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Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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· editiert

Die digitale Banalität des Bösen liegt in der Indifferenz der Algorithmen gegenüber den Inhalten. Denn Rechner denken nicht. Und Maschinen urteilen nicht.

Die Alternative wäre eine hinreichende Anzahl von Menschen, die jeden Inhalt anhand von Kriterien prüft und genehmigt bzw. zensiert. Und das bei 500 Stunden Video, 450'000 Tweets und 2.5 Mio. Facebook-Posts pro Minute 24/7!

Bei reinem Text kann die Maschine anhand einer (kontroversen) Liste von Triggerwörtern automatisch vorfiltern. Doch bei Audio und v. a. Video ist dies nur bedingt möglich, da es dazu aufwendigere Erkennungs- und Transkriptions-Programme bedürfte.

Im Moment läuft es also auf die sog. Eigen-Verantwortung der Creators hinaus, die Feedbacks durch die Crowd und die Zensur durch die Cleaners für das Schlimmste (siehe den Film "The Cleaners", Rezensionen und Interviews von WaPo, Vice, NZZ und Zeit).

Von Letzteren gibt es schätzungsweise 100'000 weltweit (!), die durchschnittlich 8 Sekunden für eine Entscheidung (delete/ignore) haben - und wie im Falle von Manila 3 Dollar pro Tag für die Sichtung des Brutalsten und Obszönsten verdienen. Eine unwürdige und unmögliche Sisyphus-Tortur im Tartaros des Internets.

Die andere Alternative wäre, politische (u. a.) Inhalte ganz zu löschen.

Oder gleich die Plattform selbst.

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Adrienne Fichter
Redakteurin @ Republik
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Oder ein Moratorium für Polit-Werbung, bis wir das Problem gelöst haben? Das Witzige ist die Diskrepanz des Narrativ und Verhaltens von Facebook: es wird kommuniziert, man hätte das Desinformationsproblem im Griff, die KI entferne missbräuchliche Werbung und was hier durch die Lappen geht, wird durch menschliche Moderatoren gesichtet und entfern. Während dafür wirkliche Desinformationskampagnen mangels verschärfter Richtlinien nicht gelöscht werden, weil die "Wähler müssen sich selber eine Meinung bilden". :)
Ich halte aber dem Konzern Facebook hier zugute, dass er auf entsprechende Anfragen eingeht, Kampagnen kommentiert, ganz im Gegensatz zum Rivalen Google.

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Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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· editiert

Ja, genau!

Das Frappierende an diesem Fall ist auch die offenbare pluralistische Ignoranz und Verantwortungsdiffusion. Also das Abschieben der Verantwortung an eine andere Instanz, von der man glaubte, sie würde schon richtig handeln. Am Ende handelt niemand richtig und doch solls niemand gewesen sein. Niemand fühlt sich schuldig und niemand fühlt sich angehalten etwas am eigenen Verhalten zu ändern.

"Das System ist schuld" ist das neue "Das war ein Versehen", "Ich war betrunken", "Ich kann mich nicht erinnern" oder "Mein Konto wurde gehackt".

"Finanziert durch Josef Wiederkehr" ging wohl aufs Konto einer Agentur (wo noch das Prinzipal-Agenten-Problem hinzutritt) bzw. diese managten dessen Konto.

Doch wenn niemand es war, waren es alle. Das Problem ist also ein systemisches: system error.

Or is it a feature?

Auf die US-Wahlen 2020 - und weil Regierungen und Parteien Desinformations-Kampagnen führen - hat Facebook neue Bestimmungen erlassen, die eigentlich no-brainer wären und trotzdem ungenügend bleiben. So gibt es nun folgende Abstufung:

  • Grössere Organisationen -> Register-Abgleich -> "Confirmed Organization"

  • Kleinere Organisationen -> Verifikation -> "About this ad"

Key loophole: "weak corporate ownership disclosure laws" "and in some states, it's possible to create anonymous LLC's".

Key loophole: "Politicians remained free to lie at will — unbound by the rules designed to stop everyday users from peddling viral falsehoods.".

Von daher generalisiert und automatisiert die Plattform nur dasjenige, das schon seit jeher als feature der Politik angesehen und praktiziert worden ist: Politiker*innen lügen.

Die Antwort auf die Frage, wie der kategorische Imperativ "Du sollst nicht lügen" technisch für die politische Rede realisiert werden könnte, lautet also: Schweigen.

Oder ein Moratorium. Da bin ich ganz bei dir.

Bis hinreichende Transparenz herrscht, die entsprechenden Gesetze vorliegen, die KI Semantik kann und das fact checking automatisiert abläuft.

Eine kantianische Plattform der reinen Vernunft sozusagen.

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Die andere Alternative wäre, politische (u. a.) Inhalte ganz zu löschen.

Oder gleich die Plattform selbst.

Dürfte schwierig sein in Anbetracht des bereitwillig akzeptierten Status der Plattformen als existenzielle Notwendigkeit.

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Entwickler & Zivi
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Auch hier ist die Darstellung wieder zu breit für meinen Bildschirm (ab 100% Schriftgrösse). Ich denke das hat mit der Einführung der Schriftgrösse zu tun.

Zum Beitrag: Danke für die Information. Über solche Sachen kann ich eigentlich nur den Kopf schütteln.

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Danke für den Hinweis. Sollte jetzt auch hier nicht mehr vorkommen. Zumindest mit Schriftgrösse 100%. Das Problem existierte bereits vor der Schriftgrösse in der Debatte und trat auf wenn lange Links oder Wörter mehr als einen Bildschirm füllten. Jetzt werden diese zur Not gebrochen.

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Das Transparenzversprechen von Facebook für politische Werbung geht nur so weit zu zeigen, wer für eine bestimmte Werbung bezahlt hat - nicht ob der Inhalt faktisch korrekt ist. Politiker dürfen nach wie vor lügen und die Tatsachen verdrehen und Facebook entscheidet nicht welche Politiker recht haben.

Als politische Werbung gilt auch nur jene, die den Namen eines/r offiziellen Kandidaten/in enthält (https://www.fec.gov/data/elections/president/2020/) und z.B. nicht politisch motivierte "issue ads".

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Adrienne Fichter
Redakteurin @ Republik
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Grüezi Herr S. Das stimmt so nicht ganz: "Wahlwerbung bzw. Werbung zu politisch oder gesellschaftlich relevanten Themen" steht da zu politischen Ads. Auch Abstimmungskomitees, NGOs, Verbände etc. können politische Werbung schalten, bzw müssen bzw können sich in der Schweiz als politische Werbetreibende akkreditieren.

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Richtig - die Kategorie ist für die USA jetzt sehr breit, was dazu führt dass z.B. auch Werbung für Abos des Magazins "The Economist" als gesellschaftlich relevantes oder politisches Thema klassifiziert ist.

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