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Entscheidend ist ja nicht die Frage ob Brexit or not Brexit. Viel ungeheuerlicher und tiefgreifender ist die Vorgehensweise von Herren wie Trump, Johnson, oder Orban, die mit Lügen, Egomanie und einem faschistischen Gedankengut die parlamentarische Demokratie an die Wand fahren. Und ganz entscheidend ist auch die Frage, wieso das Volk, der eigentliche Souverän, diese Sch..... überhaupt goutiert und zum Teil freudig klatschend mithilft, dass alles vor die Hunde geht. Ich meinerseits werde mich mit allen Mitteln dagegen wehren, damit diese wiederkehrende Faschistengarde nicht auch in der Schweiz die Oberhand erhält.

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Nur weil man eine Meinungskolumne “Analyse” nennt, wird sie damit nicht objektiver. Eine Analyse würde ein sorgfältiges Abwägen der Vor- und Nachteile eines EU-Austritts beinhalten und auch Konsequenzen für die EU aufzeigen. Beispielsweise würde ein Brexit bedeuten, dass in der EU die liberalen, marktfreundichen Kräfte ihre Sperrminorität verlieren würden, mit möglicherweise weitreichenden Auswirkungen auf ihre zukünftige Ausrichtung.

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Es ist eine Analyse des Verhaltens des aktuellen Premierministers und der drohenden (bzw bereits akuten) institutionellen Krise in UK, keine Analyse des Brexit.

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Auch hier würde ich von einer Analyse mehr Ausgewogenheit erwarten. Ein bisschen Irrationalität ist beispielsweise oft eine ganz passable Verhandlungsstrategie. Es könnte gut sein, dass der emotionale Johnson ein Entgegenkommen der EU erreicht, welches der nüchternen May verwehrt blieb. In dem Fall wäre Johnson’s Strategie die richtige. Aber Binswanger’s Horizont scheint für solche Erwägungen leider nicht breit genug zu sein.

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Brexit-Populismus und EU-Bürgerferne

Das mag alles richtig sein, was Daniel Binswanger zur grossartigen geistesgeschichtlichen Bedeutung von Grossbritannien und zur aktuellen Befindlichkeit von demnächst eventuell nur noch Kleinengland darlegt. Und Charakterisierungen von Boris Johnson wie jene, dass er das Gegenstück zu einem gewissen US-Trampel darstelle, nur ohne Twitter, dafür mit Oxford-Abschluss, sind süffig.

Ganz ausgeblendet bleiben dabei aber objektive Ursachen hinter den populistischen Strömungen in immer mehr EU-Ländern sowie in der (noch) bilateral in den Binnenmarkt eingebundenen Schweiz. Soeben ist auf DRS4 eine Sendung ausgestrahlt worden, die sich mit den Demokratiedefiziten der EU beschäftigt hat: dem mangelnden Parlamentarismus (!), der dominierenden, bürgerfernen Hinterzimmerdiplomatie, unter der das demokratische Öffentlichkeitsprinzip leidet, und der dementsprechend gering entwickelten Fähigkeit, kritische Stimmen aus schwächeren Mitgliedsländern oder Bevölkerungsschichten aufzugreifen. Diese ungehörten kritischen Stimmen kreisen zwar nicht nur, aber doch immer öfter um das ökonomistische Dogma der Personenfreizügigkeit (d.h. des EU-„freien“ Arbeitsmarkts), das zwar den transnational operierenden Grossunternehmen dient, dessen massive volkswirtschaftliche Kosten aber vor allem die Arbeitskräfte tragen, die mit Niedriglöhnen leben oder in andere EU-Länder migrieren müssen, um über die Runden zu kommen. Greift es angesichts solcher Zusammenhänge nicht zu kurz, immer nur den grassierenden Populismus zu kritisieren?

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Lieber Peter Ulrich,

Ich kann Ihrer Analyse nur zustimmen. Ja, es gibt massive Probleme innerhalb der EU, sowohl was das Demokratie-Defizit als auch was die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen betrifft. Ja, die Freizügigkeit schafft massive Probleme, wenn sie nicht arbeitsrechtlich reguliert und durch flankierende Massnahmen aufgefangen wird. Ein Vorwurf allerdings ist nun wirklich nicht berechtigt: Dass hier "immer nur" der Populismus kritisiert würde. Sehr im Gegenteil: Alle die Problemfelder, die Sie hier völlig berechtigterweise anführen, sind ständiges Thema der Republik und dieser Kolumne. Und dass man den Brexit, bzw. Boris Johnson gar nicht mehr kritisieren dürfe, weil man dann von den internen Problemen der EU schweigt, wäre ja nun auch eine etwas seltsame Position.

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Lieber Herr Binswanger, danke für das Feedback. Ich bin ganz einverstanden - das „immer nur“ der Populismus-Debatte war nicht auf Ihre Kolumnen in der Republik oder auf diese überhaupt gemünzt, mehr auf das Gesamtbild, das die hiesige Medienlandschaft abgibt. Gerne betone ich, dass die Republik sich davon durch vertiefende Hintergrundanalysen regelmässig vorteilhaft abhebt. Für das Verständnis der grösseren Zusammenhänge der vordergründig seltsamen politischen Entwicklungen ist das wichtig. Weiter so!

Sollte es zum harten Brexit kommen, wäre übrigens die Einschätzung der wirtschaftlichen und sozialen Folgen für England interessant (wenn wir mal die Frage nach der Reaktion von Nordirland, Irland und Schottland weglassen). Ob diese Folgen wirklich katastrophal sein werden? Und soweit ja, für wen konkret und für wen eher nicht? Was, wenn England sich mit USA auf einen von den (in diesem Feld eh schon mehr schlecht als recht funktionierenden) EU-Regeln befreiten, noch radikaleren Finanzkapitalismus fokussiert? Könnte es in zwei, drei Jahren nicht so aussehen, dass dann vor allem die Londoner „City“ wirtschaftlich boomen wird, während die eh schon ausgedünnten englischen Industrien definitiv darniederliegen und der Rest Europas mit abnehmendem Erfolg gegen die Abwanderung des steuervermeidenden Finanzkapitals nach London und New York kämpfen wird? Die üblen Folgen wären dann aus Johnson-Land zu einem nicht unwesentlichen Teil externalisiert...

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Das greift tatsächlich zu kurz, da Kritik alleine nicht viel bewirkt. Die PFZ wurde aus meiner Sicht zum Problem, weil die Wirtschaft zu Gunsten der Gewinnoptimierung ihre gesellschaftspolitische Verantwortung nicht mehr wahrnehmen will und somit die profitablen Aspekte der PFZ krass überstrapaziert. Dies im mitteleren- und oberen Qualifikationssegment. Bei den Working Poor, welche dann allenfalls unsere Sozialsysteme beanspruchen, bedient sich die Agrarbranche. Bei mir sehe ich jedenfalls massenhaft Leute aus dem ehemaligen Ostblock auf den Feldern. Offenbar will das ja auch keiner von uns mehr tun. Es geht hier um den populistischen Nationalismus und wir wissen doch alle noch, wo das enden kann. Hätte man solche Entwicklungen in den 30'iger Jahren des letzten Jahrhunderts rechtzeitig und massiv kritisiert, wären sie vielleicht nie Realität geworden.

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Auf den Punkt gebracht Herr Ulrich:-)

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Nigel Farage ist die Schlange mit der höchsten Giftdosis, was den Populismus in UK anbelangt und Boris ist er ausführende Clown. Man bedenke, dass Farage einen ausgezeichneten Draht zu Trump hat und dass Trump schon verlauten liess, er habe Theresa May ja gesagt, wie sie bezüglich Brexit vorgehen solle. Sein Rat war wohl der, welchen Boris Johnson nun mit tatkräftiger Unterstützung von Farage umsetzen wird. Und Trump, ebenfalls gut mit Johnson "befreundet", wird ihn tatkräftig auf Twitter begleiten und unterstützen. Das alles wird mittelfristig für die "Working Heroes" im Desaster enden, in den USA, wie in UK. Zusätzlich wird man sich politisch zunehmend keine Demokratien mehr leisten wollen, das sieht man auch In Ungarn, Polen, Italien, etc. In der Schweiz wissen wir ja, wer auf dem selben Rechtpopulismus-Trip ist. Früher sagte man "hütet euch am Morgarten" und heute sage ich "hütet euch am Herrliberg" und sorgt sofort für eine Entköppelung. Denn sonst könnte sich die Schweiz in 2- 3 Jahren gegenüber der EU in der gleich bdenklichen Situation befinden.

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Dann wäre Steve Bannon also der "US-amerikanische Nigel Garage"...
Übrigens trägt "der Böse" sehr oft einen französisch klingenden Namen.
Ich erinnere an "Monsieur Sauvage" im Thriller mit dem Britischen Geheimagenten der Königin, Jonny English, überzeugend gespielt von Mr. Bean!

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Dass die offizielle Politik mehr und mehr Mr. Bean-artige Züge bekommt, ist eine Beobachtung, die sich nicht von der Hand weisen lässt....

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Mit den Zusammenhängen bezüglich Steve Bannon haben Sie durchaus die richtigen Schlüsse gezogen. Herr Salvini oder Herr Orban können das, da auch freundschaftlich mit Bannon verbunden, bestätigen. Ihr Herr Bannon ist ist ja bekanntlich auch als Trump-Trojaner in den europäischen Raum delegiert worden und hat sich selbst in der Schweiz, zusammen mit der Weltwoche, massiv verköppelt. Um auf Mr. Bean zurück zu kommen, kann ich mir duchaus vorstellen, dass sich die involvierten Herren, an ihrer Hirnleistung gemessen, wohl vorwiegend von Snickers ernähren müssen.

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Um meinen Lieblingsschweizer zu zitieren:
Entweder man verzweifelt über die Welt, oder man lacht über sie.

Britische Satire zum Brexit gefällig? Besser kann man es nicht auf den Punkt bringen:
https://www.youtube.com/watch?v=OdMcbLT3jSY

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Diese Analyse ist eine gute Beschreibung eines charakterlosen, egomanen und von jeglichem Verantwortungsgefühl freien Politikers als Beispiel für leider viel zu viele ähnlich gefährliche Typen in vergleichbaren Positionen. Schönzureden gibt es da nichts. Und es ist beängstigend zu sehen, wie die Menschen solchem Treiben wie gelähmt einfach zuschauen scheinen.

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"Die größte Schwäche der Demokratie ist, dass sie denen zu regieren erlaubt, die dafür nicht geeignet sind." Nikolai von Michalewsky

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Danke für dieses sehr treffende Zitat! Wobei für mich die (offensichtlich rhetorische) Frage offen bleibt, ob das in totalitären Systemen (welcher Couleur auch immer) anders ist....

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Einer der besten Artikel, den ich bei R je
gelesen habe!!! Danke Daniel Binswanger.
This is what it is all about!
man müsste diesen sorgfältig recherchierten Artikel übersetzen und nach GB,
solange es das überhaupt noch gibt, einschleusen!

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Ich sehe den "Rechtspopulismus", wie auch den "Linkspopulismus", den "Islamistischen Populismus" und alle weiteren "Populismen" nicht unbedingt als "anti-demokratisch", sondern als "Anfänger-demokratisch".
Anfänger-DemokratInnen verstehen unter Demokratie eine "Diktatur der Mehrheit".
Sobald also eine Partei, oder ein Parteien-Bündnis innerhalb der Demokratie eine minimale Mehrheit von 51% erreicht hat, darf sie die restlichen 49% der Bevölkerung mit einem Umerziehungsprogramm zu quälen beginnen, mit dem Ziel, aus der 51%-Zustimmungsrate ein "Ostblock-Resultat" von 99% Zustimmung bei 1% Enthaltungen zu erreichen.
Wie wir aber aus unserm Beziehungsalltag wissen, wird eine solche autoritäre Umerziehung nicht einmal bei Kindern wirklich funktionieren, geschweige denn bei Identitätsbehinderten Erwachsenen!
Eine Populisten-Diktatur einer Anfänger-Demokraten-Mehrheit kann aber erreichen, dass die Menschen, die unter ihrer Unterdrückung leiden, "Zwei Gesichter" entwickeln:

  • Ein braves, angepasstes, kultiviertes, anständiges "Engels-Gesicht" in der Öffentlichkeit und am Arbeitsplatz und

  • eine Freizeit-"Teufelsfratze", wenn es darum geht, all die im Umerziehungs-Alltag angestauten Gedanken und Gefühle laufen und sich austoben zu lassen, in der Familie und im einschlägigen Freundeskreis.
    Eigentlich passiert diese Aufspaltung der Seele in eine "helle" und eine "dunkle" Seite bei jeder Art von Erziehung, nach dem Natur- und Sozial-Gesetz von "Aktion und Re-Aktion".
    Schwierig wird es aber, wenn -wie im Falle von Donald Trump und von Boris Johnson- die mächtigen Erzieher SELBER die von ihnen beherrschten Regierungsinstitutionen zu Tollhäusern ihrer angestauten Lüste und Früste machen!
    "Das Volk" schaut ungläubig, betreten und peinlich berührt dabei zu, wie die "hohen Würdenträger" und Staatsbeamten die Sau rauslassen und wie das House of Parlaments immer mehr einem Irrenhaus gleicht, mit auf engstem Raum in dem historischen Gebäude einsitzenden PolitikerInnen verschiedener Fraktionen. Immer wieder steht irgendwo jemand auf, wie in einem lustigen Kasperle-Theater und hält eine Rede, worauf die vom gegnerischen Lager dreinrufen, buhen und "mööggen", wie in einem Kuhstall.
    Die Statements werden in dieser aufgeheizten Atmosphäre immer gereizter, schärfer und aggressiver, so dass die PolitikerInnen sehr viel Selbstbeherrschung aufbringen müssen, damit sie nicht prügelnd aufeinander losgehen.
    Nun passiert etwas sehr interessantes:
    Die früheren Rollen werden vertauscht!
    Die Chefs sind jetzt die Kinder, die vom Volk als ihren Eltern erzogen und im Zaum gehalten werden müssten. Das Volk muss in dem Moment Verantwortung übernehmen, in dem die Verantwortlichen sich wie kleine Kinder aufführen.
    Aber kann "das Volk" so etwas überhaupt?
    Nur schon bei ZWEI Erziehungsberechtigten bei einem Kind, wie das bei Mutter und Vater üblicherweise so ist, wird es schwierig, sich auf gemeinsame erzieherische Grundsätze, Regeln und Konsequenzen zu einigen, die das kindliche Verhalten lenken sollen.
    Wie erst, wenn eine Bevölkerung von hundert Millionen WählerInnen ihren Präsidenten-Clown erziehen und lenken sollten...?
    Kinder beobachten sehr genau, WIE wir eine erzieherische Anweisung geben und können anhand der Körpersprache und des Tonfalls instinktiv einschätzen, wie ernst sie tatsächlich gemeint ist und was trotzdem noch alles drinliegen könnte.
    Und Kinder (und Kindsköpfe!) sind in der Lage, blitzschnell umzuschalten, von einer Person zur nächsten.
    Boris Johnson und Donald Trump sind mit solchen kindischen "Nachahmer- und Chamäleon-Eigenschaften" so beschlagen und ver-schlagen, dass sie auch von Publikum zu Publikum blitzschnell umschalten können...

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Wozu brauchen GB und die USA nukleare Sprengköpfe, wenn egoistische Wirrköpfe am „Drücker“ sind? Äxgüsi meine Befindlichkeit ist nich von Bedeutung, aber mir ist schlecht und mein Morgenkaffee ist schal und auf einen Early Morning Tea habe ich keine Lust.
👉 Jedoch die messerscharfe Analyse von Daniel Binswanger 👌 bestätigt mir, dass ich nicht krank bin und gscheiter den Song der Beatles ... jetzt zum Trost hören gehe...

Day after day - The fool on the hill - https://youtu.be/wsRatIMUSu8

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Grandiose Reaktion. Man könnte den Songtext als Leitartkel verwenden, man müsste nichts anpassen.

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Die Einleitung zur wunderbar humanistisch-aufklärerisch-vernunftbasierten weltgeschichtlichen Rolle des Vereinigten Königreichs ist - in der völligen Ausblendung der hegemonial-kolonialistischen Egozentrik des Empire - etwas geschichtsvergessen, ist sie nicht?

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Ist Johnsons Politik nicht Ausdruck eines Denkens, welches das Ende des Kolonialismus und den Niedergang des Empire noch nicht verarbeitet hat?

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Da haben Sie zweifelsohne recht. Dass mit dem Slogan "Take back control" auch an die Grösse des Empires wieder angeknüpft werden soll, scheint evident. Allerdings ist die Sache ja Paradox: Der Brexit ist eine sehr reale Gefahr für das "United" Kingdom. Das heisst eine Sezession Schottlands, Nordirlands und vielleicht einmal von Wales wird zu einer realen Gefahr. Warum nehmen Johnson und seine Anhänger das leichtfertig in Kauf? Ich denke, mindestens ein Teil der Antwort leitet: Weil sie englische Chauvinisten sind. Weil eine harte Grenze zwischen Nordirland und Irland sie weiter nicht stören würde. Weil sie nicht nur das Empire sondern seine schlimmsten Traditionen weiterführen.

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Und warum anonym?

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Bitte bleiben wir beim Thema. So lange anonym kommentieren möglich ist, ist das kein Diskussionsgegenstand. ;-)

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Vielen Dank, Herr Binswanger, dass Sie sich so aktiv und fundiert im Forum der Diskussion stellen und sich beteiligen - ein echter Mehrwert, den Sie Leserinnen und Lesern so bieten!

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Mit dieser Sprache, Herr Binswanger, stärken Sie mit Verlaub den Populismus. Ich verweise in dieser Angelegenheit gerne auf Otto Scharmers Blog https://medium.com/presencing-insti…bde2613a9e
und sein Buch zum U-Prozess.

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Lieber Herr R., wenn ich Sie richtig verstehe, haben Sie zwei Kritik-Punkte. Erstens dass meine scharfen Formulierungen (egoman, Staatsstreich, politischer Wahnsinn, Vulgarität). Das sei selber populistisch. Zweitens werfen Sie mir vor, ich würde Scharmers Theorie der Polarisierungsachsen nicht berücksichtigen, die einen besseren Ansatz bieten würden.
Den ersten Punkt verstehe ich gut. Wir alle sollten immer davon ausgehen, dass wir uns in einem demokratischen Dialog befinden, ganz besonders wenn die Kritik gewählte Volksvertreter betrifft, und deshalb ist ein gemässigter Ton grundsätzlich erstrebenswert. Aber dieser Grundsatz ist IMMER mit einem Problem konfrontiert: Wie reagiert man auf politische Extreme? Mit wem führt man noch auf Verständigung ausgerichtete Gespräche? Wann kommt man an den Punkt, an denen man extremistische oder antidemokratische Kräfte legitimiert?
Boris Johnson ist ein extremes politisches Phänomen. Ich habe das in meinem Kommentar in verschiedenen Aspekten dargelegt - und es ist desto beunruhigender als Grossbritannien eine der ältesten und solidesten Demokratien der Welt ist. Sie können sich natürlich auf den Standpunkt stellen, der Extremismus-Vorwurf sein falsch, aber er wird von zahlreichen Seiten erhoben und lässt sich leider sehr gut begründen. Nehmen sie ad exemplum nur die Financial Times: Brexit means goodbye to Britain as we know it. https://www.ft.com/content/de6e2b14…1c6ab5efd1
Diese Position unterscheidet sich stark von der hier vertretenen.
Was ihr Verweis auf Scharmer betrifft: Die Achsen-These finde ich hilfreich und interessant, aber ich habe immer den Eindruck, dass sie die klassischen Kategorien mehr ergänzt als ersetzt. Wenn ich Sie richtig verstehe, ist ihr Punkt der, dass man Offenheit fördern muss und dass Offenheit durch scharfe Rhetorik verhindert wird. Allerdings ist es doch so, dass Johnson ganz explizit nur die Geschlossenheitswähler abholen will. Darauf zielt seine Strategie. Wer ihn kritisiert, spricht das Offenheitslager an. Und auch entlang dieser Achse sind die Polaritäten scharf.

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Danke, Herr Binswanger, meine Kernpunkte haben Sie erfasst. Es geht mir darum, dass wir das lernen was die Klimajugend uns „Älteren“ als Spiegel vorhält: Die Dialogkultur auf allen Ebenen kultivieren. Die Sprache und die Wertschätzung von Vielfalt ist der Schlüssel dafür. Denn Gleiches mit Gleichem vergelten - auch wenn es nicht so gemeint ist oder unbewusst geschieht -, bringt mich, Sie und uns nicht weiter. Der Fall Trump und die drei jungen demokratischen Parlamentarierinnen zeigt dies exemplarisch. Der Sieger aus diesem öffentlichen Schlagabtausch oder Debatte war Trump.
Ich bin überzeugt, dass Scharmer es das was Mandela, Gandhi und andere große Figuren gezeigt haben, der Schlüssel ist. In der U-Theorie beschreibt Scharmer das auch für Denker sehr eindrucksvoll. Wir können den Populismus in der Debatte nicht schlagen (Sie bewirtschaften die Urängste des Menschen). Wir können nur über das was die Bibel für die Gläubigen oder die neue Wissenschaft (Scharmer u.a.m) und #newwork im Arbeitskontext beschreiben und praktizieren einen Unterschied machen. Nur mit dem Fühlen öffnen wir den Willen (siehe auch mein Kommentar zum Artikel zur Klimajugend).

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Lieber Herr Binswanger, ich habe einen Aspekt aus ihrem Text herausgegriffen und als Aufhänger genutzt, um mein Standpunkt zu vertreten, dass Hoffnung stärker ist und aus meiner bescheidenen Sicht die einzige Kraft darstellt, um die Menschen aus der geschlossenen, in eine neutrale und dann ggf. öffnende Haltung einzuladen. Die Analyse von Ihnen zu Boris Johnson ist glasklar und ich sehe diese Bedenken durchaus. Auch mich macht dies nachdenklich, wenn ich die Entwicklung auf der Insel betrachte. Ich glaube aber einfach nicht, dass wir als Kollektiv irgend etwas in Bewegung bringen, wenn wir diesen Kräften noch mehr Aufmerksamkeit geben als sie ohnehin schon haben. Diesen Gedanken teilen Sie hoffentlich mit mir.

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Nach dem Lesen der Analyse, welche Sie empfahlen, halt ich diese tatsächlich für lesenswert, bzw. zutreffend. Ich kann allerdings nicht erkennen, womit Herr Binswanger nun den Populismus verstärken soll, zeigt er doch lediglich Entwicklungen auf, welche auch bei Ihrem Autor grundsätzlich Thema sind. Ihr Autor definiert ja auch Parteien, nach "Open" und "Closed" und die Letzeren sind auch bei ihm die Rechtspopulisten. Klar sollte man das Gespräch suchen und finden, aber derzeit oktrieren ja gewisse Leute mit zweifelhafter demokratischer Legitimation der Bevölkerung ihre "Lösungen" auf, was halt diktatorische Züge hat. Dem sollte man sich doch schon entschlossen engegenstellen oder empfinden Sie den nicht nur aufkeimenden, sondern schon spriessenden Nationalismus als Heilmittel für die derzeitigen Probleme dieser Welt? Mir macht die ganze Entwicklung eher Angst, auch im Hinblick auf meine Kinder und Enkel.

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Herr Binswanger hat ein ausgezeichnetes Gespür für die Gefahren, die in den kommenden Jahren einer Demokratie, die ihren Namen verdient, drohen. Das wurde auch im informativen Interview mit Paul Mason deutlich.
Roger Köppel, Weltwoche-Verleger und Chefredaktor, hat in seinem neuesten Editorial die Wahl von Boris Johnson enthusiastisch begrüsst. Ich habe mir erlaubt, es in unserer Online-Dorfzeitung etwas zu kommentieren:
http://www.birsfaelder.li/wp/lokal/…e-schweiz/

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Ich teile Ihre Einschätzung weitestgehend, bis auf Ihre Schwarz-Weiss-Tendenz bei der Definition von gut und böse: Mit dem Umgang der Franzosen mit den Gilets Jaunes können derzeit ja weder die Russen noch die Chinesen wirklich mithalten. Aber die Gilets Jaunes werden von unseren Medien konsequent totgeschwiegen, obgleich der Massenprotest ungebrochen ist und in der 40. Woche ist. Es ist hüben wie drüben dasselbe. Es muss nicht heissen: Die EU ist unser Freund, Grossbritannien oder Russland unser Feind, sondern: die MitbügerInnen sind unsere Freund, die Mächtigen unsere Feinde. Die Herrscher wollen ins Mittelalter zurück, dadurch nähern sich die Zustände immer mehr den Vorrevolutionären an: Die Superreichen und Multis mit ihren Angestellten und Expats sind der (Geld-)adel. Nach der Säkularisierung der Gesellschaft erfüllt der Staatsapparat die Funktion der Religion, so dass das Heer der Beamten den Klerus bildet. Adel und Klerus protegieren sich gegenseitig. Der Pöbel hat das Nachsehen. Die interessante Frage ist nun: Schaffen es die Mächtigen unbemerkt an der französischen Revolution vorbei ins Mittelalter zurück? Die Gilets Jaunes, die Protestierenden in Hong Kong und Russland haben es bemerkt. Und der (übrige) Westen? Wann kapieren wir endlich, dass die Staatsformen heute nur noch unterschiedliche Namen tragen, aber vom Wesen her alle dasselbe wollen?

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die MitbügerInnen sind unsere Freund, die Mächtigen unsere Feinde

Ich sehe den Unterschied zwischen diesem Schwarz-Weiss und dem nach Nationen nicht. Auch Sie teilen gut und böse undifferenziert und eindeutig zu. Die Konstruktion solch absoluter Gegensätze hat in sich etwas Gewalttätiges. Die Radikalität erinnert an Georg Büchners "Friede den Hütten! Krieg den Palästen!" Ob dieses Schwarz-Weiss mehr bringt als ein beliebiges anderes? Ist nicht vielleicht das Schwarz-Weiss selber zumindest ein Teil des Problems?

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Bravo, schlicht glänzend analysiert und geschrieben!

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vielen Dank für diese treffende Analyse von Daniel Binswanger, da kann man gar nichts mehr hinzufügen, einfach glücklich feststellen, das es sie noch gibt, sichere Stimmen in fake Zeiten.

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Das ist keine Analyse, Herr Binswanger, das ist ein emotionaler Taumel. Abgesehen von der schwierigen Bedingung der EU betreffend „Backstop“, ist das Westminster Parlament nicht auf Kompromisse ausgelegt - sondern „winner takes all“. Es ist ebenfalls ein Schauplatz für Egomanen, besonders der Public School und Oxbridge Sorte auf der rechten Seite und der „Internationalen“ singenden, intellektuellen Nostalgiekommunisten auf der linken Seite. Die „Crossparty“-Regierung, die Sie ansprechen, wird es wegen eines anderen Egomanen, Jeremy Corbyn, kaum geben. Er ist offenbar nicht Mehrheitsfähig im aktuellen Parlament und insistiert trotzdem, dass er und seine Partei nur mitmachen, wenn er die alternative Regierung anführen kann. Mit dieser Blockadepolitik verlieren wir wieder viel wichtige Zeit und steuern an die Wand. Es ist dieselbe Blockadepolitik von Corbyn, die May in ihren verschiedenen Kompromissanläufen ausgebremst hat. Corbyn ist leider ebenfalls anti-EU eingestellt und denkt vielleicht, soll die UK austreten, aber die Tories können für den Mist schuld sein. Nun werden wir mal sehen, ob die Britische Verfassung doch noch gerettet werden kann, eventuell mit John Bercow, Speaker of the House, wenn er wieder eine parlamentarische Abstimmung über ein Gesetz zulässt, das eine Verlängerung des Austrittstermins gemäss Art. 50 verlangt. Mir bleibt jedenfalls die Hoffnung.

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Herr H., Herr Binswanger bezeichnet seinen Text als "Kolumne" nicht als Analyse. So steht's bereits in der ersten Zeile des Textes "Diese Kolumne muss beginnen mit..." Kolumnen sind per definitionem Texte, die persönliche Meinungen transportieren. Selbstverständlich müssen persönliche Meinungen nicht von Jedem und Jeder geteilt werden - aber einem Meinungstext vorzuwerfen, er sei "keine Analyse", ist unsinnig. Womit Sie - meiner Meinung nach - recht haben, sind die Aussagen zum Unterhaus und der dort üblichen Politik.
Noch eine Bemerkung zum "Backstop": Dieser kam auf Vorschlag der britischen Regierung in den Austrittsvertrag, weil sie - wie die EU auch - keine "harte" Grenze auf der irischen Insel wollte/will. Beiden Vertragsparteien ist/war bewusst, wie prekär die Lager in Nordirland ist, wenn die in den letzten 20 Jahren gewachsene Verbindung zwischen Nordirland und Irland unterbrochen wird/würde. Deshalb der Backstop, der besagt, dass das gesamte UK so lange in einer Zollunion mit der EU bleibt, bis mit einem Freihandelsvertrag eine neue/bessere Lösung für das "irische Problem" gefunden sei.
Geplant war dieser Vertrag auf Ende 2020 - das ist inzwischen illusorisch, nachdem der gesamte Austrittsprozess in Verzug geraten ist. Der Backstop sollte/soll ja auch verhindern, dass Nordirland von GB abgetrennt würde - denn die einzig andere Lösung zur Vermeidung einer "harten" Grenze auf der irischen Insel wäre es, die Grenze in die Irische See zwischen die beiden Inseln zu verlegen. Was weder für die Nordiren noch GB - und damit fürs gesamte UK - unannehmbar wäre. Die Mehrheit der Nordiren - mit Ausnahme der Anhänger der Democratic Unionist Party (DUP) - befürworten laut Umfragen den Backstop. Abgesehen davon, hätte es inzwischen dem Unterhaus und/oder der DUP und/oder den Tories und/oder Labour frei gestanden, eine bessere oder auch nur für sie akzeptablere Lösung dieses Problems zu präsentieren. Bis jetzt: Nada. Da scheint es doch ein ganz winziges bisschen seltsam, von "den schwierigen Bedingungen der EU betreffend Backstop" zu schreiben.
Boris Johnson wiederum scheint das nordirisch-irische Problem am Allerwertesten vorbei zu gehen - anders sind seine bisherigen Aussagen dazu nicht zu verstehen. Die "technische Lösung", die er mal in die Debatte brachte, existiert nicht - und sogar wenn es sie gäbe, müsste sie innerhalb von drei Monaten eingerichtet sein. Er riskiert mit seiner "dann machen wir halt einen harten Brexit"-Strategie, dass in Nordirland die alte Diskussion um die Frage "wollen wir zu Irland oder nicht" wieder aufbricht - was sehr schnell sehr unschön werden könnte.

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Herr H., es gibt keine "britische Verfassung".

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Lieber Herr H.,

Ihren Bemerkungen kann ich weitgehend zustimmen und sehe auch nicht ganz, wo sie meinen Betrachtungen widersprechen. Nur was Corbyn anbelangt, hätte ich einen Vorbehalt: Seine Taktik und hochproblematische Rolle beschreiben Sie aus meiner Sicht zwar richtig, aber in seinem Fall habe ich nicht den Eindruck - auch wenn das letztlich irrelevant ist - dass er von Egomanie getrieben wird. Es ist ideologische Überzeugung. Sie haben im Übrigen recht, die Bercow-Variante zu erwähnen. Allerdings gibt es meines Wissens bisher nur ganz wenige Staatsrechtsexperten, die auf dem Standpunkt stehen, dass das gangbar wäre. Das Institute for Government steht auf dem Standpunkt, dass der Speaker der Regierung die Kontrolle über die Parlamentsdebatten nicht entreissen kann.

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Der Beitrag von Herrn H. scheint mir eine notwendige Ergänzung der treffenden Analyse Binswangers: wenn die radikale Rechte und die radikale Linke dominieren, weil sich die kompromissbereite Mitte in unzählige Gruppen aufspaltet, kann der Absturz in einem Majorzsystem wie in GB (und den USA) Realität werden. Das Westminstersystem scheint nicht darauf angelegt zu sein, gesellschaftliche Gräben zu überbrücken. Es wird jedenfalls spannend: Johnson könnte in den anstehenden Neuwahlen sein Wunder erleben, wenn Labour und die Liberaldemokraten zusammenspannen ..

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"wenn Labour und die Liberaldemokraten zusammenspannen" - ehrlich, da steht zu vermuten, dass eher die Hölle zufriert. Schon allein deshalb, weil Labour ja intern gespalten ist zwischen Remainern und "gemässigten" Brexiteers. Labour würde eine innere Spaltung riskieren, ginge es mit den LibDems zusammen. Ganz zu schweigen davon, dass Corbyn damit seinen Traum, Premierminister werden zu können, begraben müsste. Die LibDems würden ihn nicht in dieser Rolle akzeptieren. Aber damit Labour überhaupt in die Situation käme, eine Zusammenarbeit mit den LibDems auch nur in Betracht zu ziehen, müsste Labour die Parlamentswahl gewinnen - nur dann könnte es den Premier stellen.

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Die germanische Mythologie endet in der Götterdämmerung wo sich die Götter so in Verträge und Versprechen gewickelt haben, dass kein Weg mehr hinausführt. So kommen mir die westlichen Demokratien derzeit vor. Vor lauter Regeln völlig disfunktional geworden.

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Da kommt mir meine Nachbarin in den Sinn:
Als wir uns einmal auf dem Garagen-Vorplatz begegneten, sagte sie zu mir: "Herr Müller, kommen Sie mal!" Sie führte mich hinters Haus, wo sie und ihr Mann einen Steingarten mit quadratischem Sitzplatz haben. Dahinter beginnt unser Naturgarten, wuchtig und wüchsig, wie ein Dschungel.
"Schauen Sie sich das mal an!"
Ich sagte: "Der Bambus ist wunderschön! Da kommt sogleich Ferienstimmung auf, wenn ich den sehe! Ich wähne mich in Italien. Besonders gefällt mir das Rascheln der Bambusblätter im Wind!"
Sie dagegen fand, dass ich den Bambus zurückschneiden müsse, obwohl er Null Schatten auf ihren Kiesplatz wirft, weil er sich nordwärts von ihrem Territorium befindet. Ausserdem würden immer wieder vertrocknete Blätter herunter fallen, die dann kaum verrotten täten.
Ich sagte darauf, dass auf einem steinigen Untergrund GAR NICHTS verrotten könne und dass ich wenn schon, dann diesen Kiesplatz und den seitlich gelegenen Hausblock hässlich fände!
Bevor ich dieses schiefe Haselnuss-Gestell mit den Reben dran (zwischen Bambus und Kiesplatz) gebastelt habe, hätte ich sie doch fragen können, meinte sie dann vorwurfsvoll.
Ich antwortete, das schiefe Gestell sei erst ein Provisorium und würde dann schon noch schöner gemacht. Ich würde SIE sicher nicht fragen, da wir ja offensichtlich völlig unterschiedliche Vorstellung hätten von einer "schönen" Gartengestaltung! Sie hätten mich ja damals AUCH NICHT gefragt, als sie diese für Igel unüberwindlichen Betonwinkel eingesetzt und den lebendigen Boden darunter mit gestampftem Kies versiegelten! DAS gefalle MIR überhaupt nicht!!!
Die Diskussion eskalierte also, ähnlich wie im britischen House of Parlaments...
Jetzt spielte sie ihre Trumpfkarte: "Dafür gibt es REGELN, Herr Müller!"
Aber ich war so in Fahrt, dass ich nicht mehr zu bremsen war:
"WER hat denn diese Regeln gemacht, hä?! Lauter solche ("Füdlibürger!" nicht gesagt, aber offensichtlich gedacht, ein letzter Rest von Gentleman-Selbstbeherrschung war noch vorhanden), wie Sie?!"
Einige Tage später lag dann eine Kopie von einem Abschnitt mit Paragraphen aus dem ZGB in unserem Briefkasten.
Da stand unter anderem (ich kann das natürlich nicht wörtlich wiedergeben)
"...Bei Pflanzungen ist die Erlaubnis der Nachbarn einzuholen.
Die Höhe der Pflanzung darf in einem Minimal-Abstand von 60cm die doppelte Höhe des Abstands nicht übersteigen. ..."
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Paff!
Ich habe jetzt nicht nachgemessen, wie legal, oder illegal, dieser NICHT EINHEIMISCHE (Jesses Maria! Zehn Vater Unser, Fünf Ave Marias!) Bambus in Abstand und Höhe zu beurteilen ist, und hoffe einfach, dass es bei der einschüchternden Drohung durch die Nachbarin bleibt!
Denn: Wo keine Klägerin, da kein Richter...
Bereits hat der Verwalter des hässlichen Blocks nebenan, der dank dem Bambus kaum mehr zu sehen ist, eine zweite Kriegsfront eröffnet, indem er mir mitteilen liess, dass dieser ausserordentlich wuchsfreudige Bambus seine Busch-Hecken-Grenze durchbrochen habe.
Ich habe dann sofort eingelenkt und versprochen, eine Rhizomsperre zu machen...
So viel zu Regeln, Regulierungen und Grenzen aus der Froschperspektive.
Quintessenz: Wo schwierige und kleinliche Charakteren sind, da entstehen Streitigkeiten.
Und wo Streitigkeiten sind, entstehen Recht und Gesetz, wie von selbst!
Wie gut dieser Paragraphendschungel dann ist und welchen Interessen es besser gerecht wird, bleibt aber Ansichtssache...
(Ein Bambuswald mit Pandabären drin wäre mir eigentlich lieber.)

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Ihre Liebe zu Pandabären in Ehren, aber mit längerer Gartenerfahrung gebe ich ihnen einen liebgemeinten Tipp: Springen Sie sofort auf, egal, wenn es Sonntag ist und graben sie den Bambus auf der Stelle aus, bevor er sich noch weiter verbreitet. Ohne Rhizomsperre rasen Sie ins Verderben! Es gibt schöne einheimische Lösungen für Hecken, mit Bienenweidencharakter, schönem Winteraspekt, Blütenduft. Auf das Bambusrascheln müssen Sie verzichten lernen, das kriegt keine einheimische Pflanze hin. Und ich bin ganz auf Ihrer Seite, was das Walten der Natur und nicht Versiegeln von Gartenflächen betrifft!
Was das mit Brexit zu tun hat? Also, ich versuchs mal. Der wildwuchernde Bambus könnte das Wuchern des Populismus darstellen, der sich in ganz Europa ausbreitet? Das liebliche Rascheln ist Johnson's lustiger Clown-Auftreten, das die Leute einlullt.
Oder: Regeln und Gesetze sind nicht an sich dumm. Das britische Parlament kennt eine Regel, die besagt, dass ein Prime Minister keine wichtige Angelegenheit kurz vor den Wahlen regeln darf (Purdah Pre-election Period). Das heisst, es wäre, wie Binswanger richtig sieht, eine staatsstreichartige Handlung, wenn die Regierung Johnson kurz vor Neuwahlen den No-Deal Austritt gegen den Willen des Parlamentes durchsetzt.

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Na ja, das Paradigma des Verfassers ist jedenfalls klar erkennbar

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Und warum sollte der Journalist Daniel Binswanger keine persönliche Haltung haben, mit Standpunkt und Charakter?
Wichtig ist nur, dass er das transparent macht und dass er Interessenbindungen, wo sie bestehen, offenlegt!
Wäre er beispielsweise vom "Schwarzen Block" mit Millionengeldern gesponsert, müsste er diese Unterstützungsgelder ausweisen.
Objektivität gibt es nicht, aber verschiedene Perspektiven.
Auch in der Ethnographischen Theorie ist das Phänomen bekannt, dass ein Ethnologe durch seine Anwesenheit die Situation verändert, die er gerne möglichst so beobachten würde, wie diese wäre, wenn er gar nicht da wäre.
Das geht aber nicht, bzw. wäre ein Eingriff in die Privatsphäre, wenn versteckte Kameras das Geschehen filmen würden.
So beobachtet also der Ethnologe, dass er von einem indigenen Stamm intensiv begafft, betatscht und untersucht wird, gerade so, als wären diese Studienobjekte SELBER Forscher und Ethnologen... ;)

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Selbstverständlich Herr Müller, er darf das. Der Vergleich mit den Ethnologen zeigt ja gerade wie die "Studienobjekte" sich wundern ob der eigentümlichen Wahrnehmung des Studierenden.

Journalismus ist natürlich stark subjektiv obwohl das Geschriebene oft als die einzig wahre Tatsache dargestellt wird.

Guter Journalismus überlässt dem Leser die Meinungsbildung. so wie kluge Medien das ganze Spektrum der Leserbriefe veröffentlichen.

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I don’t think her Majesty is amused.

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Hoffentlich lebt sie lange genug um einzugreifen, wenn es not tut!

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Warum muss denn die Queen eingreifen? Würde sich Johnson dem Verdikt einer undemokratischen Monarchin überhaupt beugen? Den Johnson aus der Downing Street holen, können ja auch die Parlamentarier, die gegen ihn gestimmt haben.

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(Unbeteiligte Dritte)
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Ein Glück, dass die offenbar verehrungswürdige Maya Rauch dieses England nicht mehr erleben muss.
Man hat sich schon beim kollektiven Trauerrausch anlässlich von Prinzessin Dianas Tod die Augen reiben können, was aus dem coolen und rationalen, wohl eher: als cool und rational geltenden Inselvolk geworden ist.

Eins immerhin lässt sich der aktuellen Situation abgewinnen: Es ist spannend, unabsehbar, nie dagewesen, hier wird gerade Geschichte geschrieben.

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Wagner war ein großartiger Komponist - diese Musik kann man nicht Faschisten und Nazis lassen.

Sonst: wieder ein gelungener Artikel!

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Zum ersten ist überhaupt nicht klar, welche Folgen ein (Deal- oder No-Deal-) Brexit hat. Die Selbstverständlichkeit mir der die Prognosen der Brexit-Gegner, es werde in UK zu einer Katastrophe kommen, von den Medien übernommen wird, erstaunt immer wieder. Ich bin auch der Meinung, dass ein vernünftiger Deal sinnvoll wäre, vermutlich wird sich aber der Schaden auch ohne Deal in Grenzen halten, weil ja beide Seiten weiter miteinander handeln wollen und niemand einen neuen Nordirlandkrieg will.
Zum zweiten ist die Behauptung, die Wähler hätten beim Referendum nicht gewusst, was auf sie zukommt, meines Erachtens falsch. Man muss nur noch einmal einen Blick in die damaligen Argumente der Gegener werfen, die den Untergang Englands voraussagten. Wer damals "ja" gestimmt hat, wusste, dass die Gegner mit dem Schlimmsten rechneten, deshalb haben sich ja die Zahlenverhältnisse zwischen den Lagern trotz des Trauerspiels, das das Parlament im letzten Jahr bot, auch heute kaum verändert (allenfalls gibt es jetzt eine leichte Anti-Brexit-Mehrheit, aber die Verschiebung ist im unteren einstelligen Prozentbereich).
Und zum dritten stimme ich durchaus zu, dass Herr Johnson kein vorausschauender Staatenlenker ist; von einem Staatsstreich zu sprechen, ist aber doch etwas polemisch. Frau May hat die Austrittserklärung mit ausdrücklicher Billigung des Parlamentes abgegeben und damit lief eine (verlängerte) Frist von zwei Jahren, nach der UK aus der EU raus sein wird. Alle MP's wussten und wissen, dass wenn sie keinen Beschluss über einen Deal zustandebringen, UK im Oktober ohne Deal nicht mehr Mitglied der EU ist. Es gab zwar bei der Abgabe der Austrittserklärung einen Beschluss, dass der Deal dem Parlament vorzulegen ist, und es gibt einen (mehrere) spätere Mehrheitsbeschlüsse, nach welchem UK nicht ohne Deal austreten darf, aber der ist nichts weniger als blosse Augenwischerei, nachdem es, wie wir diesen Frühling gesehen haben, keinen Deal gibt, der die Mehrheit im Parlament finden würde und der auch die Zustimmung der EU findet. Es wird, wenn Johnson wirklich nicht verhandelt (wir wissen ja nicht alles), das passieren, was für das Parlament seit mehr als 2 Jahren voraussehbar und logische Folge der Austrittserklärung ist. Binswanger sieht den möglichen Staatsstreich offenbar darin, dass Johnson allfällige Neuwahlen erst im November ansetzen wird, was sein Recht ist, und kein Verlängerungsgesuch an die EU stellt, so dass die neue Regierung vor einem fait accompli steht. Er vergisst aber, dass ein Austritt ohne Deal durch die Billigung des Austrittsgesuches von May demokratisch legitimiert ist, und vergisst auch, dass, wenn im November tatsächlich eine Remainer-Regierung oder eine Regierung, die einen für die EU akzeptabeln Deal abschliessen will und dafür die Mehrheit im Parlament hat, an die Macht kommt (was in den Sternen steht), sie sofort neue Verhandlungen mit der EU aufnehmen könnte, die ja auch kein Interesse daran hat, die vertragslose Zeit andauern zu lassen, und man für die Zeit der Verhandlungen eine provisorische Lösung finden würde..
Fazit: der No-Deal-Brexit wird auf Grund von nicht immer neutralen Wirtschaftsgutachten zur Landeskatastrophe hochgejubelt, weshalb seine Nicht-Verhinderung ein Staatsstreich sein soll. Das ist eine sehr einseitige und verfassungsrechtlich nicht haltbare Meinung.

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