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Man kann diesen interessanten und meinem Gefühl nach auch ziemlich optimistischen Gedankengängen sicher diverse Einwände und Überlegungen entgegenstellen, wie es ja in der unten stehenden anregenden Diskussion der Fall ist. Was ich aus diesem wertvollen Beitrag unter anderem sicher mitnehme, ist das Phänomen des russischen Imperialkolonialismus, den ich so, muss ich gestehen, nie in einen Kontext mit den westlichen Kolonialimperien gebracht habe.

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Märchentante*onkel
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Wenn wir gerade dabei sind, die UNO zu renovieren, könnten wir bitte auch noch das Oligarchentum abschaffen, indem keiner mehr als das 100-fache des Weltendurchschnittsvermögens besitzen dürfte (Passus zur Vermeidung von Kleptokratenkriegen).

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Das hat ja nicht einmal in der Schweiz geklappt (z.B. 1:12-Abstimmung)

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Ich erlebe die Schweiz nicht als besonders umverteilungsaffin. Wenn das bei uns nicht klappt, könnte es anderswo trotzdem klappen.

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Nun, die Einführung des Frauenstimmrechts hat erstmal auch öfters nicht 'geklappt', das 'klappen' einer Ehe für alle war vor dreissig Jahren wohl noch wahsinnig utopisch und demokratische Rechte, wie 'wir' (leider ja nach wie vor nicht alle, die wir in diesem Land leben) sie heute kennen, vor dreihundert Jahren wohl noch ebenso. Kommt Zeit, kommt Wandel.

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Kritiker
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Ausser Wunschvorstellungen und Illusionen hat der Artikel nicht allzu viel zu bieten. Schwierig, die Einwände in eine Ordnung zu bringen, aber ich versuche es trotzdem:

  1. Eine Niederlage Russlands führte wohl zu dessen Rückzug aus der Ukraine, aber noch nicht notwendig zum Zusammenbruch des Regimes.

  2. Einer Demokratisierung steht die Jahrhunderte alte Tradition des starken Staats entgegen, der die Menschen immer als seine Sklaven traktiert hat. Dieser starke Staat hat auch immer unbeschränkten Zugriff auf das Vermögen des ganzen Landes gehabt. Das ist bis heute so!

  3. Die Modernisierung ist in Russland (in Form der Sowjetunion) gescheitert. Heute ist Russland im Wesentlichen ein Petro-Staat und das Anti-Demokratie-Serum Erdöl stützt das starke Zentrum. Dieses ist der mafiöse Nachfolger einer typischen Modernisierungs-Diktatur. Eine Modernisierung 2.0 kann es, auf der Höhe der heutigen Einstiegskosten nicht geben, und gesetzt doch, dann bedingte sie den starken Staat, den man ja eben zugunsten einer Demokratisierung loswerden möchte.

  4. Die wohlhabende Mittelklasse, von der der Artikel fabuliert, beschränkt sich im Wesentlichen auf Moskau und St.Petersburg. Sie stützt sich nicht auf eine Privatindustrie, sondern auf staatsabhängige Institutionen, Staatsangestellte und Betriebe. Ist daher leicht unter Druck zu setzen und zu kontrollieren.

  5. Eine Entmachtung des Regimes bedingte diejenige der KGB-Kreise, an deren Spitze Putin steht. Die Stützen des Regimes sind KGB-Milliardäre und weitere Oligarchen, auf deren Vermögen Putin unbeschränkten Zugriff hat. Zu diesem Regime gehören aber auch gut versteckte Schmiergeldfonds mit Hunderten von Milliarden $, die der Destabilisierung der Demokratie im Westen gedient haben und zweifellos weiter dienen werden. Sie lagern auf Offshore-Konten im Westen.

  6. Eine atomare Entwaffnung bedingte die zeitweilige Besetzung Russlands: Niemand kann daran, und an dem Krieg, der dafür nötig wäre, ein Interesse haben. Nur schon die Gefahr eines Atomkriegs steht dem definitiv entgegen. Eine atomare Entwaffnung kann nur dann erfolgreich sein, wenn alle Atommächte mitziehen, und das ist leider höchst unwahrscheinlich.

  7. Der Sicherheitsrat der UNO ist am Ende: Er ist durch das Vetorecht seiner permanenten Mitglieder dauerhaft blockiert. Selbst wenn es gelänge, Russland auszubooten, ist da immer noch China, das dieselbe Obstruktions-Politik betreibt. Von den USA zu schweigen.

  8. Eine Dekolonisierung bedingte die vorgängige Zerschlagung des militärisch-industriellen Komplexes, der auch in Russland ein Eigenleben führt. Zusammen mit den Nachfolgeorganisationen des KGB und deren Verzahnung mit dem organisierten Verbrechen stellt er die materiell-personale Grundlage des heutigen Regimes dar. Das ist ein Augias-Stall, der ebensowenig auszumisten ist wie der entsprechende Washingtons.

  9. Neu unabhängig werdenden Staaten kann man keine guten Perspektiven in Aussicht stellen. Von den ehemaligen Kolonien Europas sind die meisten heute autoritär regiert, und finanziell abhängig vom Westen oder von China.

  10. Die Gefahr ist gross, dass der "Kollaps der Modernisierung" faschistisch bearbeitet wird. Statt einer Demokratisierung drohen überall Mafia-Regime und Bandenkrieger in unregierbar gewordenen Staaten.

  11. Eine gesellschaftliche Diskussion darüber, wie eine menschliche Zukunft aussehen sollte, in der wir nicht mehr Krieg gegen den Planeten wie gegeneinander führen, steht auch im Westen weiterhin aus. Alleine die Klima-Krise hat das Potential, all unsere heutigen Staaten und Einrichtungen schlicht hinwegzufegen. Nicht in ferner Zukunft, sondern bereits in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts.

  12. Wir brauchten eine Dekolonisierung des Denkens: Der Status quo, bestimmt durch das Weltsystem des Kapitalismus, ist längst lebensbedrohlich geworden, aber vorderhand bleiben die Passagiere auf dem Deck der Titanic und die Kapelle spielt weiterhin auf.

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Multifunktional
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Ihre Einwände in Ehren, aber Sie werden dem Artikel nicht gerecht. Vieles was Sie im Artikel gelesen haben wollen und entsprechend richtigstellen, wurde so gar nicht gesagt. Ich will jetzt gar nicht auf alles eingehen. Einfach als Beispiel was die UNO angeht, schlägt der Autor nicht ein reines Ausscheiden von Russland vor sondern eine effektive Reform des Sicherheitsrates, in der auch das Vetorecht abgeschafft wird. Auch wenn Stand heute vielleicht nicht sofort unsetzbar, müsste eine Reform der UNO sicher in diese Richtung gehen. Mit Ihrer pessimistischen Sichtweise auf alle nötigen Veränderungen, welche Sie mit „geht eh nicht“-Argumenten im Vornherein abschmettern, wird sich keine Verbesserung der Situation auf dieser Welt - auch nicht bezüglich Klima! - erreichen lassen. Man muss doch zuerst ein Ziel vor Augen haben, um dann zu versuchen, dieses zu erreichen. Reduziert man seine lang- bis mittelfristigen Ziele auf das kuzfristig realistisch erreichbare, wird man nie irgendwo ankommen und etwas verändern.

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Kritiker
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Ich will nicht dem Artikel gerecht werden, sondern der Sache, um die es geht: Ich bin Historiker, nicht Literatur-Kritiker. Darum nehme ich mir die Freiheit, die Aussagen des Autors zu korrigieren, wo ich es für nötig erachte, und Fehlendes hinzuzufügen. Ich habe durchaus ein Ziel vor Augen: Eine menschliche Gesellschaft, die im Frieden mit Mensch und Natur lebt. Also das, was sämtliche heutigen Gesellschaften ganz offenbar nicht fertig bringen, und das ganz unabängig vom gegenwärtigen Krieg. Und ich wünschte mir eine gesellschaftliche Diskussion darüber, wie wir da hin gelangen könnten. Das Weiter so wie gehabt läuft ganz offensichtlich auf nicht mehr kontrollierbare Umweltkatastrophen und daraus resultierende gesellschaftliche Zusammenbrüche hinaus, was aber bislang von links bis rechts verdrängt wird. Wir können durchaus etwas dagegen tun: Das stimmt mich optimistisch. Aber wir tun es nicht, oder jedenfalls nicht mit der nötigen Entschlossenheit, und das ist wirklich Anlass zu Pessimismus.

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Während ich den obigen Artikel ebenfalls als ausgesprochen utopisch ansehe - wenn auch hübsch - sehe ich bei Ihnen, mit Verlaub, doch etwas zu viel Pessimismus. In der Mitte liegt die Kraft. Gorbatschow war schon auf dem Weg - und dann kam leider ein Backlash und zuwenig Unterstützung aus dem Westen, weil das Russlandbild (da gebe ich dem Autor hier durchaus Recht) im Wege rumstand. Dieses Russlandbild könnte sich nun wandeln, mit etwas Glück. Aber solange niemand robust in dieses Kriegsgeschehen eingreifen will, wird es jedenfalls nicht am Westen liegen, in welche Richtung sich das Land entwickelt.
Ich sehe uns, ehrlich gesagt, im Westen bereits seit längerem in einem WW3 - der nicht erkannt wird, nicht erkannt werden will, weil er langsam läuft, im Verlauf von Jahrzehnten, und hybrid, on und offline. Dass wir nicht entscheiden, wann wir eingreifen, sondern offensichtlich diese Entscheidung der Gegenseite überlassen, ist unser grösster Fehler. Was lässt uns glauben, dass die Kleptokratie in Russland, (die offenbar das Heer in weitaus schlechterem Zustand zurückgelassen hat, als die Führung dachte: alles versilbert) vor dem Atomarsenal halt machte? Uran ist gewinnbringend auf dem schwarzen Markt.

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Keiner der beschriebenen Modernisierungsprozesse kann Russland von Aussen aufgezwungen werden, denn dazu wäre in jedem Fall eine Ausweitung des Krieges erforderlich. Dies verbietet sich schon allein deshalb, weil Russland Atomwaffen besitzt. Natürlich ist der Wille, Russland zu demütigen, im Moment verständlicherweise sehr stark. Zu was das führen kann, hat der Friede von Versailles gezeigt. Wie es anders gehen kann, dafür steht die heutige BRD - bei allen Mängeln wie der ungenügenden Entnazifizierung 1945 oder der arroganten Wessidominanz bei der Integration der ehemaligen DDR.
Überfällig ist jedoch die Erneuerung der UNO-Architektur. Beim Sicherheitsrat geht es aus meiner Sicht ebenfalls nicht darum, primär Russland auszuschliessen. In erster Linie muss das Vetorecht abgeschafft und zu Mehrheitsentscheiden übergegangen werden. Mit der Privilegierung der Siegermächte des 2. WK (dazu gehört Russland) muss ebenfalls Schluss sein. Mitglieder des Sicherheitsrats, welche Kriege anzetteln, müssten mit sofortiger Wirkung aus dem Sicherheitsrat ausgeschlossen werden.
Eine Abschaffung der Atomwaffen ist nur möglich, wenn alle dazu bereit sind. Nach Lage der Dinge wird Russland am schwierigsten davon zu überzeugen sein - weil das Land ohne Atomwaffen zum Zwerg wird. Wenn aber die USA und China diesen Weg wirklich einschlagen, müsste Russland ebenfalls einschwenken.

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Sehr guter und wertvoller Beitrag!

„Manche werden vor diesem Hintergrund einwenden, der Autor könne also gar nicht «objektiv» sein. Ich möchte dazu nur sagen: Nicht die Ukrainer haben sich mit ihrer Einschätzung des russischen Imperialismus geirrt. Es ist gerade umgekehrt: Die deutsch­sprachige Öffentlichkeit hat immer noch immensen Nachhol­bedarf bei ihren Kenntnissen über russische Geschichte und Gegenwart – und dementsprechend bei der Grundlage ihrer Beurteilungen und Einschätzungen.“

Das ist immer der gleiche Trugschluss von Aussenstehenden. Die Betroffenen können nicht objektiv sein. Vielleicht ein Abwehrmechanismus, weil sie von den Tatsachen, vor denen sie die Betroffenen stellen, überfordert sind.

Nachhaltige, langfristige Sicherheit wird es nur unter den folgenden Bedingungen geben:

Bei der Abschaffung der russischen Atombomben fehlt mir einfach die praktische Umsetzbarkeit und die Bereitschaft, dass auch die anderen Atommächte dem zustimmen.

Bezüglich UN-Sicherheitsrat, da braucht es schon lange Reformen. Solange dort die fünf Vetomächte alles blockieren können, wird der Nutzen dieser Organisation völlig überschätzt. Umso unverständlicher für mich, wieso wir von Krieg zu Krieg immer diese Diskussion führen und dann trotzdem nichts geschieht.

Das Hauptproblem sehe ich darin, dass die europäische Führung von den Autokraten keine Beachtung findet. Ein Europa das andauernd „besorgt“ ist, wird in diesen Kreisen einfach nicht ernst genommen. Es ist zwar völlig primitiv, aber dort zählt nur, was man militärisch zu bieten hat und ob man seinen Worten auch Taten folgen lässt. Das ist in Europa jetzt zum ersten Mal geschehen, aber leider etwas spät.
Rückblickend kann man wohl sagen, dass 2008 der Fehler begangen wurde, die Ukraine nicht in die Nato zu integrieren. Nach Ansicht der Europäer gehörte die Ukraine damals eben doch nicht so ganz zu Europa.
Putin hat gesehen, dass die Europäer nicht wirklich an der Ukraine interessiert sind und hat dann das Machtvakuum gefüllt.
Das zeigt uns, wie gefährlich es ist, wenn man Länder fallen lässt, die eine funktionierende Demokratie anstreben. Wir schaden uns da auch selbst, indem wir autoritäre Tendenzen stärken.

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Zuerst eine unstrukturierte Sammlung guter und schlechter Gedanken in enzyklopädischer Länge von Constantin Seibt, dann eine ukrainische Wunschliste ohne Realitätsbezug.
Die Chefredaktion gehört zurück auf die Kommandobrücke.

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Frage mich immer wieder, was Sie bei der Republik suchen und nicht finden?

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Generell gesagt, Artikel mit journalistischer Qualität, in Form und Inhalt. Für die Republik, die sich ja an ein intellektuelles Publikum richtet, ein wenig Distanz zu Hypes und Polemiken.
Die Republik kann's. Ich verweise u.a. auf die Artikel von Priscilla Imboden, die Artikel zur Bündner Justiz. Ich habe das im Forum so gesagt, aber Sie haben wohl recht, ich sollte Lob häufiger ausformulieren und nicht nur mit Upvoten.
Und es stimmt, in letzter Zeit sind die Highlights seltener geworden. Natürlich nicht nur in der Republik, sondern auch in NZZ und Tamedia. Vor allem dort.
Die Ukraineberichterstattung ist für mich schon der Tiefschlag, a) festzustellen, dass die besten Artikel ausgerechnet in der Weltwoche stehen (Pelda, die anderen meine ich nicht) und b) die Republik nicht mal versucht, dem nahezukommen.
Oder ihn nachzudrucken. Stattdessen... s. oben.

edit: erster Abschnitt umformuliert

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Multifunktional
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… vielleicht, dass er durch seine ausführlichen Stellungnahmen hier im Forum entdeckt wird und wahlweise einen Posten als Chefredaktor bei der Republik oder hochrangigen Politikberater angeboten bekommt?

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Wahrscheinlich hatte und habe ich auch Wünsche ohne Realitätsbezug - sog. Utopien. Manche haben sich erfüllt, weil sie sich in meinem Kopf festgesetzt haben und ich sie, immer auf die gerade aktuellen Realitäten abgestimmt, weiter verfolgt habe. Ich finde den Artikel auf jeden Fall lesenswert. Lesenswerter als die nüchternen Analysen von Militärköpfen und Kriegssachverständigen in anderen, von Ihnen erwähnten Medien.

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Vielleicht habe ich einfach andere Präferenzen. In einer "grossen" Zeitung wäre ein Artikel wie dieser, als einer unter vielen in einem Spektrum, kein Thema gewesen. In der Republik ist es einer unter zweien des Tages (der Auserwählte), und einer von ca. dreien zum Thema in einer Woche. Da ist die Bedeutung grösser.
Vielleicht sollte ich eine Wochenbilanz machen bevor ich urteile. Diese Woche ist unter dem Strich gerettet, dank dem Interview von Greminger.

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Dieser Artikel von Kyrylo Tkatschenko erinnert mich an die Fragen, die ich vor ein paar Tagen hier in etwa so formulierte: Warum attestiert man der grössten, immer noch real existierenden Kolonialmacht der Welt – also de facto ein Konglomerat unterworfener, unterdrückter und einverleibter Völker von der Ostsee bzw. vom Schwarzen Meer bis zur Beringstrasse – als Metapher den Bären? Den man nicht wecken soll?
Und:
Welches Existenzrecht inklusive Wohlfühlzone an sämtlichen Rändern wird da einem der Megalomanie längst überlebten Eliten entsprungenen Staatswesen eigentlich so fraglos zugebilligt?

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Слава Україні!
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Die größte existierende Kolonialmacht der Welt.

Ich glaube, diese Behauptung lädt regelrecht zur Diskussion ein.

Problem Nummer 1. Ab welchen Jahr werden Grenzen als Kolonien definiert?
Bis zu welchem Zeitpunkt gilt Besiedlung noch als "Erstbezug", an wann ist es "Kolonialisierung"?

Problem Nummer 2:
Was gibt als Kolonie? Territorium oder reale direkte (über Militärstützpunkte) oder indirekte (zb über Währungen wie den CFA-Franc) Kontrolle?

Ist Indien ein vielvölkerstaat? Wenn nein, warum? Wenn ja, was gilt als "Kolonie"?
Oder gelten als Kolonialmächte nur Länder, die keine Demokratien nach westlichen Muster sind?
Was ist mit China? Was davon ist Kernland, was davon Kolonie? Usw usw.

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Interessante Fragen, Herr/Frau
Anonimus/anonima!
Ich schlage vor, diese gleich dem Autoren des obigen Artikels, Herrn Kyrylo Tkatschenko, via Republik vorzulegen.

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Meines Erachtens ein wichtiger Artikel - gerade in der "Republik -, weil er im Geiste der konkreten Utopie der brutal deformierten Gegenwart "von vorne" entgegentritt ud gleichzeitig verdeutlicht, wie weit entfernt Putins (und seiner Gefolgschaft) Russland von Europa nach 1945 und nach den Abrüstungsverträgen (START / SALT) steht. Es ist denkbar, dass es für eine derartige Analyse den geschärften Blick eines Menschen aus der Ukraine braucht, aus einem jener Länder in Mitteleuropa, die viel zu oft "Puffer-Gebiete" (ein grauenerregender Ausdruck, wenn wir uns vor Augen halten, was das für die Menschen konkret bedeutet) waren, d.h. der Kolonisierung von Grossmächten ausgeliefert. Zugleich entlarvt der Artikel die Harmlosigkeit, einen Frieden zu wünschen ohne grundlegende Wandlung in Russland. Dazu gehört der wichtige Hinweis darauf, dass "Wandlungen" in Russland stets infolge Druckes von aussen, d.h. Niederlagen der herrschenden Clans, erst möglich wurden. Wir brauchen solche konkreten Utopien, um eine Richtung zu formulieren, gerade weil das Ziel eines Russlands in europäischer Gemeinschaft so weit entfernt sein dürfte ...

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Mitbetroffener
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Ich teile Ihren Ansichten, Herr B.; ich bin immer wieder erstaunt, mit welcher Nonchalance und Überheblichkeit gewisse westliche „Experten“ über ausgewiesene Landes-, Geschichts- und Mentalitätskenner aus den betroffenen Ländern hinwegorakeln. Allzu oft werden dabei entweder bequeme Instant-Lösungen („Nun vertragt Euch gefälligst wieder, und lasst uns schleunigst zur gewohnten Tagesordnung übergehen“) oder dann resignierender Fatalismus verbreitet.

Utopien (Wikipedia: „ Entwurf einer möglichen, zukünftigen, meist aber fiktiven Lebensform oder Gesellschaftsordnung, die nicht an zeitgenössische historisch-kulturelle Rahmenbedingungen gebunden ist.“), wie sie das in diesen Tagen wieder von Beatrice Fihn, Leiterin der Internationalen Kampagne zur Abschaffung von Nuklearwaffen entworfen wurde, werden entweder belächelt oder unwirsch abgetan.

Wie wären Demokratie und Menschenrechte in vielen westlichen Ländern über die Jahrhunderte je möglich geworden ohne jene geburtshelfenden Utopisten, welche die Manifestationen ihrer Ideale nie selber erlebt haben?

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Rollenlos
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Interessanter Artikel, die Blickweise des Imperialismus gefällt mir. Ich denke jedoch nicht, dass dieser Krieg die Nadel in Russland genügend weit in Richtung der Veränderung bewegt. Es sind „nur“ zwischen 1400 und 14’000 russische Gefallene. Die russische öffentliche Wahrnehmung des Kriegs ist immer noch ein notweniger Konflikt. Wenn sie die Donbas Region halten, dann war es genügend „erfolgreich“. Die 2014er Lebensmittelsanktionen werden so wahrgenommen als wäre der Westen schuld, obwohl diese von Russland jederzeit aufgehoben werden könnten. Der grösste Teil der Russen ist sehr schmerzresistent bzw. leidensfähig aber auch gleichgültig bzw. aphatisch. Ich bin überzeugt, dass die aktuellen Sanktionen diese Leidensfähigkeit definitiv strapazieren werden, aber dies wird mindestens 1-3 Jahre dauern (siehe 2014). Die Hemmschwelle der ottonormal-Bevölkerung ist in Russland einfach extrem viel höher und wird vom Westen historisch und aktuell immer wieder falsch eingeschätzt. Der grösste Teil der Generation welche das Revolutionspotential hätte, hat das Land schon lange verlassen.
Quelle: Familie in Russland, war selber schon viel dort

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Theologin/Pfarreiseelsorgerin
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Einmal mehr denke ich nach der Lektüre eines Republikbeitrags im Kontext Ukraine/Russland, an ein Buch, dass schon etwas älter und dennoch lesenswert ist
(https://m.faz.net/aktuell/feuilleto…11452.html) - aus dem verlinkten Artikel:

Neu heißt bei Frie: nicht Weltgeschichte als Wettkampf der Besten zu erzählen und auch nicht, zumindest soweit es möglich ist, nur aus der westlichen, europäischen Sicht. Dass Frie, wie er in seinem Nachwort zugibt, zunächst fast verzweifelte an seiner Aufgabe, nimmt man ihm ab. Letztlich war es der Sonderforschungsbereich „Bedrohte Ordnungen“ an der Tübinger Universität, der mit seinen Kontakten über die Fächergrenzen hinaus seinem Sprecher Frie, dem „Zirkusdirektor beeindruckender Geistesartisten“, zum Bild verhalf, mit dem er fruchtbar arbeitet: Geschichte als einen Teppich zu betrachten, an dem alle weben.

Im Buch wird auch die Geschichte der Eroberungen innerhalb des heutigen Russland erzählt und es war interessant und erhellend, weil mir bis dato nur diffus bekannt.

Ich ziehe den Hut vor dem Kommentator:innen hier, die genügend historisches und/oder politisches Fach- und Hintergrundwissen haben, um jeweils ausführlich zu kommentieren und zu diskutieren. Mir fehlt es in diesem Kontext schlicht.

Für solche Beiträge wie diese Utopie bin ich dankbar, weil sie mir Perspektiven anbieten, die ich sonst nicht bekommen würde. Ob ich diese Perspektiven dann nachvollziehen kann oder nicht, steht ja auf einem anderen Blatt.

Was mir daran deutlich wird: letztlich habe ich keine Vorstellung davon, wie die Welt auch gesehen werden kann. Und jede Vorstellung, die ich mir mache, ist rasch einmal eher eine Vermutung oder Interpretation und lässt mich vorsichtig werden.

Edit: Kämpfereien mit der Formatierung

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Beobachter
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Sehr unrealistisch zu erwarten, dass ein Krieg positive Veränderungen bringen kann. Vielleicht verliert Russland diesen Krieg, aber die Ukraine verliert ihn auch und der Rest Europas wird auch als Verlierer dastehen.

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Was schlagen Sie vor? Sofortige Kapitulation der Ukraine? Sofortige Rücknahme der Sanktionen und anschliessend 20 Jahre Reparationszahlungen des Westens an Russland?
Sie argumentieren, als ob die Ukraine Russland angegriffen hätte.

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Beobachter
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In einem Krieg gibt es nur Verlierer.

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Gärtnerin, hier und jetzt
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Mögen alle recht haben, was die Vergangenheit betrifft. Kann sein, dass in der Zeit des immer noch vorherrschenden, ausbeutenden Kapitalismus die Welt immer wieder ein verzerrtes, verwirrendes Bild abgibt.
Was ich am Artikel schätze ist der Blick nach vorne und die
Frage, was braucht es, damit .....
Was braucht es, damit es gut kommt? Wie können wir unsere Energien entsprechend bündeln?
Aus humanistischer Sicht geht es bei uns Menschen um die Würde, um Selbstbestimmung und Gemeinschaft und entsprechenden Schutz jedes einzelnen.
Lokal handeln, global denken: Ich kann nur hier und jetzt beginnen in meinem Umkreis gemeinsam gestalten, solidarisch handeln und gleichzeitig den Völkerrechten und Abkommen, unseren gemeinsamen Werten neu Bedeutung geben, allen Einzelinteressen übergeordnet und unsere Politiker auch darauf hinweisen.

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Lucia Herrmann
Community @ Republik
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Das verstehe ich nicht. Was bedeutet das?

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Jedenfalls ist es sprachlich so mit der schnellen Feder gestrickt, dass einiges einfach verdreht bzw falsch ist. Z.B. wurde vorne ein wesentlicher Halbsatz vergessen, dessen Fehlen das ganze Werk sofort etwas entwertet: " Seit Beginn des russischen Krieges gegen die Ukraine im Jahr 2014 erlebten wir das Ende des fukuyamaschen «Endes der Geschichte», oder einfacher gesagt: ein Comeback des Autoritarismus. " - wirklich? Die Zwillingstürme, der Aufstieg des IS, der Aufstieg von autokratischen Politikern in Türkei, Polen, Ungarn - alles ein Pfupf? Da fehlt: "erleben wir in der Ukraine am eigenen Leib das Ende" - dann glaubt man es wieder.
Auch der Satz weiter hinten: " Es scheint, als würden Russinnen selbst im links-progressiven akademischen Publikum nicht als genügend «weiss» wahrgenommen:" hier wäre das Gegenteil schlüssig: WEIL sie als weiss wahrgenommen werden, glaubt man nicht an eine Kolonisierung. Auch Tuvaliten gelten als weiss. Wie alle anderen russischen sagen wir mal "Satellitenstaaten". Das ist das Problem. Würden nur "echte Russen" als weiss wahrgenommen, und die anderen nicht, dann käme man vielleicht eher auf die Kolonisierungsidee.
Und was den Rest angeht: Ja, das sind schöne Träume. Aber die Angst vor dem eigenen Machtverlust wird auch demokratische Politiker nicht dazu bringen, Dinge herzugeben, die sie besitzen. Leider. De-Atomisierung der Welt wäre wunderbar. Ich fürchte jedoch, aus historischer Erfahrung: Umkehr completamente gibt es nicht - die Powers That Be lieben Kontinuität, weil sie nur die berechnen können - oder besser: das glauben.

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Multifunktional
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Ich kann Ihre Einwände nicht unterschreiben, da damit der Sinn des Essays verändert wird. Teilweise ist es nötig, einzelnd Absätze zweimal zu lesen, um diesen exakt zu erfassen. Mit dem „Ende des Endes der Geschichte“ radiert der Autor nicht die vorgängigen Ereignisse aus, sondern er postuliert, dass nun das definitive Ende dieser Theorie für alle sichtbar ist. Das Erstarken von autoritären Regimes in Polen und Ungarn könnte, da schleichend und ohne Blutvergiessen, als „Anfang vom Ende des Endes der Geschichte“ angesehen werden und nun sind wir beim „Ende vom Ende des Endes…“
Beim Koloniaationsvergleich stellt der Autor fest, dass Russland nicht genügend weiss ist um als Kolonisationsmacht angesehen zu werden. Das gleiche könnte man wohl auch von China sagen. Es wird nicht gesagt, dass die kolonialisierten Völker zu wenig weiss wären um als Kolonie erkannt zu werden sondern er bezieht sich auf den Kolonisator selber, der zuwenig „weiss“ und damit „europäisch“ ist um ihn auf gleichem Niveau wie die europäischen Kolonisationsmächte wie England, Belgien usw. zu betrachten.

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Sorry - aber dann muss er das auch so schreiben! Und ich gebe Ihnen auch nicht recht, dass das der "Anfang vom Ende" gewesen sei - das war schon damals Blödsinn und nur Wunschdenken. Schon der Fall der Mauer war der Anfang einer neuen Geschichte, nicht das Ende einer alten. Die Autokratie macht seit damals Rabatz. Zudem ist es verkürzt, wenn man Kolonisatoren nur als "weisse haben die Macht über Nicht-Weisse" denkt, schon das kritiklos zu übernehmen und nur zu kritisieren, dass man Russland nicht als "weiss" sähe, ist schlicht zu kurz gedacht.
Meine Kritik: Wenn man so unscharf schreibt, so unscharf argumentiert - wieso soll man dann die Schärfe der restlichen Argumentation akzeptieren?

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Kultur-PessimistInnen haben einen entscheidenden Bias: Sie gehen von zu statischen Konzepten aus. Sie hätten wahrscheinlich auch den Fall der Mauer für unmöglich gehalten. Menschen sind aber extrem anpassungsfähig und bei ihren Entscheidungen immer auf der Suche nach dem "tiefsten Preis für den besten Deal". Das kann durchaus ehrenhaft sein, wenn man zB für seine Kinder die beste Bildung sucht. Man tut diezeit für etwas vorbei, aber stets in einem gegebenen Umfeld, auch ein Staat ist so ein Umfeld. Da ist manchmal schlicht einfach die Zeit reif für etwas anderes und gerade langjährige Machthaber bekommen das nicht mit oder wollen es nicht glauben. Gorbatschow wird das Zitat zugeschrieben, dass "Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben". Solche Entwicklungen gehen aber wohl nicht im einem einzigen Mal. siehe die vielen Rückfälle ins Autoritäre. Die Stabilität entsteht erst durch eine genügend gefestigte- meist durch nochmals schlechte Erfahrungen - "modernere" allgemeine Mentalität. Das ist keine Einheitsmentalität, sondern nur eine Essenz. Das "Ende der Geschichte" wird also so nie eintreten, aber durchaus langfristige Verschiebungen in der Zivilisation in Richtung "Primat der Menschenrechte". Ich finde den Essay deshalb etwas vom Realtistischsten, was ich gelesen habe. Denn er argumentiert entlang den menschlichen Verhaltensweisen und ist psychologisch ziemlich stimmig. Auch die Lösungsansätze: Es gilt, Menschen und Staaten strukturell in gemeinsame konstruktive und produktive Gebilde einzubinden, die mit wirksamen Kontrollmechanismen ausgetattet sind. Nur so schützt man die und Interessen".

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Ups, Entschuldigung, es hat wieder mal Sätze verschoben....diese Tastatur!!!

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Artikel und fast alle Kommentaren beweisen nur eins.... "die Komplexität der Welt wird oft ignoriert zu günsten der Vereinfachung"
Z.B. Wurde über alles fantasiert aber kaum berücksichtigt, wie sieht die Welt aus in 2 Jahren, wenn Trump oder jemand ähnlich wieder regiert. In nur 6 Monaten werden viele aus ihren Träumen erwachen.

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