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Vielen Dank, das hat mein Verständnis von konservativer Politik wunderbar erweitert!

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Die Erkenntnisse dieser sehr instruktiven Analyse des Konservatismus in Deutschland lassen sich in vielem auch auf konservative Parteien in anderen Ländern übertragen. Der Spagat zwischen Wertekonservatismus, neoliberalem Wirtschaftsdenken und einigen sozialen Anliegen ist wohl nur sehr pragmatisch einigermassen zu schaffen. Was in diesem Artikel nur angedeutet ist, ist die Tatsache, dass sich offensichtlich nicht nur in den USA, sondern auch in Europa eine Annäherung zwischen Konservativen und Rechtsradikalen abzeichnet. Beispiele dafür gibt es leider genug, auch in unserem Land. Das Bekenntnis zum demokratischen Rechtsstaat scheint in vielen konservativen Kreisen immer mehr zu Disposition gestellt zu werden. Dazu möchte ich auf einen lesenswerten Artikel in „Blätter für deutsche und internationale Politik“, Ausgabe 1‘21 von Markus Linden unter dem Titel „Revolutionärer Konservatismus – der rechte Angriff auf Freiheit und Demokratie“ hinweisen.

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Rollenlos
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Das Bekenntnis zum demokratischen Rechtsstaat scheint in vielen konservativen Kreisen immer mehr zu Disposition gestellt zu werden.

In wie fern ist das ein exklusiv konservatives Problem?

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Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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Weil es z. B. der damalige Bundesrat für Justiz, Christoph Blocher, war, der die Gewaltenteilung missachtete (und selbst von Couchepin als Gefahr für die Demokratie bezeichnet wurde)? Oder weil die Fichen-Affäre, in der v. a. linksstehende Politiker und Mitglieder von Gewerkschaften überwacht worden ist, von rechts-bürgerlicher Seite initiiert worden ist? Der Fisch stinkt vom Kopf her.

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Weil die US-Demokraten seit Jahren mit einem Messer zum Gunfight mit den Republikanern kommen.

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Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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Ich wünschte mir eine ähnliche Analyse für die neuerliche «Mitte )» und die Rechts-Bürgerlichen als solche in der Schweiz (also inkl. GLP, FDP und SVP). Die Dilemmata und die daraus folgende «Orientierungslosigkeit zwischen Neue Rechte und Neoliberalismus» (Biebricher) werden hier ja gewissermassen durch eine Art Arbeitsteilung zwischen den Parteien aufgelöst. (Bedeutet eigentlich die Klammer im Logo der «Mitte )» eine klare Abgrenzung gegen Rechts?)

Ebenfalls hätte ich mir gewünscht, dass Markwardt seinen Verweis auf Biebrichers Buch Geistig-moralische Wende. Die Erschöpfung des deutschen Konservatismus (2018) zu Beginn seines Textes gemacht hätte. Denn bis dorthin dachte ich die ganze Zeit: «Verdammt, das klingt etwas gar auffällig nach Biebricher – Was'n los?». Aber das ist eher eine stilistische Frage – und man kann auch nicht erwarten, dass die meisten ihn gelesen haben.

Eine möglich Antwort auf folgende Frage könnte man schon geben:

Das konservative Selbstbild offenbart sich gerne als nichtislamisch, nicht­multikulturell, nicht­kosmopolitisch usw.
In solchen Negativ-Bestimmungen bleibt allerdings meist offen, worin das zu konservierende Eigene denn nun konkret besteht.

Die Konservativen mögen gegen Aussen hin lavieren. Doch der Fluchtpunkt lässt sich abermals ex negativo eindeutig bestimmen: Christlich, deutsch, nationalistisch.

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Urs Fankhauser
Citoyen
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Danke für diese sehr inspirierende Analyse mit Highlights wie diesem Satz: "Wo Flexibilität und Deregulierung herrschen, erzeugt der neoliberal entfesselte Kapitalismus eine enorme soziale Beschleunigung und lässt Traditions­bestände sowie hergebrachte Lebensformen geradezu verdampfen."
Vieles davon lässt sich durchaus auf die Schweiz übertragen. Allerdings bin ich mit Michel Rebosura nicht einverstanden, wenn er festhält, dass in der Schweiz die «Orientierungslosigkeit zwischen Neuer Rechter und Neoliberalismus» (Biebricher) "gewissermassen durch eine Art Arbeitsteilung zwischen den Parteien aufgelöst" würden.
Aus meiner Sicht war die SVP über fast drei Dekaden so erfolgreich, weil sie es verstanden hat, die Arbeitsteilung zu überwinden und Neoliberalismus und Neokonservatismus vermeintlich unter einen Hut zu bringen: Steuersenkungen für die Blackrock-Männer und Puurezmorge für die Halt suchende Basis. Ihr Erfolgsrezept war gerade nicht die Arbeitsteilung, sondern die Konstruktion einer grossen Halle, die sehr unterschiedliche Milieus unter ein Dach brachte: Neoliberale Steuerabbauer und Staatsaushöhler, Subventionsabhängige wie die Landwirtschaft oder strukturschwache Randregionen, die fremdenfeindlichen Teile des Prekariats, die Hüsli-Schweiz etc. Diese Koalition voller innerer Widersprüche begann bei den Wahlen von 2019 zu bröckeln. Wohl in erster Linie, weil die SVP überhaupt keine Antwort auf die Bedrohungen des Klimawandels hat.
Die Folgen der Pandemie dürften den Abwärtstrend der SVP verschärfen. Sie steht mit ihrer Polemik gegen Pandemie- Massnahmen im Widerspruch zur grossen Mehrheit der Bevölkerung. Und der denkende Teil ihrer Wählerschaft wird sich der Frage stellen müssen, wie opportun Forderungen nach stetiger Senkung der Steuern und "Verschlankung" des Staats in einer Situation sind, in welcher immer mehr Wirtschaftszweige und Menschen direkt von Ausgleichszahlungen abhängig werden.
Schade deshalb, dass Markwardt nicht darauf eingeht, inwiefern der Klimawandel und die Pandemie die Richtungswahl der CDU beeinflussen könnten.

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Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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Völlig d'accord, was die SVP und ihr «Erfolgsrezept» angeht. Dennoch würde ich, erstens, die SVP nicht als funktionales Äquivalent zur CDU/CSU nehmen, denn, zweitens, gibt es im bürgerlich-konservativen Spektrum noch die FDP und CVP, wobei Letztere mit der Abspaltung der SVP, der BDP, zur neuen «Mitte )» fusionierte. Etwas, das nicht nur einen strategischen Sinn hatte, sondern auch einen ideologischen (neutral i. S. v. Ideen und Werten von Organisationen). Es gibt da verschiedene Abgrenzungen und Überschneidungen, doch eine idealtypische Charakterisierung dieser würde hier zu weit führen. Exemplarisch sei angemerkt, dass das eine Dilemma im Artikel zwischen starker Sozialpolitik (mit christlichen Werten) und Bändigung der Markt­wirtschaft (durch Chancengleichheit) vs. Sozialabbau und neoliberale Deregulierung keines der SVP ist, sondern aufgelöst wird durch die Arbeitsteilung zwischen CVP/BDP und SVP/FDP.

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Ja, es gibt eine gewisse Arbeitsteilung zwischen den bürgerlichen Parteien. Und ja, die SVP ist kein "funktionales Äquivalent" zur CDU (habe ich ja auch nirgends behauptet). Aber wenn wir schon bei diesem Vergleich angelangt sind: eine Merz-CDU wäre so etwas wie der Versuch, das Konzept der SVP zu imitieren. Es bleibt aber offen, ob eine solche CDU den rechten Rand so erfolgreich integrieren könnte, wie die SVP. Immerhin scheint mir die AfD solider aufgestellt, als es all die libertären bis rechtsextremen Parteien in der Schweiz je waren. Und das Hauptdilemma bliebe auch für eine nach rechts gewendete CDU bestehen: Steuersenkungen und Staatsabbau dürften es in Zeiten von Klimawandel und Pandemie schwerer haben, als auch schon. Ob das Anheizen von Kulturkämpfen dafür ausreicht, von diesen Problemen abzulenken, bezweifle ich.

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Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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Übrigens: Dazu, was die Kandidaten für den Unions-Vorsitz zur Klimapolitik sagen, gibt der Spiegel-Artikel Wer wäre der beste CDU-Vorsitzende für das Klima? (14.1.21) wieder. Zusammen mit Markwardts Artikel in Stichworten:

Friedrich Merz (Anti-Merkel)

  • Neoliberalismus & Nationalkonservatismus

  • nicht näher definierte oder noch nicht marktreife neue Technologien

  • marktwirtschaftliche Instrumente

  • -> eher wie GLP aber auch wie SVP

Armin Laschet (Merkel-Lager)

  • Liberaler Konservatismus

  • vor »überzogenen« Maßnahmen, die die Industrie zu ruinieren drohten und vor zu teurem Strom.

  • Klimaschutz als Wettbewerbsnachteil

  • -> eher wie FDP

Norbert Röttgen (Merkel-Lager)

  • Liberaler Konservatismus

  • ehem. Umweltminister

  • ganzheitlicher Ansatz, globale Zusammenarbeit

  • Klimaschutz als Notwendigkeit nicht als Risiko

  • -> eher wie CVP

Markus Söder (Merkel-Wechsler)

  • Vom Nationalkonservatismus zum liberalen Konservatismus

  • Inszeniert sich als Umweltschützer, Kämpfer gegen die AfD und sorgenden Landesvater

  • bereitet mögliche Koalition mit den Grünen vor

  • -> eher wie BDP(?)

Das (vernichtende) Fazit lautet aber:

Die Kandidaten um den CDU-Vorsitz sind sich in vielen wesentlichen Punkten allerdings einig: Keine neuen Steuern, die schwarze Null muss als Ziel bestehen bleiben und nur rein marktwirtschaftliche Methoden kommen zur Rettung des Planeten infrage. Die programmatischen Unterschiede, widerstreitende Ideen und mutige, neue Vorschläge zur Lösung der Klimakrise muss man fast mit der Lupe suchen.

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Für Menschen mit Sozialisation in D: Was bitte kann ich mir unter "Puurezmorge" vorstellen ? Danke.

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Liliane Wihler
Republik-Alumni
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Grüezi Herr N.,
ich schon wieder!
Der Puurezmorge ist als "Bauernfrühstück" zu übersetzen. Ein Anlass, an dem gemeinsam gefrühstückt wird, wo eine Art Gemeinschaftsgefühl aufkommt. Die SVP macht das ganz gern wie Sie auf der Seite buure-zmorge als Beispiel sehen können...

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Kritische Leserin
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Danke für diesen interessanten Bericht.

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Der Beitrag arbeitet das alte Grunddilemma der CDU liberal-konservativen und neo-liberalen Positionen für meine Einschätzung gut auf. Interessiert hätten weitere Überlegungen zur Thematik Nachhaltigkeit und parteipolitisch zu einer Annäherung an die Grünen. Ein vernünftiger Konservatismus ist für Nachhaltigkeit und die Bewahrung von natürlichen Ressourcen im Prinzip offen, muss aber die Fragen nach Regulierung vs. Vertrauen auf marktwirtschaftliche Lösungen stellen. Da hätte eine Einschätzung der gegenwärtigen Strömungen in der CDU interessiert. Sie würden die Chance bieten, sich zukunftsorientiert zu positionieren und nicht schon wieder zu spät zu kommen.

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Chefredaktion
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Sehr guter Punkt, vielen Dank für diesen Input. Darauf kommen wir sicher im Verlauf des Jahres zurück. Wie es den österreichischen Grünen so geht in Koalition mit den Konservativen, hat Solmaz Khorsand kürzlich aus Wien berichtet.

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Rollenlos
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Sehr guter Beitrag der auch unsere SVP etwas verständlicher für den durchschnittlichen Republikleser machen sollte. Gerne möchte ich dort eine Ansicht ergänzen. Ich lebe in der Stadt, komme aber vom Land und nehme gerne jeweils je nach Ort die Position des anderen ein. Ich treffe auf dem Land so manchen Hardcore SVPler der wie hier beschrieben eben gerade aufgrund der verfälschten Finanzpolitik gerne einmal über die Flüchtlinge herzieht. In der Stadt blitze ich mit diesem Thema immer sofort ab, aber auf dem Land gehe ich dem ganzen gerne auch mal zugrunde. So mancher dieser Leute hat, wie ich, eine ausländische Partnerin oder einen ausländischen Partner und weiss wie viel Arbeit und Geld es kostet seinen Partner zu integrieren. Nur schon die 10’000 bis 20‘000 Fr.- für einen Sprachkurs, dann noch die Krankenkasse, Essen usw, dies bis zum ersten schwer zu ergatternden Job. Das bezahlt man alles aus der eigenen Kasse. Wäre man nun ein Flüchtling, dann bekäme man nur schon vom Bund 10‘000 an die Deutschkurse. Und dort fängt schon die SVP Politik an. Man wettert gegen die anderen anstatt das man sich für Gleichberechtigung einsetzt. In diesem Fall wurde z.B. nur für die Flüchtlinge geschaut anstatt das man einen für alle verfügbaren Integrationsfond hat. Warum sollte ein Flüchtling den Deutschkurs bezahlt kriegen und meine Frau aus dem fernen Ausland nicht? Als Mann mit einem Durchschnittslohn konnte ich meiner Frau all dies einigermassen bezahlen, aber wenn ich am unteren Spektrum der Löhne wäre, dann wäre die Situation doch ganz anders. Als Floristin 10‘000-50‘000 Fr für die Integration seines Partners zahlen während dem es andere geschenkt bekommen? Da klingt die konservative Position leider attraktiv, wobei es aber das Versagen der Sozialen Position ist. Die gleiche Mittel müssten allen Menschen in der Schweiz zur Verfügung stehen, nicht nur einem Teil. Und ja, dies ist nicht die Position der Konservativen aber beschreibt aber genau den Konflikt.

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Ihre Forderung, auch ausländischen EherpartnerInnen Integrationsleistungen zur Verfügung zu stellen, finde ich sinnvoll. Aber ich kann beim besten Willen nicht nachvollziehen, weshalb in diesem Zusammenhang die "konservative Position" attraktiv sein sollte. Was gewinnen Leute wie Sie, wenn die Integrationsgelder auch für Flüchtlinge gestrichen werden? Nichts. Ausser der Genugtuung, dass es diesen danach auch schlechter ginge. Loose-loose kann doch keine Alternative zu Win-win sein. Oder täusche ich mich?

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Rollenlos
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Loose-Loose könnte natürlich in tieferen Steuern resultieren, was wiederum für gewisse ein Win-Win wäre.

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Besten Dank für diesen klaren und informativen Artikel - er hilft, die aktuellen Debatten besser einzuordnen.

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Roland Jost
Pensionär
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Die beste Lösung, in der jetzigen Situation, wäre sicher Norbert Röttgen als Vorsitzender der CDU und dann möglicherweise Markus Söder als Kanzler, wie Sie postulieren. Ob sich dieses Tandem dann aber auch wirklich für die grosse Herausforderung, Klimawandel, zielführend einsetzen wird, ist offen. Es müsste sich gegen das Lobbying der fossilen Nutznießer durchsetzen, Subventionen für Kohle und insbesondere Flüssiggas-Terminal und Pipelines, sofort stoppen. Denn diese Subventionen untergraben den erforderlichen Wandel im Energiebereich und werden sicher zu "stranded assets", zudem erleichtern sie die Staatskasse um Milliardenbeträge, in einer Zeit, wo jeder Euro für die Pandemie benötigt wird.

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Danke. Etwas vom Besten, das ich seit langem über deutsche Politik gelesen habe.

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Leider finde ich in der eigentlich guten Analyse keine Antwort auf meine dringendste Frage: Was um Gottes Willen ist überhaupt Konservatismus, in Deutschland wie den USA, ausser die krampfhafte Bewahrung der Macht. Offenbar steht das Wort als Hülse für fast alles und das nahe bei Blut und Boden.
In Bezug auf Deutschland wird der doch wesentliche Unterschied zwischen der evangelisch-städtischen CDU und der katholisch-ländlichen CSU vernachlässigt, obwohl sich Oel und Wasser bekanntlich schlecht mischen lassen. Wenn die beiden Schwestern als eigenständige Parteien antreten würden, könnte sich Deutschland endlich nach vorne statt wie beschrieben rückwärts verändern und die bleiernen Kohl- und Merkel-Jahre müssten sich nicht erneut wiederholen. Der Freistaat Bayern spielt da eine ganz undemokratische, nationalistische Rolle.

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Wie kommen Sie auf "evangelisch-städtische CDU" als Gegensatz zur "ländlich-katholischen CSU"? Die CDU entstand als Nachfolgepratie des "Zentrum" - und diese Partei war explizit katholisch-konservativ und unterschied sich in dieser Hinsicht überhaupt nicht von der CSU. Allerdings wollte die CDU aus dem "Katholiken-Ghetto" heraus. Sie ähnelt(e) in ihrer Positionierung und der Rolle der Konfessionen bei den Mitgliedern, stark der CVP in der Schweiz, die ja auch versucht weniger katholisch gebunden zu sein/werden. Wer in Deutschland in den 50er- und 60er Jahren zur CDU ging, war meistens katholisch. Auch heute noch hat die Partei ihre stärkste Zustimmung in traditionell katholischen Gebieten: Baden-Württemberg, Saarland, Nordrhein-Westfalen. In grossen Städten war sie immer eher schwach auf der Brust. Nicht einmal Köln war ein sicheres CDU-Refugium. In Nordhrein-Westfalen proftierte die CDU vom Niedergang der Montanindustrie - zuvor war im Ruhrgebiet die SPD führend - im Gegensatz zu den ländlicheren Gebieten Eifel und Sauerland.
Bei der CSU stellte sich die Konfessionsfrage nie, weil Bayern immer überwiegend katholisch war/ist (Ausnahme: Franken). Aber - wie im restlichen Bundesgebiet - waren die grossen Städte selten für die CSU ein "sicheres" Territorium - meistens wechselten dort die Mehrheiten. Inhaltlich unterscheiden sich CDU und CSU nur marginal und nicht andauernd - es sind eher Mentalitätsunterschiede. Von "Wasser und Öl" kann keine Rede sein. Weshalb sich die beiden eben regional aus dem Weg gehen; inhaltlich würden sie sich gegenseitig die WählerInnen abspenstig machen. Und wie sich dadurch dann eine Politik "nach vorne" ergeben sollte, wenn zwei konservative (also erhaltende, teilweise rückwärtsgewandte) Parteien miteinander wetteiferten erschliesst sich mir nun wirklich nicht.

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Danke für die Einwände und natürlich haben Sie recht. Teils. Die Städte waren Terrain der SPD, heute auch der Grünen und Linken. Aber mit der Religion haben Sie mich nicht ganz überzeugt, liegt die CDU von Süd nach Nord im ganzen Westen doch aktuell bei 33/34%. Die von Ihnen erwähnten katholischen Bundesländer sind sowohl tiefer (BW 30%) wie auch höher (Saarland 40%). Nur Bremen und Hamburg sind klar darunter. Das heisst für mich, es gibt heute in der CDU keinen ausgeprägten Zusammenhang zwischen Parteistärke und Religion. Sie scheint diverser oder weltoffener als die CSU. So komme ich auf meine bewusst überspitzte Formulierung und der 30-jährige Krieg muss doch irgendwo seine Spuren hinterlassen haben.
Zweitens stört es mich jedes Mal, dass in Elefantenrunden und bei Gesprächen zur Regierungsbildung jeweils die beiden Präsidenten dieser christlichen Koalition gleichberechtigt mitreden, sie beim Wahlresultat aber immer als eine einzige Partei zählen und manchmal nur deshalb den Kanzler stellen. Das spielte in der Nachkriegszeit keine Rolle, als die FDP das Zünglein zwischen den beiden Blöcken spielte, aber heute gibt es nur noch einen Block und der ist immer der stärkste.
Wenn CDU und CSU in der ehrlichen Auseinandersetzung der Parteien "sich inhaltlich die Gegner abspenstig machen" oder wenigstens fusionieren würden, wären die Wahlen vom Herbst offener und es könnte sich tatsächlich etwas ändern. So wird nun erneut ein «weisser, älterer Mann» zum Kanzler gekürt, der das Land "bewahrend, teils rückwärtsgewandt" bis 2033 oder 2037 regieren wird, unterstützt und abhängig wie bisher von der Landwirtschafts-, Energie-, Waffen-, Finanz- und Autolobby (die ‘Schwarzen Kassen’ lassen grüssen). Angereichert wird dieses Regierungsprogramm höchstens mit einigen absurden Regelungen (und Streit) aus dem Freistaat Bayern, weil dieser auf zwei Hochzeiten tanzt und Anspruch auf ein paar Sitze in der Landesregierung stellt. Das widerspricht sowohl meinem demokratischen Gefühl wie auch meinen Erwartungen an neue Politiker angesichts der immensen Probleme, die vor der Türe warten.
PS. Wer in den "50er- und 60er-Jahren zur CDU ging" gehörte zur Kriegsgeneration, und mit Wasser und Öl bezeichne ich, zugegeben überspitzt, die heutigen Mentalitätsunterschiede zwischen CDU- und CSU-Wählern.
PPS. Nochmals Danke für Ihre Einwände, nur so ergibt sich eine inhaltliche Diskussion über Europa. Aber "bewahrend, teils rückwärtsgewandt" sind auch Progressive, die im EU-Rahmenvertrag bisher errungene Arbeiterrechte verteidigen. So weiss ich noch immer nicht, was eigentlich Konservatismus ist. Ausser es wäre bloss ein Name wie Hans oder Heiri, die auch nichts über die entsprechenden Personen aussagen.

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Was meiner Meinung nach im Artikel zu kurz kommt ist die Gegenüberstellung der personenbezogenen und der inhaltsbezogenen Politik. Kohl und Merkel haben es mit zunehmender Amtsdauer geschafft, die Inhalte weitgehend an sich abperlen zu lassen und ihre Person als Garant für den Weiterbestand der Werte in die Waagschale zu werfen. Die neuen Kandidaten haben alle diese Fähigkeit noch nicht oder sie ist im Fall von Merz eher negativ zu bewerten. In Wahlen werden meiner Ansicht nach nur bedingt die Programme gewählt, vielmehr sind es die zur Verfügung stehenden Personen.
In der SVP ist nach Christoph Blocher noch einmal mit Toni Brunner eine Person an der Spitze gewesen, die den Spagat zwischen Inhalt und persönlicher Glaubwürdigkeit geschafft hat. Alle anderen führenden SVPler sind bisher diesem Anspruch nicht gewachsen gewesen, und das ist für mich die Haupterklärung für den Rückgang der Popularität. Ich habe meine Zweifel, ob Magdalena Martullo es schaffen wird, die emotionale Bindung an ihr Wahlvolk zu schaffen.

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Die BRD braucht endlich eine starken Mann, der die Sache in die Hand nimmt wie Trump in den USA. Just kidding.

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