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Solche Beiträge helfen sehr, aus dem polarisierenden Schwarz-Weiss-Denken, in das wir immer wieder geraten, herauszufinden und vermehrt auf die Grautöne zu achten.
Freiheit und Demokratie sind Idealzustände, die wir immer nur anstreben können. Und sie sind alles andere als selbstverständlich, wenn wir die Geschichte und vor allem auch die dramatische Gegenwart bedenken.
Ich würde es sehr begrüssen, wenn auf ähnliche Weise die Entwicklung der Freiheit in den anderen osteuropäischen Ländern aufgezeigt werden könnte.
Und schliesslich: auch wenn die Schweiz in diesem Index gut dasteht, so wäre es interessant, unser Land in einem differenzierteren Index abgebildet zu sehen. Ich denke, der Einfluss unserer Oligarchen und überhaupt der Wirtschaft und Finanzindustrie auf unsere Demokratie, die Intransparenz bei Parteienfinanzierungen und Einflussnahme auf das Parlament und das Bankgeheimnis – um nur einige Punkte zu nennen – müssten da doch zu etlichen Abstrichen auf der Skala führen.

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Dazu vielleicht teilweise diese interaktiven Karten?
https://freedomhouse.org/explore-th…&year=2022

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Spannend. 2021 erreichte die Schweiz 96 von 100 Punkten. Sie erhielt Punktabzug für:

  • das restriktive und umständliche Einbürgerungsverfahren, das einen Viertel der ständigen Wohnbevölkerung von politischer Teilnahme ausschliesst

  • gesellschaftliche und rechtliche Diskrimierung von Muslimen (Minarett-Initiative, Burkaverbot)

  • gesellschaftliche Diskriminierung von Ausländern (Roma, "Asylanten", ...)

  • reduzierte ökonomische Chancengleichheit für Migranten

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Wikipedia definiert Oligarchen als "Grossunternehmer, die durch Korruption auch politische Macht über ein Land oder eine Region erlangt haben."

(Der Duden ist da ein bisschen kruder resp. antiquarischer und definiert Oligarchen im wörtlichen Sinne als "männliche Personen, die mit wenigen anderen zusammen eine Herrschaft ausüben.")

Wenn Sie den Begriff Oligarch in Ihrem Beitrag schon erwähnen, Herr Kienholz, wäre ich Ihnen zu Dank verpflichtet, wenn Sie mir zwei Frage beantworten könnten:

a) welche Definition schwebt Ihnen vor?
b) welche Personen fallen Ihrer Meinung nach in der Schweiz unter diese Definition?

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Ich ergänze die Definition und die Charakterisierung gemäss Wikipedia:
„Mit der Verflechtung von Politik und Wirtschaft werden politische Entscheidungsprozesse intransparent und gehen häufig mit autokratischer Herrschaft und Schattenwirtschaft einher.1 [2] Demokratische und rechtsstaatliche Transformationsprozesse werden behindert.[3] Weitere Begriffe sind Wirtschaftsmagnat, Plutokrat oder Tycoon, die häufig synonym verwendet werden und in Gesellschaften mit Repräsentativer Demokratie gebräuchlich sind.
Die These, dass Führungsgruppen auch in demokratischen Strukturen mit der Zeit zunehmend eigene Interessen verfolgen, wurde von dem Soziologen Gaetano Mosca, dem Politikwissenschaftler Ostrogorskii und dem Historiker Bryce vertreten und von dem Soziologen Robert Michels im "Ehernen Gesetz der Oligarchie" formuliert.[4]

Aus diesem Text ist ersichtlich, dass auch in demokratischen Strukturen Führungsgruppen (man könnte auch Familienclans anführen) mit populistischen Worthülsen ihre eigenen Machtinteressen verfolgen. Beispiele liegen auch in unserem Land auf der Hand.

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Ich schreibe diesen Kommentar als Polin, die seit 2011 im Ausland lebt. Meine ganze Familie ist immer noch in Polen. Ich bin auch keine PiS-Wählerin, finde das durch die Hintertür eingeführte Abtreibungsverbot schrecklich und mir ist bewusst, dass aktuell vieles im Land aus dem Ruder läuft.

Trotzdem.

Was in dem Artikel präsentiert wird, sind Zahlen, mit welchen versucht wird, die Realität abzubilden. Dass nicht alle Aspekte abgebildet werden können, ist verständlich. Dies wird jedoch im Artikel meiner Meinung nach zu wenig hervorgehoben. Ich glaube, dass es falsch ist, die Wahlen von 2015 in Polen als Bruch darzustellen. Es fördert ein schwarz-weisses Bild, welches ich als schädlich empfinde. Die Demokratie ist in gewisser Weise ein Kampf und es ist meiner Meinung nach nicht hilfreich die einen als die Bösen (PiS und Kaczyński) und die anderen als die guten (PO und Donald Tusk) abzustempeln. Dass Polen sich jetzt in einer Demokratiekrise befindet hat seine Wurzeln weit vor den Wahlen 2015.

Es tut mir immer noch leid zu sehen, wie einseitig die Berichtserstattung über die Wahlen 2015 und die PiS-Regierung ist. Es wird nie über die Gründe für diesen Wechsel gesprochen oder geschrieben. Als ob Polen und die Polinnen so dumm sind, dass sie nicht "korrekt" wählen können.

  1. Die Tatsache ist, dass die frühere liberale Regierung die Wirtschaftskrise 2009 dazu genutzt hat, die Arbeitnehmerrechte stark zu reduzieren. Dies obwohl Polen als eine der wenigen Länder sehr glimpfig durch die Wirtschaftskrise gegangen ist. So war es, dass sehr viele, vor allem junge Menschen auf Basis der Werkverträge d. h. immer befristet, ohne Anspruch auf bezahlten Urlaub, bezahle Krankheitstage und auch eine künftige Rente arbeiten. Dies betrifft nicht nur Berufe wie Grafikdesigner aber auch z. B. Putzfrauen, Verkäufer, etc.

  2. Kurz vor den Wahlen sind geheime Aufzeichnungen aufgetaucht, die verschiedene verbotene Geheimabschprachen, Korruption, aber auch die sehr abschätzige Meinung der damals regierenden Partei (PO mit Donald Tusk) über die Leute, die Opfer ihrer Politik sind, offengelegt haben. Sinngemäss: " Für 6'000 zł zu arbeiten... das ist unmöglich... So arbeiten nut Diebe oder Idioten." (Median Lohn in Polen 2015 betrug ca. 1'400 zł. pro Monat) .

  3. Weiter ist es auch so, dass in Polen nach der Wende keine Abrechnung mit den mittragenden des früheren Systems stattgefunden hat. So waren die wichtigen Posten (auch bei den Gerichten) durch die gleichen Personen besetzt, die noch die Mitglieder der Solidarność verurteilt haben oder eben haben die Militärangehörige aus dieser Zeit eine sehr privilegierte Rente erhalten (das vielfache der minimalen Rente). Dies ist einer der Gründe, warum die fraglichen Justitzreformen in Polen mit wenig Kritik hingenommen werden.

  4. Es ist auch anzumerken, dass die Diskussion über die Wahl der Verfassungsrichter durch das Vorwählen der Richter kurz vor den Wahlen durch die PO Mehrheit ausgelöst worden ist. Diese Tatsachen bleibt in der Berichterstattung meist unerwähnt.

  5. Nach den Wahlen haben viele gegen die neue (demokratisch gewählte) Regierung protestiert, da sie den Profiteuren des vorigen Systems nicht passte. Auch die Berichterstattung in der Presse kann zu dieser Zeit nicht als unabhängig gewertet werden. Seitdem muss man in Polen mindestes zwei Zeitungen lesen (eine regierungsfreudliche und eine regierungsfeindliche) um sich selber Meinung zu bilden. (Dies ist in anderen Ländern auch empfehlenswert.)

Ich bin überzeugt, dass der Freiheitsgeist in Polen gross ist, und dass die Nation ihren Weg zu einer stabilen Demokratie findet.

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Vielen Dank für diese differenzierte Sicht. Machtspiele und Korruption in all ihren Facetten stellen sicher in allen politischen Bewegungen ein grosses Problem dar. Die Tatsache, dass die konservativ-reaktionären Kräfte nicht nur in Polen, sondern in allen Gesellschaften inklusive in unserem Land eine ausgeprägte Tendenz zu Autoritarismus und Illiberalismus bis hin zu rechtsextremen Programmen aufweisen, darf aber als Gefahr nicht unterschätzt werden.

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Polin
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· editiert

Vielen Dank für Ihre Antwort.
Es war nicht mein Ziel die Gefahren zu relativieren bzw. zu unterschätzen.
Ich finde es aber trotzdem stossend, dass man in den westlichen Medien die PO-Regierung (bis 2015) als "lupenreinen Demokraten" bezeichnet. Es ist diese nicht-inklusive koruptte "demokratische" Regierung, deren Politik viele Bürger in präkere Lebensumstände geschoben hat und die den Weg fürs Abdrifften in Illiberalismus und Autokratie vorbereitet hat.
Dies soll auch klar gesagt werden.

Edit: Gramatik

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Theologin/Pfarreiseelsorgerin
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· editiert

Gerade durch die Einbettung in konkrete historische Ereignisse wirklich irrsinnig spannend. Danke für diesen Beitrag!

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Leserin
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Einbettung in konkrete historische Ereignisse: die Ukraine sei 1922 eines der Gründungsmitglieder der Sowjetunion. Gründungsmitglied tönt nach Freiwilligkeit. Unter den gegebenen Umständen habe ich gestern auf Wikipedia die Geschichte der Ukraine nachgelesen, was ich nochmals mache: Da steht

Im Verlauf des sehr wechselvollen und blutigen Russischen Bürgerkriegs wurden die meisten Gebiete der Ukraine von der Roten Armee erobert und unter Leo Trotzki der Sowjetrussland angeschlossen. .... Als unter Josef Stalin seit 1929 die Landwirtschaft zwangsweise kollektiviert wurde, kam es in der Ukraine zu einer unter dem Namen Holodomor bekannten Hungersnot, die in der Ukraine nach neuesten Schätzungen ca. 3,5 Millionen Menschenleben forderte, mehr als in den anderen Gebieten der Sowjetunion zusammen ...

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In 1917-1927 war die Sowjetunion ein revolutionärer Proto-Staat, der den Völkern grosse Autonomie bot. Jedes anerkannte Volk erhielt eine autonome Sowjetrepublik mit Förderung der lokalen Sprache. Belarus war beispielsweise auch Jiddisch. Nach der totalen Machtübernahme durch Stalin veränderte sich das System ab 1927 in totale Autokratie und fast alle autonomen Sowjetrepubliken wurden wieder abgeschafft. 1929 kam der menschenverachtende erste 5-Jahres-Plan zum Zug.

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kritische Medienkonsumentin
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Ach wenn es nur so einfach wäre. Irgendein Thinktank gibt eine Note und dann wissen wir, wie gut oder schlecht ein Land, eine Demokratie sind. Schulnoten funktionieren schon nicht, dann soll es ein "Freiheits-Index"? Mir ist das alles zu vereinfachend, hier die Guten, hier der Böse. Ist die Wirklichkeit nicht viel komplexer?

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Lucia Herrmann
Community @ Republik
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Grüezi! Da haben Sie wohl etwas missverstanden. Ich verweise gerne auf den Beitrag von Thomas Preusse hier im Dialog, in dem er ausdrücklich schreibt:

In der Methodik von Freedom House geht es nicht darum die Schuldigen zu finden sondern zu dokumentieren wann sich die realen Umstände zugunsten oder zuungunsten der Demokratie und Freiheit verändert haben.

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(durch User zurückgezogen)

Die Nichtregierungsorganisation «Freedom House» finanzierte sich 2016 laut Wikipedia zu 86 Prozent durch Gelder der US-Regierung. Zu den Unterstützern gehörte nach derselben Quelle auch der britische Rüstungskonzern BAE Systems, 2018 der drittgrösste der Welt. Bei der Wahl der Geldgeber scheinen die Freiheitskriterien von «Freedom House» etwas in den Hintergrund zu rücken. Nochmals Wikipedia: «Seit 2004 wird gegen BAE Systems wegen möglicher illegaler Waffengeschäfte ermittelt. Der Konzern soll Schmiergelder an saudi-arabische Diplomaten, Politiker und Geschäftsleute gezahlt haben, um sich Rüstungsaufträge zu sichern. Nachdem die Ermittlungen im Dezember 2006 aus Gründen der nationalen Sicherheit teilweise eingestellt worden waren, wurden Vorwürfe laut, wonach dieses auf ausdrückliche Anweisung der Regierung geschehen sei. Im Juni 2007 wurden auch in den USA Ermittlungen gegen BAE Systems aufgenommen. Endgültige Ergebnisse stehen jedoch weiterhin aus.»
Dass z.B.Israel in der «Freedom-of-the-World-Länderliste 2020» als «frei» figuriert, scheint mir ein Hinweis darauf zu sein, dass der zur Anwendung kommende Freiheitsbegriff einige Lücken aufweist.

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Finde die USD 50 Tausend Spende vom Rüstungskonzern BAE Systems nicht besonders nennenswert. Freedom House erhielt 2021 USD 64 Millionen – 92% von der US-Regierung. T-Online, welches als Einzelnachweis auf Wikipedia für die Spende aufgeführt wird, liefert nicht mehr Kontext zu der Spende.

Obwohl die Organisation immer wie stärker von den «Federal Grants» finanziert wird, wird ab 2017 die USA schlechter bewertet und hat seit 2020 den Wert 2 auf der alten Skala – den gleichen wie Polen. Wäre sicher spannend mal die «Federal Grants» im Bereich Demokratieförderung der USA vertiefter anzuschauen aber wäre glaub ein Thema für sich.

Anyhow, fand folgende Kritik in der Washington Post spannend:
https://www.washingtonpost.com/news…en-biases/

Hier noch die Notiz von Freedom House zum Rating von Israel:

The numerical scores and status listed above do not reflect conditions in the Gaza Strip or the West Bank, which are examined in separate reports. Although the international community generally considers East Jerusalem to be part of the occupied West Bank, it may be mentioned in this report when specific conditions there directly affect or overlap with conditions in Israel proper. Prior to its 2011 edition, Freedom in the World featured one report for Israeli-occupied portions of the West Bank and Gaza Strip and another for Palestinian-administered portions. Freedom in the World reports assess the level of political rights and civil liberties in a given geographical area, regardless of whether they are affected by the state, nonstate actors, or foreign powers. Disputed territories are sometimes assessed separately if they meet certain criteria, including boundaries that are sufficiently stable to allow year-on-year comparisons. For more information, see the report methodology and FAQ.

Auf der alten Skala kommt Israel aktuell auf eine Bewertung von 2,5 – ist nur ganz knapp noch im freien Bereich. Aber das ist nicht das Thema dieses Artikel.

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Geopolitischer Analyst
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Herr Kienholz schreibt “Ich würde sehr begrüssen, wenn auf ähnliche Weise die Entwicklung der Freiheit in den anderen osteuropäischen Ländern aufgeizeigt werden könnte“.
Mein Vorschlag wäre, eine ähnliche Analyse für Mexiko,Kolumbien, Brasil als repräsentative lateinamerikanische Ländern zu unterbreiten, um die zu zentrierte europäische Sichtweise zu bereichern.
PS. Mexiko ist mein Heimatland, aber ich habe in Fribourg Jura und Betriebswirtschaft in St Gallen studiert.

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