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Das Lob auf Thomas Hirschhorns „Robert Walser-Sculpture“ (das ist übrigens der offizielle Titel) ist mehr als berechtigt und gelungen. Eine wirklich würdige, wenn auch leider, wie schon erwähnt, späte Reflexion. Demokratisierend haben sich die lebendig-vielfältigen Begegnungen und Ereignisse auf der Sculpture tatsächlich angefühlt. Nur, in diesem Artikel scheint die Demokratisierung spätestens bei den Geschlechterverhältnissen Halt zu machen: Die knapp erwähnte Kuratorin der Sculpture hat einen Namen: sie heisst Kathleen Bühler, sie ist mitverantwortlich für das Zustandekommen des Kunstwerks und ist mit vielen anderen Frauen auch Geist, Seele und Arbeitende auf dem Bieler Bahnhofsplatz! Wenn es Thomas Hirschhorn unter widrigen Bedingungen gelang, Begegnungen unterschiedlichster Gesellschaftsgruppen auf Augenhöhe zu schaffen, würde ich mir zumindest eine weniger Männer-zentrierte Berichterstattung erhoffen. Die Wirkung von Hirschhorns Werk in seiner demokratisierenden Tragkraft ist in diesem Artikel leider nicht spürbar. Ein Hoch auf die Kuratorin, die Köchinnen und Barfrauen, die Buchhändlerin, die Gassenarbeiterin, die Archivarin, die Autorinnen-in-Residence, die Vorleserinnen, die Kinderbetreuerin, die Historikerin, die Theaterschauspielerinnen, die Jugendanimatorin, die Forscherinnen und Übersetzerinnen, die den ganzen Sommer über die Walser-Sculpture täglich mitgetragen und belebt haben!

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Danke für diese Reflexion. Es ist die würdigste die ich von diesem nachhallenden Ereignis in unserer Stadt gelesen habe. Nur schade kam sie nicht früher. Biel ist halt weit weg von Zürich, so weit, dass man die stündlichen Programmansagen auch per Megafon nicht einmal im Perimeter überall wahrgenommen hat. Geschweige denn im Rest des Landes. Vorbei ist vorbei.

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"Die Robert-Walser-Skulptur ist nicht, wie häufig unterstellt worden ist, das Denkmal einer zerrütteten Gesellschaft, sondern das gelebte Hoffnungs­zeichen einer demokratisch besseren." Wie wahr, und wohl für jeden und jede, der/die den Weg nach Biel in den letzten Wochen gefunden hat, nachvollzieh- und erlebbar!

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Anderer
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Zweimal war ich in der Robert-Walser-Skulptur, eine Oase mitten im Schweizer Lärm. Es sollte mehr solche Oasen geben.

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Also, ich kann mich hier nur sehr emotional, also unsachlich und wohl sach-unverständig, als wenig bis kaum etwas von Kunst Verstehende äussern. Trotzdem: es muss raus! Es klingt vielleicht sogar es bitzeli Neid in mir auf, wenn ich lese, wie wortgewandt und wortreich der Autor dieses Artikels diese "Architektur" lobt. Ich bin eine einfache 76jährige Frau und schon allein deshalb nicht mass-gebend für zukunfts-weisende Kunst und Architektur. Warum nur hat mich diese zweifellos sehr aufwendige Gedenkveranstaltung für Robert Walser einfach traurig gemacht? Hätte sich Robert Walser (neben dem illustren Hauptdarsteller Thomas Hirschhorn ging es doch wohl auch um ihn, den feinen, doch eher leiseren und bescheideren Menschen und begnadeten Dichter) auf diese marktschreierische Art gewürdigt gefühlt? Und dann habe ich in der so grosszügig angerichteten Suppe noch ein Haar gefunden: ich begegnete zufällig einem Mann, der über den bevorstehenden Rückbau fachlich anscheinend einiges weiss, was Fragen zu Umweltverträglichkeit und Nachhaltigkeit aufwirft. Henusode! Ich wünsche allen beim Rückbauen, Aufräumen und Entsorgen viel Spass. Und wer weiss - wie eine ebenfalls zufällig getroffene Besucherin mir zu bedenken gab: Der eine oder die andere wird nach diesem Event wohl sogar zu einem Büchlein von Robert Walser greifen, notfalls in lesefreundlichem Grossdruck. Auch dazu wünsche ich den Spass, ohne den heutzutage gar nichts, aber auch wirklich nichts mehr geht!

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Ich kann Ihre Traurigkeit gut nachvollziehen. Die Diskrepanz zwischen Verwertung eines Künstlers durch den Kunstbetrieb und seiner Biographie erschüttert auch mich gelegentlich.
Was nicht heissen soll, dass mir Hirschhorns Idee nicht gefällt, einen Ort des Austausches zu schaffen, was ihm ja offensichtlich gut gelungen ist. Ich stelle mir aber Robert Walser vor, den scheuen, zurückgezogenen, winzig und winziger Schreibenden, und frage mich, wie er sich inmitten dieser Provisorien gefühlt hätte.

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Man geht mit Walser.
Einmal berührt von Walser entwickelt die Skulptur einen Sog. Ich war viel öfter dort als ich je gedacht hätte. Die Luft ist freier zum atmen. Unerwartetes trifft ein.

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Vorbei ist vorbei.
Die Kuratorin Kathleen Bühler wird bereits im Dezember einen Katalog über die 86 Tage RWS Skulptur herausbringen. Sie hat das Projekt von Anfang an mitbegleitet.
Ein Katalog ersetzt nicht die Begegnungen auf der Skulptur aber wer konnte sich schon Wochenlang dort aufhalten?
Da es nicht endlos viele Exemplare geben wird ist Subskription von Vorteil:
https://www.robertwalser-sculpture.com/katalog/

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Robert Walser, mit Frisch und Dürrenmatt ex aequo oder primus inter pares, hätte früher
eine Bronzestatue zum Gedenken bekommen. Das hätte ihm genau so wenig entsprochen
wie die Hirschhornsche Budenstadt. Der Autor der feinen Töne, der mit Enthusiasmus
und Bescheidenheit lebte, sass zwar selber oft in einer Gartenlaube und genehmigte ein
Bier, aber als modernes Kunstobjekt eignet sich das Walsersche Oeuvre nun mal nicht.
Selber randständig, war Robert Walser vor dem Durchbruch als Autor in Deutschland,
kehrte dann in die Schweiz zurück und wurde hier belächelt oder ignoriert. Die NZZ
müsste sich heute noch in die Hand beissen, einige seiner Artikel abgelehnt zu haben.
Aber damals wie heute gilt der Prophet nichts in seinem Vaterland. Heute immer noch
werden kolumbianische, koreanische oder kenianische Autoren eher besprochen als
Werke von Schweizer AutorInnen und Schriftstellenden.

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Anderer
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Die Disliken habe ich wieder weggenommen. Es ist viel spannender, wie verschieden die Mitverleger*innen über die Skulptur schreiben. Ich hoffe, dass es noch viel Kommentaren gibt. Es geht ja nicht um einen Wahlkampf.

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Mutig, einnehmend, rätselhaft, entlarvt ich; Danke Thomas Hirschhorn

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