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Danke für diesen sehr erhellenden Beitrag, der einem hilft, die äusserst beunruhigenden Entwicklungen weltweit und die Mechanismen der faschistischen Infiltration in unsere Gesellschaften etwas besser verstehen zu können.
Zu Punkt 1: „Die Theorien und Forderungen der Gegner werden gekapert.“ Wir erleben zur Zeit, wie die bürgerliche Mehrheit, die in unserem Land grüne Anliegen jahrzehntelang systematisch bekämpfte und nun, da die Zeiten sich so schnell geändert haben, dieselben Anliegen, soweit sie in der Wasserkraft und solaren Grossanlagen neue gewinnbringende Machtstrukturen ermöglichen, übernehmen und mit Notrecht (das zu Zeiten von Corona noch verteufelt wurde) und in rechtsstaatlichen Grauzonen durchsetzen wollen. Und die Grünen, die rechtsstaatliche Bedenken äussern und sich für Artenvielfalt und Naturschutz einsetzen, werden nun als zögernde und verhindernde Weicheier dargestellt.
Die andern Punkte werden von unseren Rechtspopulisten schon längstens in der täglichen Politik angewendet.
Und sie werden, fürchte ich, damit vermutlich Erfolg haben.

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Sie wollen aber hoffentlich nicht insinuieren, dass die sogenannten bürgerlichen Ideen-Kaperer (bürgerliche Mehrheit) den Postfaschisten zuzurechnen sind, denn der Umkehrschluss, dass Menschen, welche andere Ideen übernehmen, Postfaschisten sind, ist hoffentlich nicht nur für mich, sondern auch für Sie falsch. Ich möchte Sie in diesem Zusammenhang daran erinnern, dass ein Hotelier aus Brig, den Sie sicher kennen, ein starker Verfechter der grossen alpinen PV-Anlagen ist.

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Natürlich ist die Situation nicht schwarz-weiss. Natürlich gab es immer schon auch auf bürgerlicher Seite ausserhalb der SVP PolitikerInnen, die sich für „grüne“ Anliegen einsetzten. Und natürlich unterstützen auch viele PolitikerInnen aus linken Parteien, welche die Notwendigkeit von grossen Solaranlagen und auch den Ausbau der Wasserkraft einsehen, solche Entscheide. Sie bringen aber zu Recht die Problematik dieser Anlagen und des Vorgehens der Politik zur Sprache.
Inakzeptabel ist aus meiner Sicht, dass die bürgerlichen Parteien sich nun als die grossen Energiewender darstellen, nachdem sie jahrelang die Energiewende bekämpft haben, dass sie sich auf finanziell interessante Grossanlagen konzentrieren, kein Interesse an der Förderung dezentraler alternativer Energieanlagen zeigen, dass sie die Gelegenheit ergreifen, den lästigen Naturschutz möglichst auszuhebeln, und dass sie Einwände und Bedenken von linker Seite als Quengelei abqualifizieren.
Wenn Ideen übernommen werden, wäre es anständig, diese nicht als die eigenen zu deklarieren.

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Politologin
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Danke! Etwas vom besten was ich zu diesem Thema in den letzten Wochen gelesen habe. Genau zu dieser Pervertierung forsche ich, allerdings aus feministischer Perspektive. Dabei ist augenscheinlich wie auch post-koloniale Ansätze gekapert werden: dadurch erscheint der Feminismus plötzlich als Form neokolonialer Hegemonie, die autochthone Gesellschaften (so beschrieben von Putin) von innen zerstören soll und darum bekämpft werden muss. Wenn nötig auch mit einem „Präventivschlag“ gegen das Nachbarland das bereits vom Hegemon besessen ist. So argumentierte Putin gerade letzte Woche wieder auf der Valdai Konferenz. Danke also, dass Sie diese Dynamik für die breite Bevölkerung fassbar gemacht und die Alarmglocken geklingelt haben.

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Mensch
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Ein spannender, anspruchsvoller Beitrag, mit zahlreichen Aspekten. Doch betrachtet man rückwirkend die katastrophalen Folgen faschistischer Herrschaften für die Menschheit ist er ohne Zweifel von Bedeutung.

Punkt 1:
"Vor etwa vierzig Jahren gab der Neoliberalismus (Ronald Reagan und Margaret Thatcher) das Versprechen ab, durch Deregulierungen und Steuer-senkungen die Kluft zwischen arm und reich zu schliessen. Wenn die Reichen noch reicher werden, fällt auch etwas für die Armen ab. Der erste Teil hat sich erfüllt, die Reichen wurden noch reicher, der zweite Teil blieb aber auf der Strecke: Die Armen wurden noch ärmer."

In diesem Bereich würde ich ebenfalls die Globalisierung erwähnen, von der nur wenige profitiert haben, aber viele bis heute darunter leiden. "Corona sei Dank", dass wenigstens kurzfristig ein lokales Umdenken statt fand.

Ich bin unverändert der Meinung, dass sich die Stärke einer Gesellschaft aus ihrer Geschlossenheit ergibt. Nicht aus dem "durchschnittlichen Vermögen", welches die unglaubwürdige CS in der Schweiz jüngst mit 700 000 Dollar pro Kopf noch unglaubwürdiger errechnet hat. Armut ist die schlimmste Form von Unterdrückung, dass wusste bereits Gandi und die Briten sollten die Wahrheit dieser Erkenntnis später auch erkennen. Unfreiwillig.

Punkt 2:
"Jede Partei, die sich die Bekämpfung eines nicht näher benannten inneren Feindes auf die Fahne schreibt, sollte genauestens auf Faschismus hin geprüft werden. Auch die SVP, seit sie die Auns in Pro Schweiz umwandelte, um den inneren Feind zu bekämpfen. Jeder Faschismus kennt Erniedrigungen, die die Grenze zwischen Freund und Feind rituell markieren. Es gibt keinen Faschismus ohne Gewalt und Grausamkeit. Er folgt immer demselben Schema: Früher waren wir gross und mächtig, doch unsere Feinde haben sich gegen uns verschworen und uns erniedrigt. Jetzt zeigt sich die Gelegenheit, zu alter Grösse zurück­zufinden und Rache für die Schmach zu nehmen."

Die wählerstärkste Partei der Schweiz, die SVP, wird ideologisch von einem Milliardär und Schlossbesitzer geleitet. Herr Blocher bezeichnet sich selber als "Vertreter des Volkes" und sieht in all jenen, welche eine andere Meinung vertreten, wahlweise Vertreter der "Elite" oder bezeichnet sie der einfachheithalber als "Landesverräter". Für ihn ist die Schweiz der "Nabel der Welt" und die EU "Teufelswerk" - auch wenn man dort mit der EMS-Chemie viel Geld verdienen kann. Das IST Faschismus "a la Carte" in einer ziemlich reinen Form. Seine Anhänger jubeln Putin und Trump zu, beide sind ausgesprochene Anti-Demokraten und versuchen kaum daraus ein Geheimnis zu machen.

Fazit:
Ungerechtigkeiten waren und sind der Nährboden für den Aufstieg von Faschismus. Häufig (siehe die Geschichte) sind Wirtschaft sowie konservative Kräfte die Steigbügelhalter für faschistische Diktaturen. Leider wird sich an beidem nichts ändern, auch das beweist die Geschichte. Wenigstens wurde die britische Thatcher 2.0 (Truss) frühzeitig gestürzt. Auch Meloni wird sich in Italien nicht lange halten können. Protest als Programm reicht auf die Dauer nicht aus. Bolsonairo ist ebenfalls weg, auch wenn viele seiner Vasallen regional gewählt wurden. Bleibt noch die Hoffnung, dass eine Rückkehr von Trump verhindert werden kann. Es wäre die nächste Stufe der Abschaffung der Demokratie.

Ich weiss nicht wer einst sagte, dass Demokratie täglich verteidigt werden muss. Aber ich weiss worauf eine gesunde Demokratie beruht: Gewaltentrennung und Respekt, der Bereitschaft zum Dialog und Kompromis, einer in sich geschlossenen Gesellschaft.

Wer nicht bereit ist sich dafür zu engagieren, wird - über kurz oder lang- zum Helfer für die nächste faschistische Diktatur und Faschismus war noch nie eine Lösung....

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T. R., ich bin vollkommen mit Ihnen einverstanden. Blocher ist der Rattenfänger von Herrliberg, der mit seiner Schalmei die Leute betört. Im Hintergrund wartet bereits die Ablösung, die als einzige heute schon weiss was richtig ist - jedenfalls für die Familie Blocher.

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Hervorragender Artikel. Präzis und verständlich in der Analyse. Warum nimmt die breite Bevölkerung die Gefährlichkeit dieser Bewegungen meist nicht wahr oder verbündet sich sogar mit ihr. Putin, Bolsonaro, Trump, Meloni, Le Pen....Es wird nicht immer gut gehen. Das müsste eigentlich auch unsere Wirtschaftselite sehen. Ein vermehrter Ausgleich der Vermögens- und Einkommenssituation wäre im Interesse aller!
Danke für diesen Artikel

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Warum die Leute die Gefahr des Faschismus verkennen? Weil nach unten treten gefahrlos Aggressionen abbaut. Wer nach oben kickt, bekommt sicher Hiebe.

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Ja ich denke dann sollten Sie beginnen nach oben zu treten. Oder verstehe ich Ihren Vorschlag falsch?

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Genau. Nach unten Treten als (nur gefühlsmässig) ermächtigendes Narkotikum.

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Ja! Dene wo's guet geit ...!

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Gaby Belz
semi-Rentnerin, semi-Berufsfrau
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Schon am frühen Morgen viele luzide Erkenntnisse dank seriöser Recherche. Dafür ein grosser Dank. Wenn aber die linken Parteien sich mehrheitlich auf Identitätspolitik beschränken ist mit dem ökonomischen Ausgleich leider auch nicht zu rechnen.

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Aber Frau Belz, das ist doch auch so eine faschistische Mär; dass sich die Linken nur noch um die "woken" Themen kümmerten. Die Linken haben nie aufgehört, für mehr ökonomische Gerechtigkeit zu kämpfen. Sie stehen in der Schweiz einfach auf ziemlich verlorenem Posten da.

Der Faschismus erzeugt mit der LGBTQ-Gemeinde und mit anderen "woken" Themen ein neues FEIND-Bild (schon wieder was von Dr. Strassberg gelernt!) und adressiert die Arbeiterklasse mit der Message, dass sie von den Linken nicht mehr repräsentiert würden. Dabei haben die Linken lediglich neue Themen entdeckt, ohne aber ihre alten Themen vergessen zu haben. Und ganz nebenbei; ich würde meinen, die meisten Leute, welche diese "Wokeness" vertreten, sind sich der ökonomischen Ungleichheit bewusst und stehen für eine Politik ein, welche der Arbeiterklasse zugutekommt. Die Abwendung der Arbeiterklasse von den Linken macht also gleich doppelt keinen Sinn.

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Ganz schön herausgearbeitet, Herr F. Es ist genau dieser Mechanismus, den Herr Strassberg hier beschreibt, den die bürgerlichen Parteien nutzen, um das Volk davon zu überzeugen, dass sich niemand durch die linken und woken Parteien vertreten fühlen möchte. Man fühlt sich eher noch bedroht, durch die geförderte Diversität und durch mehr Mitesser am Kuchen oder besser den Brosamen die vom Tisch der Kapitalisten herunter bröseln. Dabei sind ALLE Bestrebungen, die Schere der Einkommen und Vermögen zu schliessen oder zumindest deren weiteres Aufgehen zu bremsen, immer von den linken Parteien und nie von den sogenannten "Bürgerlichen" ausgegangen.

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Das haben Sie schön auf den Punkt gebracht, Herr F. Ihre Aussagen lassen sich gut mit folgenden Links zu den parlamentarischen Vorstössen der SP und der Grünen untermauern:

https://www.parlament.ch/de/ratsbet…lGroup%3A2 (SP)
https://www.parlament.ch/de/ratsbet…lGroup%3A6 (Grüne)

Da wirkt dann die Aussage, dass «die linken Parteien sich mehrheitlich auf Identitätspolitik beschränken», sehr schnell wie eine leere Behauptung.

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Liebe Frau Belz, ich stelle mich dagegen, das Eine gegen das Andere auszuspielen - meiner Meinung nach soll das Gesamtbild der Gesellschaften in allen Facetten betrachtet und auch kritisiert werden. Die Sensibilisierung für die Frage der Identitäten gehört dazu, ist andererseits selbstverständlich nicht die einzig wichtige Frage. Die aufgehende Schere zwischen Reich und Arm ist unbestritten ein globales und sehr wichtiges Problem, doch die andern Unsicherheiten sind auch im Raum. Vielleicht gibt es auch Zusammenhänge?
Zugegeben, die Welt ist kompliziert und nicht immer in allem eindeutig, aber dies sollen wir aushalten.
Herrn Strassberg danke ich für die klaren Gedanken und die Anregung, genau hinzuschauen; im Kleinen wie im Grossen.

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Liebe Frau Belz
Ich höre diesen Vorwurf in letzter Zeit öfters. Können Sie mir konkrete Beispiele nennen, in denen linke Parteien mehrheitlich Identitätspolitik betreiben? Welche Parteien in welchen Ländern mit welchen Programmen sind das?

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Nein kann sie nicht. Das Framing der "Linken" als ultra-woke ist exzessiv betrieben worden und hat offenbar Erfolg gehabt.
Flood the zone with shit wirkt auch hierzulande hervorragend. Wenn du eine Lüge oft genug wiederholst, wird sie auch bei einem gewissen Prozentsatz im Kopf hängen bleiben.

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Immer wieder Entnebelungen durch Herrn Strassberg: thank you!

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Citoyenne
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Ich möchte mich ihrem Dank anschliessen. Danke Hr.Strassberg. Das Warten hat sich gelohnt!

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Theologin/Seelsorgerin
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Diesen Beitrag habe ich mit grossem Interesse gelesen und finde ihn wunderbar klar strukturiert und mehr als erhellend. Danke, Herr Strassberg

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Danke, diese Analyse lese ich gern ein zweites Mal, um noch gründlicher mitzudenken. Eines möchte ich aber als Ostdeutscher, der die Auswirkungen des bolschewistischen Putsches vom "Oktober" 1917 bis 1989 noch erleiden musste, anmerken: Die Macht hatten nie irgendwelche "Räte" - das war von Anfang an Propaganda:
Die Wahl zur Verfassunggebenden Versammlung im Dezember verlieren die Bolschewiki. Sie konstituiert sich am 18. Januar 1918. Am folgenden Tag lässt Lenin sie gewaltsam auflösen. Es folgen Demonstrationen mit Transparenten wie: „Die Russen sind nicht die Frösche (Laborratten) für Lenins Experimente“. Viele Vertreter der russischen Intelligenz, die ihre Hoffnung auf die Liberalisierung nach der Februarrevolution gesetzt hatten, wenden sich gegen die Bolschewiki -und emigrieren (wie heute).
Lenin und die Bolschewiki reagieren mit dem Verbot erst der rechten, dann der linken Parteien und mit Pressezensur. Von der schon im Dezember 1917 gegründeten Tscheka verlangt Lenin unter Verwendung biologischer Metaphern die „Reinigung der russischen Erde von allem Ungeziefer“ unter der Parole „Tod der Bourgoisie“. Ab Mitte 1918 beginnt der Rote Terror, Lenin ordnet am 9. August an: „Organisiert umgehend Massenterror, erschießt und deportiert...“ und er regt an, Geiseln unter Zivilisten und Angehörigen von Offiziersfamilien nehmen zu lassen. Am 30. August 1918 wird Lenin bei einem Attentat durch zwei Schüsse verletzt, was zur Eskalation der Lage weiter beiträgt. Das Land erlebt eine Schreckensherrschaft mit Geiselnahmen und der Errichtung von Konzentrationslagern, die Stalin später zum Gulag-System ausbauen wird.
Die Herrschaft der Bolschewiki unter Lenin war von Anfang an totalitär-terroristisch und die "Oktoberrevolution" hat die eigentliche Revolution vom Februar "geklaut".

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Vielen Dank für Ihre Präzisierungen im Zusammenhang mit der russischen Revolution. Für mich ist das eine nicht ganz unwesentliche Korrektur der Darstellung von Herrn Strassberg.

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"Die Herrschaft der Bolschewiki unter Lenin war von Anfang an totalitär-terroristisch" und autoritär - und bestimmte dann den Gang der Geschichte für das ganze folgende Jahrhundert, bis in die aktuelle Gegenwart.
Danke für diese detailreichen Präzisierungen.

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Nötige Aufklärung ist dieser Artikel. Wir konnten in den letzten Wochen beobachten, wie die Strategie der Jungen Tat aufzugehen schien. Nette junge Männer mit etwas abweichenden Meinungen gegenüber von Chaoten, die als wilder Haufen, lautstark durch Innenstädte ziehen, Gebäude beschädigen, den Tagesablauf der Werktätigen stören. Nach diesem Artikel könnten analysierende Medienschaffende für kommende Ereignisse zu gerechteren Aussagen kommen, was die Gefährlichkeit der Gruppierungen betrifft.

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· editiert

"Entsprechend zeichnet sich der Gegner nicht durch bestimmte Eigenschaften oder Absichten aus, sondern nur dadurch, dass er bekämpft werden muss", schreibt Daniel Strassberg. Ist das nicht Blochers "Nach der Wahl ist vor der Wahl"? Der Kampf als Gewinn bringender Selbstzweck gewisser Unternehmer und Konzerne gegen die Konkurrenz übertragen auf den politischen Kampf. Verschränkungen sind offensichtlich, weil sie sich gegenseitig befruchten (Politik und Wirtschaft) und immer wieder Erfolg versprechen. Rietiker, der neue Präsident von Pro Schweiz: "Das Land ist wie ein Unternehmen zu führen." (Arena). Der Milliardär als Vorbild für viele und wenn die Millionen für viele nicht fliessen, bleibt das "gute" Gefühl vom Kampf, das hoffnungsvoll breite Bevölkerungsschichten beseelt und Sinn stiftet. Die geschickte Melange der Forderungen und Schlagworte "für die Rechte der Arbeiter und gegen Flüchtlinge" von rechts vernebelt die Absichten. Bis es dann zu spät. Und - ich werde das Gefühl nicht los, dass sich der Geschichtsunterricht schweizweit verwässert. Wer war Franco nun schon wieder?

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Vielen Dank! Für mich stellen sich nun haufenweise Fragen.

Ob es denn ab und zu ein wenig Faschismus braucht für unsere Proximale Entwicklung? Muss es in Tragödien enden? Oder sind auch grosse Tragödien notwendig für unser Weiterkommen?

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Ich denke nicht, dass solche Tragödien notwendig sind.
Eine starke und gut organisierte Linke sollte doch ausreichen, Gegendruck zu geben, wenn das kapitalistische System immer mehr in eine totalitäre Ungerechtigkeitsmaschine pervertiert. Der Faschismus ist ein Symptom, welches keine Probleme löst, sondern sie sogar noch verschärft (indem die Probleme nur zum Schein angegangen werden ["ausländer raus"] ). Besteht also eine starke faschistische Bewegung, ist es m.E. bereits zu spät, respektive das Problem (ökonomische Ungerechtigkeit) wurde zu spät oder noch gar nicht angegangen. Idealerweise sollte es doch möglich sein zu korrigieren, bevor alle Glocken läuten.

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Leserin
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· editiert

Alle Glocken läuten schon. Nur hinhören. Und woher nehmen wir mal rasch eine starke und gut organisierte Linke? Schon der Hitler-Faschismus profitierte von der Uneinigkeit der damaligen Linken und davon, dass die Proleten scharenweise zu den Nazis überliefen. In der digitalisierten Welt ist alles komplexer, wir sind noch mehr zersplittert. Fahren wir doch fort, Menschen zu vernetzen, auf dass sie zukunftstauglich bleiben oder werden, ohne Stigmata, einfach Menschheitsfamilie. Verbunden durch Herz und Vernunft, das Beste was wir haben.

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Ich verstehe nicht. Verbrechen gegen die Menschlichkeit bringen niemanden weiter.

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· editiert

Ohne Tief, kein Hoch. Ein Dauerhoch ist eine langweilige Linie ohne Sinn.

Ich befürworte Verbrechen gegen die Menschlichkeit natürlich nicht. Aber ich denke, ihre weitere Vermeidung stiftet Sinn. Und dafür müssen sie ja drohen.

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Trotz Druck eines kapitalistischen Systems sich zu weigern, die Reproduktion von Ausbeutung mitzutragen, sich nicht "kaufen zu lassen", das System nicht weiter aufrechtzuerhalten und sich in jeder Minute des eigenen Lebens für Menschlichkeit, aber auch Tierrechte und den Planeten (nicht menschliche, aber sehr wohl lebendige Entitäten, die unser und das Leben aller anderen Arten ermöglichen) einzusetzen und dafür eigene Privilegien, vermeintliche "Sicherheiten" aufs Spiel zu setzen, zu teilen, Nein zu sagen, sich zu solidarisieren, braucht MUT. Es braucht Mut, weil solche Handlungen in jeder Sekunde von den möglichen Konsequenzen begleitet werden, sei es die Kündigung oder die nicht bestandene Ausbildung oder Verzicht auf hohes Einkommen oder auch einfach die Verletzlichkeit, die damit einhergeht und das aus der Masse herausstechen, auffallen, kritisiert oder belächelt werden. Dafür braucht es Selbstvertrauen, aber auch das Wissen um ein Netz, das einem im Extremfall finanziell und emotional abfängt. Sich mit allen Formen der Gewalt, die dazu geführt haben, dass man heute in einem reichen Land wie der Schweiz lebt, auseinanderzusetzen, bedeutet sich mit Trauer und Schuld und Scham auseinanderzusetzen und das braucht wieder Mut und Menschen, die das mittragen.
Hingegen Faschismus braucht nur ANGST. Das Realisieren, dass dieses System über kurz oder lang zusammenbrechen wird vermischt sich mit der eigenen Unzufriedenheit und dem Gefühl, dass man sich alles, was man hat, "hart verdient hat" und es einem zusteht, weil man selber vlt auch gelitten hat, um es zu kriegen. Um daran festzuhalten, proijeziert man die Schuld ins Aussen. So kann man die eigene Vormachtstellung und die eigenen Privilegien weiterhin als gerechtfertigt ansehen und die Unzufriedenheit auf andere schieben. Es ist ein Schutzmechanismus, der aber ständig performativ wiederholt werden muss und eigentlich nirgends hinführt, weil kein faschistisch motiviertes Handeln auch nur im Ansatz Ursachen der Angst/Unzufriedenheit behebt.
Wenn wir Faschismus etwas entgegen setzen wollen, dann müssen wir ein Umfeld aufbauen, dass Leute zum Mutigsein ermutigt und selber Mut vorleben. Im ganz Kleinen, wie auch im Grossen. Indem wir Care und Solidarität anbieten oder finanzielle Ressourcen oder genau diesen Menschen unsere Anerkennung schenken, die sich ihren Ängsten stellen und nicht nach ihnen richten. So kitschig oder klischiert es vlt auch klingen mag, ich glaube nur (bedingungslose) Liebe, Verbundenheit, Care und Sharing können eine Vision schaffen, die diese Ängste zu überwinden vermag und die Veränderungen, Herausforderungen, die auf uns zukommen meistert, ohne dass sich die Formen von Gewalt, die jetzt schon an vielen Orten omnipräsent sind weiterhin massiv verschäfen.

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Es gehört zu den diffusen Seiten des heutigen «Postfaschismus», dass er eine gegen­revolutionäre Dynamik auf der rechten Seite in Gang setzt, ohne dass es auf der linken – im Gegensatz zu den 1920er-Jahren – eine revolutionäre Dynamik gäbe.

Besten Dank für die Ausarbeitung dieses entscheidenden Unterschiedes! Heute gibt es zwar die Bewegung für Klimagerechtigkeit, die als einziges über eine globale Perspektive verfügt, die hat aber leider schon einiges an Kraft eingebüsst. Daneben unsere linken Parteien, die von den Entwicklungen einfach überrollt werden (weder zum Mindeststeuersatz noch zu den Solarkraftwerken war ein Plan vorhanden). Den Rest, d.h. die fehlende politische Perspektive und das Nach-unten-treten, lässt sich auch mit "Wohlstandsverwahrlosung" ziemlich gut umschreiben.

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Herr Strassberg, möglicherweise der beste aber sicher der wichtigste Ihrer Artikel hier. Nur der letzte Satz: wie eine Ohrfeige. Für mich jedenfalls. Die Forderung, die Kluft zwischen arm und reich zu schliessen, um den Faschismus zu bekämpfen, ist nämlich gleichzeitig goldrichtig und in ihrer Absolutheit komplett unrealistisch. Auch im Bewusstsein, dass der Abschluss einer Kolumne wohl rhetorischer Natur sein darf, musste ich nach Luft schnappen: sollte der Kampf also bereits verloren sein? Kämpfen gegen die Vergrösserung dieser Kluft, besser für deren Schrumpfen, verlorene Liebesmühe? Wohl kaum, denke ich mal - und Sie, nehme ich an, auch. ;-)

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Hermann Gysel
nachrechnen und nachdenken
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Kluft schliessen heisst nicht alle gleich vermögend zu machen. Im Bild sehe ich zwei Hügel und eine Schlucht dazwischen. Es geht darum die Schlucht zuzuschütten und einen Hügel zu machen. Mathematischer ausgedrückt von einer U-Verteilung zu einer Verteilung zu kommen, die mehr einer Normalverteilung gleicht. Statistiker sprechen dann gerne von einem Gini-Koeffizienten, der z.B. unter 0,3 liegen soll.

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Faschismus ist leider nicht das Gespenst, das Wesen aus einer ganz anderen Welt, sondern die Grenzen zwischen traditionell imperialistischen und faschistischen Staaten ist fliessend. Nicht die Nazis haben Vernichtungskrieg und Konzentrationslager erfunden (und das nötige Personal rekrutiert, die dies möglich machte), sondern die Engländer und andere Imperialisten haben Völkermorde auf dem Gewissen, allerdings nicht in Europa, das haben wirklich erst die Nazis gemacht. Damit soll nicht das Grauen des Faschismus relativiert werden, aber das Grauen des Imperialismus sollte nicht vergessen werden. Strassbergs These leuchtet ein: «Der Faschismus ist im Wesentlichen Gegen¬revolution.» Die Frage ist allerdings, welche Revolution eigentlich gemeint ist, die durch faschistische Kräfte rückgängig gemacht werden soll? Die historischen Beispiel Italien und Deutschland leuchten ein (Russland ist ein Spezialfall und wird hier offenbar erwähnt, weil es sich gut macht, Putin als Faschist und Widergänger Hitlers darzustellen), da soll wirklich eine Bedrohung der bestehenden Eigentums- und Herrschaftsverhältnisse durch eine sozialistische Bewegung von unten rückgängig gemacht werden. Aber heute? Die Frage Strassbergs ist berechtigt. Und auch seine Antwort stimmt: «Der weltweit gefährlichste Sprengstoff ist zweifellos die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich.» Die allerdings zugespitzt werden muss: Es geht nicht nur um Reichtum und Besitz, es geht darum, wer über die Verteilung von Reichtum bestimmen kann, die oben oder die unten, die die Entscheidungen von oben erdulden müssen. Und da kommt der Faschismus ins Spiel, der von Benjamin so charakterisiert wurde: „Der Faschismus versucht, die neuentstandnen proletarischen Massen zu organisieren, ohne die Produktions- und Eigentumsordnung, auf deren Beseitigung sie hindrängen, anzustasten. Er sieht sein Heil darin, die Massen zu ihrem Ausdruck (beileibe aber nicht zu ihrem Recht) kommen zu lassen. ...
Alle Bemühungen um die Ästhetisierung der Politik konvergieren in einem Punkt. Dieser eine Punkt ist der Krieg. Der Krieg und nur der Krieg macht es möglich, Massenbewegungen grössten Massstabs unter Wahrung der überkommenen Eigentumsverhältnisse ein Ziel zu geben. ... Nur der Krieg macht es möglich, die sämtlichen technischen Mittel der Gegenwart unter Wahrung der Eigentumsverhältnisse zu mobilisieren.“ (Walter Benjamin: Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit, Gesammelte Schriften Band I.2, S. 467f)
In der Tat kapert der Faschismus die Forderungen der Gegner, reduziert Politik auf den Kampf zwischen Gut und Böse, Dämonisiert die bösen Gegner, definiert Minderheiten, die ausgegrenzt und im schlimmsten Fall physisch vernichtet werden sollen. Und entscheidend: Er bietet den frustrierten Massen die Möglichkeit, ihre Aggressionen auf die zu richten, die Opfer des Faschismus werden und nicht auf die, die Urheber von Unfreiheit und Frustration der Massen sind. Dass der Faschismus heute noch lautlos daherkommt, kann man bei Wolin nachlesen, der von einem umgekehrten Totalitarismus spricht. Gerade deshalb dürfen wir nicht übersehen, dass die wesentlichen Mechanismen des Faschismus längst wieder Alltag geworden sind, auch in Staaten, die sich als Demokratien bezeichnen: Die Minderheiten, die ausgegrenzt werden, sind die, die nicht mit dem offiziellen Narrativ einverstanden sind und die deshalb Diskussionsbedarf einfordern, der in den grossen Medien nicht mehr stattfindet. Und deshalb irrt Strassberg, was seine Einschätzung des Kriegs in der Ukraine angeht, denn über eine Einschätzung wird nicht diskutiert. Putin ist nicht der Faschist, der einen imperialen Vernichtungskrieg in der Ukraine und dann einen Welteroberungskrieg plant, sondern Putin ist einer, der vom Westen in eine defensive Situation gedrängt wurde und dessen Sicherheitsbedürfnisse für Russland man negiert, im Gegensatz zu den Sicherheitsbedürfnissen der USA, die von den Medien in den Fällen von Serbien 1999, Afghanistan 2001, Irak 2003 oder Libyen 2011 als fraglos real akzeptiert wurden. Der Faschismus, der in Westeuropa umgeht, spiegelt einfach wider, was die Aufklärung nie einlösen konnte: Die Selbstbestimmung der Menschen, was ihre grundlegenden ökonomischen und gesellschaftlichen Angelegenheiten betriff. Oder einfacher: Faschismus geht dann um, wenn wirkliche Demokratie fehlt.

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Verstehe ich Sie richtig: Putin wurde zum Krieg gegen die Ukraine gezwungen, weil seine Bedürfnisse vom Westen nicht ernst genommen wurden?

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Nein, Sie verstehen mich vollkommen falsch. Ich bin gegen die doppelten Standards, die in den meisten Medien hier praktiziert werden. Die USA und die NATO überfallen völkerrechtswidrig andere Staaten, das wird bei uns höchstens mit einem leichten Bedauern hingenomme. Macht Putin das Gleiche (leider Gottes und das müsste nicht sein) haben die Medien Schaum vor dem Mund und verstehen plötzlich nicht mehr, wieso sich ein Staat so verhält. Im Übrigen: Die sogenannten Sicherheitsbedenken der USA waren lächerlich (Saddam mit seinen Massenvernichtungsmitteln), die Bedenken Russlands allerdings sind sehr real. Schauen Sie sich bitte einfach die Karte der NATO-Osterweiterung an und die Militärbudgets der USA und der NATO. Und kommen Sie jetzt nicht mit dem Märchen, die NATO sei ein Verteidigungsbündnis. Sie ist seit 1999 ein global agierendes Angriffsbündnis. Und da hätte ich berechtigt Angst, wäre ich Putin.

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Ich verstehe nicht, wie man faschismus-, kriegs- und imperialismuskritisch sein kann und gleichzeitig einen brutalen Angriffskrieg eines Landes entschuldigt, das eine lange Geschichte von Imperialismus und Unterdrückung der Meinungsvielfalt und eigenen Bevölkerung hat. Das ist absolut unlogisch!

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Anregender Artikel. Insb. die Beobachtungen betr. Meloni finde ich sehr erhellend: "Tatsächlich könnte man nach flüchtigem Hinhören etwa 70 Prozent ihrer Aussagen unterschreiben....Doch zwischendurch lässt sie kaum auffallend Bemerkungen fallen, die in eine andere Richtung weisen..."

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Gaby Belz
semi-Rentnerin, semi-Berufsfrau
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Ich habe meinen Didier Eribon und meine Annie Ernaux gelesen. Auch wenn die Ausgangslage in der Schweiz aufgrund der besseren Abfederungen durch mehr Reichtum (und auch weil es bei uns diesen Zentralismus mit den extrem ungleich verteilten Zuwendungen an Infrastruktur, Jobs etcetera wie in Frankreich nicht gibt) etwas anders ist, so gibt es doch auch hier das Phänomen dass Menschen ausserhalb der Städte und Agglos-Gemeinden sich tendenziell der Rechten und gegen "die Welt" (= z.B. Menschen die zu uns flüchten wollen) zugewendet haben, deren Eltern und Grosseltern eher für ihr eigenes ökonomisches Fortkommen gekämpft haben. Ob das damals mit mehr Weltoffenheit verbunden war vermag ich nicht zu sagen. Bruno Latour hat ja diese Dimension der Verbundenheit mit dem Boden ("Terrestrische") und gleichzeitiger Öffnung zur Welt ohne die Engführung die wir heute beobachten eindrücklich dargelegt.

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Wirtschaftshistoriker
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Politische und andere Themen theoretisch-analytisch anzugehen ist zweifellos eine Stärke der Republik. Das Beispiel des sog. Postfaschismus
in Italien bedarf jedoch der empirischen Ergänzung der Voraussetzungen und Hintergründe der Wahlen vom September 2022.
. Historisch tiefste Wahlbeteiligung. Fast 40%
der Wahlberechtigten gingen nicht zur Urne.
Im Süden - dort ist die Armut am grössten -
gingen in einzelnen Regionen noch weniger
wählen.
. Das italienische Wahlsystem (viele
Direktmandate) bevorzugt Bündnisse, in diesem
Fall die rechte Dreierkoalition. Mitte-links war
zersplittert und zerstritten. Der Egomane Renzi,
ehemals Ministerpräsident vom Partido
Democratico ist heute spinnefeind mit seiner
ehemaligen Partei und hat mit der Gründung
einer neuen Partei die Spaltung der Linken
befördert.
. Die 5-Sterne-Bewegung, die in einigen Regionen
und Städten mit den Sozialdemokraten (PD)
regiert, hat zuerst zum Sturz der Regierung
Draghi beigetragen und war nicht zu einem
Mitte-links-Bündnis bereit, obwohl sie mit
dem PD programmatisch Vieles teilen.

Ein neues Gesicht - zumal eine Frau - ein neuer Name (bedient das Bedürfnis nach Unterhaltung),
die Zerstrittenheit von Mitte-links und die in Italien weit verbreitete traditionelle Staatsverdrossenheit (der Staat wird - nicht nur wegen der schlampigen Bürokratie - als Gegner betrachtet) waren die Türöffner für Melonie und Co. Zur angeführten Ursache für den Aufstieg der
extremen Rechten könnte man insofern gewagt argumentieren, dass die Armen - wären sie nicht arm - wählen gingen, weil sie etwas zu verlieren hätten.....

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Ich sehe keinen Unterschied zwischen "linken" und "rechten" totalitären Systemen. Ob nun Mussolini oder Lenin, oder Hitler oder Stalin, die angebliche Ideologie ist immer nur Blendwerk für die Massen, für die "nützlichen Idioten". Es geht in Wahrheit immer um den eigenen Machterhalt.

So wie die Erde nicht flach ist, zeichnet das politische links/rechts-Spektrum eigentlich einen Kreis, die Links- und Rechtsextremen treffen sich nach Auflösung aller menschlicher Konventionen "hinten rum". Ob Gestapo oder Stasi, ob Konzentrationslager (vor 1942) oder Gulag spielt dann keine Rolle mehr.

Das ist quasi eine Art ideologischer Lichtbogen, welcher die Extreme kurzschliesst. In dessen Plasma entlädt sich dann der pure Totalitarismus, ein Kontinuum wo man mühelos von ganz links nach ganz rechts zappen kann. Da ist es auch nicht mehr weiter erstaunlich, dass der italienische Faschismus aus dem Syndikalismus (Gewerkschafts-Sozialismus) entstanden ist.

Den Faschismus als eine Art "Gegenrevolution" von rechts gegen links zu bezeichnen, kann ich daher weder historisch noch aktuell nachvollziehen. Die "fünf Schritte" findet man bei den Kommunisten auch, wie es schon U. B. (unten) schön dargestellt hat.

Man muss einfach gegen alle Formen des Extremismus und der Autoritätsgläubigkeit wachsam sein. Ganz schlimm wäre es (wie leider so oft geschehen), aus Angst vor den einen Extremisten, den anderen Extremisten auf den Leim zu kriechen. Der Feind meines Feindes ist meistens ganz und gar nicht mein Freund.

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Wirtschaftshistoriker
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Les extrêmes se touches. Selten so konzis und stimmig gelesen wie bei M. K.. Ein Beispiel unter vielen: Was haben wir junge Idealisten Ende 70iger-Jahre die marxistisch-linke Revolution der Sandinisten in Nicaragua bejubelt! Und heute?
Der Ortega-Clan - also die Revolutionäre von damals - hat sich zu einer puren Diktatur gewandelt. Mit dem ganzen Programm, das eine linke oder rechte Diktatur halt so mit sich bringt....

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Diesen Gedanken stimme ich voll und ganz zu. Vielen Dank. Das Verhältnis von Down-Votes zu Up-Votes stimmt mich nachdenklich.

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Christof Berger
PR-Redaktor / Grafiker
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In Demokratien sehe ich keine ernst zu nehmenden linken Kräfte, die sich heute einen Stalin oder andere Formen der Diktatur wünschen. Die Linke steht für Toleranz und Demokratie. Demgegenüber nehme ich bei der Rechten starke Kräfte wahr, die für Intoleranz und Ausgrenzung stehen und offen mit Diktaturen liebäugeln. Die Linke hat insofern ein Problem mit der Toleranz, indem sie sich die Frage stellen muss, ob sie auch der Intoleranz gegenüber tolerant sein soll oder muss.

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Genial und stimulierend! Vielen Dank für den Artikel!

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Vielen Dank für den Artikel und das Plädoyer, dem Faschismus politisch zu entgegnen. Ich finde, das ist eine zentrale Einsicht. Mir scheint, man muss in der Debatte sehr ernst nehmen, dass es in der Auseinandersetzung grundlegender Dissens gibt. Stärker, als es der Artikel tut. Ich möchte den Aspekt des Geschlechts herausgreifen.

Wie der Artikel schön zeigt, reicht es nicht zu sagen, sie hätten einfach nichts richtig verstanden. Im Gegenteil, einige haben gegnerische Positionen eben gelesen und nehmen sie auf in ihr Denken, sie wissen, mit wem sie es zu tun haben. Sie ziehen nur andere Schlüsse, weil sie eine grundsätzlich andere Haltung haben, sie brauchen sie für ihre Ideen. Der Dissenz ist also nicht ein Unverständnis, sondern eine andere Haltung. Darin übernehme ich, wie mir scheint, das Argument des Textes.

Mir scheint an dieser Stelle aber darüber hinaus wichtig zu betonen, dass sie dies nicht nur strategisch tun, sondern weil sie auf der Ebene von Affekten und Identität an eine bestimmte Ordnung gebunden sind. Auch wenn faschistische Politik kein konstruktives gesellschaftliches Ziel hat, nichts produktives hervorbringt und Gesellschaften notwendigerweise immer wieder an ihren Abgrund führt. Auch wenn sie stets einen - aus der Position des fremden betrachtet - absurden Kampf mit nur Verlierern hervorbringt, so bedient er doch eine inhaltliche Sehnsucht: Eine Sehnsucht danach, diese ursprüngliche Ordnung wieder herzustellen. Das heisst auch, die eigenen Affekte und Identität sollen sich uneinengeschränkt in der äusseren Welt zeigen und kongruent sein. Hier zeigt sich ein Herrschaftswunsch, der im Übrigen sehr männlich ist. Diese Ordnung ist nicht ursprünglich, sie wird aber als ursprünglich erfahren, weil sie im gesellschaftlichen Subtext stark wurzelt.

Entsprechend muss man schon genau hinschauen: Wenn die SVP sich für die Frauen und gegen den Islam einsetzen, so tun sie dies in ihrem Verständnis von Geschlecht und Geschlechterordnung, was sich von feministischen Positionen sich oft grundsätzlich unterscheidet. Statt die Differenzen hier weiter zu benennen und tatsächlich einen politischen Diskurs zu ermöglichen, reagiert die Linke oft unproduktiv: Wir sind aber die echten, die wirklichen Vertreter der Anliegen der Frauen, wir meinen das ernst, im Gegenteil der anderen. Der Dissens verliert inhaltliche Kontur und es geht um einen Streit auf der Oberfläche und der Behauptung von Authenzität und Wirklichkeit.

Bspw. die letzte Abstimmung um die AHV und das Rentenalter von Frauen. Der Dissens: die Rechten wollen keine Gleichstellung, die das im Fundament der Gesellschaft herrschende Patriarchat problematisiert, sie leugnen das Patriarchat. Sie wollen eine Gleichstellung in der Frauen sich in den Dienst der Gesellschaft stellen, ihren Teil an der gesellschaftlichen Reproduktion beitragen, ohne zu fordern und ohne Unrecht zu benennen (also in ihren Worten sich zu opfern zu machen). Das ist nichts anderes als ein Kampf und eine Forderung nach traditioneller Weiblichkeit. Die Linke will Gleichstellung aus der Einsicht in das bis in die Gegenwart in den gesellschaftlichen Institutionen und dem herrschenden Denken verankerte Unrecht des Patriarchats: Sie meint damit, dass Frauen gerade eine andere selbstbewusstere und eigene gesellschaftliche Stellung zukommen muss.

Die Linke und die Rechte meint also etwas total entgegen gesetztes. Was im Artikel als Kapern der Rechten von Linken Inhalten bezeichnet wird, scheint mir vielmehr die Bearbeitung derselben gesellschaftlichen Situation aus einer Rechten Perspektive und mit einem rechten Blick darauf. Eben ein politischer Dissens.

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Ein durchaus kluger und lesenswerter Beitrag. Leider zeigt sich aber mal wieder die Schwäche der Philosophie. Nur wer den Stand der empirischen Forschung ignoriert, kann mit so einer Forderung enden: es geht nicht um Ungleichheit und es sind nicht primär die Ärmsten, die den populistischen Autoritarismus stärken, es sind diejenigen in der Mittelschicht, die einen ökonomischen und kulturellen Statusverlust fürchten.

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Damit widersprechen Sie sich gleich selbst: Es geht nicht um Ungleichheit, aber um die Mittelklasse (welche? die untere?), welche den ÖKONOMISCHEN Statusverlust fürchtet? Da beisst sich der Hund in den eigenen Schwanz. Mal Piketty lesen.

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Hm.
Ich denke in den aktuellen Zeiten ist der Faschismus(und auch konservative, ausländerfeindliche Strömungen) eine sehr angenehme Option.
Der Anhänger wird von jeglicher Schuld an der derzeitigen Misere freigesprochen und die Schuld zu 100% auf Linke oder Ausländer oder Juden oder eine ominöse Elite abgewälzt. Treten nach unten und wettern gegen ominöse Machzirkel ist einfacher, als sich selbst zu hinterfragen.
Insbesondere der Klimawandel ist ein Paradebeispiel. Er ist meiner Meinung nach nur zu bewältigen, wenn man zumindest mittelfristig, tatsächlich wohl eher dauerhaft, den Lebensstandard im Westen senkt. Gerade bei uns in der CH mit einem extrem hohen Lebensstandard.
Es ist enorm unangenehm zu hören, dass man sich einschränken muss, zumal implizit der Vorwurf mitschwingt, dass man selbst eine Mitschuld hat.
Da ist die rechte Variante ("nur ja nix ändern/die Technologie wird uns schon retten/ ausserdem sind die anderen eh alle viiiiel schlimmer") wesentlich angenehmer.

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Gaby Belz
semi-Rentnerin, semi-Berufsfrau
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Also ichmelde mich nochmal, getriggert durch den Stil der letzten Meldung. Meine Ausführungen waren klar zu wenig differenziert, so viel Selbstkritik muss sein. Aber: ich sehe mehrere Entwicklungen, die zur Entfremdung zwischen den linken Parteien und dem unteren Prozentsatz der Bevölkrung bezüglich Bildung und Einkommen bzw. Vermögen (je nach Land unterschiedlich) geführt haben: zum Einen der Habitus (welcher französische Philosoph hat diesen Begriff geprägt?) Aktuelles Beispiel: Das Feindbild das sich die SVP von Simonetta Sommaruga gezimmert hat. Es beruht viel mehr auf Lebensweisen, Bildungsunterschieden, Urbanität, Zugang zu Kultur als auf effektiven politischen Differenzen. Wir hatten in meiner Nachkriegsgeneration die unglaubliche Chance des sozioökonomischen Aufstiegs mit Zugang zu Bildung und zu Selbstverwirklichungsmöglichkeiten. Das verändert den Blick auf die Welt, und somit die Kommunikation mit jenen die diese Möglichkeit leider nicht bekamen.
Zweitens kann man nicht verhehlen dass Politiker wie Tony Blair und Gerhard Schröder ihr vermeintliches Klientel verraten haben, und natürlich tendierte der pragmatische Flügel der SP Schweiz zu Zeiten auch dazu, dem Machterhalt höhere Priorität zu geben als der Benennung der Fakten wie das z.B. Picketty tut. Was die Sache drittens noch komplizierter macht ist dass wir aufgrund der Klimakatastrophe und der Bedrohung der Demokratie Bedrohungslagen erleben, mit denen mindestens ich besser zurande komme weil ich dazu Bücher und zB die REPUBLIK lesen kann, mich mit ähnlich Gesinnten austauschen und meine globalen Kontakte nutzen kann. Wer diese Möglichkeiten weniger hat oder will, wendet sich vielleicht eher einer abschottenden Haltung zu. Wilde Behauptung?

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Verena Goanna •in :)) Rothen
fotografie, texte, webpubl&lektorin
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Mit 14 Mtn. Verspätung gelesen. Sehr anspruchsvoll (ausser das klare, einfache Fazit). Bin mir nicht sicher, ob ich alles richtig begriffen habe. -- Schwer fallen mir insbesondere die Zitate. Ordne ich sie richtig ein, habe ich sie verstanden? -- Einen Zitatausschnitt verstehe ich rein sprachlich nicht:

Der Faschismus [ist] die Vollendung des l’art pour l’art. Ihre Selbstentfremdung hat jenen Grad erreicht, der sie ihre eigene Vernichtung als ästhetischen Genuss ersten Ranges erleben lässt.

Eigene Hervorhebung zwecks Frage: Wessen Selbstentfremdung hat ... ? ... der Vollendung? oder ... der Kunst?

Bei der Ästhetisierung der Politik war meine Assoziation Das Zentrum für Politische Schönheit, wo ich ohnehin nach anfänglicher reflexartiger Begeisterung, einige Zeit später zunehmend skeptisch geworden bin. Tönte ja auch so gut, diese vollausgerüsteten, schwimmenden Rettungsplattformen, Pontons quasi, für Mittelmeer-Ertrinkende. Und teuer (Reaktion folglich: spenden). Nur dass es diese ja auch um die zehn Jahre später ganz offensichtlich nicht gibt. Wo also floss das Geld sonst hin. Und was war und ist das nicht deklarierte Ziel?
Diesen Ausdruck der Ästhetisierung der Politik kannte ich bis vor der Lektüre dieser Kolumne nicht. Auch da bin ich noch nicht sicher, wie ich den nun noch besser verstehen kann.

Auch eigene Reaktionen scheinen anhand der hier aufgeworfenen Punkte im Detail prüfenswert.

Danke, Herr Strassberg.
Frühere Ihrer Kolumnen mochte ich irgendwie so gar nicht. -- Mit dieser hier (und ich habe den Eindruck, etwas weniger bewusst geworden, auch ein oder zwei anderen gelesenen) ist das nun ganz anders (möglicherweise seit Ihrer Schaffenspause irgendwann mal die letzten Jahre).

Soweit ich den Text hoffentlich verstehe, jedenfalls. Danke nochmals; daran werde ich wohl länger noch rumdenken.

(edit: diese leidige Zitatformatierung, die mir auch immer wieder erst im 4. Anlauf gelingt)

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Finde ich sehr spannende Punkte...

  1. Die Theorien und Forderungen der Gegner werden gekapert.

  2. Die Politik wird dem Freund-Feind-Schema unterworfen.

  3. Wenn die Politik keinen Inhalt mehr hat, bleibt die reine «Affekt-Entladung».

  4. Wenn zwischen Freund und (innerem) Feind im Grunde kein wesentlicher Unterschied besteht, muss er nachträglich hergestellt werden, und zwar durch einen opuskanie.

  5. Gewalt muss legitimiert werden, auch faschistische Gewalt.
    ...könnte man vielleicht auch mal zur Selbstreflexion anwenden!?!?

Man erlaube mir eine ungebildete Frage: Gibt es in der Ukraine nicht auch - gerade durch diesen Konflikt erstarkende - Gruppierungen, politische Parteien, die durchaus faschistoide Züge tragen? Wie soll man damit umgehen?

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Ist der Faschismus nicht einfach in seinem Wesen das infrage gestellte Patriarchat in anderer Verkleidung! Denn Revolutionen haben auch patriarchalische Züge, an denen sie dann scheitern. Alle Ideologien machen mischen sich ein eigenes Cocktail aus Wandel und Tradition, Macht und Freiheit aus ihrer Grundidee und deren Durchführung.

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