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Spannend: um 10.30 hat diese gute und wichtige Analyse zum 11. September und dessen Folgen für die gesamte Welt ganze 3 Kommentare. Ganz im Gegensatz zu den vergangenen Kolumnen zur Corona-Politik, bei welchen die Kommentarspalten fast explodiert sind. Es zeigt sich einmal mehr, dass uns „wohlstandsverwöhnten“ (?) Schweizern eine Diskussion über Gesichtsmasken und damit einhergehende gefühlte Verletzungen von „Freiheitsrechten“ so viel wichtiger erscheint als eine Diskussion über nicht nur gefühlte sondern reale und damit eigentlich viel wichtigere Menschenrechtsverletzungen, die wir im Zuge des „Kampfs gegen den Terror“ als „halt nötige“ Kollateralschäden abgetan haben. Die eigene Nase ist halt wohl immer wichtiger als das Leben derjenigen, die nicht das Glück hatten, in die reiche CH geboren worden zu sein…

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Im Gegenteil, Frau W., was die Wichtigkeit für mich betrifft. Es gibt aber Texte, wie diesen von Binswanger, die mich so betroffen machen, dass ich nichts hinzufügen möchte. Es kommt der Tag, den ich noch erleben will, um dann die richtigen Worte aufzuschreiben. Der Autor hat heute -- entsprechend seiner Perspektive -- genau die richtige Einschätzung, genau die richtigen Worte, und vielleicht sogar die richtigen Ängste.

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es wird zu spät sein, auf den Tag X zu warten.....

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Wenn sie jene, die für unsere Grundrechte im Corona-Massnahmen-Wettstreit kritisieren als wohlstandsverwöhnt und egoistisch ("eigene Nase...") verurteilen, haben sie dann wohl nicht etwas die Relevanz der Grundrechte verkannt? Was sie sagen klingt in meinen Ohren so: Die Grundrechte wegen Terrorbekämpfung einzuschränken war nicht OK, bei Corona ist es plötzlich OK. Und alle, die das nicht so sehen können verunglimpft werden...

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Nein, verunglimpfen möchte ich niemanden. Aber es ist meiner Ansicht nach so, dass diejenigen, welche in der Schweiz lautstark eine Verletzung der Grundrechte anprangern, gar keine Ahnung davon haben, was es bedeuten würde, wenn die Grundrechte WIRKLICH eingeschränkt würden. Dann wäre es nämlich sofort vorbei mit den Demostrationen und den Pamphleten auf dem Internet. Gerade, dass dies alles möglich ist, zeigt schon einmal, dass es nicht so weit her sein kann mit dieser "Diktatur" à la Suisse.
Zweitens ist eines der wichtigsten Grundrechte die Gesundheit. Sämtliche Massnahmen, welche in der CH ergriffen wurden dienen dem Ziel, die Gesundheit der Schweizer Bevölkerung zu bewahren und eine Überlastung der Spitäler vorzubeugen. Dass dabei Massnahmen verordnet wurden, welche für uns ungewohnt sind, ist unter den gegebenen Umständen nicht zu umgehen. Die Massnahmen stehen aber immer in einem Verhältnis zum Nutzen und sind auch zeitlich limitiert. Dass zu Beginn der Pandemie noch wenig Wissen vorhanden war und deshalb zeitweise nicht die optimalsten Massnahmen gewählt wurden, liegt in der Natur der Sache. Wissenschaft und die Politik lernen ständig dazu und es gehört zu ihren Pflichten, die Massnahmen laufend an die aktuellen Gegebenheiten und den aktuellen Wissenstand anzupassen.
In der CH waren die Massnahmen im Vergleich zum Ausland immer sehr sanft. Sogar Skifahren durften wir im letzten Winter ;-). Es gehört in einer Gesellschaft dazu, dass man Rücksicht auf die Schwächeren nimmt und an ihnen die Massnahmen ausrichtet. Das Tragen einer Mund-Nasen-Maske und das Verbot von grösseren Versammlungen während einer überschaubaren Zeit mit einer diktatorischen Einschränkung der Grundrechte gleichzusetzen ist ein Hohn gegenüber all jenen Menschen, die tatsächlich in einer Diktatur leben und beim kleinsten Mucks hinter Gitter und in die Folterkeller gesperrt werden. Es geht bei den Massnahmen bei uns ja nicht darum, eine Regierung zu schützen sonder darum, die Gesundheit unserer Mitmenschen und uns selber zu bewahren.
Und ja, deshalb spreche ich von wohlstandsverwöhnt, wenn wir uns schon über die kleinsten Einschränkungen empören und Diktatur rufen. Die Menschen in Afghanistan, Syrien, Weissrussland, usw. wären noch so froh, wenn ihr einziges Problem wäre, dass sie beim Einkaufen eine Maske tragen müssen und ihnen zudem die Corona-Impfung praktisch aufgedrängt würde. In Algerien, das ich gut kenne, sterben die Leute reihenweise zuhause, weil es a) zuwenig Sauerstoff und Spitalplätze gibt und es b) Glücksache ist, wenn man eine Impfung bekommt und c) der Impfstoff nicht die gute Schutzwirkung hat wie die in der CH zugelassenen Impfungen. Zudem haben viele Menschen seit über einem Jahr kein Auskommen mehr, da die Wirtschaft still steht und es KEINE Härtefallgelder vom Staat gibt. Die Leute sind auf sich gestellt und nicht wenige leiden Hunger.
Ja, es ist wohlstandverwöhnt, wenn wir aus unserer bequemen Stube Diktatur rufen und die Impfung verweigern, die es notabene ermöglichen würde, dass die "Diktatur" schnell beendigt werden könnte. Dies im Wissen, dass im Notfall dann sicher schon noch ein Spitalbett für uns bereitstehen würde, wenn es dann wirklich hart auf hart kommen sollte.
Ja, es ist wohlstandsverwöhnt, weil wir gar nicht mehr wissen, was Gesundheit bedeutet und dass sie keine Selbstverständlichkeit ist. Genausowenig wie garantierter Zugang zum Gesundheitssystem.
Und es ist scheinheilig, wenn wir lieben Schweizer am Morgen die afghanischen asylsuchenden Menschen zurückschaffen wollen in eines der unsichersten Länder der Welt und am Nachmittag auf einer Demo "gegen die Einschränkung der Grundrechte in der CH" demonstrieren. Was ist mit den Grundrechten der Afghaninnen und Afghanen? Dem Grundrecht auf Sicherheit, Menschenwürde und Gesundheit? Was ist mit den Grundrechten all der Flüchtlinge auf Lesbos? Ihre Grundrechte sind scheinbar egal, solange wir nur ohne Maske rumlaufen und ohne Zertifikat ins Kino dürfen. Jeder kann für sich beantworten, wo seine Prioritäten liegen und ob er sich dann im Spiegel noch in die Augen schauen kann. Mit oder ohne Maske.

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Johanna Wunderle
Muttersprache NL
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Die wenigen Kommentare können auch ein Zeichen von Unvermögen sein Frau W.
Bei mir ist das bei diesem Beitrag der Fall.
Ganz sicher hatte ich nach dem Lesen von Daniel Binswanger keine Lust auf Frivoles.

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Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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Die Rhetorik, die Atmosphäre, die Feind­bilder änderten radikal, aber es lag doch auch eine Kontinuität vor, der das Gefühl eines Epochen­bruchs nicht gerecht wird.

Ich geh' mit Daniel Binswanger völlig d'accord. «9/11» war vielleicht für den «Westen» und den «Globalen Norden» der epochale Einbruch des Realen nach den «Roaring Nineties». Doch für die Akteure und Betroffenen im «Osten» und «Globalen Süden» nur ein Kapitel einer langen Geschichte, die mindestens bis zum Imperialismus und Europäischen Kolonialismus («The Great Game») zurückgeht, dem Ersten, Zweiten und Kalten Krieg, dem Amerikanischen Empire, der «Nahe Osten» als «Interessenssphäre», der Besetzung der Sowjets 1979-89) und Aufstieg der Mudschahedin, Taliban und Al-Qaida.

Fernsehtipp:

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Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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«Unser Blick, dass 9/11 der epochale Einschlag war, gilt vor allem für uns im Westen.» (Navid Kermani in DLF Kultur)

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Wenn Herr Binswanger hier über verschiedene Aspekte eines Epochenbruchs sinniert, der mit Nine Eleven quasi in allen Biografien Spuren hinterlassen habe, so bleibt meines Erachtens eine weitere Spur – verdankenswerterweise! – doch unerwähnt.
Auch mich erreichte die Nachricht an jenem Abend durch einen Anruf. Eine Freundin teilte mir mit, ich müsse den Fernseher einschalten, es passiere grad Ungeheuerliches in New York. Da bereits der Telefonanruf eine Störung war und die flotten musikalischen Improvisationen zweier Saxophone und eines Akkordeons unterbrochen hatte, schaltete ich den TV ein. So sahen auch wir für einen Moment jene Videoausschnitte, die in Direktschaltung sowie anscheinend in Endlosschlaufen in alle Welt gesendet wurden. Natürlich erschraken auch wir ob dieser Live-Bilder, beschlossen aber umgehend, dass unser Zuschauen nichts zur Sache beitragen könne und wir uns gescheiter wieder dem Grund unseres wöchentlichen Treffens widmen sollten, der freien musikalischen Improvisation.

Der Einsturz der beiden brennenden Wolkenkratzer liess mich aber noch in der selben Nacht nach möglichen Gründen suchen, die Antwort glaubte ich in zwei Büchern gefunden zu haben, zwei verschieden Bände über moderne Architektur.

Dass die selbe Frage hingegen über zwei Jahrzehnte hinweg Gegenstand tollster Verschwörungstheorien werden sollten, ahnte ich damals nicht im Entferntesten. Ich glaube, ich kannte noch nicht einmal den Begriff. Es scheint mir auch, dass das Internet damals noch nicht bevorzugtes Jagdrevier jedermanns war, in dessen Weiten schier endlos nach irgendwelchen Antworten gesucht werden kann...
All das stand nach meinem Empfinden vergleichsweise noch in den Kinderschuhen. Der zeitgleiche, explosionsartige Anstieg von Verschwörungstheorien jeglicher Art als Massenphänomen ist ein weiterer Aspekt dieses Epochenbruchs, den Herr Binswanger hier umreisst. Dass er diese Halbwelt bei seinen Ausführungen aussen vor lässt, empfinde ich nicht als Mangel, sondern als Verdienst. Gleichwohl soll sie nicht unerwähnt bleiben, diese Zeiterscheinung.

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Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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Jaein. Global und dank Internet intensiviert, Ja. Doch als Massenphänomen gab es längst die «Weltverschwörung» und – dank Fernsehen ebenfalls instantan, global und explosionsartig – das Attentat auf JFK 1963, das geradezu als the mother of all modern conspiracy theories gelten kann.

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Kann gut sein, dass ich frühere Formen, meiner Naivität geschuldet, einfach nicht als Massenphänomen wahrgenommen habe. Aber Sie haben natürlich recht! Man kann im 20. Jahrhundert durchaus noch weiter zurückgehen und stösst auf Verschwörungstheorien, die ja quasi zur Staatsraison erhoben wurden. Man denke beispielsweise an die Protokolle der Weisen von Zion, den Friedhof in Prag bzw. an das 3. Reich und Mussolinis Italien.
Mit dem Internet und dessen «social media» haben die Verschwörungstheorien m. E. an Wucht zugelegt und sind zum wirklichen Massenphänomen und damit zum politischen Problem geworden.

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Wenn man etwas vermeiden möchte, stellt man sich normalerweise die Frage nach der Ursache. Warum ist dies beim Terrorismus nicht der Fall? Liegt die Ursache so klar auf der Hand oder scheut man nicht eher die Antwort? Läge hier nicht der Ansatz zum Ende des Terrorismus? Ganz sicher würde man sehr schnell zum Ergebnis kommen, dass das Töten von 1 Million Menschen in diversen Kriegen wohl nicht die Lösung für das Problem ist. In diesem Zusammenhang stellt sich mir die Frage, warum Bush und Co. eigentlich nicht in Den Haag auf der Anklagebank sitzen?

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Die Naivität des vielleicht unfreiwilligen Weltpolizisten (und willkommenen Sündenbocks) wurde bereits kurz nach dem 2. Weltkrieg ersichtlich, beim Export des american way of life in den ostasiatischen Raum nach der Vertreibung der Japaner unter Missachtung der lokalen Kulturen. Es folgte ein fanatischer, manchmal fast blindwütiger Kampf gegen alles, was irgendwie zu Recht oder zu Unrecht als kommunistisch vermutet wurde. Die Reihe der Fehleinschätzungen ist bemerkenswert: Korea, Vietnam, Kuba, Chile, u.s.w. Ob es dabei wirklich um die Freiheit der Bevölkerung ging, oder hauptsächlich um wirtschaftliche Interessen ist Sache der Historiker.

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Helfen Sie mit, bitte: kurz nach dem 2. Weltkrieg "nach der Vertreibung der Japaner unter Missachtung der lokalen Kulturen". Sie meinen damit nicht "die Vertreibung" der japanischen Armee aus China, Vietnam, Laos, Kambodscha, Burma, Neuguinea etc. wo die Japaner die einheimische Bevölkerung drangsaliert hatte (unter Missachtung lokaler Kulturen - und vor allem unter Missachtung lokaler Leben)? Wenn das aber nicht gemeint ist: Was dann?

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Natürlich war die Befreiung von den Japanern in diesen Ländern für die Bevölkerung eine grosse Erlösung. Die Illusion war zu glauben, eine Demokratie nach westlichem Muster, würde für diese Länder funktionieren und sie stabilisieren, trotz verschiedenem kulturellem Hintergrund. Zudem waren die Sieger nicht gerade überall glücklich in der Wahl der Leute, denen sie die Regierungsgeschäfte übergaben, Hauptsache Amerika-freundlich.

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Köchin
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Unsere "Beobachtungswarte" , die uns, vielleicht auf eine globale Sichtweise hieft. So in diesem sehr guten Beitrag geschrieben. Ja, wir haben in der Schweiz immer noch Behörden, die unsägliche Direktiven durchsetzen; bevor die Taliban die Eroberung Afghainstans endgültig deklariert haben. Menschen aus diesem Land abzuschieben, ohne Wenn und Aber. Wie kläglich versagt unser Image: als humanitäres Land, als Land, das ( internationale festgelegte) Rechte anerkennen sollte. Und es nicht tut. Nur ein Beispiel. Wir sind immer noch in der "comfort zone" können uns alles erlauben, in jeder Beziehung. Schreiben, handeln, zu unseren Gunsten. Ich wünsche mir "sharing in many respects." und lebe es.

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Das Gefühl, "der Politik" ausgeliefert zu sein, macht mich immer wieder sprach- und ratlos. Dann ringe ich mit meinen Werten und meinem Platz in der Welt. Und weiss dabei, Angst ist schädlich.

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Anstelle eines eigenen KOmentars, hier kurz und knapp ein anderer, der es gut zusammenfasst. https://www.derbund.ch/die-usa-stec…1868649127
Ich hab damals auch vor allem gedacht: Jetzt wird der nicht sehr intelligente George Dubblejuh" und seine seit Jahren auf Krieg wartende "Falken" wohl einfach genauso drein hauen. Und alle verlieren.

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Sie hatten da nicht ganz unrecht. Wesley Clarke im Jahre 2007, die ersten 6 Minuten:
https://www.youtube.com/watch?v=py_dlYQXCtI
9/11 kam wie gerufen.

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Das wussten alle damals, wie sehr Rumsfeld und Co sämtliche Probleme mit militärischen Schlägen lösbar hielten. Sie waren nach 1989 ja praktisch "auf dem Trockenen". Und der militärische Geist löst sich nicht einfach in Frieden auf... Immerhin hat Clarke aber auch nichts dagegen unternommen.
Ich war damals beruflich in Sachen (islamische) Frauenrechte unterwegs und sah absolut keine Anzeichen, dass diese ernsthaft ein Grund sein könnten, warum die USA einmarschierten. Vor allem nicht diese militanten evangelikalen Abtreibungsgegner, wie auch Bush einer war. Und im Irak waren Frauen eher rechtlich besser gestellt unter Saddam Hussein, der ja einer dieser lange westlich oder sowjetisch unterstützte Diktatoren war und antireligiös. Halt korrupt und elitär. Aber US- Reps wissen oft praktisch nichts über die Welt ausserhalb der USA.

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Danke für diesen Artikel und ganz besonders für die beiden letzten Sätze, die – bei genauerer Betrachtung – nicht voneinander zu trennen sind.

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Wenigstens um die Flüchtlinge müssen wir uns jetzt unbedingt kümmern.

Welche denn? Weder Europa noch die Schweiz nahmen Geflüchtete auf. Und ich meine jetzt nicht die paar Mitarbeitenden, die man unmöglich den Taliban ausliefern konnte und die jetzt vorläufig aufgenommen werden.

dass die Vereinigten Staaten seit einigen Jahren eine strategische Neuorientierung auf den Konflikt mit China vollziehen.

Der Einfluss von China auf die US Politik dürfte tatsächlich nicht zu unterschätzen sein.

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Mitdenker
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Was ich allerdings nicht nachvollziehen kann, ist die angebliche Zerstörung des Weltbildes jenes Kollegen, der vor 9/11 schnelle Börsengeschäfte ehrlicher Arbeit vorzog. Die Twin Towers mögen ein Symbol für das skrupellose Bankkeschäft gewesen sein, beeinträchtigt im Sinne von "besser" (weniger skrupellos) wurde dies durch deren Einsturz jedoch mitnichten. Wie man gerade auch an Corona wieder erleben muss, tun sich bei jeder Krise Risse auf, d.h., Schwächen im System werden manifest, die subito von den egoistischsten und skrupellosesten Gaunern (aus-)genutzt werden.
Es gilt wohl eher: Je mehr die "Hardliner" oberhand kriegen (wie nach 9/11), umso rücksichtsloser auch das Börsen- und Bankgewerbe.
Und dass der erwähnte Kollege durch die einstürzenden Türme plötzlich ein schlechtes Gewissen kriegte oder sich gar hinterfragte, ob vielleicht auch kapitalistische Exzesse etwas mit (dieser Art) Terrorismus zu tun hätten, ist doch einigermassen abwägig, nicht?

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Märchentante*onkel
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Dieser traurige runde Jahrestag sollte Anlass dafür sein, sich zu fragen, welche Fehler begangen wurden, als der War on Terror (eine idiotische Terminologie) erklärt und Afghanistan (sowie später der Irak) erobert wurde und welche Lehren daraus gezogen werden können. Selbstverständlich wird dies nicht geschehen, weil es in westlichen Demokratien immer nur darum zu gehen scheint, sich selbst gut darzustellen in diesem permanenten Schaukampf der Popularität, so dass jeglicher Ansatz zu Selbstkritik und Nachdenken über eigenes Versagen im Keim erstickt wird, denn diese Haltung kommt bei der Wählerschaft nicht gut an.

Dass die westlichen Regierungen dem Drängen ihres Wutbürgertums nachgaben oder es zum Vorwand nahmen, um ihre Macht zu erhalten oder auszudehnen und ihre krassen Fehlentscheide der letzten zwanzig Jahre nun in grosser Klarheit vor uns aufleuchten, sollte uns lehren, einfache Antworten auf komplizierte Fragen wie den Gründen für das Entstehen von Terrorismus abzulehnen und eindimensionalen Racheinstinkten nicht nachzugeben.

Auch die Rolle der westlichen Medien in der Darstellung der Invasion in den letzten zwanzig Jahren muss ganz entschieden in Frage gestellt werden. In völliger Verkennung der tatsächlichen Lage vor Ort wurde grossmehrheitlich die Sichtweise der Besatzungsarmee übernommen. Die zwanzigjährige Besatzung Afghanistans, es kann nicht schöngeredet werden, war eine einzigartige interkulturelle Katastrophe, ein totales Versagen eines paranoid und brutal auftretenden Invasionsheeres, ganz offensichtlich ein komplettes Unvermögen, nachhaltige und von der lokalen Bevölkerung von Herzen unterstützte Entwicklungsschritte in Gang zu setzen. Wollte niemand im Westen diese Geschichten hören oder publizieren?

Wir können von hier aus nicht allzu viel ausrichten, ausser Flüchtlinge aufzunehmen, und vernünftige humanitäre Hilfe vor Ort zu leisten, und wir können die Politikerinnen wählen, die dafür ein Budget bereitstellen und die sich nicht dauernd mit fehlgeleiteten Sicherheitsfantasien brüsten und aufblasen, die die Gefahren des Terrorismus nicht grotesk übertreiben und unter diesem Vorwand Grundrechte einschränken, die zur Selbstkritik fähig sind und eine längerfristige Perspektive haben.

Oft hören wir die Anekdoten darüber, was Du am 11. September 2001 gemacht hast, aber seltsamerweise nie darüber, wie jemand eingesteht, dass er oder sie danach falsch reagiert hat und sich von Bush und Blair und unkritischen Klatschmedien völlig in die Irre leiten lassen hat.

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Es ist ein trauriger Jahrestag.

Danke für diesen Text.

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Auf Netflix läuft eine lange mehrteilige Doku zu 9/11, die zurück bis zur Besetzung Afghanistans durch die Russen alles aaufrollt. Jedes Detail des 11.9., unzählige Beteiligtenberichte, Originalmeldungen der Flugzeuge (unglaublich ruhig sagen die zB "Ich glaube wir wurden entführt", etc) alles kommt wieder hoch. Es war wirklich eine Art Apokalypse. Immer noch kaum zu fassen, wie die Türme zusammenfallen. Ich habs auch damals erst fast nicht glauben können, dass es kein Film ist. Dazu noch das Flugzeug ins Pentagon, das Selbstabstürzen des Flugs durch Passagiere, das ins Capitol fliegen sollte. Jeder einzelne Vorfall schon ein Jahrhundertereignis. Eigentlich ist es nicht so verwunderlich, dass die Reaktion auch ungeheuerlich war.
Allerdings: Die Doku zeigt erschreckend, wie unglaublich dumm die USA in den Jahren danach in Afghanistan bis heute gewurstelt hat! Vom Irak wussten wir es ja schon lange. Das beschädigt meine Meinung auch von Obama etwas. Mich erstaunt nun die kürzliche sofortige Kapitulation der Afghanischen Armee vor den Taliban absolut nicht mehr.

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Es gab schon lange vor 2001 ein 9/11. Am 9. September 1973 wurde in Chile die demokratisch gewählte Regierung blutig weggeputscht und zwar mit tatkräftiger Unterstützung der USA, vor allem natürlich des CIA. Eigentlich erstaunt es mich, dass auch in der ‚Republik‘ nicht an diese schrecklichen Tage erinnert wird.

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Der Einsturz der beiden Türme war nur eine Fortsetzung der Krieges zwischen Ideologien, und diese wüten nun seit 200 Jahren auf mehr als dem halben Globus. Man muss nur alle Wörter, die mit "---ismus" enden -und uns täglich als Konfliktherde aufgetischt werden- vor Augen Revue passieren lassen um zu sehen: Die "Ismen" haben uns fest in ihren Klauen, und zwar so fest, dass wir annehmen dürfen, dass Ideologien sehr gut zu uns passen.Dies geschieht besonders leicht, wenn wir uns vom Religiösen verabschieden und nach neuer Orientierung lechzen.Der Nationalismus ist dabei das Paradepferdchen - und er schafft immer noch Tote in Millionenstärke. Die NZZ glaubt hartnäckig an den Liberalismus, obwohl er in unsere Zeit passt wie eine Faust aufs Auge. Und der Islamismus ist wie der Hinduismus viel stärker als der Islam und die Hindu-Religion. Nüchternes Wissen und Denken konnten nie dominant werden: Die Corona-Krise war Hebamme von unerwartet vielen Ideolgien und Trump hat das amerikanische Gehirn beinahe ausschaltenkönnen -und gleich noch einige Nachfolger produziert.
Mit 9/11 ist das Drama der Freiheit zur tödlichen Tragödie geworden: Wir sind endgültig in der Epoche der Ideologie-Gefängnisse angekommen.

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Treffende Analyse mit der ich 100% einig bin. Ich erlaube mir folgende Ergänzung:
Betreffend der Herausforderungen für die Demokratien: Da sind wir momentan grad mittendrin, wenn Impfpflicht, Zertifikatspflicht, Einschränkungen der Freiheiten (Demonstration- und Versammlungsfreiheit, Recht auf körperliche Unversehrtheit, Meinungsfreiheit....) von der meisten Regierungen massiv eingeschränkt sind und, so wie es aussieht, leider weiterhin bleiben werden. Ich wage zu behaupten, dass wenn man die Einschränkungen der Grundrechte negativ sieht, die im sog. Kampf gegen den Terrorismus eingeführt wurden, müsste man gleichermaßen die heutigen Einschränkungen wegen der sog. Pandemie kritisieren.

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