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Es ist richtig, “tech” die Gretchenfrage nach den Werten zu stellen und auch den Pakt mit dem Teufel bzw. Epstein ans Licht zu bringen. Das Kernproblem ist aber letztlich wie so oft Machtkonzentration und nicht die Tatsache, dass Tech-Eliten Ideen äussern. Intellektuelles Geschwurbel findet man nicht nur bei TED, sondern auch im Feuilleton. Deswegen das Ende aller Feuilletons zu fordern wäre aber genauso falsch. Am Ende darf sich ein objektives Urteil über eine Idee nur danach richten, wie gut sie ist, und nicht, woher sie kommt.

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Das Kernproblem ist aber letztlich wie so oft Machtkonzentration

Da würde ich noch einen Schritt weitergehen und behaupten, dass das Kernproblem nicht ein Zuviel an Macht, sondern ein Zuwenig an Moral sei, eine narzisstische Entleerung. Ob das Letztere vielleicht zwingend aus dem Ersteren folgt, kann man sich fragen.

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Ja, man sollte das Kind nicht mit dem Bade ausschütten. Und bei TED gibt es ausser intellektuelles Geschwurbel auch brillante und wertvolle Talks. Z.B.: https://www.ted.com/talks/evelyn_gl…_to_listen

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Mich erstaunt höchstens, dass diese Vorgänge jemanden erstaunen. Die Psyche der Menschen bleibt doch gleich, egal, ob das Denken als "neu" und "3. Kultur" bezeichnet wird. Unkontrollierte Macht und günstige Gelegenheiten korrumpieren Alle mit der Zeit, die Einen mehr, die Anderen etwas weniger. Die hier zudem entstandene "Blase" funktioniert wie alle Ingroups, Kritik wird bekämpft/ignoriert, das Dazugehören gehypt. Demokratische Prinzipien und Institutionen sind das einzige Mittel, diese menschlichen Schwächen immer wieder zu regulieren. Deshalb ist ein elitärer Zirkel nie per se eine Lösung für gesellschaftliche Probleme, er wird immer eine Entwicklung nehmen, wie hier die Tech-Intellektuellen. Am Ende sind nicht einmal mehr die Ideen fundiert. Gute Impulse können von Gruppen kommen, aber sie müssen in die demokratisch kontrollierten Sphären eingebunden werden. Das ist etwas weniger spektakulär, aber der einzige Weg, um Homo Sapiens vor sich selber, bzw. seinen Schattenseiten, zu schützen. Er fällt sonst mit Sicherheit wieder in die "2. Kultur" zurück, erst recht, wenn es sich um traditionelle Männerzirkel handelt.

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Morozow möchte das Media Lab am Massachusetts Institute of Technology schliessen. Der Aufmacher zu diesem Artikel fordert, das ganze MIT dicht zu machen. Bitte korrigiert diesen Fehler. Das MIT hat 10'000 Studierende und ist eine der besten technischen Hochschulen der Welt.

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Erica Dubach Spiegler
Geschäftsleiterin
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Stimmt! Danke, wird grad weitergeleitet!

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Morozov kritisierte in seinem Buch To Save Everything, Click Here den technologischen Solutionismus dieser "dritten Kultur":

They want to be "open", they want to be "disruptive", they want to "innovate". The open agenda is, in many ways, the opposite of equality and justice. They think anything that helps you to bypass institutions is, by default, empowering or liberating. You might not be able to pay for health care or your insurance, but if you have an app on your phone that alerts you to the fact that you need to exercise more, or you aren't eating healthily enough, they think they are solving the problem.

Tatsächlich ist es äusserst fragwürdig wie das disruptive Denken des move fast and break things dieser Technokraten, Tech-Evangelisten und letztlich Kapitalisten und Patriarchen mit dem verantwortungsbewussten Denken der Technikfolgenabschätzung zusammengehen kann.

Hans Jonas entwarf in seinem Buch Prinzip Verantwortung eine "Ethik für die technologische Zivilisation", die aktueller nicht sein könnte. So formulierte er den "ökologischen Imperativ":

Handle so, dass die Wirkungen deiner Handlung verträglich sind mit der Permanenz echten menschlichen Lebens auf Erden.

Demgegenüber existiert seitens des Silicon Valleys einzig der Appell Don't Be Evil. Google entfernte mittlerweile das Motto aus der Präambel ihres code of conduct und erscheint nurmehr als Nachgedanke in der letzten Zeile:

And remember… don't be evil, and if you see something that you think isn't right – speak up!

Verallgemeinert steht Morozovs Kritik in der Tradition der Technik-Kritik der Philosophischen Anthropologie. Etwa von Günther Anders, einem Zeitgenossen von Hans Jonas.

Dieser schreibt von der "prometheischen Scham" des unvollkommenen Menschen gegenüber den vollkommener erscheinenden Maschinen, die den Wunsch erzeugt, selbst wie eine Maschine zu sein. Dieser ist letztlich ein Grund für die "Apokalypse-Blindheit" (Anders war ein Mitbegründer der Anti-Atomkraft-Bewegung).

Demgegenüber müssten wir eine "moralische Phantasie" ausbilden und die Wahrnehmung des Undenkbaren schulen, um die Folgen abschätzen zu können. Daraufhin formuliete er einen "universellen hippokratischen Eid", der Jonas' "ökologischem Imperativ" ähnelt. Nämlich:

keine Arbeiten anzunehmen und durchzuführen, ohne diese zuvor darauf geprüft zu haben, ob sie direkte oder indirekte Vernichtungsarbeiten (sind); die Arbeiten, an denen wir gerade teilnehmen, aufzugeben, wenn diese sich als solche direkten oder indirekten Vernichtungsarbeiten erweisen sollten.

Diese Prinzipien - dieser "literarischen Intellektuellen" - und deren Verbreitung und Kultivierung eignen sich wohl weit besser, um unsere gewaltigen Herausforderungen zu lösen, als die technologischen solutions und Dienstleistungen, "handlich verpackt zu 18-minütigen intellektuellen Snacks" und Apps.

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Warum nicht den gleich den Link auf den im Guardian erschienenen Originalbeitrag angeben ?

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Sie haben völlig recht. Gleich im Text nachgeholt, merci. Hier der Link: https://www.theguardian.com/comment…ellectuals

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Dritte Kultur, Dritte Kultur, Dritte Kultur - was sind die Erste und die Zweite? - Mystizismus, überragend, überragend, überragend, - sagt, bin ich die einzige, der bei der zwanzigsten Erwähnung der „Dritten Kultur“ die Parallele Drittes Reich in den Sinn kommt? - Fakt ist jedenfalls, dass diese Technologie der „Dritten“ und inhaltsfreien „Kultur“ sich - spätestens seit 9/11 - rasant als wirkmächtigstes Instrument in Diktaturen, für Autokraten aller Couleur erwiesen hat. Wirklich so sehr gegen jede (behauptete) Absicht der zentralen Akteure (zumindest der jüngeren Tech-Elite)? - Ist die Tatsache, dass Militär und Kriegführung von allem Anfang an die Hauptentwicklungsquelle (übrigens auch des World Wide Web, das ursprünglich für interne militärische Kommunikation entwickelt wurde - nicht zuletzt hier in der Schweiz, im Übrigen) wirklich so leicht übergehbar? An die gross gesetzten Slogans von community empowerment und grosse Befreiung werden viele, wenigstens zu Beginn, tatsächlich geglaubt haben; wie sehr die Entwicklung der letzten zwanzig Jahre, die facts dem allerdings inzwischen widersprechen!
Apropos: „nur Wissenschaft, Technologie und pragmatische Problem­lösung“ - Wissenschaft meint hier nur Technologiewissenschaft - jede andere Wissenschaft ist hier nicht miteinbezogen, sondern viel eher bis zum Hals geflutet! So sehr die restlichen Wissenschaften heute interdisziplinär verlinkt sind, so intransparent und abgekapselt, auch real voll ummauert sämtliche Hauptquartiere der IT, der „informationstechnischen Wissenschaft“; da gehts von Anfang nicht um Intellekt. Intellegere bedeutet verbinden; nicht zumauern sämtlicher Zugangstore. - Dritte Kultur indeed.
Werde den Artikel ebenfalls im Guardian und Original noch lesen.
Trotzdem toll und wichtig finde ich das Erscheinen, den Hinweis hier und die Übertragung in die uns vertraute Sprache! Danke!

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Nice: main interests im Original: science and pussies (auch Trump hat also Vorfahren of kind) - weiss nicht, ob mein hate factor noch viel höher werden kann, wenn ich hier jetzt schreibe: was würde wohl passieren, wenn eine Frau ihre hauptsächlichen Interessen mit science and cocks angeben täte? - (gut, penises wäre leicht alliterativer zu pussies, aber auch egal).
Übrigens: Hab ich Timothy Leary in der Übersetzung überlesen? A godson of Timothy Leary and a college drop-out, Ito would eventually lead the Media Lab, ...

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Das ist verd.... starker Tobak!

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Was die Welt anstatt der „dritten Kultur“ vielleicht eher braucht, geht allenfalls in diese Richtung:

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Hm... nun ich bin mir nie für einen guten Rant zu schade und Herr Morozov versteht sich ganz hervorragend auf diese Kunst, wenn auch seine persönlichen animositäten mit dem Herren Brockmann ein bisschen zu offensichtlich zu Tage treten ;-)
Mich würde ein klein wenig interessieren, was denn SEINE Zukunftsversion ist? Mal abgesehen von der Abschaffung des TED Formats, welches ich persönlich ganz ansprechend finde (btw. will er jetzt nur die konferenz abschaffen? Oder eben das Format?) was genau wünscht er sich für die Zukunft? Ein System nach dem Kapitalismus? Oder einfach eine Welt ohne Techgiganten dafür aber eine Wirtschaftsordnung des kalten Krieges?
Nun ja, vermutlich stelle ich hier zu viele Fragen... Es handelt sich ja nicht um einen kurzen, prägnanten Vortrag zu Gesellschaft oder Technologie sondern eben: um einen Rant. Er seie ihm gegönnt.

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Gute Frage, wenn auch stets ein bisschen unfair angesichts des There Is No Alternative. Dadurch aber eine um so wichtigere.

Ich denke, grundsätzlich steht er ein für eine demokratische und offene Gesellschaft. Welche gerade vor den ‚dunklen Seiten des Internets‘ (sowie des Plattform- und Überwachungskapitalismus) geschützt werden soll. Etwa durch strengere Regulierung.

Oder durch Sozialisierung der sog. digital ‚feedback infrastructure‘ i. S. eines commons oder Gemeinguts. Siehe dazu diesen Artikel im New Left Review, in dem er die Möglichkeiten für eine linke Digitalpolitik durchspielt, ja sogar eine Revitalisieung der Calculation Debate.

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Herr Rebosura, herzlichen Dank für ihre Antwort. Zuerst einmal voraus: ich sehe diese Frage absolut nicht als unfair an, ganz im Gegenteil: ich sehe die Antwort als dringlichste unserer Zeit an. Kapitalismus ist nicht alternativlos, aber wir brauchen die Alternative und zwar schnell! Was nun den Autor betrifft: Ich muss gestehen, dass ich mir wahrscheinlich nicht die Mühe gemacht hätte, näher zu Morozov zu recherchieren: Wie gesagt, nach diesem Artikel habe ich ihn als etwas zornigen (auf seinen Verleger) und technologiefeindliche Mann abgetan... aber einige seiner ideen, besonders die 'feedback infrastructure' finde ich interessant und habe mir selber nie den Gedanken gemacht, oder zumindest diesen Gedanken nie in eine brauchbare Form verpackt.
Was mich aber an ihm stört ist seine Feindschaft die sich meiner Meinung nach (oder in meiner Wahrnehmung) viel zu wenig gegen bestehende Strukturen, eben den Kapitalismus, sondern gegen technische innovation AN SICH richtet. Und das ist ein unheimlich gefährlicher Fehler. Jeder sozialen Revolution geht eine technische vorraus. Das oberste ziel muss es nicht sein, die webmaschinen zu zerschmettern sibdern den nutzen der webmaschinen so zu verteilen, dass er der Spezies als solche zu gute kommt.

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