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Eine kleine, aber lang andauernde Szene in einem Fünf-Personen-Stück:
Eine Frau überquert mit ihrer kleinen Tochter die Strasse. Sie wird von einem Autofahrer mit voller Absicht umgefahren. Die Tochter schreit, denn sie muss zusehen, wie ihre Mutter verblutet. Ein Mann steht mit seinem kleinen Sohn am Strassenrand. Nachdem er gesehen hat, was gerade geschehen ist, geht er in die nächtse Apotheke und kauft sich einen Erste-Hilfe-Koffer, den er von nun an immer mit sich tragen will, denn man weiss ja nie, was geschehen könnte. Sein Sohn träumt davon, mit Legosteinen einen Schirm zu bauen, mit dem man jedes Auto stoppen und jeden Fahrer schachmatt setzen kann.

Ich wünsche Frau Maljartschuk und ihren Landsleuten alles Gute: viel Kraft, viel Ausdauer, viel Weisheit, viel Mut und alle Hilfe, die sie benötigen, um diesen schrecklichen Wahnsinn endlich und dauerhaft zu stoppen.

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Sehr guter Beitrag! Mit diesem Text kann man auch weitab des Geschehens die Stimmung, das Leid, aber auch die Hoffnung spüren. Ganz ganz herzlichen Dank!

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Ich staune, dass es Republik-Lesende gibt, die Frau Maljartschuk und ihren Landsleuten nicht alles Gute wünschen, oder schütten sie aus Faulheit das Kind mit dem Bade aus?

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Was für ein tief auslotendes und zum Nachdenken aufrüttelndes Interview, im besten Sinne. Herzlichen Dank dafür.
Hoffnung zu hegen, ist eine Haltung.

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Journalist und Autor
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Ich war zweimal in der Ukraine, das letzte Mal im September 2021, als ich einen Monat in Kyiv und in Charkiw verbrachte. Ich habe mich in diese Städte und dieses Land verliebt und war erschüttert festzustellen, wie wenig wir in Westeuropa darüber wissen und davon wertschätzen. Dass durch den Krieg das Interesse für Osteuropa wächst, ist ein bitterer Hoffnungsschimmer. Bitter, weil es dazu eines Krieges bedurfte. Hoffnungsvoll, weil dieser Krieg nicht nur auf dem Schlachtfeld stattfindet. Er ist auch in unseren Köpfen präsent und fordert uns dazu auf, wach zu werden für das, was uns wichtig ist — Wahrheit oder Lüge, Leben oder Zerstörung.

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Lernende im Umgang mit Realitäten
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Genau, wir sind unter der Schweizer Bevölkerung privilegiert, dass wir solche Einsichten suchen und finden können. Dieses Wachrütteln - danke Republik! - jetzt weitergeben, einen Ripple-Effekt auslösen, im Quartier, am Arbeitsplatz, in den Medien, jetzt können wir vielleicht noch etwas ausrichten.

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Danke! Diese beeindruckende Frau und Schriftstellerin schafft Hoffnung, in den Worten von Frau Maljartschuk 'wahrhaftige Hoffnung'. Die Solidaritätskundgebung auf dem Berner Bundesplatz heute atmete auch diesen Geist. Putin darf diesen Krieg niemals gewinnen und wir müssen unseren Beitrag dazu leisten.

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(durch User zurückgezogen)
(durch User zurückgezogen)

Sprache ermöglicht solche Interviews. Dafür bin ich sehr dankbar.

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Politologin
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Danke

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Verena Goanna •in :)) Rothen
fotografie, texte, webpubl&lektorin
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· editiert

Daß das weiche Wasser ... Du verstehst, das Harte unterliegt.

In der Einsicht, welche enorme Kraft Gedanken und Bilder in unseren Köpfen haben, bestärkt mich dieser heutige, unheimlich zerrissene, und doch wunderbare Text sehr darin, dass wir dringendst kleinflächiger denken müssen, damit das kleingestalte, vielfältige eine echte Chance bekommen kann. Habe seit paar wenigen Jahren das Gefühl, physisch zwar noch schlechter, innerlich aber plötzlich viel viel schärfer und klarer zu sehen.

Genau das gleiche löst auch die Aussage aus, wo Tetiana Tania Volodymyrivna Maliarchuk (musste nachschauen, mir gefällt diese ganze Namenskette so gut, dass ich sie hier reinkopiere) davon spricht, dass die einzelnen, kurzzeitig sowjwtischen Staaten in unseren westlichen Köpfen noch immer keine eigenen Konturen, keine eigene Geschichte – und Literatur {Musik, Tanz, Kunst, Kultur} – noch immer kein eigenes Gesicht haben.
Genau das ist es!

(Und apropos: die Sowjetunion, das war auch nur ein Fliegenschiss in der Geschichte des Planeten, mehr noch des Universums, aber auch in unseren eigenen Dimensionen: noch nicht mal was überlebt? Siebzig Jahre ungefähr? – Da lacht doch jede (Schild)Kröte drüber, höre grad das schwarze heisere Kichern von Lonely George.)

Das ist genau das, was diese outdated kgb-Renitenz, den Krieg, in unseren Köpfen stärkt, anstatt mit einer vielgestalten, farbigen, ganz konkret dezentralen Landkarte im Kopf all die Eigenständigkeiten und Eigenarten, die Stärken der grossen östlichen Vielfalt zu sehen und diesen allen damit auch unsere Energie zu geben.

Bei der Ukraine findet genau das, jedenfalls, soweit ich das wahrnehmen kann, gerade ein allererstes Mal wirklich statt. Schon nur die Nationalfarben, welche schlicht leuchten: Sind das nicht die reifen gelben Weizenfelder mit dem blauen Spätsommerhimmel darüber? So habe ich es mir gemerkt, um nicht immer wieder das Blau unten zu sehen und das Gelb oben drüber.

Was jedoch weiss ich über Tschetschenien, Georgien, übrigens auch Syrien, Armenien, Asarbaidschan, weshalb reagiere ich innerlich die ganze Zeit schon so stark auf den Klang von Berg-Karabach? wo diese Kriege ja auch schon drüber geflutet wurden? Was wissen wir über die Literatur und Musik der ruhigeren Gebiete?

Nicht mal die Nationalfarben, ich persönlich. Ob wichtig oder nicht, so doch ein Teil der Dezentralisierung der Bilder in unseren Köpfen.

Aber immerhin jetzt von der Ukraine, und schon einiges mehr.

Die Bibliothek ist eine wundervolle Idee! Und zumindest diese wird in jedem Fall den seit Langem überall auf der Welt schon kriegswütenden Rückwärtsgewandten Pupupuh überleben. Lange lange lange überleben.

Ich glaube, wir müssen wirklich endlich umformulieren:

Nicht überlegen und festlegen, wer nicht gewinnen darf, da ist noch kein Resultat, keine Zukunft drin, sondern: wer und was gewinnen muss.

Hier konkret also schlicht: Die Ukraine muss diesen Krieg gewinnen.

Muss ihn gewinnen, das erst heisst dann auch: beenden können. Der EU beitreten.
Dann wird auch viel klarer, dass dieser Satz so noch nicht ausreicht.

Die Ukraine muss diesen Krieg gewinnen. Das erst wirft so viele Frage dann noch auf, vor allem aber:

WIE kann die Ukraine diesen Krieg gewinnen?
Wer kann was genau beitragen dazu?

Mein erster Vorsatz jetzt nach diesem Interview (neben einem alten Guetslirezept übersetzen und in die Ukraine schicken):

Weltkarte wieder hervorholen.
Und einfärben. Richtig einfärben. Individuell und bunt. Über ganz Russland Pflanzenbilder verteilen, bis sonst nix mehr zu sehen ist davon ... Dann Zettel auf die übrigen Flächen pinnen mit wichtigen Werken grosser Künstlerinnen drauf. Mit den aktuellen Namen, die mir schon begegnet sind. Weitere suchen. Auch im Kornhaus (unserer Bibliothek) die Werke dazu.

Da mir diese selben afrikanischen Bücher die letzten Jahre wichtige Begleiterinnen waren, die Tetiana Tania Volodymyrivna Maliarchuk auch nennt (da hats mit dem schärferen Blick wohl angefangen bei mir), die ihr offenbar momentan Kraft geben, fange ich mit den aufgepinnten Zettelchen dann wohl verstreut über den afrikanischen Kontinent an, neben den Schriftstellerinnen auf der gelbblauen Ukraine.

Erkenntnis: Dezentral denken und sehen werde ich ganz bewusst üben, ganz konkret: ganz visuell.

Das hilft nicht nur der Politik, der Selbstbestimmung von Menschen, es hilft auch unserem Planeten, der Erde mit ihren Hitzewallungen und Entzündungen aka Bränden, das hilft auch, dringend, der dezentralen Energiegewinnung, der Ökologie, den einzelnen Flecken örtlich angepasster Pflanzengesellschaften; es hilft ganz grundlegend, endlich im Puzzle zu denken, das das Leben ja einfach ist.

Pun not intended, aber wie meist, wenn diese sich von selber einschleichen, gar nicht so schlecht platziert hier.

Hätte nie gedacht, dass dieser Tag, Jahrestag des Überfalls, so viel Energie und nicht nur schwarz und schwärzere, sondern auch energiegeladene Gedanken auslösen könnte. So viel Erkenntnis. Danke an die Autorin und neuerdings also Bibliothekarin und Rednerin, danke an den Interviewer! Wie heissts im Lao Tse auf dem Weg in die Emigration: denn es sei dem Zöllner auch gedankt, er hat sie { die Verse, die Erkenntnis } ihm abverlangt.

Fragte noch: Hat er was rausgekriegt?
Sprach der Knabe: Daß das weiche Wasser in Bewegung
Mit der Zeit den mächtgen Stein besiegt.
Du verstehst, das Harte unterliegt.

(Weshalb ich da eine deutsch-ungarische Übersetzung erwischt habe, weiss wohl nur die Matrix meiner Suchmaschine, aber jedenfalls sind hier die Worte, der Wörter alle):
https://www.babelmatrix.org/works/d…gration/hu

(edit: ziemlich rumbasteln müssen an dem beitrag hier, lasse jetzt mal so.)

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Diesen Satz fand ich besonders eindrücklich:

Das Wichtigste ist, dass der Krieg endet, die Ukraine ihre Staatlichkeit behält und möglichst wenige Menschen noch sterben müssen. Das ist das Ziel, das ich im Blick habe, und alles andere hat für mich wenig Sinn.

Fast gleich hat es ein ukrainischer Drohnenjäger aus dem Freiwilligen-Korps im SRF-Rendez-vous vorgestern gesagt:

Die Arbeit als Verfassungsrichter hat er aufgegeben. Er habe sich für die Tätigkeit entschieden, die wichtiger sei. Denn ein Verfassungsgericht gebe es nur in einem existierenden Staat. Diesen Staat und dessen Unabhängigkeit zu verteidigen, das gelte es weiterhin.

Eine Erinnerung daran, funktionierende staatliche Strukturen auch mal wieder wertzuschätzen, bevor sie kurz vor dem Kollaps stehen.

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Hoffnung ist kein Gefühl, sondern eine ethische Praxis, die man üben muss.

Danke Tanja Maljartschuk! Danke auch D. Graf für den Link!

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Diesen Dank möchte ich mir gerne anschliessen.

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Ich möchte Ihnen allen sehr herzlich fürs Lesen und die vielen weiterführenden Gedanken hier im Dialog danken!

Einen Hinweis würde ich gerne noch ergänzen: Heute fand im Literaturhaus Zürich die im Text erwähnte Veranstaltung mit Tanja Maljartschuk und Jurko Prochasko statt – ein, wie ich finde, sehr beeindruckendes und intensives Gespräch. Wie viele Veranstaltungen im Rahmen der «Tage internationaler Literatur» ist auch dieses von Sylvia Sasse moderierte Podium aufgenommen worden, man kann es unter diesem Link auch nachträglich noch sehen und hören.

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Vielen Dank für das grossartige Interview und auch für den Link auf die Tage der internationalen Literatur.

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Theologe
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Ich bleibe beim Vertrauen in Sprache und bei der Wirksamkeit von Sprache hängen.

Erschüttertes Sprachvertrauen zwingt uns kreativ zu werden, neue Sprache und neue Sprechformen zu kreieren.
Ich hadere gerade mit vielen unserer konventionellen Sprechformen wie Predigt, Vortrag, Vorlesung etc.
Das sind Formen von Einweg-Kommunikation, die im Kern Machtausübung sind. Der Übergang zu Gewalt kann von da fliessend sein.
Im Kopf der Redenden sind die Zuhörenden oft höchstens als Imagination vorhanden.

Anders erlebe ich neue und experimentelle Formen von Dialog mit Zuhörenden, die auch das Wort ergreifen können oder sich schriftlich in das Sprachgeschehen einbringen und den Redefluss auch mal stoppen. Da gehe ich sogar als Hauptredner nie leer nach Hause.

Ohne aktive Partizipation von Zuhörenden bewirkt Sprache ab einer bestimmten Umfang bei Hörenden vor allem Staunen darüber, dass jemand das so wunderbar ausdrücken kann.
Manchmal geht auch etwas vom vielen Gesagten in Resonanz mit einer persönlichen Erfahrung. Dann hallt das noch eine Weile nach und bewirkt vielleicht eine Mini-Änderung in einem einzelnen Leben.

Das ist auch mein Frust zur Wirksamkeit von Sprache und guten Gedanken. Aber ich stelle fest, wie Sprache, auch angelesene und gehörte, meine Wahrnehmung und meine eigene Sprachproduktion und Sprechhaltung ändert. Und das verändert mein Auftreten und meine spontane Sprachproduktion in konkreten Begegnungen. Wenn ich mit jemandem im Gespräch nach Sinn und gemeinsamer Einsicht ringe, kann ich mich präziser und kreativer auf das Gegenüber einstellen.

Das ist halt nicht skalierbar und bewegt keine Massen. Aber Sprache ist wie vieles im Leben in dieser Welt etwas, was wir gemeinschaftlich tun und weiterentwickeln.
Top-down funktioniert auf lange Sicht nicht. Propaganda höhlt sich irgendwann selbst aus.
Hoffentlich.

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Ist Ihr Kommentar eine direkte und beseelte Reaktion auf den Text von Frau Maljartschuk oder ist er eine Online-Predigt eines zweifelnden und privilegierten Theologen?

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Theologe
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Vielleicht beides. Wie meinen Sie „privilegiert“? Fernab vom Krieg? In einem Studierzimmer, das nicht in Trümmern liegt? Mit Kindern, die noch nicht zu Grabe getragen werden müssen?

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Ich bin eben erst dazu gekommen, mir dieses Interview anzuhören. Ich bin beeindruckt über die Klarsichtigkeit und Aufrichtigkeit von Frau Maljartschuk, über ihr Mit-Leiden, über ihre genaue Sprache am Rande der Sprachlosigkeit angesichts dieses unermesslichen Leides, das Putin über ihr Land gebracht hat. Und ich bin erschüttert über die weit verbreitete träge Gleichgültigkeit hierzulande, wo so viele Menschen nicht wahrhaben wollen, um was es in der Ukraine wirklich geht und wo es Menschen gibt, die in ihrer Naivität oder ihrer korrupten und destruktiven Haltung den Verbrecher im Kreml noch bewundern können.
Ich denke, Frau Maljartschuk bringt es auf die Frage: «Was braucht es, damit Hoffnung keine Lüge ist?» auf den Punkt:
«Wahrhaftig bleiben. Auch wenn das manchmal sehr schwer ist. Das russische Regime will die Wahrheit zersetzen. Es zersetzt alle möglichen Werte, es kennt keine Ideen und keine Bilder der Zukunft. Es geht nur darum, die Idee der Wahrheit zunichte zumachen. Seine Devise lautet: Es gibt nichts, wofür es sich zu kämpfen lohnt, es gibt keine Wahrheit, es gibt keine Freiheit. Aber wenn wir all unsere Werte und alle unsere Wahrheiten verlieren, dann sind wir auch keine Menschen mehr. Dann hat es wirklich keinen Sinn mehr, für etwas zu kämpfen. Es geht also darum, wahrhaftig zu bleiben, vernünftig und nahe an der Realität. Und darum, nicht mit den Vorstellungen von gestern ins Morgen zu gehen.».
Mögen möglichst viele Menschen diese Worte verinnerlichen.
Danke an Daniel Graf für dieses Interview.

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Vielleicht hängen noch Andere hier der Frage nach, ob es weitere Städte-Namen gibt, die nach Schriftsteller:innen benannt wurden. Folgender Auszug von Städten entstammt einer Abfrage aus den Daten von Wikidata, laut diesen Daten ist:

Dieser Link führt zu einer Karte mit insgesamt ca. 25 nach Dichtern benannten Städten. Diese wird aus den auf Wikidata gesammelten Fakten erstellt. Dabei werden nur Städte angezeigt die nach Personen benannt wurden und diese Person in Wikidata mit der Eigenschaft Dichter hinterlegt ist. Diese Verknüpfung ist teilweise nicht korrekt eingetragen oder nicht nachvollziehbar, da keine Quelle angegeben ist. Wikidata ist wie auch Wikipedia ein offenes System, Daten können durch jede Person geändert werden. Die Umstände bzw. eine Quelle darauf, warum eine Stadt nach einer Person benannt wurde sind oft auch nicht hinterlegt.

Vielleicht hilft der Kommentar jemand als Einstieg in eine eigene Recherche.


Trotzdem noch vielen Dank für das Interview, die Gedanken zu Hoffnung und auch die Verbindungen und Verweise zur Literatur der Post- bzw. Dekolonialisierung.

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