Himmeltief – höllenhoch

Wie es sich anfühlt, immer wieder zwischen manischen und depressiven Phasen hin- und herkatapultiert zu werden: ein Erfahrungsbericht zum Welt-Bipolar-Tag.

Von Simon Froehling (Text) und Lawrence Grimm (Illustration), 30.03.2019

Vorgelesen von Simon Froehling
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Man fällt in ein Loch oder die Decke einem auf den Kopf, sagt der Volks­mund. «Es ist das Wetter, der Winter», winkt die Mutter ab. «Es sind die Hormone, du bist in der Pubertät», beruhigt der Vater. «Der Leistungsdruck», vermuten die Lehrer am Eltern­abend. Es sei eine depressive Verstimmung, diagnostiziert der Schul­psychologe ein Jahr später und verschreibt eine Psychiaterin, die Pillen verschreibt, dank denen es mir bald wieder besser geht, hervorragend, blendend!

Was niemand sieht, weil ich gleich nach der Schule ausziehe, so weit wie möglich wegziehe: wie ich nach jedem Höhen­flug ein bisschen tiefer stürze, um bei den gängigen Bildern zu bleiben. Wie ich erneut einen Psychiater aufsuche, der mir erneut Anti­depressiva verschreibt, bis ich mich nach ein paar Monaten erneut nicht mehr melde, weil es mir ja besser geht – hervorragend, blendend! – oder weil ich umziehe, mich umorientiere, neu erfinde: In den vier Jahren nach dem Schul­abschluss lebe ich zuerst im australischen Brisbane, dann in London, in Kairo, in Berlin und schliesslich in Zürich, wo ich in weniger als drei Jahren fünfmal umziehe, meist, weil ich mich mit meinen Vermietern verkrache. Ausserdem breche ich, bevor ich mit 28 am Literatur­institut in Biel zu studieren beginne, vier Ausbildungen ab, und die drei einzigen Fest­anstellungen meines Lebens dauern zweimal sechs und einmal acht Monate.

Bei der bipolaren Störung, früher als manisch-depressive Erkrankung bekannt, «handelt es sich um eine Störung, die durch wenigstens zwei Episoden charakterisiert ist, in denen Stimmung und Aktivitäts­niveau des Betroffenen deutlich gestört sind», heisst es in der «International Classification of Diseases» (ICD) der Welt­gesundheits­organisation (WHO). Es ist das in der Schweiz für Psychiaterinnen und Psychologen verbindliche diagnostische Manual. Auch unsere Kranken­kassen, die IV und die Gerichte arbeiten mit dem ICD. «Diese Störung besteht einmal in gehobener Stimmung, vermehrtem Antrieb und Aktivität (Hypomanie oder Manie), dann wieder in einer Stimmungs­senkung und vermindertem Antrieb und Aktivität (Depression).»

Tief über mir

Der Wecker klingelt schon lange nicht mehr. Wie viel Uhr es wohl ist? Ich muss die Decke zurückschlagen, muss zuerst den einen, dann den anderen Fuss auf dem Boden neben dem Bett platzieren, ich muss aufstehen, zur Balkon­tür gehen, die Tür öffnen, ich brauche Luft, dringend brauche ich Luft, muss in die Küche gehen, den Wasser­kocher füllen und anmachen, die Absaug­haube nicht vergessen, weil es schimmelt, und die Tasse aus dem Schrank, den Löffel aus der Schub­lade, das Einmach­glas mit dem löslichen Kaffee vom Fenster­sims nehmen, das Einmach­glas öffnen, Kaffee in die Tasse, siedendes Wasser, drei viertel voll, Wasser­kocher zurück, Absaug­haube aus, Milch aus dem Kühl­schrank, Milch öffnen, Milch in die Tasse, kurz umrühren, Milch zurück, Löffel ins Wasch­becken, Tasse nehmen und …

Die tausend winzigen Einheiten strecken den Tag, der vor mir liegt, in unermessliche Längen, für die ich den Atem, die Kraft nicht habe. Der Tag reisst schon, bevor er begonnen hat. Niedergestreckt bleibe ich liegen.

Laut der Schweizerischen Gesellschaft für Bipolare Störungen (SGBS) sind hierzulande rund 1 bis 3 Prozent der Bevölkerung von einer bipolaren Erkrankung betroffen. Sie gehört zu den zehn Krankheiten, die weltweit am häufigsten zu einer dauernden Behinderung führen, so die WHO. Und trotzdem wird die bipolare Störung «oft nicht als solche erkannt, weil die Betroffenen in der Regel viel öfter depressiv als manisch sind», schreibt die SGBS. «Das kann dazu führen, dass die bipolare Störung als Depression falsch diagnostiziert wird und es zu einer Fehl­behandlung kommt. Es gibt sogar Hinweise, dass die alleinige Therapie mit einem Anti­depressivum, wie es bei Depressionen üblich ist, den Verlauf der bipolaren Störung verschlechtern kann.»

Bis eine bipolare Störung erkannt werde, vergingen ab dem Zeit­punkt der Erstmanifestation «noch immer acht bis zehn Jahre», heisst es in einem Bericht der «Deutschen Apotheker-Zeitung». Neben der Tatsache, dass Betroffene oft zuerst einige depressive Episoden erlitten, bevor eine hypo­manische Phase auftrete, also eine leichtere Form der Manie, «fühlen sich hypo­manische Patienten häufig nicht krank, sondern im Gegenteil besonders leistungsfähig und fit, da sie mit wenig Schlaf auskommen und hochfliegende Pläne verfolgen».

Erschwert wird eine korrekte Diagnose oftmals auch dadurch, dass über die Hälfte der Menschen mit einer bipolaren Störung zusätzlich an einer anderen psychiatrischen Krankheit leiden, so die SGBS: «Am häufigsten an Angst­erkrankungen, Ess­störungen, Alkohol- und Drogen­problemen.» Die bipolare Störung erhöhe zudem «deutlich» das Risiko von körperlichen Erkrankungen, was darauf hinweise, dass sie «nicht ausschliesslich eine Hirn­erkrankung, sondern eine System­krankheit ist, die den ganzen Organismus betrifft».

Jahre später, als ich mich eingehend mit meiner Krankheit zu beschäftigen beginne, erstaunt es mich nicht, dass ich auf der Website der Deutschen Gesellschaft für Bipolare Störungen (DGBS) lese: «Bipolar erkrankte Menschen haben im Schnitt eine um neun Jahre verkürzte Lebens­erwartung und sie verlieren gegenüber der Allgemein­bevölkerung durchschnittlich zwölf gesunde Lebensjahre.»

Lebens­jahre. Lebensjahre­langsam. Lebensjahre­langsamkeit. Jahre­langsamkeit. Langsamkeit. Keitsam. Keitsamlang. Die Wörter setzen sich fest, dehnen sich aus, schrumpfen zusammen, nur um sich erneut breit zu machen. Die Wörter bekommen einen Sattel und einen Schweif. Sie bekommen eine pink bemalte Rüssel­spitze, grosse Baby­augen und einen Lachmund: Gedanken­karussell – dass ich nicht lache! Die Wörter sind Petarden, die explodieren, sind fiepende Warntöne. Gedanken­karabum unter meiner Schädel­decke. Der Tag hat mich auf dem falschen Fuss erwischt. Ich kriege die Wörter nicht los: Sie hämmern und donnern und höhlen mich aus, bis ich nur noch Schritte bin.

Hoch unter mir

Der Wecker klingelt nicht, weil ich keinen Wecker brauche. Bevor die Geschäfte öffnen, renne ich durch die Stadt, den Fluss entlang, und sobald die Läden öffnen, renne ich durch die Stadt, um Abwasch­tücher zu finden im exakt selben Orange­ton wie das Innere der stilisierten Sonnen­blumen auf meinen Sechzigerjahre­kacheln in der Küche sowie Töpfe im Baumarkt und Moorbeet­erde und den richtigen Dünger und eine Giess­kanne, wobei ich die passende erst im Internet finde, in das ich Nacht für Nacht abtauche, um alles über die Salzwasser­aquaristik zu erfahren, weil mein Balkon längst bepflanzt ist, und um Treffen zu vereinbaren mit egal was für Männern, die manchmal Drogen haben und immer Alkohol, den ich mir zu Hause nicht mehr erlaube, seit ich versucht habe, im Vollsuff mit dem Kopf im eingeschalteten Gas­backofen einzuschlafen.

Aber das ist eine Geschichte aus einem anderen Leben. Mir geht es hervorragend, meine Karriere läuft blendend: Ich schreibe ein Auftrags­theaterstück für elf Spielende in weniger als fünf Wochen und die Roh­fassung meines ersten Romans in nur neun Monaten. Zur Belohnung kaufe ich mir ein Auto auf Pump, das ich wenige Monate später eintausche für ein anderes, besseres Auto, nur um dieses kurz darauf und mit ein bisschen mehr Pump in ein Wohn­mobil umzuwandeln, um weit weg zu fahren, möglichst weit weg.

Bei Patientinnen mit manisch-depressiven Erkrankungen kommt es laut SGBS «sehr viel häufiger zu Selbst­mord oder Selbst­mord­versuchen als in der Allgemein­bevölkerung». Die DGBS wiederum nimmt an, dass jeder vierte Betroffene im Verlauf der Erkrankung mindestens einmal versucht, sich das Leben zu nehmen. Andere Quellen gehen von bis zu 50 Prozent aus.

Zum ersten Mal liefere ich mich, auf Drängen meiner Freunde, mit 34 in eine psychiatrische Klinik ein. Man attestiert mir eine Erschöpfungs­depression, besser bekannt als Burn-out. Nach zwei Wochen bin ich wieder draussen, weil ich unbedingt ins österreichische Klagenfurt fahren will, wo ich für den Ingeborg-Bachmann-Preis nominiert bin (den ich nicht gewinne). Die Rückreise führt ziemlich direkt via Flughafen Zürich wieder in die Klinik. Eine mittlere bis schwere depressive Episode, heisst es. Und beim dritten Mal: chronische rezidivierende Depression mittleren Grades. Der psychiatrische Spiessruten­lauf ist voll im Gang.

Sprung ins Jahr 2014. Ich bin gerade 36 Jahre alt geworden und liege in der Notaufnahme eines Zürcher Spitals. Die Flüssig­kohle, die ich trinken soll, um die Giftstoffe in meinem Körper zu binden, kommt aus 30-Milliliter-Flaschen, die auf dem Sims neben meiner Liege aufgereiht sind. Man hat das toxikologische Institut in Bern angerufen, um sich beraten zu lassen.

«Sie müssen trinken», sagt die Frau ganz in Blau, die mich zu füttern versucht wie ein Baby. 50 Flaschen, heisst es. Einen Teil davon lässt man per Velo­kurier von einer Privat­klinik in Spital­nähe kommen, da der eigene Vorrat nicht ausreicht. Aber ich kann nicht mehr trinken. Der bittere, zähe Brei läuft mir aus den Mund­winkeln wieder heraus.

Man telefoniert nochmals mit Bern, geht nochmals die Medikamente durch, an die ich mich erinnern kann, sie genommen zu haben. Die Zahl der Flaschen sinkt auf 23. Was für eine absurde Zahl, denke ich.

«Bleiben Sie bei mir», sagt die blaue Frau mit den schwarzen Haaren. Plötzlich wird alles andere ebenfalls schwarz – grauschwarz und körnig, wie durch einen Filter –, und plötzlich stehen doppelt so viele Menschen in der Kabine. Sie scheinen sich zu beraten. Ein Pfleger streckt mir die blaue Plastik­tüte hin, in die man vor wenigen Minuten, vor vielen Tagen, ich weiss es nicht, meine Kleider gestopft hat. Als der Pfleger beginnt, meine Sachen zu durchwühlen, als er endlich mein Telefon findet und insistiert, dass ich ihm die Zahlen­kombination zur Entsperrung diktiere, als er mich inständig bittet, ihm meinen Notfall­kontakt anzugeben, realisiere ich, dass ich auf einer Schwelle stehe.

Orientierungsläufe

War ich während der früheren Aufenthalte in der psychiatrischen Klinik immer auf derselben offenen Station, so kam ich nach meinem Suizid­versuch auf eine geschlossene – was durchaus wörtlich zu nehmen ist, denn geschlossen war dort nicht nur die Tür, sondern auch die Besteck­schublade in der Küche und, ausser zu Essens­zeiten, die Küche selbst sowie das Pflege­büro und der Aufenthalts­raum inklusive Raucher­raum in der Nacht.

Aber weil ich auf einer neuen Station war, zeichnete eine neue Ober­ärztin für mich verantwortlich. Bereits am zweiten Tag nahm sie sich Zeit für mich und liess mich zuallererst meinen Frust ablassen:

Dass bislang keine Behandlung angeschlagen habe. Dass man auch bei meinem dritten Aufenthalt die Schild­drüsen­funktion nicht überprüft hatte, was eigentlich Standard sein sollte bei einer Depressions­diagnose. Dass ich weder mit den Anti­depressiva noch mit den Neuroleptika klarkäme, insbesondere dem Quetiapine, das hier so in Mode war und das von den Angst­gestörten über die Border­liner bis zu den Zwangs­gestörten alle zu bekommen schienen – vielleicht einfach nur, um uns ruhigzustellen? Dass ich keine Kraft mehr habe. Für nichts.

Dann bat sie mich, ganz vorne zu beginnen mit meiner Krankheits­geschichte. Sie hörte mir zu, schrieb mit und stellte die richtigen Fragen. Offensichtlich hatte sie meine Akte nicht nur überflogen, sondern studiert. Zum Schluss sagte sie: «Herr Froehling, Sie haben eine bipolare Störung.» Wenig später schüttelten wir uns die Hand, als hätten wir gerade einen Deal abgeschlossen.

War mein erstes Gefühl, nachdem ich die Diagnose verstanden hatte, zwar eines der Erleichterung, da ich die emotionale Berg- und Talfahrt wie auch mein oftmals ruinöses Verhalten (sowohl finanziell als auch sozial) der letzten Jahrzehnte plötzlich einordnen und verstehen konnte, begann alles auf eine gewisse Art erst da. Ich musste mich damit abfinden, dass ich tatsächlich krank war und nicht nur zwischendurch so erschöpft oder «ausgebrannt», dass ich nicht aus dem Bett kam. Meinem Alkohol­missbrauch musste ich mich ebenfalls stellen. Überhaupt meinem Lebenswandel.

Und dann die Medikamente. Denn eine korrekte Diagnose allein reicht natürlich noch nicht: Bei mir dauerte die Suche nach einer wirksamen und erträglichen Kombination über zwei Jahre. Manchmal schien es, als hätte ich mehr unerwünschte Begleit­erscheinungen, als auf den jeweiligen Packungs­beilagen überhaupt aufgelistet waren. Ich zitterte. Ich hatte ständig Durchfall oder war verstopft. Ich bekam Haut­ausschläge. Ich wurde aggressiv oder gänzlich empathielos. Ich hatte entweder Heisshunger oder gar keinen Appetit. Ich schlief nur noch oder fast nicht mehr. Mein Geschmacks­sinn und meine Träume veränderten sich. Die Rastlosigkeit, das Gedanken­rasen, meine Angst verstärkten sich. Einmal traute ich mich, nachdem wir begonnen hatten, ein neues Medikament «auszuschleichen», wie es äusserst schönfärberisch heisst, einen Tag lang vom Balkon nicht zurück in die Wohnung, bis am Abend mein Mitbewohner nach Hause kam. Zeitweise nahm ich täglich bis zu zwölf verschiedene Medikamente zu vier oder gar fünf verschiedenen Zeiten (morgens vor dem Frühstück, morgens nach dem Frühstück, mittags, abends und auf die Nacht). Heute sind es an einem guten Tag noch deren drei.

Flachland

Aber was ist ein guter Tag, beinahe fünf Jahre nach der Diagnose? Ein guter Tag ist vor allem ein unaufgeregter Tag. Es ist ein Tag, an dem ich es schaffe, mit dem Wecker aufzustehen. Es ist ein Tag, an dem ich die allmorgendliche Angst, die leider geblieben ist, mit Atem- und Gedanken­übungen verbanne. Die Übungen habe ich in der Klinik gelernt oder bei meiner Psychiaterin, mit der ich nun seit ziemlich genau vier Jahren zusammen bin – länger als jede Liebes­beziehung, wie ich jeweils nur halb im Scherz sage. An einem guten Tag vergesse ich meine Medikamente nicht und trinke genug, damit meine Hände nicht zu zittern anfangen von dem einen Wirkstoff.

An einem guten Tag halse ich mir nicht zu viel auf und arbeite morgens nur so lange, bis meine Konzentrations­fähigkeit strapaziert, aber nicht erschöpft ist, worauf ich meist nochmals eine Stunde schlafe. Ich esse regelmässig und so gesund wie möglich (Alkohol trinke ich seit Jahren keinen mehr). Nachmittags schaue ich, dass ich aus dem Haus komme und mich bewege. Danach versuche ich, eine oder zwei weitere Stunden zu arbeiten. Abends treffe ich Freunde, schaue fern oder lese, sofern mein Auffassungs­vermögen es erlaubt. Meist gehe ich relativ früh ins Bett und versuche mich nicht allzu sehr mit der Frage zu beschäftigen, ob ich – so selbst gewählt eingemittet (um nicht gelangweilt zu sagen) – nicht am Leben vorbeilebe.

Mit Goethes geflügeltem Wort «himmelhoch jauchzend, zu(m) Tode betrübt», dessen man sich gerne bedient, um die Stimmungs­wechsel einer bipolaren Störung zu beschreiben, hat mein Leben an einem guten Tag nur wenig zu tun. Das Zitat stammt aus dem Trauerspiel «Egmont» von 1788. So besingt dort Clärchen ihre Liebe zu Egmont: «Himmelhoch jauchzend, zum Tode betrübt; Glücklich allein ist die Seele, die liebt.»

Wirklich? Ich sehe das ein wenig anders und antworte, getreu Goethe, mit Clärchens Mutter: «Lass das Heiopopeio.»

Zur «Krankheit der Kreativen»

Nicht zufällig findet der Internationale Tag der Bipolaren Störungen oder World Bipolar Day jährlich am 30. März statt: Es ist der Geburtstag von Vincent van Gogh, der postum (und nicht unumstritten) als bipolar diagnostiziert wurde. Auch Virginia Woolf, Sylvia Plath, Ernest Hemingway und Hermann Hesse (um bei meinem Fach zu bleiben) sollen an der Krankheit gelitten haben. Zudem haben sich nicht wenige zeitgenössische Künstlerinnen und Künstler, etwa Mariah Carey, Mel Gibson, Stephen Fry oder David LaChapelle, als bipolar «geoutet».

Der World Bipolar Day will das «Bewusstsein für bipolare Störungen weltweit schärfen und das soziale Stigma beseitigen». Es mag stimmen, dass eine Manie oder eine Hypomanie einen Schaffens­rausch hervorrufen kann und dass überdurchschnittlich viele künstlerisch tätige Menschen als bipolar diagnostiziert werden, wie die US-amerikanische Psychologin Kay Redfield Jamison in «Touched with Fire» zeigt. Aber es wäre nicht nur falsch, sondern auch gefährlich, die von Medien gerne «Krankheit der Kreativen» genannte Störung zu romantisieren. Denn sie kann tödlich enden.

Zum Autor

Simon Froehling, geboren 1978, ist schweizerisch-australischer Doppel­staats­bürger. Er hat sich Anfang der Nuller­jahre hauptsächlich als Lyriker und Theater­autor einen Namen gemacht – vom Schlacht­haus Bern und vom Stadt­theater Biel-Solothurn über die Schau­bühne Berlin bis zum Theater Neumarkt und zur Gessner­allee Zürich. Mit «Lange Nächte Tag» (Bilgerverlag, Zürich) erschien 2010 sein erster Roman. Nach einer längeren, krankheits­bedingten Pause schreibt und veröffentlicht er seit 2018 wieder, zum Beispiel in der Schweizer Literatur­zeitschrift «Orte» und in «Glitter». Für sein Werk wurde er unter anderem mit dem Network-Kulturpreis, dem Publikums­preis der St. Galler Autoren­tage, dem Preis für das Schreiben von Theater­stücken der Société Suisse des Auteurs (SSA) und einem Heinz-Weder-Anerkennungs­preis für Lyrik ausgezeichnet.

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