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völlig von der Rolle
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Ich kann so etwas nicht lesen, sondern muss schon nach dem zweiten Abschnitt weinen. Ist es wirklich sinnvoll, so sehr ins Detail zu gehen? Tut es den Betroffenen gut, sich als Teil des Prozesses der amerikanischen Rechtsführung noch mehr zu entblössen, als sie bereits entblösst wurden durch die entmenschlichenden Taten eines Mannes, dem - wieder einmal - alle vertrauten?
Und passt dieser Artikel überhaupt zur Republik oder ist er zu reisserisch? Ist es feige von mir, dass ich noch vor dem Frühstück nicht an Dinge erinnert werden möchte, von denen ich bereits weiss, das es sie gibt, nur weil es mich schmerzt und ich nichts daran ändern kann? Bin ich zu gefühlig, spreize ich mich, weil mir in meinem Bubble gerade so wohl ist?
War es nötig? Vielleicht. War es hilfreich? Nicht unbedingt. War es mitfühlend? In Ansätzen. Wusste ich bereits davon? Ja, aus der internationalen Presse und zwar schon so lange, dass ich es schon fast wieder hatte vergessen dürfen.

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Liebe Frau S., genau diese Fragen wollte ich mit dem Text in den Raum stellen. Ging mir ähnlich wie Ihnen, nachdem ich mir einen Tag lang diese Statements angesehen habe. Aber den Eindruck, dass sich die Frauen mit ihren Statements entblösst hätten, teile ich nicht. Vielmehr haben sie den Täter und das System, das ihn möglich machte, schonungslos entblösst. Und, so glaube ich, auch eine Gesellschaft, die eben lieber ungestört frühstückt, als sich wirklich mit ihren Pathologien zu beschäftigen. Man muss das nicht dauernd tun, aber dann und wann ist sicher nicht schlecht. Nicht nur bei diesem Thema.

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Mit den Pathologien der Gesellschaft muss man sich ja nicht unbedingt schon vor dem Frühstück beschäftigen, und ich finde den Wunsch auch legitim, dass das so nicht sein müsste. Sich hinsetzen und seine Gedanken darüber aufschreiben ist auch eine Art der Auseinandersetzung mit dem Unfassbaren. Wollen wir festlegen, wie diese genau auszusehen habe?
Gänzlich unangemessen finde ich einmal mehr gerade bei einem so schmerzhaften und aufwühlenden Thema das Voting-System.

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Guten Morgen Frau S.,
auch mich schüttelt es, wenn ich sowas lese. Aber ich finde es trotzdem wichtig, darüber zu reden. Denn Sie und ich wissen davon und die meisten anderen haben bestimmt auch einmal davon gehört, dass sowas "vorkommt". Aber es gibt viel zu viele, die den tatsächlichen Horror, den Kindesmissbrauch bedeutet, nicht wirklich begreifen.
Es ist wichtig für andere Opfer, die vielleicht nicht darüber reden können, was ihnen angetan wurde und/oder die sich sogar selber in irgendeinem dunklen Bereich ihrer Psyche mitverantwortlich machen. Es ist wichtig für Angehörige der Opfer oder potentiellen Opfer daran erinnert zu werden, aufmerksam zu bleiben und nicht auszublenden, was nicht sein kann oder darf. Es ist wichtig für uns als Gesellschaft zu verstehen, dass die Schwächsten geschützt und gehört werden müssen.
Vergessen mag angenehmer sein, die Opfer können es jedoch nicht. Und wir sollten zumindest sie nicht vergessen.

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völlig von der Rolle
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Liebe Frau L.
Solche Sachen kann man nicht vergessen, höchstens verdrängen, was man immer wieder muss, um daran nicht zu verzweifeln. Als Mutter und Grossmutter von drei Frauen bin ich leider bestens über die Thematik informiert. Und auch sonst bleibt das nicht aus bei all den Berichten zu Kindsmissbrauch und Pädophlie, die wir uns tagtäglich antun müssen.
Über Larry Naskars Fehltritte zu berichten, ist eine Sache, die Gerichtsverhandlung bis ins letzte Detail verfolgen eine andere.
Den Opfern gehört meine ganze Sympathie und mein Mitgefühl. Die Frage, ob die amerikanische Gerichtspraxis, Opfer auf die geschilderter Weise aussagen zu lassen, ihre Qual verringert oder akzentuiert, wurde bis jetzt nicht beantwortet. Es hat etwas Sensationslüsternes, sie noch einmal vorzuladen, nachdem sie bereits die Gelegenheit hatten, als Zeugen aufzutreten, auch wenn ich mir vorstelle, dass dieser Sc hritt freiwillig geschieht.

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Die Beschreibung dieses Missbrauchsfalls sollte uns daran erinnern, dass das auch in der Schweiz geschieht. Und dass nicht nur die Verbände die missbrauchenden TrainerInnen schützen, sondern - leider - oft auch die Eltern mancher Opfer das tun. Als kürzlich Missbrauchsvorwürfe gegen den Kunstturntrainer eines Ostschweizer Leistungszentrums erhoben wurden, gabe es zuerst einmal Leserbriefe, die den Trainer in Schutz nahmen und den Turnerinnen, die die Vorwürfe erhoben, Geltungssucht unterstellten. Dann wurde der Trainer entlassen und der Verband stellte als Nachfolgerin wen ein? Dessen Ehefrau - die dann auf öffentlichen Druck aber unhaltbar wurde.
Als vor nunmehr rund 20 Jahren in Frauenfeld aufflog, dass ein Eislauftrainer über Jahre hinweg seine weiblichen Schützlinge im Alter zwischen 11 und 14 Jahren missbrauchte, wurde er weder entlassen, noch bis zum Vorliegen eines Urteils wenigstens beurlaubt. Nein - er betreute weiterhin - im Einverständnis mit vielen Eltern - Eisläuferinnen. Weil sich ein Teil der Eltern nachhaltig gegen die Entlassung des Mannes sträubte, andere Eltern aber ihre Töchter nicht mehr von ihm betreuen lassen wollten, spaltete sich der Verein. Der Trainer reiste bis zu seiner Verurteilung (zu 3 1/2 Jahren Zuchthaus) auch weiter mit zu Wettkämpfen. Wie müssen sich die Opfer fühlen, wenn nicht nur Vereins- oder Verbandsobere den Missbraucher schützen, sondern auch ihren Eltern der sportliche Erfolg wichtiger ist, als ihre Unversehrtheit? Solche Eltern machen es den Verbänden eben auch leicht, sich nicht um Übergriffe zu scheren.

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Ich bin froh, hier eine Zusammenfassung der Serie zu lesen. Die Serie selbst überspringe ich, seit sie mir auf Netflix vorgeschlagen wird.

Ich habe Angst, dass ich mich in Schadenfreude über den Täter suhle, wie er die Zeugnisse seiner Opfer stunden- und tagelang über sich ergehen lassen muss, wie er vielleicht unter der Wucht der Anklagen zusammenbricht, wie er sich vor Scham und Reue windet. Als wäre ich Teil einer geifernden rachsüchtigen Menge in einem Schauprozess.

Und ich habe Angst, vor den Gefühlen, die durch die Aussagen der Frauen in mir hochkommen könnten. Wut, Hass, Mitleid, Empörung, Sensationsgeilheit, Rachsucht, Häme und vielleicht Schlimmeres.

Am Ende steht dieser Mensch auch als Stellvertreter der "enabler" und eines Systems, das ausbeutet und wegschaut und ignoriert vor Gericht würg

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Liebe Frau Muth, der Netflix-Dokumentarfilm ist ausgewogen und unaufgeregt, das macht ihn erträglich, trotz des unerträglichen Themas. Der Prozess spielt im Film eigentlich eine kleine Rolle, und man sieht, wie der Täter klein und kleiner wird. Ganz wichtig ist Ihre Schlussbemerkung: Es geht nicht nur um den konkreten Täter, der Schlimmes und Schlimmstes getan hat, sondern um das Umfeld, das nicht eingegriffen hat, trotz konkreten Hinweisen. Das zu ertragen ist sehr schwierig. Freundliche Grüsse, Brigitte Hürlimann

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Liebe Brigitte, danke für den Hinweis. Vielleicht trau ich mich doch, da mal reinzuschauen. Das Thema beschäftigt mich von mehreren Seiten her.

Ich kenne dich übrigens. Und du mich auch. Anders als ich, kannst du wahrscheinlich den Kontext nicht herstellen...

Natürlich folge ich deiner fantastischen Arbeit mit grossem Interesse.

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Studi
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Uff, da wird mir flau im Magen, und ich bin sonst hart im Nehmen. Danke für den Bericht.

Die ZEIT hat kürzlich etwas in die gleiche Richtung publiziert:
"Der Komplex Bergisch Gladbach zeigt: Männer missbrauchen hierzulande über Jahre unentdeckt Kinder. Und es sind viele. Wieso war unsere Gesellschaft lange so blind dafür?."
Wer kein (Probe)abo hat, möge diese Abschrift nutzen, ich hoffe, das geht aufgrund der Brisanz iO.
Sie beschreiben eindrücklich die inzwischen riesigen Netzwerke, die da agieren. Aber auch bei einzelnen Personen, so wie im Artikel hier: Warum merken wir nichts davon, oder warum wollen wir nichts merken? Es muss ja anzunehmen sein, dass es in der guten alten Schweiz nicht so extrem anders sein kann, als in anderen Ländern mit ähnlicher Kultur?

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Es heisst nicht Missbrauch, sondern Übergriff. Sonst könnte man meinen, der Gebrauch sei das Übliche. Ist es aber hoffentlich auch nicht.

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