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System Engineer
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Vielen Dank für den guten Tag!

Es war wirklich interessant und hat mir gut gezeigt wieviel Arbeit in einem solchen Artikel steckt. Es passiert enorm viel während der Verhandlung.
Man hat zwar einen Teil der Informationen noch schriftlich aber das hilft nur bedingt.

Auch die Diskussionen mit den Mitverleger:innen habe ich sehr genossen.
War wirklich eine sehr angenehme Atmosphäre.

Im Bezug auf den Fall, was im Artikel nicht vorkam und ich erwähnt hätte.
Die Vorinstanz sprach den Beschuldigten in vielen Dingen frei, weil es der normale Umgangston in der Beziehung sei.
Wir reden hier von Drohung im Sinne von “I box di abe wenn nid use chunsch”.
Die Staatsanwältin war damit nicht einverstanden weil sie fand es könne ja nicht sein, dass Gewalt keine Gewalt mehr ist bloss weil man sie häufig genug erfahren hat.
Fand ich einen sehr legitimen Punkt.
Ich weiss natürlich, dass es bei diesem Artikel auch noch um den Besuch geht und nicht für alles Platz ist. Spannend finde ich es weil es etwas aufzeigt wie unterschiedlich man über den Fall schreiben könnte.

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Brigitte Hürlimann
Gerichtsreporterin
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Lieber A. Z., das ist eine richtige und wichtige Feststellung. Ein Bericht über eine Gerichtsverhandlung ist immer nur eine Auswahl von dessen, was geschehen ist und gesagt wurde, er gibt nie das ganze Bild wieder. Die Journalistin trifft eine Auswahl. Auch wenn der Text doppelt so lange gewesen wäre und auch ohne die Kommentare der Verleger:innen hätten immer noch einzelne Themenbereiche gefehlt. Darum ist es so wichtig, dass die Leute hin und wieder in den Gerichtssaal sitzen und direkt erfahren, was da alles so abläuft. Danke fürs Mitkommen und fürs Mitdebattieren!

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Neugierig
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Spannend, vor allem die Diskussion über Reue am Schluss. Das könnte ein anderes Mal noch tiefer beleuchtet werden. Es fühlt sich irgendwie nicht richtig an, das Reue eine so grosse Rolle spielen kann, obwohl Reue enorm unschaft ist. Andererseits: Gerechtigkeit ist ja auch schwer zu fassen. Wenn alle StraftäterInnen nach objektiven Regeln bestraft werden, ist das auch nicht unbedingt gerecht. Macht schon einen Unterschied, wenn die eine nochmal genau das gleiche machen würde und der andere es aufrichtig bereut.

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System Engineer
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Mir hat vorallem dieser Kommentar zu denken gegeben:

«Wenn man schuldig gesprochen wird, obwohl man unschuldig ist, kann man keine Reue zeigen.»

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Andererseits:

Interessant und vielleicht auch ungewöhnlich an diesem Fall ist: Der junge Mann gibt fast alles zu.

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Kann jemand mit Ahnung bestätigen, dass Reue beim Strafmass wirklich eine Rolle spielt? Iirc haben wir das im Studium noch so gelernt, dass Reue eben genau nicht berücksichtigt werden soll. Erstens wegen dem oben genannten Zitat, aber auch weil man nicht gezwungen werden darf, sich selbst zu belasten, zB indem man gesteht um eine mildere Strafe zu erhalten (und Reue ohne Geständnis geht ja nicht).

Was mich auch wundert, ist, wieso der Angeklagte einen ganzen Monat in Uhaft musste. War das wirklich Nötig?

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Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung kann im Rahmen der Täterkomponente hartnäckiges (entgegen der objektiven Beweislage) Bestreiten auf fehlende Einsicht und Reue hinweisen, was straferhöhend gewertet werden darf (vgl. Urteil BGer 6B_1028/2019, E. 3.3.3 mit weiteren Verweisen). „Normales“ Bestreiten darf einem Beschuldigten nicht zur Last gelegt werden, aber ein gänzliches Verleugen der Tat entgegen aller Beweise kann sich durchaus negativ auswirken.

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Brigitte Hürlimann
Gerichtsreporterin
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Er war über drei Monate in U-Haft, in zwei Tranchen.

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ehem. Fachrichter im Nebenamt
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Man könnte dies auch Beugehaft nennen.

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blauäugige Bürgerin
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Spannend! Wo findet man denn heraus, wann was für Prozesse angesetzt sind?

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Brigitte Hürlimann
Gerichtsreporterin
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Was den Kanton Zürich betrifft, hier: https://www.gerichte-zh.ch Unter dem Stichwort "Verhandlungen". Fast jeder Kanton kennt solche Online-Verhandlungslisten.

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blauäugige Bürgerin
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Danke!

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«Reue hat im Straf­prozess nichts zu suchen. Das ist super­moralisch. Es genügt doch, dass jemand bestraft wird.»

Ich bin da anderer Ansicht. Bei der Rechtssprechung gibt es viele Aspekte und Bestrafung ist sicher einer davon, aber wahre Reue als Zeichen davon, dass einem seine Übertretung des sozialen Kontraktes Leid tut und unangenehm ist (und es deshalb auch nicht mehr wieder tun wird), hat meines Erachtens schon einen gewissen Stellenwert.

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ehem. Fachrichter im Nebenamt
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· editiert

Der Bericht über den Besuch einer Gerichtsverhandlung zeigt nur einen einseitigen, eingeschränkten Blick auf ein kleiner Teil eines ganzen Gerichtsverfahren. Es ist nur der Schlussakkord eines ganzen Musikstückes und wird dem gesamten Musikstück in keiner Weise gerecht. Es blendet die Realität sowie das gesamte vorgängige (aber entscheidende) Verfahren komplett aus. Die Berichterstattungen „am Gericht“, vorliegend über eine Gerichtsverhandlung, nur über einen Schlussakkord, suggerieren eine gerechte, korrekte und unparteiische Gerichtsbarkeit.

Die Realität ist anders:

Angefangen bei der Staatsanwaltschaft; sie ist einseitig Partei, nicht neutral und unabhängig. Sie ist einerseits untersuchende Partei, damit mit sehr vielen Vorteilen, Machtbefugnisse sowie Zeit und grossen (vom Steuerzahler bezahlten) Mitteln ausgestattet. Die Staatsanwaltschaften ermitteln ergebnis-orientiert (!), zielorientiert. Sie setzen sich Ziele aufgrund ihren vorgefassten Annahmen, ihren persönlichen Meinungen und Ansichten. Man kann auch von einseitig vorgefassten Zielen und von Vorurteilen sprechen. Dabei werden ihnen nicht genehme Erkenntnisse bagatellisiert oder gar ausgeblendet und gar nicht erst untersucht. Im Klartext: Staatsanwälte werden sich dabei nicht selber Steine in den Weg legen, denn das (persönliche) Ziel von Staatsanwälten ist es, bei Gerichtsprozessen zu obsiegen.
Danach ist die Staatsanwaltschaft aber selber anklage-erhebende Partei; also in einem Gerichtsverfahren einseitig Partei. Eine Unabhängigkeit, eine Neutralität und Objektivität ist nicht gegeben. Dazu kommt die enge Zusammenarbeit der Staatsanwaltschaften mit den Gerichten, man kennt sich persönlich, ist vielfach per DU, ist auch strukturell und baulich eng verflochten. Man muss hier von Filz und Sumpf sprechen. Hinzu kommt, dass sich Juristen-Berufskollegen nie gegenseitig kritisieren oder deren Handeln gar hinterfragen.

Ein weiteres Beispiel ist das (verfassungswidrige) Ermächtigungsverfahren. Hier muss die Staatsanwalt bei ihrer Aufsichtsinstanz (Obergericht) untertänigst anfragen, ob sie überhaupt eine Untersuchung von Straftatbeständen (Offizialdelikte) aufnehmen darf, selbst wenn es sich um Offizialdelikte handelt, bei denen verfassungsgemäss eine Untersuchung zwingend erforderlich ist. Das Obergericht (Juristen-Berufskollegen) wiederum entscheidet „aus dem hohlen Bauch“, ohne inhaltliche Kenntnis der beanzeigten Straftatbestände zu haben (es ist ja noch gar keine Untersuchung erfolgt). In aller Regel wird dabei eine Untersuchung der begangenen Straftaten der Juristen-Berufskollegen und von Staatsbediensteten verweigert. Es herrscht die Mentalität: Man tritt sich gegenseitig nicht auf die Füsse. Missbräuche werden unter dem Deckel gehalten.

Ich war während zweier Amtsperioden (12 Jahre) gewählter Fachrichter im Nebenamt an einem Gericht. Dies hat mir vertieften Einblick in das "Funktionieren" der schweizerischen Gerichtsbarkeit erlaubt. Mit sehr erschreckender Erkenntnis. Es ist kaum zu glauben, was da an Gerichten geschummelt, unterschlagen, vertuscht, gelogen und bevorzugt/diskreditiert wird. Nicht etwa (nur) von Kläger und Angeklagten, sondern aktenkundig und gezielt von Gerichtsmitarbeiter'innen, Juristen'innen und Richter'innen. Ein inzwischen pensionierte Gerichtsvizepräsident sagte einmal locker mir gegenüber: „Vergiss eine Gerechtigkeit, die Gerichte sind ein orientalischer Bazar“. Da wird auch locker von Gerichtsmitarbeiter'innen einseitig mit Juristen-Berufskollegen und mit Verwaltungen telefoniert, eMail’s ausgetauscht, gegenseitig Akten, Unterlagen und Informationen eingeholt (ohne die Privatpartei zu orientieren). Den angeklagten Privatpersonen wird hingegen (aktenkundig) die Akteneinsicht verwehrt, trotz z.B. mehrfachen schriftlichen Akteneinsichtsbegehren. Da liessen sich Richter'innen auch schon mal von Juristen-Berufskollegen der einen Verfahrenspartei einen fertig ausformulierten Gerichtsentscheid einreichen (ohne die Gegenpartei zu orientieren). Mir liegen Akten vor, wonach eine Richterin eine eingereichte Parteiakte eigenhändig abgeändert hatte, weil ihr der Inhalt nicht genehm war und eine Verwaltung dadurch ins Unrecht geraten wäre. Ein eingereichtes Expertengutachten und eine Parteieingabe, das den Vorurteilen einer anderen Richterin zuwiderlaufen, wurden von dieser vorsätzlich unterschlagen. Befangenheitsklagen gegen einen persönlich (!) mit einer Partei verbandelten Gerichtspräsidenten werden von diesem selber eigenhändig unter den Tisch gewischt. Derselbe Gerichtspräsident gelangte an seinen Parteifreund am übergeordneten Gericht und zog sein eigenes, von ihm als Gerichtspräsident verfasstes Urteil selber an das nächst höhere Gericht weiter; nicht etwa einer der beiden Verfahrensparteien! Die beiden Verfahrensparteien selber wurden darüber nicht orientiert, sie wussten gar nicht, dass sie offenbar Verfahrenspartei an diesem nächsthöheren Gericht waren, noch hatten sie entsprechend Gelegenheit, sich zu äussern.
Und, und, und...

Hier muss die Presse gemäss ihrem Credo nach unabhängiger, kritischer Berichterstattung und „den Mächtigen auf die Finger schauen“ genauer hinschauen und investigativ nachforschen. Über Motorradunfälle auf der Hulftegg oder über überheblich blabbernde Hilfspolizisten zu schreiben, ist billiger „Zwölfte-Seite-Unglücksfälle und Verbrechen“-Journalismus. Eine wohlfeilschreibende Gerichtsberichtserstattung entspricht nicht einer unabhängigen, seriösen Presse.

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Spielt die Parteizugehörigkeit des Richters eine Rolle? Ich sehe nach und mich bestätigt. Dass die persönlichen moralischen Vorstellungen die Wahrnehmung beeinflussen, ist wohl kaum zu vermeiden. Was könnte dagegen helfen. Vielleicht die Anklage eines rechten Staatsanwalts durch einen linken Richter beurteilen zu lassen und umgekehrt? Aber noch etwas: Wer politische Machtinteressen und persönliche moralische Urteile höher gewichtet als rechtsstaatliche Prinzipien, hat im judikativen System nichts verloren.

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