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Erneut ein unglaublich spannender Artikel für mich. Ich habe immer das Gefühl, wirklich etwas zu Lernen, wenn ich Artikeln von Frau V. gelesen habe. Für das wollte ich mich schon länger bedanken:).
"Man fürchtete die angeblichen Ritual­morde der sogenannten Wilden und auch, dass sie alle nach Europa kommen könnten."
Heute sind es nicht die Ritualmorde, aber die Angst vor den Wilden ist immer noch vorhanden.
Obwohl, die angeblich zivilisierten auf der ganzen Welt wildern und wilderten.

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Ich habe zu danken!

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Liebe Frau V., ich nehme an, dass sie bei dem Passus "Es ist also reichlich spät, [...] wenn eine Apotheke jetzt lieber anders heisst" auf die Mohrenapotheke anspielen.
Sie hat allerdings ihren Namen nicht freiwillig geändert, sondern sah sich durch Aktivisten letztendlich dazu gezwungen. In seinem Buch "Kaputte Wörter - Vom Umgang mit heikler Sprache" erklärt der Sprachwissenschaftler Matthias Heine, dass das Wort "Mohr" ursprünglich "Bewohner Mauretaniens,, aber auch Äthiopiens" bedeutete, und im Unterschied zum N*-Wort eine positive Konnotation enthielt. Und weiter: "Apotheken tragen ihre Namen seit dem, 16. Jahrhundert entweder mit Bezug auf den Heiligen Mauritius, einen Afrikaner, den biblischen König Balthasar oder einen Mauren" (von letzterem eben der Name "Mohrenapotheke"). Der Grund für diese Namensgebungen sei im frühneuzeitlichen Werbeefekt begründet gewesen, dass "ein bisschen vom Glanz der lange als führend geltenden Medizin des islamischen Kulturkreises auf die Apotheken abfallen" sollte.

Nun kann man natürlich argumentieren, es sei hinfällig, sich Gedanken über sprachhistorisch korrekte Wortbedeutungen zu machen, wenn ein Wort trotzdem, und sei es nur aus mangelndem Wissen, Anstoss erregt.

Die Frage, die dann allerdings zurückbleibt ist folgende: Wenn wir uns zu Recht beklagen, dass Minderheiten und Frauen historisch selten für ihre Verdienste wahrgenommen, geschweige denn gewürdigt, wurden, sollten wir dann nicht vorsichtiger sein, bevor wir in unbedarften Political Correctness - Sprachkorrekturaktionen die historische Bedeutung u.a. der Mauren in der Entwicklung der Medizin, die zur Apotheken-Werbung "Mohrenapotheke" geführt hat, wie das Kind mit dem Bade ausschütten?

Lange Zeit galt Medizin in Europa als etwas, das durch schwarze und orientalische Handelsreisende nach Europa gebracht wurde. Damals war in vielerlei Hinsicht Europa das unterentwickelte Gebiet. Das sind sich heute die Menschen nicht, oder nur ungenügend bewusst. Statt den bequemen Weg zu wählen, und ein heikles Wort einfach zu umschiffen und zu verbieten, sollten wir versuchen, ihm, und den Menschen, die es betrifft, gerecht zu werden. Aufklärung statt Annihilation.

Diese Anmerkung soll nicht so stehen bleiben, ohne Ihnen ganz herzlich für den Artikel zu danken! Das Thema Schweiz und Kolonialismus, wie auch Schweiz und Zwangsarbeit (im eigenen Land sogar bis in die 1960ger Jahre) kommt eindeutig zu kurz, und wenn es dann sogar so spannend mit dem Thema Kunst und dem Schaffen und Umfeld eines Künstlers verbunden wird, lässt es den Leser umso besser in die damalige Zeit eindringen. Ein grosses Stück Aufklärung - vielen Dank!

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Lieber Herr M., ja, mir ist die Ambivalenz des Begriffs bewusst und auch die kontroverse Diskussion darum (so war es in Deutschland jedenfalls). Es gibt zahlreiche Apotheken diesen Namens, die in München hat sich wohl aus freien Stücken umbenannt, um nicht missverstanden zu werden oder doch jemanden zu beleidigen, der oder die das anders erlebt als Sie und andere es mit guten Gründen argumentieren.

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Ok, danke. Den Fall der Apotheke in München kenne ich nicht, ich habe mehr die allgemeine Debatte in Deutschland mitgekriegt, mit den Kontroversen und Demonstrationen in Hessen und Niedersachsen etc.
Dass sich in einem solchen Klima Apotheken freiwillig umbenennen, um politisch nicht in Ungnade zu fallen, erstaunt mich nicht. Was mich erstaunt ist aber, dass Menschen, die vorgeben, sich dem Anti-Rassismus zu widmen, gar nicht erst versuchen, historisch korrekt aufzuklären, sondern sich einfach auf den Standpunkt stellen, Political Correctness bedeute, "wenn sich jemand beleidigt zeigen kann, ganz gleich ob aufgeklärt oder nicht, dann muss der Name weg". Zwar wird die kulturelle Appropriation fremder Kulturerrungenschaften durch die Europäer auch in diesen Kreisen kritisiert, aber es stört dann doch nicht, dass mit der Annihilation der Mohrenapotheken eine starkes Symbol der Anerkennung der Herkunft der modernen Pharmakologie aus dem öffentlichen Raum entfernt wird.

In diesem Sinne liegt die Mohrenapotheke-Kontroverse eben auch völlig anders als die Mohrenkopf-Gebäck Kontroverse, mit der sie von den Aktivisten oft in einen Topf geworfen wird. Erstens mag es ja so sein, dass "Mohrenkopf" einst als spielerisch lustige, und nicht diskriminierend gemeinte Wortkreation geschaffen worden sei, aber angesichts einer Vergangenheit, in der Menschen dunkler Hautfarbe systematisch, z.B. in Jim Crow / Ministrel Shows, der Lächerlichkeit preisgegeben wurden, wirkt der Begriff aus heutiger Sicht gelinde gesagt deplatziert und unsensibel. Zweitens geht mit der Abschaffung des Mohrenkopf-Begriffs nichts verloren, anders als mit der kulturellen Würdigung der Pharmakologie-Herkunft bei der Apothekenbenennung.

Eine gewisse Entrüstungsbewirtschaftung zur Schaffung einer öffentlichen Sensibilisierung für Rassismus in Ehren, aber wenn sie zu undifferenziert abläuft verträgt sie sich meines Erachtens am Ende schlecht mit politischer Korrektheit, die den Namen verdient.

L.G., und danke nochmals für Ihren Artikel.

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....Zwangsarbeit im eigenen Land sogar bis in die 1960er Jahre?
Es sollte wohl eher heissen bis 1981......in der Bührle Fabrik Dietfurt/SG!

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Lucia Herrmann
Community @ Republik
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Grüezi Herr M.
Auf welche Bührle-Fabrik bezieht sich Ihr Kommentar? Im «Beobachter»-Bericht von 2021 über die Zwangsarbeit in der Spinnerei in Dietfurt steht, dass das dazugehörige Mädchenheim 1968 geschlossen wurde. Übersehe ich etwas?
Beste Grüsse, LH

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Die gesamte westliche Medizin kam im Mittelalter via Juden, Christen waren an den Unis nicht zugelassen, was sie sich selbst zuzuschreiben haben, aus dem Orient. Dazu gab es Youtube Ausbildungsfilme.
Wer die Geschichte verachtet, verachtet die hohe Bildung, die von dort importiert wurde. Das Christentum hat bis neulich Krankheit als "Strafe Gottes" interpretiert, ihr den Lauf gelassen und die Kranken zusätzlich belastet. Unrühmliches Beispiel: Mutter Theresa, Kalkutta.
Ich finde auch, Korrektheit auf historischem Wissen und nicht auf Unwissen basierte Namensänderungen, die letzte Fäden zerstören, woher das medizinische Fachwissen kam: Zuhören und lernen, statt besser wissen.

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Kolumnistin
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Danke fürdiese Information und Position!

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Kulturelle Aneignung? Kinder spielen kochen, Verkäuferlis, Pfarrerlis, nein, nicht nur Hochzeiten auch Beerdigungen und die schwarze Frau mit blondem(!) Kraushaar - warum ist das ihr nicht verboten wegen kultureller Aneignung, weil gefärbt? - erzählt all den EuropäerInnen, sie würden zu Unrecht.....sich kulturell aneignen und es ging um Rastafrisuren.

"Kulturelle Aneignung" eignet sich zum Unwort der nächsten fünf Jahre und wenn wir irgendwen fragen, woher er/sie eigentlich komme, ist es Interesse und keine Beleidigung. Mein Kraushaar kommt aus Eritrea, ein Vorfahre Handelskaufmann hat dort eine Frau geheiratet und in die Schweiz exportiert. - Soviel zu die Schweiz war nicht dabei, natürlich war sie das!

Was Picasso anbelangt, hat er Behindertenkörper verhöhnt, weil wir sehen original so aus, was ihr hier akademisch als missgestaltet diskutiert. Sowas sehe ich täglich im Spiegel, dafür brauche ich keinen Picasso.

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Kolumnistin
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Liebe Dany Johna V., haben Sie besten Dank für Ihren Beitrag und Ihre Perspektive. Ich selbst erlebe die Werke Picassos nicht als verhöhnend oder karikierend, vielmehr setzt er sich vom eindimensionalen Schönheitskanon der europäischen Kunstgeschichte bewusst ab nach meinem Verständnis. Das aber kann man sicher auch anders bewerten. Was die kulturelle Aneignung angeht, so teile ich Ihr Unbehagen.

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Wie wärs mit Hüftschiefstand, Skoliose, linke Schulter höher, linkes Bein und linker Arm kürzer, welche der sechs Frauem empfinden Sie als Spiegelbild?

Nicht vergessen das asymetrische Gesicht, weil die linken Muskeln allesamt teilgelähmt. Meine Augen starren, die habe ich immer zurückangestarrt im Spiegel und sie fragen wollen, was mit ihnen nicht stimmt.

Gerade die Verzerrungen eines Picassos sind absolut unerträglich. Über alles und jedes wird nachgedacht, wies auf Behinderte wirkt niemals. Wir wurden in Zoos ausgestellt, Knies letzter Mann, der behindert war und Clown(!) spielte, hat sich suizidiert.
Ich wünsche mir, dass mal begonnen wird darüber nachzudenken, was die Mehrheit dieser grossen Minderheit antut, immerhin 22% in der Schweiz.

Was das Afrikaerbe in meiner Ahninnenreihe betrifft, das ist so tabuisiert, es ist ein Heldenepos nicht Heldinnenepos aber Heldenepos. Dann wurden offenbar mir unbekannte Kolonialwaren verkauft. Kolonie/Kolonialwaren.

Passt bestens zu Picasso und seiner Einstellung zu Frauen, die sich in seinen Bildern niedergeschlagen hat.

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Ich bin mir nicht sicher, ob die Perspektive einer "kulturellen Aneignung" etwas bringt. Ich kenne keine Kultur oder Kunst, die nicht aus dem Zusammenbringen von "fremden" Elementen entstanden ist. Das zeigt sich schon bei paleolytischen Werkzeugen.

Die Auflösung von Farbe und Linie war ein langer Prozess, der von der Kamera beschleunigt wurde. Und auch dort war "Auflösung" bereits im Gange - siehe Julia Margaret Cameron.

Klee und Macke reisten nach Tunis und nahmen neue Farbenwerte vor Ort wahr. Ist es auch "kulturelle Aneignung"?

Jede solche Diskussion ist inhärent selektiv. Bezeichnend ist die gegenwärtige Aussprache über Deutschlands Untaten in Afrika. Man spricht von Namibia, niemand spricht von den 100x schlimmeren Verwüstungen im Süden von Tanganika (Maji Maji Krieg und dann erster Weltkrieg und darnach) oder Kongo Brazzaville. Man spricht von Armenien, vergisst man aber die Zirkassen, die so um 1858 zuerst nach Bulgarien und dann 1913 nach etwa Armenien zwangsverlagert wurden.

Was haben die Radhanites (VIIi-X Jh CE) vermittelt?

Sie bezeichnen Picasso als Spanier. Er hiess Ruiz Y Blasco, Picasso war der Name seiner Mutter, die aus Avegno (Genua) stammte. Wo sah er seine "Wurzeln?"

Die "Identität" ist heute so wie der Garten von Eden: wo jeder dann für sich allein ewig glücklich lebt. Ein Mythos...

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Senftube
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Gerade wollte ich etwas zu diesem Thema (kulturelle Aneignung) schreiben, aber Sie sind mir knapp zuvor gekommen.

Meine Überlegungen als Kulturwissenschaftler (Linguistik, Literatur, Film), der sich auch mit Systemtheorie (Luhman) befasst hat, gehen in eine ähnliche Richtung. Klar, es gibt eindeutige Fälle von Aneignung wie beispielsweise damals das Lied „Lambada“. Aber in der Kultur gibt es eigentlich nie etwas total Neues. Alles basiert auf schon Dagewesenem. Wenn man das Konzept der kulturellen Aneignung nun so sieht, wie es die extremsten Vertreter:innen tun, wird es aufgrund der Natur von Kultur absurd. Unsere gesamte moderne „westliche“ Musik basiert zum Beispiel auf Gospel-Gesängen auf Baumwollfeldern. Das ist der Ursprung von Rock und Pop.

Natürlich stecken hinter dem Ganzen gar nicht zentral kulturelle Überlegungen oder eine Analyse des Funktionierens der Kultur. Es geht im Kern um Macht. Nun ist es nicht schlecht, den Aspekt der Macht auch in kulturellen Bereichen mitzudenken. Aber die Art und Weise ist auch wichtig. Wenn es dazu führt, dass die Übernahme von Kultur durch die Überlegenen pauschal als kulturelle Aneignung erscheint, und im Gegensatz dazu die Übernahme der Leitkultur durch die Unterlegenen als kultureller Imperialismus, also rein aufgedrückt erscheint, hat man Thesen, welche die Natur von Kultur fundamental ignorieren.

Es gibt bessere Punkte, wo man bezüglich Macht ansetzen kann - ohne natürlich eindeutige Fälle von kulturellem Machtmissbrauch zu ignorieren.

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Vorab zu empfehlen: "Was Sie wissen sollten, bevor Sie sich über kulturelle Aneignung aufregen" von Jens Balzer, Republik, 11.8.2022.

Zum konkreten Fall: Wenn sakrale Holzfiguren, welche in einem kolonialistischen, sprich ausbeuterischen Zusammenhang, angeeignet, wegtransportiert und in Pariser Galerien für Geld und Profit feilgeboten werden, und dort Picasso inspiriert haben, dann ist es sehr wohl legitim, ja geboten dies unter dem Begriff der kulturellen Aneignung zu betrachten.

Der Begriff, den Anonym1 und Herr K. zu haben scheinen, ist denn auch ein Strohmann, ein Popanz, den v.a. rechtskonservative Feuilletons aufbauschen, der aber so pauschal und undifferenziert von keinem, die den Begriff geprägt haben und im Diskurs verwenden, gebraucht wird. Die KulturkritikerInnen sind sich natürlich vollkommen bewusst, dass

keine Kultur oder Kunst, die nicht aus dem Zusammenbringen von "fremden" Elementen entstanden ist.

in der Kultur gibt es eigentlich nie etwas total Neues. Alles basiert auf schon Dagewesenem.

Um diese Tatsache geht es aber auch gar nicht, sondern um die historisch-politischen Umstände in welchen diese Transfers stattfanden und -finden. Also um den Aspekt der Macht, wie Herr K. richtig schreibt. Der aber nicht etwas der "Natur von Kultur" Äusserliches ist, sondern zu ihrem Wesen gehört. Eine Tatsache, die aber gerne ausgeblendet wird, wenn vom (Natur)Schönen, Erhabenen, l'Art pour l'Art und White Cubes die Rede ist. Gerade in Ländern und Kulturen inkl. deren Museen, in welchen imperiale und koloniale Macht gerne ausgeblendet wird (wobei die repräsentative Funktion eigentlich allzu offensichtlich ist).

Allgemein ist es also falsch, kulturelle Transfers ohne den Aspekt der Macht zu betrachten – oder besser gesagt, diesen zu verleugnen. Es ist auch falsch, einen undifferenzierten Begriff zu gebrauchen, da er so die analytische Schärfe verliert oder – auf der Gegenseite – als blosser Popanz/Strohmann dient. Frau V. – ähnlich wie Herrn Balzer – geht es gerade um den differenzierten Gebrauch, "die Art und Weise" der kulturellen Aneignung, wenn Sie fragt:

Hat Picasso sich künstlerisch an den afrikanischen Skulpturen bereichert, ihre Energien vereinnahmt für seine eigene Agenda der Provokation, sie sich kulturell angeeignet? Sicherlich. Doch er hat sich auch geweigert, die Masken und Statuen einfach als Handels­gegenstände und Schmuck­stücke abzutun, sie zu profanisieren, obwohl sie doch einst kultische Funktionen hatten. Diese verstand Picasso wohl nicht – aber er erkannte an, dass sie existierten.

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Herr K.,

sie haben Recht - und Unrecht. "Macht" ist unidirektional. Aber auch der Sklave agiert und reagiert. Es ist immer eine dialektische Situation. Wir müssen lernen, mit dieser Dialektik umzugehen. Wobei höchst selten die Macht perfekt im Lot ist.

Im Zeitpunkt, wo die Dialektik ausgetragen wurde, noch weniger über die Zeit hinweg. Denn die Zeit verschiebt alles zutiefst. Diese Verschiebungen sind aber oft zufällig und unvorhersehbar. Wir wussten von 100 Jahren nichts von Klimawandel.

Per Zufall: Suchen Sie das Bild von Alic Liddell (wie sie Carroll photograhpierte) dann die von Cameron (als junge Dame) und dann im Alter. Der Blick ist gereift, aber schon von Anfang an erkennbar.

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Vielen Dank für Ihren Beitrag, liebe/-r Anonym 1. Es ist in der Tat interessant, dass Picasso den mütterlichen Nachnamen bevorzugte. Ich habe darin bislang immer eine Distanzierung vom Vater gesehen, der ja als Maler für Bürgerhäuser nur bedingt erfolgreich war, zudem wohl bei aller Förderung des Sohns gefangen war in seiner Strenge und Melancholie. Während des Bürgerkriegs und danach verstand Picasso sich klar als Spanier, auch deshalb die vielen Stiere in seinem Werk. Aber möglicherweise, ja: wahrscheinlich erhob er von Anfang an einen internationalen Anspruch an die Wirkung seiner Kunst.

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Was sich Picasso politisch und national "verstand," weiss keiner richtig. Dora Maar hat auch Picasso wesentlich beeinflusst in den späteren Stadien von Guernica: so beim Entstehen. War das Bild einmal fertig, das heisst nachträglich, mag er dem Bild politische Bedeutung beigemessen haben - oder sich vom Unkreis manipulieren lassen.

Er arrangierte sich mit der Nazi Diktatur in Paris. Politik war niemals wirklich "sein" Ding. Er war immer erst Künstler, und sich selbst.

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Guten Morgen Frau Valand,
nach der Lektüre Ihres Beitrages blieben drei Begriffe an mir hängen:
die "Zweckmässigkeit" der Sklaverei
die hemmungslose Idealisierung des weiblichen Körpers (durch männliche Maler)
der Bumerang der Unglaubwürdigkeit des Westens
Er trifft seine, universell propagierten Werte wie die Menschenrechte als Folge seines Kolonialismus`, seiner Ausbeutung und seines kulturellen Diebstahls.

Die Bilanz ist vernichtend.
Gibt es keine Ambivalenzen oder gar Paradoxien?
Vielleicht in der gekonnten, frechen, ja lüsternen Darstellung des nackten weiblichen Körpers.
Sie nahm ihren Anfang in der italienischen Renaissance, wogegen sich die schon damals doppelte Moral der katholischen Kirche nur noch knapp stemmen konnten.
Am Anfang der erotischen Kunst steht also eine emanzipatorische Bewegung gegen Bevormundung und verlogene Lust- und Körperfeindlichkeit.

Aber sonst schaut der Westen schlecht aus. Sehr schlecht.
Gierig, gnadenlos und ebenso verlogen wie die christliche Kirche.

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Kolumnistin
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Lieber Herr S., haben Sie besten Dank für diese interessanten Überlegungen. Lustigerweise bereite ich gerade einen Vortrag vor über Kunst, Körperlichkeit und Kirche in der Renaissance, am Donnerstag in Freising zu hören: www.dimu-freising.de/programm/kalender/detail?tx_dimuevents_pi1%5Baction%5D=show&tx_dimuevents_pi1%5Bcontroller%5D=Event&tx_dimuevents_pi1%5Bevent%5D=64&cHash=a2f52aab04d55ebaf74e6c6c845cd016

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Guten Abend Frau V.,
leider habe ich Ihren Vortrag in Freising verpasst. Gibt es sonst eine Möglichkeit, ihn nachzuhören?
Meine Kenntnisse zum Thema Körperlichkeit in der religiösen Kunst der Renaissance beschränkt sich auf Episodisches, eigene Beobachtungen in Kirchen und Museen sowie auf Antworten studierter Theologen auf meine verwunderten Fragen.
Worauf ich nach und nach gekommen bin: der malerische Blick, der freie Klang und der einzig vom persönlichen Geschmack und vom eigenen Anliegen bestimmte Text legen den Weg immer weiter frei zur Wahrheit des eigenen Empfindens und seinem neu gefundenen Ausdruck.
Kein Wunder wird dieser als ketzerisch oder gar als pervers von den selbst ernannten Hütern der kollektiven Moral verunglimpft .
Freundliche Grüße K. S.

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Wenn ich eine neue Sichtweise brauche, bin ich für alles anfällig, das mein Sehen vom Bekannten wegbringt. Gerade das scheinbar Hässliche oder besonders auch das Zufällige ist dabei besonders attraktiv. Aber auch ausformulierte über Jahrhunderte entwickelte Formsprachen, sauge ich sofort ohne schlechtes Gewissen ein, wenn ich es mit der Richtung meines Suchens verbinden kann und sich meine Sichtweisen dadurch weiterentwickeln. Es geht um ästhetische Zeichensetzung und damit auch um Marktmacht. Also ist es ein ambivalenter Vorgang.

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Even Meier
(ex | they)
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Danke, viel gelernt!

Eurozentrismus, überall. Autsch.

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