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1980, unsere Tochter kam zur Welt, wir wollten sie protestantisch taufen lassen und ihr später die Konfirmation als Entscheidung überlassen. Unserem Pfarrer legten wir unsere Sicht – wir sind und waren keine Kirchengänger – in einem zweistündigen Gespräch dar; er entschied, unsere Tochter zu taufen. Während des Taufgottesdienstes predigte er von der Kanzel herab: Er wetterte über unsere Haltung «So ist das natürlich nicht gemeint» - lauter verdutzte Gesichter in unserer Verwandtschaft.
1981 kam unser Sohn zur Welt, da liessen wir das Taufen dann sein.
Unsere Tochter war eine fleissige Sonntagsschülerin und bis zu Pubertät auch angetan von religiösen Geschichten. Im Sommer vor der Konfirmation gerieten sich Taufpfarrer und sie in die Haare, wohl mit einer typisch pubertären Frage, mit der ich bereits meinen Konfirmationsunterricht bereicherte: «Warum tut eigentlich der liebe Gott nichts ob all dem Leid auf der Erde?» Sie wollte sich nicht mehr konfirmieren lassen und wir traten aus der Kirche aus. Antwort des Pfarrers (nicht etwa der Kirchenpflege): «Das hat man ja schon länger kommen sehen – im Falle eines Todesfalles in der Familie werden wir dann nicht auf die Dienste der Kirche zählen können.»
Da seitens der Kirche keine weitere Reaktion kam, schrieb ich zehn Jahre später die reformierte Kirche Aargau an, schilderte den Fall und fragte konkret, warum nie jemand die Austrittsgründe erfragen wollte. Als Antwort kam ein Massenschreiben: «Wir respektieren einen Austritt und fragen grundsätzlich nicht nach». Schade, denn in jeder fremden Stadt besuchen wir Kirchen, Orte der Stille. Die Pflege und den Erhalt von Kirchen ist uns ein Anliegen
Seit bald 30 Jahren zahlen wir keine Kirchensteuer mehr und nutzen immer die Möglichkeit, die rund 1000Fr. gemeinnützigen Institutionen zu spenden.

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Theologe & Religionspädagoge
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Danke für Ihre persönliche Geschichte. Leider ist das wohl kein Einzelfall.
Genau so wird immer noch aktiv Kirche geschrumpft. In meinen Augen verliert die Kirche so arg an Potential, sich für eine partizipativ gestaltete Zukunft zu öffnen.
Toll, wie Sie beharrlich Geld in soziale Bahnen lenken!
In der Kirchenlandschaft ist gerade einiges in Bewegung. Einige versuchen, Mäuerchen zu bauen und Altes zu bewahren, andere wollen aufbrechen in eine Zukunft ohne den alten Mief.
Ein aktuelles Müsterchen aus „meiner Küche“: Abschied von einem alten Gebet

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Aus derselben Überlegung wie die der Mutter der Autorin haben auch wir unsere Söhne nicht taufen lassen. Das fiel mir leichter als der Autorin, weil mir die Kirche nie so nah war und ich gerne aus der katholischen Kirche austrat. Was meinen fast erwachsenen Kindern nun aber fehlt - und da hätten wir in der Erziehung mehr leisten müssen - ist das Wissen um so viel «christlichen Hintergrund». Ich konnte sie nie dazu bewegen, die Bibel zu lesen, Religionsunterricht hatten sie auch nie. Nun fehlt ihnen oft das Verständnis für die Bedeutung der christlichen Geschichte in unserer Kultur (Architektur, Kunst und besonders wichtig: in der Sprache), ja für Religion überhaupt. Das bedaure ich heute.

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Ich wurde (reformiert) getauft und hatte Religionslehre beim Pfarrer und zu einem gewissen Grad auch noch in der Schule. Trotzdem hab ich mehr über das Christentum (und ebenso auch andere Kulturen) gelernt, als ich begonnen hatte mich aus Eigeninitiative und vorallem auch kritisch damit auseinanderzusetzen - dies hatte zumindest unser Pfarrer nie gemacht. Mit der Zeit wurde mir auch klar, dass das einseitige Lernen aus der christlichen Perspektive auf die Geschichte und Theologie eben auch viele Einflüsse einfach ausblendet, Dinge die vom Christentum aus anderen Kulturen, Religionen oder alten Bräuchen übernommen und assimiliert wurden aber eigentlich viel weiter zurückgehen und dessen Wurzeln wir einfach ausblenden, weil das Christentum hier so lange so dominant war - Weihnachten ist hier ein gutes Beispiel, ebenso Ostern. Auch Nächstenliebe und Altruismus ist keine Erfindung des Christentums, obwohl uns das hier häuftig noch so präsentiert wird.

Unsere Kultur ist aber viel mehr und reichhaltiger als einfach nur christlich geprägt, sie geht weiter zurück, wird beinflusst von anderen Kulturen, von uns selbst, und lebt auch ständig weiter, bewegt und verändert sich, entwickelt sich weiter. Deshalb sehe ich die Tatsache, dass immer weniger Kinder die ausschliesslich christliche Perspektive im Untericht präsentiert kriegen als grosse Chance, uns von unserem christlichen Erbe zu emanzipieren. Denn: Wir müssen aufpassen, dass wir diese christliche Geschichte nicht einfach nur mit härzigen Ritualen, schöner Kunst und Architektur und netten Bibelstellen schönfärben und glorifizieren (wie dies mein Pfarrer gemacht hat) sondern müssen auch anerkennen, dass unsere Vorfahren vieles, was für uns heute absolut selbstverständlich ist, gegen den Einfluss des Christentums erkämpfen mussten und auch wir heute immer noch erkämpfen müssen - z.B. die Anerkennung von nicht-heterosexuellen Formen der Sexualität wird praktisch ausschliesslich aus der religiösen Ecke bekämpft. Aus meiner Sicht geht sowas beim Verweis auf unsere "christliche Kulturgeschichte" häufig auch vergessen, aber auch das gehört eben dazu.

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Diese sehr selektive Bedeutung kann genauso später gelernt werden, wie die Bedeutung der christlichen Geschichte zu

  • Kriegen en masse

  • Verdummung und Ruin der antiken Bildung

  • Büchervernichtung und Vernichtung des Heidentums

  • Erhaltung und Festigung der Sklaverei

  • ...

Schwerverdauliche Kost, ich weiss, mehr davon in der Kriminalgeschichte des Christentums von Karlheinz Deschner.

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Simon Reber
Software Entwickler, Familienvater
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Das ist nicht weiter schlimm. Es gibt nichts, was man nicht später lernen kann, wenn einem etwas daran liegt.

Heute reicht es sowieso nicht, die christliche Geschichte zu kennen, vor allem nicht die, welche uns die Kirchen erzählen. Es müssten auch die Geschichte des Islam, des Hinduismus, des Buddhismus, der Griechen, der Römer, der Kelten, der mittelamerikanischen Kulturen, der unzähligen afrikanischen, asiatischen, süd- und nordamerikanischen Völker, zumindest in ganz groben Zügen bekannt sein.

Auch wenn die allermeisten davon, den Kontakt zu christlichen Gesellschaften leider nicht überlebten ...

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Flag
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In der Geschichte der Menschheit wurden je nach Zählung um die 300'000 Gottheiten angebetet.

Bis auf 1 sind wir hier im Dialog wohl weitgehend einig, nicht? Alles erstunken und erlogen, erfunden.

Thor? Artemis? Isis? OMG

Liste toter Gottheiten auf Wiki

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Liebe Frau R., herzlichen Dank für Ihre Erfahrung. Das beschäftigt mich tatsächlich auch sehr.

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Peter Philippe Weiss
Designer, Künstler, Dozent, Träumer
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Die Taufe hat mit den Gräueltaten der Kirche etwa gleich viel zu tun wie eine Fondue mit einem Veloständer. Das Ritual der Taufe, bzw. heilige Wasserrituale gehen viele Jahrtausende vor das Christentum zurück und werden/wurden in vielen Kulturen der Erde praktiziert. Wasser ist ein Informationsträger. Ein Ritual mit Wasser, das eine heilige/gesegnete Information trägt, kann durchaus eine Wirkung haben. Und einem kleinen Kind in einem Ritual mit gesegnetem Wasser, sozusagen etwas verbindendes und heiliges mit auf den Weg zu geben, halte ich für keine schlechte Idee.

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Die Taufe hat mit den Gräueltaten der Kirche etwa gleich viel zu tun wie eine Fondue mit einem Veloständer.

Hier geht es um die christliche Taufe, nicht um ein beliebiges Wasserritual. Und die christliche Taufe hat sehr wohl etwas mit der Kirche - und damit auch mit deren Geschichte - zu tun. Die Taufe markiert die Aufnahme in die Glaubensgemeinschaft.

Wasser ist ein Informationsträger

Nein. Derselbe Unsinn mit Information im Wassser wird von Homöopathen, von Antroposophen oder von Grander-Wasser Verfechtern erzählt, und dies gehört ebenso in die Welt der Esoterik wie die Behauptung, gesegnetes Wasser enthalte irgendwelche magischen Fähigkeiten. Nachweisen lässt sich nichts davon. Es ist ein Ritual, welches auf die beteiligten Leute psychisch sehr wohl eine Auswirkung haben kann, aber mit vermeintlichen Informationen im Wasser hat das nichts zu tun.

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Peter Philippe Weiss
Designer, Künstler, Dozent, Träumer
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A: Nein. Die christliche Taufe geht aus der Vereinnahmung der uralten Wasserrituale durch die katholische Kirche hervor.
B: Dieser "Unsinn" wird wird seit 4-5000 Jahren von Religionen in Indien und den Weisen und Heiligen der Erde praktiziert.

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Leser, Biotech, Jazz, Sport
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Prinzipiell erkenne ich keine Unterschiede im Glauben an einen Gott oder an ein Wasser, das “Informationen” trägt.

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Leser, Biotech, Jazz, Sport
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Welche Information trägt Wasser?

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im Feld
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Ich habe gerade einen netto 24h-Dienst hinter mir mit Generationenfeier und Krippenspiel, Christnachtfeier mit der Zithergruppe Röselisee und einem Abendmahlgottesdienst mit dem Kirchenchor. Ich gehöre zur aussterbenden Spezies der Landpfarrerinnen, die es noch nicht lange gibt und die leider wohl ein eher kurzes Erdendasein in der Evolutionsgeschichte einnehmen wird, was nicht nur mit der Kirche, sondern auch mit dem gesellschaftlichen Umfeld zu tun hat (s. die „verbotene“ Pfarrerin aus dem Bündnerland). Und ich bin ein Fan von Schwarzen Löchern. Kein Widerspruch! Ausserdem habe ich zusammen mit meinen Gschpändli von der Evangelischen Kirche Schweiz zugestimmt, dass die Ehe für alle sich auch in den kirchlichen Kasualhandlungen spiegelt, wofür man nicht einmal die Kirchenordnung ändern muss, da immer von „Trauleuten“ und Traupaar die Rede ist.
Es ist gut, wenn die Geschichte der Kirchen aufgearbeitet und kritisch durchleuchtet wird. Die evangelisch-theologischen Fakultäten tun dies seit Jahrzehnten auf hohem Niveau, genauso wie sie auch die Hermeneutik und die historisch-kritische Bibelexegese entwickelt haben, was einem Quantensprung im Selbstverständnis der Kirchen gleichkommt.
Das wäre schön, wenn Kirchen sich sozusagen selber überflüssig machen könnten, indem ihre Verbi Divini Ministri/ae anders als die „Pastoren“ im Beitrag und in den Kommentaren in und mit ihren Gemeinden die Freiheit feiern würden, auch die Freiheit, Kinder nicht taufen lassen zu müssen (indem man den Limbus oder die ewige Verdammnis aus dem Vokabular streicht, davon steht nämlich nichts in der Bibel), oder die Freiheit, sich gegen eine Mitgliedschaft zu entscheiden, oder die Freiheit, anders und weniger oder mehr zu glauben.
Ihr Beitrag war ein persönliches Statement und zeigt etwas davon, wie Kirche in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird. Das tut zuweilen etwas weh, aber das ist gut und rückt auch vieles zurecht, was Kirchenleute in ihren Bubbles manchmal etwas verdrängen: Dass sie in einem SRF 2-Groove leben und so tun, als hätten sie immer noch die grosse Masse hinter sich, obwohl in den Gottesdiensten nur noch graue Häupter sitzen.
Ich denke, dass dieser Bereinigungsprozess weitergehen wird, mit den alten Kirchengütern, mit denen man immer noch die Steuern begründet und die man jetzt mal abschreiben könnte, mit den Kirchensteuern der juristischen Personen, die vielen Kirchen gerade in der Westschweiz das Überleben ermöglicht haben und die das Bild gesamtschweizerisch sehr verzerren, und vieles mehr.
Andererseits würden wir mit einer Abschaffung der Institutionen, wie wir sie bei uns kennen, auch etwas aufgeben, das ich als wertvoll erachte.
Ich hefte hier eine Rede an von Jacqueline Fehr, die sie anlässlich der 160-Jahr-Feier des Ausbildungskonkordats gehalten hat. Das fasst zusammen, woran wir heute sind, und warum es in ein Dilemma führt, wenn man da einfach mal klar Schiff machen und Staat und Kirche trennen würde. Ich sehe es eher in Richtung Öffnung zu den anderen Religionsgemeinschaften hin, die bereit sind, sich mit den Kantonen zusammen auf eine Art „ZEWO-Siegel“ für Rechtsstaatlichkeit, konfessionelle Akzeptanz und ein Mindestmass an basisdemokratischen Strukturen zu einigen.
Frohe Weihnachten, Hanukkah sameach!
https://www.zh.ch/content/dam/zhweb…ng_Web.pdf

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Liebe Frau B., vielen Dank für Ihren lesenswerten Kommentar. Sie weisen darauf hin, dass auf universitärer Stufe eine kritische Aufarbeitung stattgefunden hat und heute mehrheitlich ein wesentlich lebensfreundliches Christentum gelehrt wird, welches die Erkenntnisse moderner Wissenschaft nicht (mehr) leugnet. Leider sind diese Erkenntnisse m. E. nur sehr bedingt bei der Basis, dem Kirchenvolk und den kirchlich mittlerweile entfremdeten Menschen angekommen. In Gesprächen habe ich manchmal den Eindruck, einige der frommen, aber auch kritischen, erwachsenen Menschen leben mit dem kindlichen Glaubensbild weiter, welches sie in ihrer Jugendzeit gelernt und verinnerlicht haben. Es wäre an der Zeit, das gelernte 'kleine 1 x 1' des Kinderglaubens hinter sich zu lassen und sich auch im Glaubensleben weiterzuentwickeln in Richtung eines belastbaren, der Freiheit verpflichteten Erwachsenenglaubens.
Schade ist, wenn auch kirchliche Führungspersonen meinen, sie dürften dem einfachen Volk keinen Erwachsenenglauben zumuten, wohl aus Angst, dass ihnen dann die wenigen verbliebenen, treuen und dem Kinderglauben verhafteten Gläubigen auch noch davonlaufen. Meine Sichtweise ist jedoch, dass sie gerade wegen dem Predigen überlebter und überkommener Glaubensbilder ganz viele Menschen verloren haben.
Es gibt aber einige kirchliche Gemeinschaften und Pfarrpersonen, welche den Mut haben, die lebensfeindlichen Gottesbilder und bloss noch dogmatischen Glaubenssätze zu entsorgen und Neuem Platz zu machen. So wie es im NT ja auch heisst: siehe, ich mache alles neu.

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Theologe & Religionspädagoge
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Bei Ihnen beiden fühle ich mich zuhause. Vieles, was sonst hier im Dialog geschrieben wird, bezieht sich auf alte Bruchstücke, an denen sich verunsicherte Menschen und Pfarrpersonen festhalten aus Angst, sonst alles zu verlieren. Genau dagegen rebellieren andere aus gutem Grund.
Was an spannenden Einsichten, Fragestellungen und Verbindungen möglich wird, wenn Elemente aus dem Traditionsschatz kritisch reflektiert und in den Horizont heutiger wissenschaftlicher, gesellschaftlicher und individueller Entwicklungsfelder gestellt wird, ist überwältigend.
Es geht darum zu verstehen und Erkenntnisse zu verknüpfen. Und offene Fragen auszuhalten.
In diese spannenden Diskussionen können alle miteinbezogen werden. Ein heiler „Kinderglaube“ ist eine Sackgasse.
Und meine persönliche Erfahrung ist, dass auch ein Kirchenpublikum offene Fragen und das Ankratzen von Erstarrtem durchaus schätzt.
(Beispiel einer Feier ohne traditionellen Ballast: Blog)

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Theologe & Religionspädagoge
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Ich unterschreibe Ihr Plädoyer für die Freiheit in/von/mit der Kirche und halte Öffnung und Kooperation für Schlüssel zu einer kirchlichen/entkirchlichten Zukunft.
Die Rede von Jacqueline Fehr ist sehr hörenswert!

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Seelsorgerin/Leiterin OKE Basel
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· editiert

Verantwortlich handelnde Kolleg:innen werden auf die Option einer kirchlichen Segensfeier hinweisen. :-)

Was die vielen berechtigt kritischen Anmerkungen zum Thema Kirchen betrifft: sie ist/sind nur so gut wie ihr Bodenpersonal. Das hat in viel Fällen versagt/versagt immer noch. Das fundiert zu kritisieren: wichtig. Jedoch stelle ich da in manchen Kreisen einen genauso absolut gesetzten missionarischen Eifer fest, wie bei kirchlichen Fundamentalisten (und die einen wie die anderen hören das nicht gerne).

Meine Haltung ist: Wenn ich es für wahr halte, dass es etwas gibt, dass grösser ist als alles, das letztlich (schon rein logisch) unverfügbar ist, und das ich Gott nenne, dann kann ich getrost darauf vertrauen, dass er/sie eigene Wege findet, wirksam zu sein. Was ich als Seelsorger:in machen kann: den Raum öffnen, in dem Menschen sich diese Fragen stellen dürfen, ohne sich blöd vorzukommen. Wenn sie darin etwas finden: wunderbar. Wenn nicht, ist auch das in Ordnung.

Edit: Rechtschreibung.

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Leser, Biotech, Jazz, Sport
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“Den Raum öffnen”. Ein schöner Begriff. Aber dazu reicht ein Blick durch das James Webb Teleskop oder das Betrachten von Videos zur Formation eines Foetus im Zeitraffer (David Barlow / Lennart Nilsson).

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Seelsorgerin/Leiterin OKE Basel
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Das ist eine wunderbare Möglichkeit von "Raum öffnen" und einfach nur eine. Es gibt auch Räume, die durch Worte geöffnet (geschlossen) werden, durch Handlungen usw usf.

Zudem kann ein und dieselbe Sache auf verschiedene Weisen betrachtet werden. Da finde ich es schade, wenn nur eine "gültig" oder richtig/wichtig sein soll.

Es mag für manche Menschen tatsächlich alles eineindeutig sein. Für andere ist es anders. Das an und für sich ist unproblematisch. Doch hüben wie drüben wird ganz rasch ge- und verurteilt, anstatt anzuerkennen, dass verschiedene Menschen verschiedene Ansichten haben.

(Dass heisst weder,

  1. dass empirisch belegte Inhalte relativiert werden können, wie es Leuten ins Weltbild passt.
    noch

  2. dass Dinge/Inhalte im Kontext Glauben/Religion/Kirche kritiklos und unhinterfragt bleiben müssen. )

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Wieso reicht dieses

darauf vertrauen, dass er/sie eigene Wege findet, wirksam zu sein

nicht, taugliches Bodenpersonal auszuwählen und auszubilden?

Ein Universum erschaffen, einen Planeten ausgewählt und zum Schluss die HR-Prozesse voll verhängen?!? OMG.

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Seelsorgerin/Leiterin OKE Basel
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Tut mir leid, für Ihre Frage bin ich die falsche Adresse, da ich weder Ausbildungsverantwortliche, Anstellungsbehörde noch Gott bin.

Mein letzter Abschnitt bezog sich nicht auf das Bodenpersonal im Allgemeinen, sondern ist meine persönliche Glaubens- und Arbeitshaltung.

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Kindertaufe ist wie automatische Aboverlängerung: Meistens ist man dann doch zu faul, sich wieder abzumelden.

Kindertaufe ist wie Cookiebanner: «Alles akzeptieren» damit man endlich spielen darf.

Kindertaufe ist wie Babyfotos auf Facebook: Selbstbestimmung ist schon wichtig, aber Likes sind wichtiger.

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Seelsorgerin/Leiterin OKE Basel
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Darüber lachen ich gerade lauter, als ich aus Jobgründen wohl sollte. - ernsthaft: Sie bringen einige frag-würdige Aspekte auf den Punkt.

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100 %!

Kindertaufe ist total unkonsensuell.

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Grad eben persönlich erlebt: Besuch im Spital kurz vor der Geburt, die Hebamme klärt noch unsere Nachnamen und den geplanten Nachnamen des Babys, dann kommt die tolle Frage: Was hat ihr (ungeborenes) Baby für eine Religion? (Antwort: keine)

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Religionsbestimmung bei Föten ist wie Shadow Profiling. Noch nicht mal eingeloggt wird man schon kategorisiert.

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... ähnlich bei uns.

Gross dann das Erstaunen, als das Kind zum konventionellen Religionsunterricht aufgeboten wurde. Anruf an die Kirche (klassisch, mit Telefon, nicht mit gefalteten Händen), die meinte: "Wir dachten, das sei vergessen gegangen. Und jetzt müssten wir einen Austritt einleiten."

Ein paar klare Sätze später wurde der Zwangseintritt dann sistiert.

😱

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Funktion(s)los
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Ich bin nicht gläubig, aber - eher aus Faulheit - immer noch Mitglied der reformierten Kirche, und ich erinnere mich an den Pfarrer der Kirche St. Peter, der uns an der Oberrealschule einen sehr sachorientierten Religionsunterricht gab. Es war zufälligerweise auch der Pfarrer, der mich konfirmiert hat.

Nach meiner Erinnerung hat er uns damals berichtet, dass die Kindertaufe in der Bibel nicht vorkommt. Etwas, was auch die wussten, an die jetzt an der Schipfe in Zürich eine Tafel erinnert, weil sie die Kindertaufe ablehnten und dafür jämmerlich ersäuft wurden.

Sola scriptura - das der Grundsatz der Reformation, aber letztlich war dann das Interesse der verwalteten Welt am Taufregister und damit an der Kontrolle der Bevölkerung doch wichtiger. Auf diesem Hintergrund erhält dann auch der Eintritt in die Gemeinde einen ganz neuen Sinn. Denn Zugehörigkeit zur Gemeinde, das hiess eben politisch auch die Verpflichtung des Untertanen, der beim Rütlischwur immer schon nicht dabei war. Nicht dass die Kirche heute noch solche Funktionen wirklich wesentlich ausübt, aber sie könnte doch etwas lauter darüber nachdenken, inwiefern man Kinder schon verpflichten kann, bevor sie ja oder nein sagen können, denn Zugehörigkeit ist immer auch eine Verpflichtung.

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Spannende Ergänzungen, merci! «Zugehörigkeit ist immer auch eine Verpflichtung» werde ich mir merken.

Auf das Taufregister Bezug nehmend, könnten wir also noch hinzufügen:

Reformierte Kindertaufe ist wie Überwachungskamera. Eigentlich gegen die eigenen Überzeugungen, aber Kontrolle ist wichtiger.

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Gelacht - so gut gesagt und tolle Denkanstösse. Hab zuerst gelikt, weil ich "Kinderglaube" anstatt Kindertaufe gelesen hatte. Da würden die drei Punkte m.M.n. perfekt passen. Da ich die Kindertaufe aber nicht a priori das Letzte finde (obwohl unser Kind ebenfalls nicht getauft ist, aber den kirchlichen Unterricht besucht, aus oben auch schon angetönten Überlegungen), hab ich das Häkchen wieder weggenommen. Wie gesagt, finds aber super Beitrag. Nur eben ist das mit dem Like halt wie so oft zu wenig differenziert und potenziell missverständlich.

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Ihre ausführliche Rückmeldung ist viel besser als ein Like - danke, dass Sie sich extra dafür Zeit genommen haben 🙂 Republik-Kommentare sind wie Abstimmungen - Stimmenzählen ist effizient, aber die daraus entstandenen Diskussionen sind wichtiger.

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Auch ich empfinde viele religiöse Rituale an und mit Kindern als übergriffig und teilweise misshandelnd. Schlimmer noch als die Taufe sind für mich Beichte und Knabenbeschneidung, aber auch gewisse Glaubensinhalte an sich (z.B. Geschlechterrollen, Heteronormativität, christlicher Antisemitismus, jüdischer Rassismus, Rechtfertigung von Gewalt an Kindern, Rechtfertigung der Sklaverei...) empfinde ich als unerträglich. Die Taufe war lange Zeit in der christlichen Tradition eine Schutzimpfung gegen den Teufel. Natürlich ist mir bekannt, dass jede Generation gläubiger C. und Christinnen immer wieder darum ringt, wie Bibel und christliche Handlungen uminterpretiert und verbogen werden können und müssen, damit die darin enthaltenen Menschenrechtsverletzungen nicht auf Anhieb zu erkennen sind, und man den für sich positiv definierten Glauben darüber hinwegretten kann. Wenn urteilsfähige Menschen dies tun, weil ein Glaubenskonstrukt für ihre Lebensführung hilfreich ist und das christliche für sie einen Sinn ergibt, ist dies für mich in Ordnung und manchmal sogar positiv. Verletzliche Kinderseelen mit Religion zu infizieren (und ich meine Religion im Sinne von Wahrheitsanspruch, nicht mythologischen Geschichten), ist für mich hingegen ein NoGo.
Auch die Unterscheidung von 'Bodenpersonal' und 'realer Göttlichkeit' oder von 'verfälschenden Institutionen' und ursprünglich 'wahrem Christentum' oder andere Taschenspielertricks (Taschenspielerinnen mitgemeint) sind für mich nicht akzeptabel. Fazit: ich bin ganz froh, wenn Kinder nicht mehr getauft werden, halte eine Taufe aber auch nicht für ein grosses Verbrechen an einem Kind, so lange sie nicht mit weitergehenden Religionsindoktrinationen verbunden ist.

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Theologe & Religionspädagoge
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Die reformierte Kirche im Kanton Aargau etwa lässt frei, wann und in welchem Alter jemand getauft wird. Schon seit bald dreissig Jahren. Bloss weiss das kaum jemand.

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Leser, Biotech, Jazz, Sport
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„Aber die Negativ­beispiele zeigen, dass die Kirche eine Institution darstellt, der man mit gesundem Menschen­verstand begegnen sollte.“ Genau, deshalb tritt man bei Erreichen des Mündigkeitsalters auch wieder aus.

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Wir haben unsere Kinder im Alter von fünf Jahren taufen lassen. Vorher waren sie einige Male an kindergerechten Anlässen, die unsere reformierte Kirchgemeinde anbot. Die Inhalte des Taufrituals selbst haben weder die Kinder noch vermutlich die meisten anwesenden Erwachsenen interessiert. Aber die Kinder haben erlebt, dass es um sie geht, darum, dass wir ihr Leben als Geschenk in unserer grössten Verwantwortung verstehen und dass ihre Namen eine Bedeutung haben. Das anschliessende festliche Mittagessen mit Gästen und anderen Kindern auf einer Restaurantterrasse mit frühsommerlichem Prachtswetter und einem Spielplatz daneben, haben wir alle als Fest des Lebens und der wertschätzenden Liebe empfunden. Genau darum gehts.
Leicht kann man sich eine solche Erfahrung apriori vermiesen durch den Hinweis auf oftmals gehaltleere bis peinliche Predigten, auf ungeschickte und nicht adressatengerechte Kommunikation von Kirchenmitarbeitenden, auf die teils schreckliche Geschichte der Institution Kirchen, auf die ...
Man darf aber auch zur Kenntnis nehmen: Die reformierte Kirche hat in ihrer rund 500jährigen Geschichte vieles besser zu machen versucht: M.W. die einzige religiöse Institution mit Gleichberechtigung der Geschlechter in den Ämtern, die Konzentration auf das Wesentliche, die Abschaffung des Schuldkomplexes und der Mittlerrolle der Pfarrer:innen zwischen Mensch und Gott, u.v.a.m.
Unbestritten tun sich aber leider überall dort Abgründe auf, wo Menschen glauben, richtig und falsch unterscheiden wollen, oder (um an den grossen reformierten Schweizer Theologen Karl Barth zu verweisen) wenn sie aus der faszinierenden Geschichte des Nazareners eine "Religion" machen.
Es gibt also durchaus Möglichkeiten, die Taufe seines Kindes als ein freudiges, sinnliches Fest zu erleben.

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Elisabeth Arnold
Leiterin Komm. & Geschäftsstelle
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Wer der Kirche keine Macht geben will und wichtige Ereignisse im Leben dennoch feiern will, kann dies auch mit weltlichen/humanistischen Ritualen tun. Hochzeiten am Strand sind schon lange gesellschaftlich akzeptiert. Willkommensfeiern statt Zaufen sind eine viel schönere Variante, weil es um das Kind geht und um seine Familie. Wir müssen uns unbedingt mehr die Freiheit nehmen, unsere eigenen Bedürfnisse zu erkennen und dürfen eigene Wege finden, mit ihnen umzugehen.

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Grossvater, 4 Kinder, 1 Enkelkind
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Die Frage, ob wir unsere Kinder taufen lassen, stellte sich bei uns noch nicht, zu selbstverständlich war diese Entscheidung. Beim Grosskind war dies für unsere Tochter und ihren Mann nicht mehr so klar, sie haben sich den Entscheid, ähnlich wie Frau Merkel, sehr intensiv überlegt. Dies haben wir allerdings erst nach der Taufe unseres Enkels im 3. Lebensjahr erfahren. Bewusst haben wir das Tauf-Thema ausgeklammert, weil wir auf keinen Fall Einfluss nehmen wollten.
Sehr viel haben wir aber darüber nachgedacht. Können sich Eltern leisten ihrem Kind vorzuenthalten das Christentum kennen zu lernen? Das Kind kann nur entscheiden, wenn es auch die Kenntnisse mitbekommt. Ein Austritt sollte im Wissen worum es geht, persönlich als Erwachsener erfolgen. Wo holt sich das Kind Entscheidungsgrundlagen in einer völlig von unsinnigem Konsum geprägten Gesellschaft? Diesem "Terror" ist es ausgesetzt ob die Eltern das wollen oder nicht. Sicher, sehr viel hängt von den Erfahrungen die mit dem "Bodenpersonal" gemacht werden zusammen, vermutlich war ich hier ein Glückspilz. Und zur Frage ob Gott existiert - Unser menschlicher Geist ist derart klein, dass er Gott nie wird erfassen können. Frau Merkel, eine weitere "heure de réflexion" oder Kurzgespräch wie Sie es nennen ist nicht verboten.

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"Können sich Eltern leisten ihrem Kind vorzuenthalten das Christentum kennen zu lernen? Das Kind kann nur entscheiden, wenn es auch die Kenntnisse mitbekommt. Ein Austritt sollte im Wissen worum es geht, persönlich als Erwachsener erfolgen."

Was spricht gegen die umgekehrte Reihenfolge? Das Kind lernt durch das Vorleben des Glaubens der Eltern das Christentum - oder jede andere Religion - kennen. Und ein Eintritt erfolgt im Wissen worum es geht, persönlich als Erwachsener.

Wäre das nicht die mündige, reifere Option?

Es gibt so viele getaufte Kinder, deren Religiosität nicht mehr im alltäglichen Leben verankert ist, weil sie diese nur noch durch die institutionelle Religion in Unterricht und durch die Sakramente (Taufe kriegen sie noch nicht bewusst mit, dann Kommunion, Beichte und Firmung bzw. Konfirmation) vermittelt bekommen.

Wen wundert dann noch das distanzierte Verhältnis vieler im Erwachsenenalter?

Die umgekehrte, aber mündige Option wäre dahingehend ein Ansporn für die Eltern, Glaube und Ethik vorzuleben und zu vermitteln - wenn sie denn wollen, dass ihr Kind im mündigen Alter formell eintreten will. Wenn die Eltern selbst aber nur noch pro forma in der Kirche sind - "Papierli-ChristInnen" -, und Glaube und Ethik nicht zu vermitteln vermögen, dann erübrigt sich auch die Notwendigkeit der Taufe.

Oder welchen Sinn soll die Taufe dann noch haben?

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Grossvater, 4 Kinder, 1 Enkelkind
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"Was spricht gegen die umgekehrte Reihenfolge? Das Kind lernt durch das Vorleben des Glaubens der Eltern das Christentum - oder jede andere Religion - kennen. Und ein Eintritt erfolgt im Wissen worum es geht, persönlich als Erwachsener."
Diesem Vorschlag stimme ich noch so gerne zu, vermutlich sind damit allzu viele überfordert und ich nehme mich da nicht aus. Der Heiligen sind Wenige.

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Warum muss denn als getaufter Mensch ein Austritt erfolgen? Es könnte ja auch sein, dass ein opt-in notwendig wäre, damit die Taufe für eine erwachsene Person verbindlich bleibt. Denn ein Kind wird ja nicht als Christ getauft, sondern als Mitglied in eine der Kirchen aufgenommen.

Und obwohl ich Ihnen grundsätzlich zustimme, dass ein spirituelles Gegengewicht zu Konsumorientierung durchaus gut ist - haben denn Kirchen ein Monopol darauf?

almost off topic: Lustigerweise kannte ich einen T. H., der auf die Frage, warum er nicht bei Google arbeite antwortete: ' Ich habe schon eine Religion!'

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Grossvater, 4 Kinder, 1 Enkelkind
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Natürlich muss kein Austritt erfolgen, nur wenn jemand mit der Kirche nur schlechte Erfahrungen gemacht hat steht ihm diese Möglichkeit ja offen.
Bei der Taufe lege ich das Gewicht auf das Christ sein, das Bekenntnis zu Christus ist der Motor, die Kirche ist der Rahmen oder die Karosserie, wie in unzähligen Beiträgen erwähnt wurde ist dieses Äussere ja ganz schön lädiert. Aber nicht die Fassade zählt sondern wohin die Fahrer und Fahrerinnen lenken. Am Steuer sitzt nicht der Papst oder sonst wer, sondern jeder und jede Einzelne von uns. Ob ein Kind in eine katholische, evangelische oder christkatholische Familie geboren wird ist reiner Zufall.

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... hinduistische, moslemische, zarathistrische, thoristische, isisistusche, ...

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Theologe & Religionspädagoge
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Vieles, was in Kirchen als „christliche Inhalte“ gilt, ist ja in Gesellschaft und Kultur schon lange angekommen. Romane, Filme, bildende Kunst wimmelt ja von Anspielungen, Zitaten und kreativen Fortsetzungen.

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· editiert

Während ich mit Gott ein Gentleman-Agreement habe (Wir finden einander gut und lassen uns in Ruhe), so habe ich mit der katholischen Kirche schon eher ein gespanntes Verhältnis. Ich respektiere die gemeinschaftliche und soziale Funktion, die eine Kirchgemeinde haben kann, aber was darüber hinausgeht, so bin ich über das Verhalten der Kirche eigentlich nur noch entsetzt. Dementsprechend sind unsere Kinder bis dato nicht getauft und die meiner Schwester auch nicht, was damals widerum unsere Mutter aus allen Wolken fallen liess. Mittlerweile (10 Jahre später) kann sie den Entschluss aber nachvollziehen. Etwas das ich meiner Mutter hoch anrechne; dass auch im Seniorenalter gewisse Überzeugungen noch über Bord gehen können.

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Eltern, welche ihre unmündigen Kinder taufen lassen, machen sich recht eigentlich des Missbrauchs ihrer elterlichen Gewalt schuldig. Unmündigkeit geht zwingend mit Urteilsunfähigkeit einher. Einer unmündigen Person mit einem religiösen Akt, wie ihn die christliche Taufe darstellt die Zugehörigkeit zu einem Bekenntnis aufzuzwingen ist schlicht übergriffig. Prinzipiell ebenso missbräuchlich wie die rituelle vorsätzliche Verletzung der körperlichen Integrität, wie sie durch die im Judentum und im Islam als religiöse Pflicht vorgeschriebene Knabenbeschneidung gegeben ist. Rundum verwerfliche Praktiken, mit welchen die betreffenden Religionen ihre Glaubenssysteme an die nachfolgenden Generationen weiterzugeben und damit deren Fortbestand zu sichern trachten, ohne dass die direkt Betroffenen, die Kinder also, ihr Einverständnis dazu erteilen konnten. ... Ein klarer Verstoss gegen die Menschenrechte (AEMR, Art.18). Nichts mehr und nichts weniger.

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Kirchenpfleger
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Die Taufe als Missbrauch elterlicher Gewalt und klarer Verstoss gegen die Menschenrechte? Der Furor, mit dem Sie, Herr Knupfer, und etliche Kommentatoren gegen die Kindertaufe anschreiben, ist mir unbegreiflich. Wenn Eltern ihre Kinder unter den Segen Gottes stellen wollen, im Wissen, dass sie als Eltern nur beschränkt für deren Wohl sorgen können, finde ich das grossartig.

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Kinder einem fiktiven Freund anzuvertrauen?
All die durchwachten Nächte aus Angst, in die Hölle zu kommen?
Beten, beten, beten und es nützt nichts - weil das Kind falsch ist oder zumindest etwas falsch macht?

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Würden Sie gleich argumentieren, wenn es um Eltern ginge, die ihren Kindern eine andere Religion indoktrinieren?, ...

...

Wir stehen am selben Ort an. Die Worte der anderen Person sind unbegreiflich.

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Da möchte ich gerne widersprechen. Lange konnte ich mir nicht vorstellen Kinder zu taufen. Genau aus dem von Ihnen genannten Grund: ich kann meinen Kindern doch kein Bekenntnis aufzwingen.
Während des Theologie-Studiums haben sich meine Ansichten bezüglich Kinder-Taufe geändert. Ich gehe davon aus, dass es bei der Taufe darum geht, das Ja Gottes zu einem Menschen symbolisch auszudrücken und sichtbar zu machen. Das Ja Gottes steht vor irgendwelchen Entscheidungen meinerseits (es wird auch Gnade genannt), also auch vor irgendwelchen Bekenntnissen. Wir haben also unsere Kinder getauft um ihnen und uns bewusst zu machen, dass Gottes Zuspruch "du bist meine geliebte Tochter/mein geliebter Sohn" gilt, noch bevor sie sich selber einen Namen machen können.
Als Zweites haben wir uns verpflichtet, den Kindern das Geheimnis, dasGott ist und bleibt, nach unseren Möglichkeiten näher zu bringen. Und dazu hat auch die Gemeinde Ja gesagt. Das ist also die Einbettung in die Gemeinschaft. Auch das empfinde ich nicht als Zwang, sondern als Chance, die die Kids wahrnehmen können. Oder seinlassen können.
Ist das so für Sie auch vertretbar? Ich bin gespannt auf Ihre Meinung!

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Leser, Biotech, Jazz, Sport
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Das Christentum ist in Auschwitz gestorben.

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Da wir beide zeitgleich auf den ersten Beitrag geantwortet haben, erlaube ich mir, die Frage aufzunehmen:

Nein.

Es gibt keinen Gott. Es gibt kein Ja Gottes. Eine Kirche, ein Gott, die, der Kinder, die nicht getauft sind, im Todesfall direkt in die Hölle schickt - welch' Psychopathie! ...

Wenn ein Mensch meint, diese Chance wahrnehmen zu wollen, dann bitte im mündigen Alter und ohne Indoktrination, ohne Psychopathie, ohne schlaflose Nächte, ohne Angst vor Fegefeuer oder Hölle, ...

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Klar und erfrischend wie Gletscherwasser. Danke! Das meinte ich mit unkonsensuell in einem anderen Kommentar und bedauere, nicht so klare Worte gesucht bzw. gefunden zu haben.

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Theologe & Religionspädagoge
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Es gibt sehr gute Argumente gegen die Kindertaufe, aber ist es nicht viel verwerflicher, Kinder fünf Tage pro Woche mehrere Stunden täglich in Schulbänken stillsitzen zu lassen und sie mit Bewertungen und Belohnungs/Bestrafungssystemen zu angepassten Arbeitskräften zu dressieren? Oder ihnen via Bildschirm optischen Fastfood bis zum Abwinken zu servieren?

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Da brauchen Sie mich nicht lang davon zu überzeugen, komplett einverstanden. Jedenfalls ein absolut legitimer Vergleich.

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Simon Reber
Software Entwickler, Familienvater
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Obwohl ich mich die ganze Kindheit durch die kirchliche Unterweisung quälte (eine Wahl hatte ich nicht), wusste ich als 20-Jähriger nicht mal was es mit Ostern auf sich hat, ausser, dass man da zwei verlängerte Wochenenden hat, und der Osterhase Eier bringt 😁. Aber ich wusste, dass unser damaliger Pfarrer ein ausgesuchtes Arschloch war, der uns zu jeder unpassenden Gelegenheit mit der Hölle drohte.

Schon als Kind wusste ich, dass die Vorstellung eines wohlmeinenden Gottes nichts als Humbug sein konnte. Zu viele schlimme Dinge passieren laufend, zu viele schlechte Menschen sitzen überall an den Hebeln der Macht, als dass diese Aussage auch nur die geringste Bedeutung haben kann.
Genauso unmöglich kann es sein, dass die fast unendlich vielen Menschen, welche im Lauf der Jahrtausende lebten und starben, sich anschliessend im Himmel und der Hölle tummeln, wobei alle, welche nie von Christus gehört haben, unbesehen in die Hölle kommen. Wer kann so einen Unsinn glauben? Und warum soll es für Tiere nichts Vergleichbares geben? Wie trist muss der Himmel sein, wenn es keine Vögel, Katzen, Pferde, Fische, Libellen oder Hunde gibt?
Den Gipfel der Abneigung besorgte mir aber ein tief religiöser Lehrer in der 4. Klasse, der mich wegen meiner pointierten Sprüche richtiggehend hasste und keine Gelegenheit ausliess mich zu schlagen oder sonst wie zu erniedrigen.
Zu meinem Glück, und dem Unglück Afrikas entschied er, sich dort in der Mission zu betätigen. Und wir wissen alle, wie es heute um Afrika bestellt ist😐.

Trotzdem sind alle meine Kinder getauft und durchwanderten die KUW, allerdings bei einem sehr coolen Pfarrer.
Meine Frau konnte sich nicht vorstellen, diesen Schritt auszulassen.

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Seelsorgerin/Leiterin OKE Basel
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Lieber Herr Reber, danke für's Erzählen und Teilen. Es tut mir leid, dass Sie derart schlimme Erfahrungen gemacht haben.

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Ueli von Känel, Reformierter Pfarrer
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Liebe Frau Merkel, vielen Dank für Ihren Mut, differenziert-kritisch und doch letztlich positiv über die christliche Religion zu sprechen (ich schrieb absichtlich nicht Kirche, auch wenn ich als ref. Pfarrer in ihr tätig bin). Die Dogmen der katholischen Kirche sind grösserenteils bibelfremd, sind zumindest teilweise Untermauerung des autoritären Papsttums. Die katholische Machtzentrale frönt Dogmen, wie z. B. dem "materialistischen" Zölibat, der längst abzuschaffen wäre. Längst wäre die Zulassung der Frauen zu den kirchlichen Aemtern fällig. Aber auch: Die reformierte Kirche muss moderner, kommunikativer, weniger predigtteillastig werden. Reformen hüben und drüben sind m. E. fällig. Und richtig: Gott ist grösser als wir. D.h. Demut vor dem Schöpfer ist m. E. zentral, in gleichem Atemzug Solidarität mit der Natur, die uns umgibt. Eine moderne Religion braucht gegenseitige Anteilnahme, moderne Kommunikation, so wie es vor ca. 250 Jahren bereits Schleiermacher formulierte, dass die Religion und damit die Kirche keine Dogmen (Lehrsätze) brauche. Religion sei nicht an einer kirchlichen Macht oder an eine Amts-Person festzumachen, sondern an den innersten Gefühlen des Herzens, und ich fahre weiter mit: Religion ist stark Hingabe an Mitmenschen und der Mit-Natur. Leitfaden: Stark das Lukasevangelium. - Ein helles neues Jahr wünsche ich Ihnen und all den Ihren!

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Lieber Herr V., ich danke Ihnen herzlich für Ihre Rückmeldung und dass Sie sich Zeit genommen haben, um eine so sorgfältige Antwort zu formulieren. Ich bin erleichtert, dass Sie bei all meinen kritischen Überlegungen gesehen haben, dass ich positiv über die christliche Religion sprechen wollte. Das war mir wichtig. Es sind Begegnungen wie diese mit Ihnen, die mir den Reichtum der christlichen Erfahrung verdeutlichen. Ich wünsche Ihnen ebenfalls ein helles, frohes neues Jahr!

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Ueli von Känel, Reformierter Pfarrer
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Liebe Frau Merkel, ich danke Ihnen für Ihre wertschätzende Reaktion. Es ist wichtig, einander in der Ausübung oder zumindest beim Anstreben christlicher Werte zu unterstützen. Vor drei Tagen brachte ich in "meinem" Weihnachtsgottesdienst zum Ausdruck, dass die Weihnachtsbotschaft zuerst den armen Hirten (wohl am ehesten ähnlich wie Taglöhner, wohlhabender Gesellschaft im Städtchen Bethlehem gehörend), Leuten am Rande der Gesellschaft, dass diese viel mehr ein Augenmerk und eine Unterstützung verdienen. Wenn die Gesellschaft mehrheitlich nach den Gesichtspunkten des "Evangeliums des Teilens" (Lukasevangelium) leben würde, dann gäbe es wohl weniger Arme auf der Welt, und die Güter wären weniger unregelmässig verteilt; damit würde mehr Mitgefühl mit der vom industriellen Menschen geschundenen Natur einhergehen. Ich hoffe sehr, dass irgendwann ein Ruck durch die Mehrheit der Menschen geht, so dass ich berechtigter Hoffnung sein kann, dass mein Grosskind (10-jährig) z. B. in 40 Jahren noch eine lebenswerte Erde vorfinden wird.

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Theologe & Religionspädagoge
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Was, wenn alles hier Geschriebene etwas Wahres hat? Wir müssten nur die einzelnen Wahrheiten miteinander verbinden und kämen so zu adäquateren Vorstellungen von „Gott“ und „Religion“ als jedes Einzelwesen je generieren kann. Zusammen mit der Einsicht, dass wir spielende und lernende Wesen sind und unsere Vorstellungen sich im Laufe der Zeit wandeln und wir auch kreativ Neues hervorbringen können, wären wir dann etwa in Gefilden, wo es spannend wird.
Für mich ist der grösste Fehler der gegenwärtigen institutionalisierten Religionen, dass sie Menschen entmündigen und aus einem falschen Kontrollwillen (Verlustangst?) heraus starre Vorstellungen und Handlungsrichtlinien vertreten, die individuelle Zugänge zu dem, was hinter „Religion“, „Glaube“ und „Gott“ eigentlich vielfältig erlebbar wäre.
Gerade vergangenen Advent habe ich mich vom Unservater-Gebet verabschiedet, weil da versteinerte Inhalte transportiert (und den Kindern unnötig ins Hirn gebrannt) werden, die für mich nichts mit Gott zu tun haben. Viele Menschen machen „Gotteserfahrungen“ ohne das zu merken.
Für mich ist Gott Dynamik, Vielfalt, Entwicklung, Beziehung, Liebe & Leidenschaft und nicht Kontrolle, keine Erklärung und keine Bewertungsinstanz.
Lesenswert möglicherweise:
Catherine Keller. Über das Geheinmis
Fabian Scheidler. Der Stoff aus dem wir sind
Hartmut Rosa. Warum Demokratie Religion braucht
Andreas Weber. Sein und Teilen

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Die Frage ist: Weshalb brauchen wir Institutionen und eine dazugehörige Elite? (Hier wie dort)

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Seelsorgerin/Leiterin OKE Basel
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Lieber Herr P.
Da kann ich mich vielem anschliessen!

Liebe:r Anonym 6
Die Frage ist berechtigt - ich denke es ist einerseits das momentane Ergebnis von Entwicklung seit das Christentum Staatsreligion wurde und andererseits neigen Menschen zu Organisation, wenn sie in grösseren Gruppen unterwegs sind.

Persönlich bin ich überzeugt, dass in unseren Breitengraden die institutionalisierten Kirchen langsam und sicher (letztlich selbstverschuldet) verschwinden werden.

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Theologe & Religionspädagoge
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Wir brauchen keine Elite. Die Menschen können sich wunderbar selber organisieren, wenn man sie nur lässt.
Jeder Mensch ist für irgendetwas Spezialist:in und könnten Wissen und Erfahrungen einbringen, die niemand sonst hat. Allenfalls wäre da eine bestimmte „Elite“ gefragt, Austauschprozesse zwischen verschieden Tickenden zu moderieren. Aber das müsste eine Elite durch Skills und nicht durch Geburt oder Amt sein.

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Leser, Biotech, Jazz, Sport
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Das Christentum ist nun mal eine institutionalisierte Religion. Es ist zudem, wie auch der Islam ein zutiefst missionarischer Monotheismus (die Intoleranz und das Missionarische sind wohl schon in der Natur der Monotheismen begründet). Vor diesem Hintergrund erscheinen die scheinbaren Bemühungen um „Häuser der Religionen“ bzw die (wohl gut gemeinten) Initiativen zur Verständigung der Religionen recht naiv. Das Dogma und der Kult müssen rein und aufrecht erhalten und propagiert werden (u.a. Taufe) ansonsten Annihilation droht.

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Vieles klingt bei mir an, bis hin zur Aussage, dass unsere Kinder uns den Blick öffnen dafür, was unsere Mütter bzw. Eltern genau richtig gemacht haben. Danke für diese Einblicke!

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... und umgekehrt, was sie genau falsch gemacht haben ...

Ein durchaus schmerzhafter Prozess.

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Ich danke Ihnen für diese Rückmeldung.

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Gott ist es egal, ob wir getauft sind oder nicht!
Wir sind diejenigen, die daraus ein Problem machen, - oder keines.
Wir sind die, die immer noch ein bisschen Magie brauchen, - religiöse oder andere.
In der kindlichen Entwicklung ist magisches Denken eine Phase. Ab etwa dem fünften Lebensjahr gewinnt dann langsam das „realistische“ Denken die Oberhand. Und für alles was bis ins Erwachsenenalter unerklärlich bleibt, bieten die Religionen auch später Erklärungen. Und ausserdem bieten sie Sicherheit, Zusammenhalt und Orientierung.
Dies stets eingebettet in Glaubenssysteme, denen man sich unterwerfen soll. Deren Verweigerung konnte einen früher das Leben kosten, in gewissen Teilen der Welt ja heute immer noch.
Religionen haben stets mit Macht zu tun. Mindestens mit der Macht der Worte und der Rituale. Nur zu oft aber mit viel handfesterer Macht. Die Kirchengeschichte ist voll von Machtmissbrauch und Mord und Totschlag.

Unsere grossen Festtage sind allesamt magisch heidnischen Ursprungs und wurden einfach christlich umdefiniert. Die Wintersonnenwende mit dem alten Lichterfest wurde zur Weihnacht mit der angeblichen Geburt des Christkindes. Und bald feiern wir dann Ostern und die Auferstehung Christi, was mal die Feier zum Frühlingsbeginn und der Wieder-Auferstehung des Lebens war. Die Symbole der Fruchtbarkeit (Eier und Hase) durften bleiben.
Genauso machte man es mit Orten: auf den alten heidnischen Kultplätzen wurden Kirchen gebaut. Die Orte neu besetzt und umdefiniert.
Auch die Taufe ist ein vorchristliches Ritual, - angeeignet und umdefiniert.
Scheint ein kirchlicher Lieblingsvorgang zu sein, das Umdefinieren.
In der christlich russisch-orthodoxen Kirche wird gerade verkündet, dass die Ukraine vom Bösen befreit werde…..
Ich höre jetzt auf. Aber da bin ich sicher: die Taufe ist Gott egal.

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Das mit dem umdefinieren klingt zwar plausibel, ist aber oftmals gar nicht wahr. So zum Beispiel beim Datum für Weihnachten. Dieses wurde ca. im 4. Jahrhundert folgendermassen errechnet: Damals glaubte man, dass wichtige Personen an dem Zeitpunkt starben, an dem sie gezeugt wurden. Der Zeitpunkt des Todes von Jesus wurde in der Bibel angegeben (umgerechnet 25. März). Damit würde der Zeitpunkt der Geburt dann auf den 25. Dezember fallen.

Diese Berechnung hat sich dann durchgesetzt, zuvor wurde von verschiedenen Gruppierungen zu verschiedenen Zeitpunkten "Weihnachten" gefeiert.

Auch das mit den Christbäumen wird oft als heidnischer Brauch deklariert. Dabei stammt dieses Ritual aus dem ausgehenden Mittelalter. Ein immergrüner Strauch im Winter stellt den Paradiesbaum dar.

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Wintersonnenwende. Die Sonne bleibt drei Tage an tiefsten Ort und aufersteht dann. Läutet eine Glocke?

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wenn es einen Gott gibt, können wir ruhig feststellen, dass er oder sie mit den Religionen, die existieren und existierten nichts gemeinsam hat.
Sonst hätte er/sie schon lange irgendwie korrigierend eingegriffen.

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weswegen denn? wir sind zur freiheit also verantwortung berufen. das macht uns menschen aus; wir wissen um gut und böse und können das nicht mehr irgendeinem gott anhängen. das macht einen aufgeklärten, wissenschaftlich verantworteten glauben aus.

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Leser, Biotech, Jazz, Sport
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Sie sagen es, Ethik hat mit Religion/ Gott nichts zu tun. Deshalb können wir auch getrost auf all die Götter (menschliche Projektionen ins Vakuum hinaus, Dawkins) verzichten. Es gibt nur uns und es ist an uns, ein Paradies oder die Hölle zu schaffen (Monod).

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Gott und Kirche, sprich Religion(en) sind strikte von einander zu trennen. Der Homo sapiens neigt zum Sprituellen, Transzendentalen, Göttlichen, wie immer man das nennen mag. Spuren schon aus vorgeschichtlicher Zeit bis zum heutigen Tag belegen, dass die Menschen immer in irgend einer Form religiös waren, "höhere Instanzen" anbeteten, verehrten und ihnen Opfer darbrachten.
Fragt sich nun, ob diese Religiosität, mithin auch die Kirchen, für die Menschheit Segen oder Fluch waren und sind. - Ich denke, beides.
Auf der "guten Seite" stehen Trost, Friede, Zuversicht die Millionen Gäubige erfahren, dann das soziale Element der Religionsgemeinschaften (Kirchen) und zu guter Letzt unsere kulturellen Errungenschaften, die ohne Schutz und Förderung durch Kirchen nicht in diesem Masse erfolgt wären.
Was auf der "üblen Seite" steht, bedarf keiner grossen Erklärung. Welche Gräueltaten währen tausenden Jahren durch Religionen im Namen Gottes begangen wurden, kann in jedem Geschichtsbuch nachgelesen werden. Aktuelle Beispiele gibt es derzeit auch in Iran oder in Afghanistan.
Ob nun das Gute oder das Schlechte überwiegt, ist nicht zu beantworten. Dazu fehlen die Daten und es gibt keine geeigneten Messmethoden. Zudem: Religonen (Kirchen) können nicht abgeschafft werden (auch Stalin hat das nicht fertiggebracht), den Religiosität ist offenbar Menschheits-immanent. Doch jede Religionsgemainschaft müss(t)e sich ausschliesslich auf die "guten Seiten" beschränken, und die Finger konsequent von Politik und Machtstreben lassen.
Doch nun zu Gott: Wenn ein Gott die Welt, sprich das Universum, erschaffen hat, egal ob das im Urknall oder gemäss der allegorischen Erzählung der Bibel geschehen ist, dann ist dieser Gott nicht Teil des Raum- Zeit-Kontinuums, denn Raum und Zeit sind erst im Laufe des Entstehungsprozesses entstanden. Das bedeutet aber auch, dass dieser Gott vom menschlichen Verstand nicht erfasst werden kann, er ist nicht be-greifbar, er unterliegt nicht der Einsteinschen Physik. Die Kirchen mögen ihre Daseinsberechtigung haben, als Erklärerinnen Gottes, als Führerinnen zu Gott, taugen sie nicht, den auch sie wissen nicht wer, wie, wann, wo Gott ist und ob es ihn überhaupt gibt.

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Leser, Biotech, Jazz, Sport
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Die humane Emotion, die wir Transzendenz nennen mögen ist natürlich kein Beweis dafür, dass es Gott gibt. Aus der Sicht der Evolution unserer Spezies und bei Bemühung biologischer Erklärungen spricht einiges dafür, dass es das brennende existenzielle Verlangen nach Getragen und Umsorgtwerden ist.

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Theologe & Religionspädagoge
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Gott ist grösser als die Kirche.“ und
Sie (die Tochter) soll ihrem eigenen Gespür und ihrem Gewissen mehr trauen als einer von Fehlern gespickten Institution, die sich oft transzendente Autorität anmasst.“
Zwei sehr beherzigenswerte Sätze, die in jedem Religionsunterricht vorkommen sollten.
In meinen Augen geht es um positive Erlebnisse in einer Gemeinschaft, in der mein persönlicher Beitrag willkommen ist, egal wie konform. Und die Öffnung der eigenen Wahrnehmung und Fragefähigkeit für das Göttliche und Einmalige im eigenen Leben.
Eine Taufe kann das stützen oder nicht, je nachdem in welchem Geist sie erteilt, geteilt und empfangen wird.

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Leser
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Geschätzte Frau Merkel. Vielen Dank für diesen sehr persönlichen Beitrag. Diese gelungene Mischung aus Privatem und gesellschaftlicher Relevanz beeindruckt mich. Ich selber durfte zu DDR-Zeiten Gemeindepädagogik in Potsdam studieren (und dafür war die Taufe mit zarten 22 Jahren dann nötig). Dieses Studienfach war ein Versuch, dem verstaubten Theologiestudium etwas praxisbezogenes, lebendiges daneben zu setzen. Nach der Wende wurde dann ein Religionspädagoge daraus. Gerne hätte ich in der Schweiz eine Art überkonfessionellen Regligionsunterricht gegeben. Das ist aber leider (noch) nicht möglich. Übrigens: Die Kindstaufe findet in der Bibel meines Wissens keine Erwähnung;-)

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Stichwort "Überkonfessioneller Unterricht": Unterricht ist bekanntlich kantonal geregelt, Fächer wie "RKE" im Kanton Zürich (Religionen, Kultur, Ethik) existieren aber durchaus. Dieses Fach ist im Kanton Zürich in der Primarschule obligatorisch (in der Sekundarstufe meines Wissens momentan nicht, Irrtum vorbehalten), der konfessionelle Unterricht freiwillig. Das nur als Nebenbemerkung.

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Leser
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Vielen Dank, Frau G., das war mir noch nicht bekannt. Ich werde mich mal schlau machen.

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Das stimmt, die Kindertaufe wird als solche nicht erwähnt. Man liest einfach, dass sich ein Gefängniswärter mit seinem ganzen Haushalt taufen liess, da werden wohl auch Kinder dabei gewesen sein. Falls es dieses Argument braucht, was ich heikel finde (weil es den Anschein weckt, dass man die Bibel 1:1 als Lebensanleitung übernehmen möchte), kann man die Kindertaufe damit auch biblisch plausibilisieren.

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Leser, Biotech, Jazz, Sport
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Man kann die Bibel ja auch ein bisschen umschreiben und das eine oder andere Kapitel dazu dichten?

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Das ist ein sehr interessanter Aspekt, vielen Dank.

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"Sie soll ihrem eigenen Gespür und ihrem Gewissen mehr trauen als einer von Fehlern gespickten Institution, die sich oft transzendente Autorität anmasst." - Das ist für mich nicht das letzte, sondern das erste und einzige Argument, weshalb wir auch unsere Tochter nicht getauft haben: Sie soll sich, wenn sie will, in vollem Bewusstsein, aus Überzeugung und aus freier Entscheidung taufen lassen.

Das Glaubensbekenntnis war denn auch lange die Voraussetzung für den Initiationsritus namens Taufe, weshalb anfänglich auch nur Erwachsene getauft wurden. Doch mit der Lehre der Erbsünde und (Zwischen-)Hölle - und der hohen Kindersterblichkeit - hatte man Angst, dass Neugeborene vor der Taufe sterben könnten und so nicht in den Himmel, sondern nur in den Limbus infantium gelangten.

Mit der Abnahme der Kindersterblichkeit (hier zumindest) und des traditionalistischen Glaubens an die Erbsünde und (Zwischen-)Hölle blieben nur noch zwei Gründe für die Kindertaufe: Gewohnheit und Tradition.

Doch hat dies noch etwas mit Überzeugung und Glauben zu tun?

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konfessionslos
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Gott ist grösser als die Kirche.

Wie viele Priester und Kirchenfürsten wissen das oder haben es gar verinnerlicht?

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Gott ist nicht. Ergo ...

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Urs Fürer
Grafiker, Biker, Elektromobilist, …
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Die 1949 geschlossene Mischehe meiner Eltern (Mutter protestantisch, Vater katholisch) hatte für meine Mutter übelste Beschimpfungen von katholischer Seite zur Folge. Als Folge davon ist mein Vater kurz darauf aus der Kirche ausgetreten – ein mutiger Schritt in der damals sehr wertkonservativen Gesellschaft. Unsere Eltern hatten sich darauf geeinigt, meine Schwester und mich protestantisch zu erziehen. Wir wurden getauft und hielten bis zur Konfirmation durch. Ich eher widerwillig und rebellisch – 1975 bin ich mit 23 Jahren aus der Kirche ausgetreten.

Meinen Vater haben die Agressionen auf seine Mischehe sein ganzes Leben lang beschäftigt. Er las sich durch die ganze einschlägige Literatur, machte einige Zeit bei den Freidenkern mit und verkehrte korrespondenzmässig oder persönlich mit Gleichgesinnten und Andersdenkenden wie Christoph Bopp (ex Redaktor AZ), Philippe Dätwyler (ex Kulturbeauftragter evang.-ref. Landeskirche Kt. ZH), Karlheinz Deschner (Kirchenkritiker), Hans Küng (Theologe), Robert Mächler (Schriftsteller), Michael Meier (Journalist), Dr. Werner Morlang (Literaturkritiker) und Hans Steiger (ex Nationalrat). Da ich ja nicht dabei war, muss ich mich auf Fotos von Treffen und Korrespondenz stützen.

Seit den 60er Jahren erinnere ich mich an den immer dicker werdenden Stapel an Manuskripten für ein Buchprojekt, seine Abrechnung mit der Kirche. Es dauerte jedoch 30 Jahre bis das Buch «Was die Kirchen verheimlich(✝︎)en» 1993 erschien und leider nicht zum publizistischen Erfolg wurde, den er sich so erhofft hatte – obwohl er viel Geld in Werbung investierte und sicher jede Schweizer Redaktion mit einem Gratisexemplar bedacht wurde.

Seit Jahren schiebe ich die Neuauflage als E-Book vor mir her. Ich habe das Buch Korrektur lesen und redigieren lassen, die Änderungen aber noch nicht vollzogen. Was ich Interessierten anbieten kann ist eine PDF-Ausgabe, «Work in progress» sozusagen. Ein Mail an urs.fuerer@bluewin.ch genügt – es gibt auch noch einige physische Exemplare, falls das jemandem lieber ist.

Wer sich für das Thema interessiert, dem empfehle ich ausserdem «Im Bann der Apokalypse» von Hugo Stamm (2. Auflage 1998), das jedoch thematisch ein wesentlich breiteres Spektrum abdeckt. Man kann es hier als PDF downloaden. https://epdf.tips/im-bann-der-apokalypse.html

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Verlegerin
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Unsere Tochter ist getauft. Ich bin reformiert und erlebte meine Kirche als fortschrittlich in der Gleichstellung von Frauen und Männern. Das war mir als Teenager, in den siebiziger Jahren, sehr wichtig. Die Taufe meiner Tochter bereue ich nicht, doch in einem magischen Sinn genützt hat sie nicht. Ich bin einfach zufrieden, dass die Kirche ja zu ihr gesagt und versucht hat, ihr Gemeinschaft anzubieten: Treffs, Kinder- und Jugendverband und Unterricht für Kinder.
Die kirchliche Gemeinschaft mit Kindern scheitert dann an sehr menschlichen Dingen; eine Katechetin offeriert Glacestängeli und reagiert hässig, wenn das letzte übriggebliebene Glacé die geschmackliche Vorliebe des letzten Kindes nicht trifft und es das Geschenk ablehnt. Oder du kannst nur im Jugendverband sein, wenn du sportlich bist und jedes Mal eine Entschuldigung für sportliche Aktivitäten mitbringst. Dies geht dann zusammen mit dem Bibelwissen in die - ferne - Erinnerung an Kirche ein.

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Sie listen in ihrem Artikel zahlreiche negative Erfahrungen auf, die Sie mit Kirche gemacht haben. Die meisten beziehen sich auf die katholische Kirche.
Ich nehme Ihre Erfahrungen ernst. Es gibt tatsächlich schlechte Predigten, Pfarrer, die einem "die Leviten lesen" etc. Dazu natürlich der Ballast der Kirchengeschichte, Missbrauchsskandale, Frauenfeindlichkeit, Homophobie...
Hier müsste man aber differenziert hinschauen. Die meisten reformierten Landeskirchen der Schweiz haben jüngst beschlossen, gleichgeschlechtliche Trauungen durchzuführen. Frauen haben schon lange Zugang zu allen Ämtern, die Kirchenleitungen liegen vielerorts in den Händen von Frauen, bis hin zur Evangelischen Kirche der Schweiz. Das wissen viele Leute nicht. Da bleibt man doch lieber bei seinen Vorurteilen.
Ich selber bin reformierte Pfarrerin und versuche, Tag für Tag den Menschen die positiven Erfahrungen näherzubringen, die Sie selber in ihrem Artikel erwähnen: Dass da ein Boden ist der trägt, und dass Gott grösser ist als die Kirche.
Ich versuche es in und oftmals auch trotz der Institution Kirche, die sicher nicht perfekt ist. Vielen meiner Kolleginnen und Kollegen geht es genauso. Es wird nicht nur schlechte Arbeit geleistet in der Kirche. Aber es ist nicht einfach, wenn man den Ballast der Jahrhunderte und der Katholischen Kirche immer auf dem eigenen Buckel tragen muss.
Es ist o.k., wenn Sie Ihre Tochter nicht taufen lassen wollen. Aber ich hoffe, dass sie ihr trotzdem Zugang verschaffen können zu einem spirituellem Urvertrauen, dass sie sich getragen fühlen lassen kann von etwas Grösserem.
Von der "Republik" wünsche ich mir hin und wieder einen differenzierteren Blick auf die Kirche. Die empörten Hinweise auf Galilei, Giordano Bruno und Luthes Antisemitismus werden langsam langweilig.

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Liebe Frau Merkel
Danke für den Mut, einen persönlichen Text zu veröffentlichen; was darin leider fehlt, ist Ihre Gottesvorstellung: Wer oder was ist Ihr Gott? Warum lässt er die Verbrechen „seiner“ Kirchen zu und all die Brutalität seiner Welt (inkl. Naturkatastrophen)?

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