen Mächten praktiziert wird, sondern auch von islamischen Staaten, die Länder und Bevölkerungs­gruppen unter ihre Herrschaft bringen, um ihnen einen radikalen Islam aufzuzwingen. Die Hamas ist ein Ableger eines solchen Herrschafts­projekts."

Kolonialisten? Damit kann ich nichts anfangen, diese Zuschreibung verschleiert mehr als sie erklärt. Die Hamas wurde am Anfang von Israel unterstützt. Religion als Ablenkung vom Befreiungskampf. Wer der Hamas den Charakter als palästinensische Struktur abspricht, handelt selbst kolonialistisch. Unterstützt den Diskurs von dummen Marionetten, die von aussen dirigiert handeln. Negiert, dass die Hamas eine gegen israelische Zivilist:innen absolut widerlich handelnde, aber gegen innen teilweise sozial handelnde, zudem identitätsstiftende (auch gegen die korrupte PA), reale palästinensische Kraft ist. Wie der IS und die Taliban, die von den USA unterstützt wurden und eine eigen Agenda haben.

Auffällig ist auch, dass er zur PA und ihrer üblen Rolle schweigt, die sich von IL einspannen lässt. Hier spricht er ganz zufällig nicht von kolonialistisch.

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"Ich glaube, Ägypten, Katar, Saudiarabien und so weiter müssen eine Schlüssel­rolle spielen. Es darf keine weiteren Abkommen wie die Abraham-Abkommen oder die geplanten Verträge mit Saudiarabien geben, in denen die Palästinenser ganz einfach ignoriert werden. Die arabischen Staaten müssen Mitverantwortung übernehmen für eine Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts."

Dieser Kommentar von mir kommt reichlich spät und ist, ich weiss überflüssig, aber ich möchte zu diesem Zitat etwas sagen. Auch wenn das klappt ist Israel den "Islamische Imperialismus" und die Angst vor der "existenziellen Bedrohung" nicht los so lange die Beziehungen zu Iran nicht verbessert werden. Iran habe, wie es heisst, viel Einfluss über Hizbollah und ihre Raketen, über Hamas, über die Houthi und die Raketen die Iron Dome neulich abzuschliessen hat. Woher diese Verbesserung kommen kann????

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