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Mit Wehmut habe ich heute Morgen diesen spannenden, sorgfältigen, vorsichtige Vorfreude versprühenden Text auf die Theatersaison gelesen, denn ich habe mein Schauspielhaus-GA ab 2020 nicht mehr erneuert. Nach zwei Jahrzehnten intensivem Theaterbesuch - viele Produktionen habe ich mehrmals besucht - habe ich den Kampf um das Verstehen des Gesprochenen aufgegeben. Zu stark hat mein Gehör und mein Textverständnis nachgelassen, trotz Hörgeräten.
Erst kürzlich ist mir klar geworden, dass ich – sei es im Kino, am TV oder im Theater JEDES Wort verstehen will, um die Absichten der Autorin, die Anweisungen der Regie, das Schauspiel zu begreifen: Im Kino wähle ich immer die Originalfassung eines Filmes mit Untertiteln und Fernsehfilme schaue ich – trotz Ton auf meinen Hörgeräten – immer mit Untertiteln.
Seit die neue Intendanz am Schauspielhaus englische «Seitentitel» links und rechts projizieren lässt, habe ich nachgefragt, ob auf einer Seite nicht der deutsche Text gezeigt werden könnten. Das will man nicht, so die Antwort, so störe man die Einheit von Schauspiel und Text.
So habe ich für 20/21 ein Abo im Opernhaus gekauft und freue mich jetzt nach 0 Vorstellungen in der vergangenen Saison auf die kommende. Hier hat man schon seit Jahren begriffen, dass das Textverständnis bei Opern leidet und hat mit Übertiteln reagiert. Was für eine Offenbarung für mich als Opernlaie, dank Text die Dramatik von Musik und Schauspiel verstehen zu können.
Die moderne Technik liefert Brillen, die den Theatertext projizieren könnten, wahlweise englisch für Touristen und deutsch für mich. Dafür wäre ich auch bereit, einen Aufpreis zu bezahlen: «Abo mit Textbrille». Das hätte zudem den Vorteil, dass man problemlos anderssprachige Produktionen einladen könnte mit entsprechender Übersetzung auf der Nase.
Sollte das in absehbarer Zeit realisiert werden, würde ich SOFORT wieder ein Schauspielhaus-GA kaufen und ALLE Produktionen besuchen, versprochen! Bis dann bleibt die Wehmut….

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Lieber Herr Feller, ich danke Ihnen für diesen Einblick und Ihre Worte. Ich war gestern am Theater Basel, auch dort gab es Seitentitel; auch dort nur auf Englisch. Das von vielen Häusern propagierte «Theater für alle» müsste dann natürlich auch wirklich bedeuten: für alle. Bis dahin ist aber noch einiges zu tun, Sie nennen ein sehr gutes Beispiel unter vielen. Ich bin aber zuversichtlich und fest davon überzeugt, die Diskussion um Inklusion ist an den deutschsprachigen Theatern noch nicht am Ende. Im Gegenteil. Ich wünsche viel Spass am Opernhaus. Und nicht mehr allzu viel Wehmut!

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Danke, dass Sie sich die Zeit für eine Antwort genommen haben, Frau Hein!
Ich möchte noch eine Erfahrung aus der Zeit von Barbara Frey als Intendantin teilen: Zur Inszenierung von «Beute Frauen Krieg» (Karin Henkel, meine Lieblingsregisseurin) in der Schiffbauhalle – wahrlich kein Akustikmonster - schrieb ich in mein «Theater-Tagebuch» am 12.12.17 (https://schweizerflora.ch/kultur/th…nzerte.htm): "Sehr gute Inszenierung, perfekt die Dreiteilung der Halle - versehen mit Kopfhörern gibt's immer die passende Szene zu hören. Der zweite Teil ohne Kopfhörer war für mich wieder schwierig. Die Technik hat versprochen, in Zukunft für den zweiten Teil die Hörhilfen einzuschalten. Gut!"
Ich bin ein paar Tage später zum zweiten Mal in die Aufführung gegangen. Da in Teil 2 wiederum keine Kopfhörer bereit lagen, habe ich beim Tonmeister «ach so!» einen Kopfhörer geholt und er hat ihn zugeschaltet. Meine Sitznachbarin hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass es verboten sei, einen Kopfhörer aus Teil 1 oder 3 mitzunehmen. Nach meiner Erklärung: «Wenn ich das gewusst hätte….!»
Meine Vermutung: Wenn man 8 Wochen intensiv an einem Stück gearbeitet hat, jedes Textdetail in Verbindung mit Schauspiel, Aussprache, Tonfall, Licht, Geräuschen, Musik x-mal durchgespielt hat, können sich alle Beteiligten gar nicht mehr vorstellen, dass man Probleme mit Textverständnis haben könnte.
Was meinen die Angesprochenen vom Schauspielhaus, die ja sicher den Text von Frau Hein gelesen haben, zum Ton-Thema? Kann ich bald wieder ins Theater gehen?

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Leser Stufe 4
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"so eiert man höflich umeinander herum, was sich dann so anhört:"

Sehr schön formuliert, habe lachen müssen! Da bekommt man grad Lust auf Theater.

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Interessanter Einblick in eine Welt, die (hoffentlich) langsam wieder aufwacht aus ihrem Dornröschenschlaf. Man darf gespannt sein. Merci.

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Verena Goanna •in :)) Rothen
fotografie, texte, webpub&lektorin
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· editiert

Also, ich muss dann unbedingt Theater bekommen mit Hund, ne, zwei Hunden - und da wirklich alle in jedem ihrer Persönlichkeitsaspekte einzubeziehen sind, wenn wir grad mal mit irgendwas knapp über die Startlöcher hinaus sind: Ja, dann muss unbedingt auch das Plakätchen der Neighbours eine Strasse weiter unten am Hoger mit bedacht werden: da steht: Achtung Wurm! mit Regenwurm-Zeichnung dabei. Und manchmal noch einem Kistchen Zucchetti zum Mitnehmen daneben.
Dieser muss dann auf jeden Fall auch mitdürfen; beim Frosch dann vielleicht lieber nicht zu nah an der Bühne.
Mein Altholz hätte noch ein paar Holzbienen beizusteuern; das dann allerdings besser nicht zu nah an meinen Hunden, sonst Sitzordung und Coronamassnahmen ade. Und so.

Also ja, und Sprachtafeln für wirklich alle projizieren wir dann einfach flächendeckend über den ganzen Saal — wie viele Sprachen haben wir nur schon rund um den Erdball? Duckduck und Wiki meinen auf die Schnelle irgendwas um die 7000, vielleicht auch deutlich mehr; wie viele indigene Sprachen dabei vergessen wurden oder nicht, dafür ist die Nacht nun grad nicht mehr wirklich lang genug — schon nur mehrere hundert sovielichweiss Australische First Nations‘ Sprachen usw. usf.

Ich meinerseits bin einfach unglaublich dankbar und ^^^^^glücklich^^^^^, dass es all diese Veranstaltungen wieder gibt!!

Dass in den letzten paar Jahren dermassen viel an neuen Experimenten in Gang gekommen ist. Und das trotz diesem mit jedem Tag endloser wirkenden vollkommen irrealen Vakuum
plötzlich um uns alle herum.

Dass bei den ernsthaftesten Versuchen, neue Wege und Varianten zu finden, auch die Schwierigkeiten diskutiert und mit ins Publikum hineingetragen werden.

Ein Blick, ein Du, ein Lächeln, oder auch nur diese Energie und Gspürigkeit von der Bühne - und ich bin wieder. Und selig, schwebend, noch dazu.

Und habe auch nicht den Eindruck, dass Theater nur Abgründe auf die Bühne bringt. Bei weitem nicht.

[edit: stark gekürzt; letzter abschnitt ergänzt.]

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