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Entwickler Begriffsmoleküle und LD-Cards
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Abgesehen von den politischen und individuellen Konkretisierungen, die sich im Maskenthema verstecken und die Strassberg hier elegant hervorzieht, ist die Form bemerkenswert, in der er uns die Maske zeigt, nämlich als ein Paradox: Wenn der Superheld sich hinter der Maske versteckt, kann er seine wahre Identität zeigen.

Konventionelle Logik scheut zwar das Paradox, für einen Mathematiker z.B. kann eine Aussage nicht gleichzeitig wahr und falsch sein. M.E. zeigt sich aber gerade in den Widersprüchen, dass wir den Dingen auf die Spur kommen. Erwähnt sei hier die Coincidencia oppositorum des Niklaus von Kues, die Laws of Forms von Spencer-Brown oder das Yin-Yang-Symbol (Taijitu) des Daoismus, wo im Zentrum des schwarzen Felds ein weisser und im Zentrum des weissen Feldes ein schwarzer Punkt steckt. Unser Denken ist immer eine Vereinfachung, weshalb wir in unserer flachen Logik auf Widersprüche stossen. Paradoxa sind die Knotenpunkte, in denen sich die jeweiligen Denkrichtungen treffen. Ich glaube, dass es sinnvoll ist, gerade solche paradoxen Verhältnisse formal-logisch darzustellen, über eine Erweiterung der konventionellen monotonen Logik, um so komplexe Inhalte in ihren Verästelungen griffiger diskutieren zu können.

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Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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Gegen die automatische Gesichtserkennung im Überwachungskapitalismus bzw. -sozialismus gibt es mittlerweile Gegenstrategien, die (noch?) das Vermummungsverbot umgehen - die Gesichts-Camouflage.

So etwa CV Dazzle. Siehe auf Deutsch (hier, hier und hier) und auf Englisch (hier, hier und hier).

Der letzte Artikel zeigt auch Kleider. Die i. Ü. zwar nicht maskieren, aber verkleiden. Denn Kleider machen Leute. Wie jeder Hoch- aber auch Tiefstapler weiss (z. B. Der Prinz und der Bettelknabe). Und sei dies nur, um unter dem Radar zu fliegen.

Schöne neue Welt.

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Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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Die beste Serie, die m. M. n. die Ambivalenz der Maske am eindrücklichsten abhandelt, ist Watchmen (2019, HBO).

Vielen "Helden", etwa bei Marvel, geht es schlicht darum mit Hilfe der Maske ihr "normales" Leben weiterzuführen (z. B. Spiderman), oder andere "Normale" zu heroischen Taten zu inspirieren (z. B. Captain America). Es sei denn, die Publizität ist ihnen vollkommen egal, ja sogar erwünscht (z. B. Iron Man).

Watchmen dringt da m. E. ein wenig "tiefer" ein (ich weiss, die "Hermeneutik des Verdachts" wird gerade viel gescholten) und variiert das Thema, so u. a.:

Who Am I? If I Knew... I Wouldn't Be Wearing A Fucking Mask.

People who wear masks are driven by trauma. They’re obsessed with justice because of some injustice they suffered, usually when they were kids. Ergo, the mask. It hides the pain.

You Can't Heal Under A Mask.

Watchmen knüpft dabei an einen Diskurs der black identity und double consciousness an, wie er etwa von Fanon, Du Bois, Gilroy und black feminists geführt worden ist.

So schreibt Fanon in Schwarze Haut, weisse Masken über das existentielle Problem weder weiss, noch schwarz zu sein. Die erinnert auch den double bind, mit dem die Gesellschaft eine hybride Nicht-Identität anruft und subjektiviert:

Sei wie die anderen, aber erinnere dich, dass du immer anders sein wirst! Oder aber: Du tust so, als wärst du wie wir, aber du bleibst immer anders als wir!

W. E. B. Du Bois, der den Begriff prägte, schreibt einfühlsam, wie es ist, wenn man sich selbst durch die Augen einer rassistischen weissen Gesellschaft betrachtet. Die Sehnsucht dabei ist:

merge his double self into a better and truer self. In this merging he wishes neither of the older selves to be lost.

Für Gilroy liegt in diesem "Zwiespalt" selbst, ein kritisches und politisches Potenzial:

occupying the space between these two dialectal subjectivities is "viewed as a provocative and even oppositional act of political insubordination".

In diesem "Zwiespalt" eines "doppelten Bewusstseins" (oder mehr) sind viele, auch auf intersektionale Weise, so etwa:

  • Afrikaner*innen bzw. deren Nachfahren in Amerika

  • Migrant*innen bzw. deren Nachfahren im Zielland

  • Arbeiter*innen bzw. deren Nachfahren an der Universität

  • Frauen im patriarchalen System

  • LGBTQAI im heteronormativen System

  • usw.

Was sie u. U. schon früh lernen ist das Spiel der Masken. Ein proteisches Wesen, das immer im Werden ist. Nicht-identische Wesen sind immer nur im differierenden Werden. Es gibt "dahinter" kein einziges wahres Wesen, ein identisches Sein, das immer und ewig gleich bleiben würde.
Das wäre auch etwas langweilig.

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Jakob Surber
Show me the data.
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Kann eine Maske nicht auch dazu führen, dass wir über uns hinauswachsen um den Ansprüchen dieser Maske gerecht zu werden?
So wie das Waisenkind Bruce Wayne, dass sich vor Fledermäusen fürchtete, sich seiner Furcht stellte und zum (furchtlosen) Verteidiger der Gerechtigkeit wurde.
Wäre ein gewöhnliches, verängstigtes Kind wie Bruce Wayne dazu in der Lage?

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Wieder etwas gelernt - Prosopagnosie...
Die letzten beiden Abschnitte erinnern mich an meinen Umgang mit Masken, Internet und mutigen, unerschrockenen Heldentaten. Auf der App AskMask kann nämlich jeder maskiert fragen stellen und wird direkt mit anderen maskierten Helden im Internet verbunden, die sich mit den genannten Themen auskennen. Von 'Tagesausflug im Prättigau' bis 'Wieso haben Drögeler immer Ausschläge im Gesicht' hab' ich schon alles gelesen - und heldenhaft beantwortet: https://www.askmask.ch/

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