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26.03.2020

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Liebe Leserinnen und Leser

Sind Ihnen online in den letzten Tagen auch solche Anzeigen begegnet?

++++ ÄRZTE ÜBER WUNDERWIRKUNG SCHOCKIERT!! – Dieses unschlagbare Rezept gegen Corona will die Pharmaindustrie DIR verheimlichen. ++++

Natürlich haben Sie nicht draufgeklickt. Wir auch nicht. Sicher nicht. Versprochen! Und natürlich haben wir trotzdem wie wild nach Tipps und Mittelchen gegen Corona gegoogelt:

  • Wir haben 10 Sekunden lang die Luft angehalten – bis sich herausstellte, dass man damit keine Lungeninfektion nachweisen kann.

Kurz: Die meisten Tipps und Mittelchen sind Blödsinn. Mit einer Ausnahme: Es gibt tatsächlich bereits ein Wundermittel gegen Corona. Es hat wirklich eine schockierende Wirkung (nur dass das keinen Arzt erstaunen wird). Und verheimlichen will es Ihnen auch niemand. Hier ist es:

Hören Sie auf zu rauchen.

Wenn Sie selber nicht rauchen: Ermutigen Sie am besten eine Raucherin, es jetzt zu versuchen. (Raucher hassen es, belehrt, bemitleidet und bevormundet zu werden. Seien Sie darum freundlich, respektvoll und direkt.)

Hier sind die Fakten:

  • Raucherinnen sind anfälliger für Lungeninfektionen und Grippen. Leider schwächt Tabakrauch das Immun­system, er macht Ihr Gewebe anfälliger für Entzündungen – und macht es für Ihre Lunge schwieriger, Ungewolltes auszuhusten.

  • Zu Rauchen und Covid-19 weiss man noch nichts mit Sicherheit. Eine Studie aus China spricht aber von einem 14-fach höheren Risiko für Raucher, schwer zu erkranken. Und: Es wäre eine mittlere Sensation, wenn Tabakrauch ausgerechnet bei dieser viralen Lungeninfektion nicht schaden würde.

  • Sie sind jung und haben keine Vorerkrankung, sind aber Raucher? Dann gelten Sie in Deutschland explizit als Mitglied einer Risikogruppe.

Wenn Sie aufhören zu rauchen, tun sich in Ihrem Körper in kurzer Zeit viele tolle Dinge: Sie schlafen besser (das stärkt das Immunsystem), Ihr Herzschlag normalisiert sich, Ihre Durchblutung wird besser, der Sauerstoff­gehalt im Blut steigt – und Ihr Quarantäne-Essen schmeckt leckerer.

Bevor wir zum Rest dieses Newsletters kommen: Diese Einleitung hat jemand verfasst, der seit zwölf Jahren täglich ein bis zwei Päckchen raucht. Seit zwei Wochen versucht er aufzuhören. Er ist dreimal gescheitert und musste wieder von vorne angefangen. Er wird es wahrscheinlich noch ein paarmal tun. Und das ist okay. Im Ausnahmezustand den Beruhigungsstängel absetzen – kein ideales Timing.

Allerdings waren die Gründe dafür auch selten besser.

Die wichtigsten Nachrichten des Tages

  • Parlament will tagen: Ab dem 4. Mai wollen sich der Stände- und der Nationalrat zu einer ausserordentlichen Session treffen. Das gaben heute die beiden Ratspräsidenten bekannt. Das Parlament will nachträglich über die bundesrätlichen Notmassnahmen entscheiden. Es sei wichtig, dass das Parlament seine Aufgabe auch in einer solchen Krisensituation wahrnehmen könne, sagte Ständerats­präsident Hans Stöckli.

  • Regierungsumsturz in Kosovo: Das kosovarische Parlament hat den Ministerpräsidenten Albin Kurti gestern Abend via Misstrauensvotum aus dem Amt gewählt. Im Streit um die richtige Corona-Strategie hatte er sich mit seinen Koalitionspartnern überworfen. EU-Diplomaten gehen davon aus, dass Staatschef Hashim Thaçi den Krisenmoment nutzte, um den verfeindeten Anti-Korruptions-Kämpfer Kurti auszuhebeln.

  • US-Arbeitsmarkt in der Krise: Vergangene Woche haben sich 3,3 Millionen US-Amerikaner neu bei der Arbeitslosenhilfe gemeldet – ein neuer Rekord. Der bisherige Höchststand wurde 1982 während der Rezession verzeichnet. Damals stellten 695’000 Menschen ein Gesuch. Um die Wirtschaft zu stabilisieren und damit auch die Arbeitsplätze zu retten, verhandelt das Parlament gerade über ein zusätzliches Hilfspaket von 2 Billionen (!) Dollar.

  • Uno soll Sanktionen erlassen: In einem gemeinsamen Brief an den Uno-Generalsekretär António Guterres fordern 8 Staaten, die gegen sie erhobenen Sanktionen sofort aufzuheben. Die Strafmassnahmen der Mitgliedsstaaten würden den Kampf gegen das Virus unnötig erschweren, begründen sie ihr Begehren. Unterschrieben haben den Brief unter anderem Russland, China, Syrien, der Iran und Nordkorea.

Die besten Tipps und interessantesten Artikel

Das neue Coronavirus misst etwa 80 bis 160 Nanometer; es ist tausendmal kleiner als eine Amöbe. Um es zu untersuchen, braucht es hochauflösende Elektronenmikroskope. Doch wie funktioniert das Virus genau? Mehr Hintergründe zu Sars-CoV-2 finden Sie hier:

  • Es gibt über 200 verschiedene Coronaviren. Die «South China Morning Post» zeigt, wieso gerade Sars-CoV-2 besonders gefährlich ist – und erklärt anschaulich, wie das Virus in unseren Körper gelangt.

  • Forscher haben herausgefunden, wieso der Körper so grosse Schwierigkeiten hat, Sars-CoV-2 zu bekämpfen. An den Rezeptoren docken Zuckermoleküle an, wie sie es auch bei einer normalen menschlichen Zelle tun. Das Virus kann sich so tarnen, und das Immunsystem hat Schwierigkeiten, das Virus zu erkennen. Wie das genau funktioniert, erklärt die «Washington Post».

Was sich daneben auch zu lesen und zu browsen lohnt:

Frage aus der Community: Schwanger mit Corona – gefährlich?

In der Schweiz gehören Schwangere nicht zur Risikogruppe. Das deutsche Robert-Koch-Institut schreibt, dass Schwangere nach bisherigen Erkenntnissen aus China kein erhöhtes Risiko gegenüber nicht schwangeren Frauen mit gleichem Gesundheitsstatus hätten. Wissenschaftler haben rund 20 Fälle untersucht, bei denen Schwangere mit Sars-CoV-2 infiziert waren. Die Forscher kamen zum Schluss, dass die Kinder in allen Fällen unversehrt blieben und das Virus kein einziges Mal auf die Babys übertragen wurde.

Trotzdem: Das neue Coronavirus ist noch weitgehend unerforscht. Alle bisherigen Studien basieren auf wenigen Probandinnen und wurden innert sehr kurzer Zeit erstellt. Eine abschliessende Antwort auf die Frage, wie gefährlich das Virus für schwangere Frauen und ihre Babys ist, wird man erst in ein paar Monaten geben können. Deshalb ist es nicht falsch, wenn sich Schwangere auch an die Empfehlung für Risikopersonen halten. Also den direkten Kontakt mit anderen Menschen meiden und nicht selber einkaufen gehen.

Corona-Lifehack: Beziehungspflege in der Pandemie

Was können Sie tun, um sich gegen das Coronavirus zu schützen? Sie wissen es wahrscheinlich: Hände waschen, Abstand halten, zu Hause bleiben, nicht mehr rauchen. Nun kommt noch etwas Weiteres dazu, was Sie möglicherweise bisher nicht beachtet haben: Ihre Paarbeziehung stärken. Denn wenn Menschen in ihrer Paarbeziehung zufrieden sind, sind sie auch gesünder, haben ein besseres Immunsystem und ein geringeres Erkrankungsrisiko. Das schreibt nicht etwa eine Paartherapeutin, die Werbung für ihre Services machen will, sondern die Universität Zürich. Sie stellt Paaren im Corona-Stress kostenlos ein «Online-Coaching zur Pflege ihrer Partnerschaft» zur Verfügung, das von zwei Professoren entwickelt und wissenschaftlich evaluiert worden ist. Wenn also auch bei Ihnen zu Hause die Nerven blank liegen, naht nun wissenschaftliche Hilfe. Lassen Sie sich einfach vom Namen «Paarlife» nicht abhalten, der auch in unseren Ohren eher nach einer Partnervermittlungsagentur klingt.

Bleiben Sie lieber umsichtig, bleiben Sie freundlich, bleiben Sie gesund.

Bis morgen

Ronja Beck, Oliver Fuchs und Elia Blülle

PS: Haben Sie Fragen und Feedback, schreiben Sie an: covid19@republik.ch.

PPS: Wir würden uns freuen, wenn Sie diesen Newsletter mit Freundinnen und Bekannten teilten. Er ist ein kostenloses Angebot der Republik.

PPPS: Wenn Menschen in der Krise stecken, kramen sie gerne den Song «Imagine» von John Lennon hervor. Dem Lied wurde schon viel zugemutet. Nun hat auch die Schweizer Fussballnationalmannschaft ihre eigene Version eingesungen, um den Menschen «Mut und Hoffnung zu geben». Noch nie wurde «Imagine» so schön verhunzt.

PPPPS: Ganz Gallien weint. Diese Woche ist der Asterix-Zeichner Albert Uderzo gestorben (Ruhe in Frieden, beim Teutates!). Er war einer der erfolgreichsten Comic-Autoren aller Zeiten – und seine Figuren waren ihrer Zeit immer etwas voraus. Im 2017 erschienenen Band «Asterix in Italien» erhielt der römische Bösewicht einen bezeichnenden Namen. Die Autoren nannten ihn Coronavirus.

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