Covid-19-Uhr-Newsletter

Bis auf weiteres beschlossen

18.12.2020

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Liebe Leserinnen und Leser

Fertig, aus, vorbei. Die Beizen machen dicht.

Doch so ganz geht die Schweiz trotzdem nicht in den zweiten Lockdown: Denn die Pisten bleiben offen. Und «lädele» dürfen wir trotz Pandemie vorerst weiter.

Aber von Anfang an: Gespannt wartete das Land heute – mal wieder – auf den Bundesrat. Nach der Lockdown-Medienkonferenz von Mitte März und der Slowdown-Ankündigung im Oktober war die Informationsveranstaltung der Landesregierung heute der letzte magistrale Kommunikationshöhepunkt des Jahres.

Und, das muss man der Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga nach den letzten Tagen zugutehalten: Sie traf den Ton. «Ich wünsche mir im Hinblick auf die Festtage, dass wir aufeinander schauen. Unser Land ist stark, wenn wir gemeinsam handeln.»

Das gilt – für die ganze Schweiz – ab Dienstag, 22. Dezember, bis und mit Freitag, 22. Januar 2021:

Restaurants müssen schliessen: Auch für die Festtage gibts keine Ausnahme. Der Beizen-Lockdown ist da. Der Bundesrat fordert die Bevölkerung zudem dazu auf, zu Hause zu bleiben.

Sportbetriebe müssen schliessen:
Einzig im Freien darf Sport in Gruppen bis maximal 5 Personen stattfinden. Sportliche Aktivitäten von Kindern unter 16 Jahren sind aber noch erlaubt.

Kultur- und Freizeiteinrichtungen müssen schliessen: Museen, Kinos, Bibliotheken, Casinos, botanische Gärten und Zoos machen dicht.
Läden bleiben offen: Weihnachtsgeschenke kaufen ist weiterhin von Montag bis Samstag möglich – allerdings dürfen die Geschäfte noch weniger Kunden empfangen. Dabei kommt es auf die «frei zugängliche Ladenfläche an», so das Bundesamt für Gesundheit. Weiterhin gilt: Um 19 Uhr ist Schluss – und auch am Sonntag darf keine Kundin bedient werden.

Weiter wurde beschlossen:

Der Bundesrat gibt den Kantonen Handlungsspielraum: Kantone mit «günstiger epidemiologischer Entwicklung» könnten Erleichterungen beschliessen, etwa das Öffnen von Restaurants und Sporteinrichtungen, so das BAG. «Massgebend sind hier insbesondere eine Reproduktionszahl, die unter 1, sowie eine 7-Tages-Inzidenz, die unter dem schweizerischen Durchschnitt liegen muss.» Der Kanton Aargau ging heute weiter als der Bundesrat und schliesst ab Sonntag alle Geschäfte ausser Lebensmittelläden und Apotheken.

Die Kurzarbeit wird verlängert: Der Bundesrat verlängert das sogenannte summarische Verfahren für die Kurzarbeitsentschädigung bis zum 31. März 2020. Die Arbeitslosenkassen können dadurch schneller über die Anträge von Unternehmen für Kurzarbeitsentschädigung entscheiden. Zudem werden Löhne bis 3470 Franken voll entschädigt – und nicht wie bis anhin nur mit 80 Prozent. Dem hat das Parlament diese Woche zugestimmt.

Und ausserdem die Antwort auf zwei wichtige Fragen:

Was ist jetzt mit dem Skifahren? Das bleibt mit Rucksackverpflegung erlaubt – sofern die Kantone den Bergbahnen eine Bewilligung erteilen. Voraussetzung hierfür: Die epidemiologische Lage müsse den Betrieb erlauben, und in den Spitälern, beim Contact-Tracing sowie beim Testen müssten ausreichende Kapazitäten sichergestellt sein, so das BAG. Doch Gesundheitsminister Berset dämpft die Erwartung auf eine Skisaison 2020/2021: «Man sollte sich nicht zu viele Hoffnungen machen. Wir sind nicht da, wo wir sein wollten», sagt Berset. Die Spitäler – die Gradmesser dieser Pandemie – seien am Limit: «Das Personal ist müde.»

Und wie kann man jetzt Grosi im Seniorenheim besuchen über Weihnachten? Am besten, indem man sich zuvor testen lässt. Hierfür erleichtert der Bundesrat den Zugang zu den Schnelltests: So können diese neu auch bei Personen ohne erkennbare Symptome durchgeführt werden. «Zum Beispiel als zusätzlicher Schutz in Schutzkonzepten von Altersheimen, Hotels oder am Arbeitsplatz», so das BAG. Bezahlen muss man den Schnelltest in einem solchen Fall allerdings selbst. Zudem dürfen Apotheken, Arztpraxen und Testcenter künftig alle auf dem Markt zugelassenen Tests durchführen – also nicht mehr nur die Antigen-Schnelltests mittels Nasen-Rachen-Abstrich.

Damit zum Rest eines ereignisreichen Tages:

Weitere wichtige Nachrichten

Kantone richten Impfcenter ein: Ab dem 11. Januar will der Kanton Waadt mit dem Impfen beginnen. Gleich mehrere Zentren sollen bis dann eröffnet sein. Zudem plant der Kanton mobile Teams, um in Pflegeheimen die Impfdosen zu verteilen. Ab 18. Januar will das Universitätsspital Lausanne (CHUV) ebenfalls einsatzbereit sein. Und auch in Zug gehts vorwärts: Dort will man ab Mitte Januar 1000 Personen pro Tag impfen. Vorausgesetzt natürlich, dass bis dann die Zulassung von Swissmedic da ist.

Polen und Teile von Österreich weg von der Quarantäne-Liste: Und auch für Einreisende aus Portugal oder Nordmazedonien gilt ab 19. Dezember keine Quarantänepflicht mehr, wie das BAG mitteilt. Allerdings wird ab 28. Dezember erneut eine neue Liste gelten – unter anderem mit Schweden drauf.

Tourismus am Boden: Um 72 Prozent ist der weltweite Tourismus in den letzten 10 Monaten eingebrochen. Wie die Uno bekannt gab, haben internationale Destinationen rund 900 Millionen weniger Touristen empfangen. Daraus ergibt sich ein Verlust von 935 Milliarden Pfund, wie der «Guardian» berichtet. Das sind zehnmal mehr als in der Finanzkrise 2009. Somit sei die Welt touristisch wieder im Jahr 1990 angekommen.

Bleibt zu Hause! Es ist ein eindringlicher Appell der Weltgesundheitsorganisation WHO: Es sei das Risiko schlicht nicht wert, über die Festtage irgendwohin zu verreisen. «Wir haben noch ein paar Monate der Aufopferung vor uns», sagt WHO-Regionaldirektor Hans Kluge. Und er mahnt jeden zur Eigenverantwortung – egal wie streng oder locker das eigene Land die Lage handhabt: «Es bleibt ein Unterschied zwischen dem, was Ihnen von Ihren Behörden erlaubt wird, und dem, was Sie tun sollten.»

Der Lagebericht zur Woche

Sie erinnern sich, vor einer Woche hatten wir an dieser Stelle geschrieben, dass in vielen Kantonen (insbesondere in der Deutschschweiz) die Zahl der Neuansteckungen nach oben geschossen ist. Wenn Sie diesen Newsletter regelmässig oder gar täglich lesen, wird Ihnen nicht entgangen sein, dass die Situation ernst ist – und bleibt. Wie die Realität in den Spitälern abseits dieser Zahlen aussieht, das zeigt heute der «Blick» mit (Warnung: verstörenden) Aufnahmen aus der Intensivstation im Berner Inselspital.

Eine Stagnation der Neuansteckungen und Todesfälle kann man das nicht nennen, geschweige denn einen Rückgang. Dabei muss man im Hinterkopf behalten, dass sich in den aktuellen Zahlen die Ansteckungen von vor rund zwei Wochen niederschlagen – und deshalb auch die jetzigen Ansteckungen in ihrem vollen Ausmass erst rund um den Jahreswechsel sichtbar werden. Genauso wie der Effekt der Verschärfungen, die der Bundesrat heute Nachmittag beschlossen hat.

Die Zahl der neu ins Spital eingewiesenen Patientinnen ist bis vor einer Woche noch gesunken, jedoch immer langsamer (die vergangene Woche zeigen wir in der Grafik nicht, weil die Zahlen vermutlich noch unvollständig sind):

Neue Spitaleinweisungen; gleitender Mittelwert über 7 Tage. Die Daten nach dem 11. Dezember sind vermutlich noch unvollständig, deshalb haben wir sie nicht berücksichtigt. Stand: 18.12.2020. Quelle: Bundesamt für Gesundheit.

So haben sich denn auch schon vergangenes Wochenende die Direktoren und Chefärztinnen der Zürcher Spitäler an die Öffentlichkeit gewandt: Weil auf den Intensivstationen so viele schwer erkrankte Covid-19-Patienten liegen (und auch bei Überleben oft wochenlang nicht entlassen werden können), mussten bereits Tausende Operationen verschoben werden.

Das Krankenhauspersonal sei erschöpft, sagen die Spitalvertreter (und wurden dabei vom Gesundheitsminister sekundiert), und der Winter daure noch eine Weile. Sie baten deshalb die Bevölkerung, aufs Skifahren zu verzichten – und so wenigstens nicht noch mit den jährlichen Skiunfällen umgehen zu müssen.

Sie dürfen theoretisch auf die Piste, so hat es der Bundesrat heute entschieden. Aber es lohnt sich, vorab gut zu überlegen, ob es das Risiko wert ist – und ob es unter diesen Umständen überhaupt Freude machen kann.

Zum Schluss: Kulinarische Monogamie

Ob Ski fahren oder essen – Weihnachten ist für die einen Jahr für Jahr dasselbe Programm. Für andere jedes Mal eine Überraschung:

«Vor Jahren sass ich zu Weihnachten im strömenden Regen auf dem Balkon in Australien vor Portwein und Cheddar. Einmal begleitete ich einen befreundeten Musiker zu Auftritten ins Engadin, wo er Gäste unterhielt. Am 25. Dezember sass ich als einziger Mann ohne Smoking im Speisesaal eines ehrwürdigen Grandhotels und stocherte in einer konfierten Wachtel herum», schreibt Republik-Journalist Michael Rüegg. «Ein anderes Mal schaute ich daheim alleine Weihnachten im ersten Programm und ass ein Mikrowellenfondue.»

Corona dürfte auch das Programm von eisernen Traditionalisten durcheinanderbringen. Aber: Hat nicht gerade eben der Wandel Tradition?

Für die leidige Frage nach dem diesjährigen Weihnachtsmenü empfiehlt Republik-Hauskulinariker Rüegg, die Distanzregeln einzuhalten – aber die Kräfte zu bündeln. Dafür schlägt er vor, ein potluck dinner zu zelebrieren.

Doch wie macht man in diesen Zeiten ein gemeinschaftliches Buffet, wenn jeder alleine isst? Wie das funktioniert (und wie sie so was kochen könnten), lesen Sie hier. Zusammen mit einer Geschichte über Betsy, New York und einen Koffer.

Bleiben Sie umsichtig. Bleiben Sie freundlich. Und bleiben Sie gesund.

Und kommen Sie gut durchs Wochenende!

Oliver Fuchs, Marie-José Kolly, Marguerite Meyer und Cinzia Venafro

PS: Haben Sie Fragen und Feedback, schreiben Sie an: covid19@republik.ch.

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