Aus der Redaktion

Vorwürfe der sexuellen Belästigung: Bericht des Verwaltungsrats

Die Republik hat sich von einem Angestellten getrennt, gegen den schwere Vorwürfe erhoben wurden. Die definitiven Ergebnisse mehrerer Unter­suchungen liegen nun vor.

01.09.2023, Update: 27.10.2023

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Am 24. August 2023 ist durch einen Bericht des SRF bekannt geworden, dass sechs Frauen gegen einen Republik-Mitarbeiter den Vorwurf sexueller Belästigung erheben. Auch der Vorwurf eines massiven sexuellen Übergriffs steht im Raum. Zwei der Betroffenen sollen zum Zeitpunkt der Vorfälle bei der Republik angestellt gewesen sein, ob auch heute noch ein Arbeits­verhältnis mit der Republik besteht, konnte die Republik nicht abschliessend beantworten. Die Vorwürfe wurden anonym erhoben, die Republik kennt die Identität der Betroffenen nicht.

Eine Untersuchung wurde am 1. September 2023 angekündigt, und der Verwaltungsrat der Republik AG, der auch als Vorstand der Project R Genossenschaft amtiert, hat die Verantwortung für diese Untersuchung übernommen.

Nach Konsultation der Personal­kommission hat der Verwaltungsrat der Republik AG am Montag, dem 11. September 2023, drei Untersuchungs­aufträge vergeben:

  • die Untersuchung des Anstellungs­prozesses der beschuldigten Person,

  • die Analyse des Prozesses nach der Meldung an die Geschäfts­führung,

  • die Installierung einer sicheren und anonymen Melde­plattform, um die Tragweite der Vorwürfe zu erfassen.

Die Arbeiten sind heute abgeschlossen, und der Verwaltungsrat teilt wie geplant die Ergebnisse mit.

Anstellungsprozess der beschuldigten Person

Die Abklärungen von Dr. Helke Drenckhan, Rechts­anwältin und Compliance-Beraterin (ComplianceDesigner GmbH), und dem Wirtschafts­kriminalisten Lukas Fischer (4N6 Factory GmbH) deckten den Zeitraum von Herbst 2017 bis Dezember 2018 ab. Ihre Resultate brachten hervor, dass die Republik eine Hinweis­geberin unangebracht und ohne Wertschätzung behandelt sowie keine geeigneten Massnahmen ergriffen hat, um künftige sexuelle Belästigungen im Arbeits­umfeld möglichst zu vermeiden. Die summarischen Schluss­folgerungen können im verlinkten Dokument gelesen werden.

Prozess nach der Meldung an die Geschäfts­führung

Die Schluss­folgerungen von Rechts­anwältin Regula Mullis Tönz (Arbeitsrechts-Praxis) zeigen auf, dass sich die Geschäfts­führung bei der Behandlung der eingegangenen Verdachts­meldungen nach bestem Wissen und Gewissen und entsprechend ihrer Pflicht engagiert hat, sich aber durch die rechtliche Beratung bei ihren Entscheidungen fehl­leiten liess. Die totale Erneuerung des Verwaltungsrats ab dem 1. August 2023 stellte eine zusätzliche Schwierigkeit in der Kommunikation dar. Die detaillierten Ausführungen können im verlinkten Dokument gelesen werden. Der Verwaltungsrat erneuert sein volles Vertrauen in die Geschäftsführung.

Installierung einer sicheren und anonymen Melde­plattform

Vom 14. bis zum 28. September 2023 hatte die Republik eine Melde­plattform aufgeschaltet. Auf dieser konnten ehemalige und aktuelle Mitarbeiterinnen sowie anderweitig mit der Republik in Kontakt stehende Personen anonyme oder nicht anonyme Meldungen zu grenz­überschreitendem Verhalten und Belästigungen machen. Diese Plattform wurde installiert und betrieben durch Dr. Helke Drenckhan, Rechts­anwältin und Compliance-Beraterin (ComplianceDesigner GmbH) und den Wirtschafts­kriminalisten Lukas Fischer (4N6 Factory GmbH).

Insgesamt haben ca. 20 Personen 35 Meldungen abgegeben. In etwa der Hälfte der Fälle kam es zu einem Dialog zwischen diesen Personen und den vom Verwaltungsrat beauftragten Experten. Teilweise war ihnen die Identität bekannt, teilweise waren die Meldungen anonym. Sie erhielten aber auch Meldungen von Zeuginnen, die etwas selbst gesehen haben oder denen etwas zugetragen wurde. Dadurch lassen sich auch anonyme Meldungen plausibilisieren.

Aufgrund einer ersten Auswertung der eingegangenen Meldungen haben der Verwaltungsrat und die Geschäfts­führung am 3. Oktober 2023 entschieden, sich per sofort vom beschuldigten Mitarbeiter zu trennen. Zum Schutz der meldenden Personen und da eine sofortige Trennung aufgrund des ausgewerteten Materials für die Arbeit­geberin alternativlos war, hat keine erneute Konfrontation des Beschuldigten mehr stattgefunden.

Weitere Erkenntnisse

Eine sorgfältige Analyse aller Meldungen zeigt, dass die Republik AG von Anfang an mit personellen Konflikten, Führungs­kämpfen und verletzendem persönlichem Verhalten auf verschiedenen Ebene konfrontiert war. Mehrere Meldungen werden vom Verwaltungsrat in den nächsten Wochen persönlich weiter­verfolgt, um eine geeignete Regelung der Probleme zu gewährleisten.

Der Verwaltungsrat stellt fest, dass die Republik AG seit Beginn ihrer Geschichte alle Energie darauf verwendet hat, ihren Platz in der Medienwelt einzunehmen und in diesem komplexen Sektor zu überleben. Die Effizienz der internen Organisation und die Harmonie der zwischen­menschlichen Beziehungen haben dabei leider teilweise gelitten. Seit Herbst 2022 engagiert sich die neue Geschäfts­führung dafür, die Situation zu verbessern. Der Kultur­wandel ist im Gange und wurde durch die aktuelle Krise beschleunigt.

Folgende Massnahmen wurden durch die neue Geschäfts­führung und den neuen Chef Human Resources unter Mitwirkung der Personal­kommission ab Februar 2023 entwickelt und implementiert:

  • Eine Fachstelle Mobbing für akute und aktuelle Fälle wurde extern organisiert und in der Crew kommuniziert.

  • Eine Weisung zum Schutz vor Diskriminierung, Mobbing und sexueller/sexistischer Belästigung ist in Kraft getreten.

  • Obligatorische Schulungen (Sexuelle Belästigung und Mobbing am Arbeits­platz) wurden im September 2023 durch­geführt und werden regelmässig wiederholt.

  • Der Punkt «Gleichstellung und Schutz vor Belästigung» wurde als stehendes Traktandum in den Jahres­gesprächen ergänzt.

  • Die oben genannte Weisung wurde in den Onboarding-Prozess für alle Neueintretenden integriert.

  • Planung des Projekts «Zusammenarbeit» mit Fokus auf Kultur­wandel.

Aufgrund der Erkenntnisse aus den vorliegenden Untersuchungen haben der Verwaltungsrat und die Geschäfts­führung folgende weitere Schritte beschlossen:

  • Überarbeitung und Kick-off des Projektes «Zusammen­arbeit» bis spätestens Ende November 2023,

  • Erstellen eines Organisations­reglements bis spätestens Ende 2023,

  • Erstellen eines neuen Kodex zur Unternehmens­kultur für Ende 2023,

  • Erstellen einer Weisung zum Schutz von Hinweis­gebern bis spätestens Ende 2023,

  • Vertragliche Definition der Rolle des HR bei vertraulichen Meldungen bis spätestens Ende 2023,

  • Schulung mit Fokus Mobbing (Schutz der persönlichen Integrität) Anfang 2024,

  • Erstellen und Umsetzen eines Quartals­monitorings der Massnahmen zuhanden des Verwaltungsrats ab April 2024.

Der Verwaltungsrat bedauert zutiefst, dass die Republik AG nicht besser in der Lage war, ihre Mitarbeiterinnen zu schützen. Diese Krise zeigt, wie wichtig die Massnahmen sind, die ab dem Jahr 2022 von der neuen Geschäfts­führung ergriffen wurden. Der Verwaltungsrat verpflichtet sich, die beschlossenen Massnahmen umzusetzen und die Verantwortlichen bei der Umsetzung dieser Massnahmen zu unterstützen.

Der Verwaltungsrat dankt allen Mitarbeitern für ihre Zusammen­arbeit, die es ermöglicht haben, dass auch während der Krise weiterhin qualitativ hochwertige Beiträge erschienen sind. Ein spezieller Dank geht an alle Hinweis­geberinnen für ihren Mut.

Der Verwaltungsrat dankt schliesslich allen, die ihr Vertrauen in die Republik aufrecht­erhalten und dieses notwendige Projekt unterstützen!

Karin Landolt und Michel Huissoud im Namen des Verwaltungsrats und Vorstands


Trennung vom Beschuldigten

05.10.2023

Vom 14. bis zum 28. September hatte die Republik eine Melde­plattform aufgeschaltet. Auf dieser konnten ehemalige und aktuelle Mitarbeitende sowie anderweitig mit der Republik in geschäftlichem Kontakt stehende Personen anonyme oder nicht anonyme Meldungen zu grenz­überschreitendem Verhalten und Belästigungen machen.

Aufgrund einer ersten Auswertung der eingegangenen Meldungen haben wir entschieden, uns per sofort von dem beschuldigten Mitarbeiter zu trennen. Da eine sofortige Trennung aufgrund des ausgewerteten Materials für uns als Arbeit­geberin alternativlos war, hat keine Konfrontation des Beschuldigten mehr stattgefunden.

Wir werden aus den Vorfällen die nötigen Lehren ziehen und die Betriebs­kultur entsprechend reformieren. Über weitere Massnahmen, die wir aufgrund der eingegangenen Meldungen treffen werden, so wie auch über die Ergebnisse der Untersuchungs­aufträge 2 und 3 (mehr dazu unten) werden wir in den nächsten Wochen informieren.


Untersuchungs­aufträge vergeben

14.09.2023

Nach Konsultation der Personal­kommission hat der Verwaltungsrat der Republik AG diesen Montag, den 11. September, drei Untersuchungs­aufträge vergeben.

  1. Die Installierung einer sicheren und anonymen Melde­plattform sowie

  2. die Untersuchung des Anstellungs­prozesses der beschuldigten Person.

Diese beiden Aufträge werden von Helke Drenckhan und Lukas Fischer durch­geführt.

Dr. Helke Drenckhan ist Rechts­anwältin und Compliance-Beraterin der ComplianceDesigner GmbH in Adliswil. Sie bringt die nötige Expertise im Aufbau von Hinweisgeber­systemen mit. Wirtschafts­kriminalist Lukas Fischer ist Inhaber der 4N6 Factory GmbH aus Zürich mit Spezialisierung auf Aufklärung von Mobbing, Diskriminierung und Belästigung am Arbeits­platz.

Rechts­anwältin Regula Mullis Tönz übernimmt den dritten Auftrag,

  1. die Analyse des Prozesses nach der Meldung an die Geschäfts­führung.

Regula Mullis Tönz ist als Rechts­anwältin auf Arbeits­recht spezialisiert und Inhaberin der Arbeitsrechts-Praxis in Uetikon am See.

Die Arbeiten an allen drei Aufträgen haben am Montag, den 11. September, begonnen und sollen rasch und entschlossen durchgeführt werden. Erste Ergebnisse als Grundlage für weitere Schritte werden vom Verwaltungsrat auf Ende September erwartet. Am Ende der Untersuchung werden allfällige Beschuldigte angehört.

Ab sofort und bis zum 28. September steht eine sichere und anonyme Melde­plattform zur Verfügung. Alle aktiven und ehemaligen Mitarbeitenden der Republik sowie weitere Personen aus dem Umfeld der Republik werden direkt angeschrieben und auf die Plattform hingewiesen. Auch Meldungen, die bereits gemacht wurden, werden in der Untersuchung berücksichtigt. Sollte eine Person den Link nicht bekommen haben, kann sie sich bei helke.drenckhan@compliancedesigner.com melden.

Ausserdem: Vergangene Woche hat der erste obligatorische Workshop «Schulung zum Schutz gegen Mobbing und Belästigungen» in der Republik statt­gefunden. Diese Massnahme ist nicht die einzige, die von Geschäfts­führung und Human Resources bereits Anfang dieses Jahres in die Wege geleitet wurde: Im Frühling 2023 wurde auch eine Weisung zum Schutz vor Diskriminierung, Mobbing und sexueller/sexistischer Belästigung erstellt sowie die Fachstelle für Gleichstellung der Stadt Zürich als externe Meldestelle eingesetzt. Diese Massnahmen wurden unter Mitwirkung der Personal­kommission der Republik entwickelt und umgesetzt.


Untersuchungs­auftrag des Verwaltungsrats

06.09.2023

Der Verwaltungsrat der Republik AG, der auch als Vorstand der Project-R-Genossenschaft amtiert, übernimmt die Verantwortung für die anstehende Untersuchung zu sexueller Belästigung und unakzeptablem Verhalten, das einem Republik-Angestellten vorgeworfen wird.

Untersucht werden soll auch der Umgang mit Vorwürfen über das ganze Anstellungs­verhältnis hinweg, vom Zeitpunkt der Einstellung des Betroffenen bis hin zur aktuellen Freistellung, sowie allfällige Vorkommnisse, die mit der jetzt im Fokus stehenden Person nicht in Verbindung stehen. Ganz allgemein soll die Betriebs­kultur der Republik untersucht und der Frage nachgegangen werden, wer zu welchem Zeitpunkt über allfälliges Fehl­verhalten informiert war.

Die Republik muss aus ihren Fehlern lernen. Sie muss ein Arbeits­klima garantieren, das den Werten der Republik – Transparenz und Kritik an den Mächtigen – gerecht wird.

Als Auftrag­geber der anstehenden Untersuchung hat der Verwaltungsrat folgenden Untersuchungs­auftrag definiert (Auszug aus dem Protokoll der Verwaltungsrats­sitzung vom 4. September 2023):

  1. Eine Melde­plattform anbieten. Eine Firma wird beauftragt, einen gesicherten Raum anzubieten und zu betreiben. Das aktuelle Personal und alle Personen, welche seit 2018 in einem Arbeits­verhältnis oder anderweitig in Kontakt mit der Republik AG waren, werden aufgerufen, Vorfälle von Belästigung und anderem unakzeptablem Verhalten zu melden. Die Auftrag­nehmerin soll mit den Personen abklären, ob diese Vorfälle innerhalb der Republik kommuniziert worden sind. Wenn nein: warum nicht? Wenn ja: auf welche Weise, wann und gegenüber wem? Die Auftrag­nehmerin erstellt eine Synthese zuhanden des Auftrag­gebers.

  2. Anstellung der beschuldigten Person. Die Auftrag­nehmerin muss Chronologie, Personen, Rollen, Verantwortungen, Behandlung und Verifizierung einer geäusserten Warnung vor deren Anstellung abklären und in einem Bericht zuhanden des Auftrag­gebers darstellen.

  3. Analyse der Reaktion durch die Republik AG. Die Auftrag­nehmerin soll prüfen, ob die Geschäfts­führung auf die Meldungen im Zeitraum Juni bis Juli 2023 richtig reagiert und den Verwaltungsrat zu Recht erst am 23. August 2023 informiert hat.

Aktuell läuft noch das Auswahl­verfahren für die Auftrag­nehmerin. Details über die Melde­plattform, wie Zeitraum, Umgang mit allfälligen anonymen Meldungen sowie auch die entsprechenden Kontaktangaben, werden so schnell wie möglich hier kommuniziert.

Karin Landolt und Michel Huissoud im Namen des Verwaltungsrats und Vorstands


Stellungnahme von Geschäftsleitung und Chefredaktion

01.09.2023

Vor gut einer Woche ist durch einen Bericht des SRF bekannt geworden, dass sechs Frauen gegen einen Republik-Mitarbeiter den Vorwurf sexueller Belästigung erheben. Auch der Vorwurf eines massiven sexuellen Übergriffs steht im Raum. Zwei der Betroffenen sollen zum Zeitpunkt der Vorfälle bei der Republik angestellt gewesen sein, ob auch heute noch ein Arbeits­verhältnis mit der Republik besteht, können wir nicht abschliessend beantworten. Die Vorwürfe werden anonym erhoben, die Republik kennt die Identität der Betroffenen nicht.

Wir sind erschüttert. Die Republik muss ein Ort sein, an dem alle Arbeit­nehmenden sicher sind und sich entfalten können – ohne dass es zu unkollegialem Verhalten, Macht­missbrauch oder Diskriminierungen kommt. Und schon gar nicht zu sexueller Belästigung. Das ganze Team der Republik steht auf der Seite von Frauen, die zu Opfern von Belästigungen und Übergriffen werden. Wir akzeptieren solche Übergriffe nicht. Sie stehen in frontalem Widerspruch zu den Werten, die die Republik verteidigt.

Viele Fragen sind noch offen, aber eines scheint schon heute klar: Wir haben versagt. Solche Vorfälle sind nicht akzeptabel, und dennoch sollen sie stattgefunden haben in unserem Haus. Wir müssen den Ursachen für unser Versagen auf den Grund gehen. Und wir müssen Grund­legendes ändern. Unsere allgemeine Sensibilität für Grenz­überschreitungen. Unsere Führungs­strukturen. Unsere Kultur.

Wir müssen zum heutigen Zeitpunkt leider auch sagen, dass wir zwar inzwischen einiges in Erfahrung bringen konnten, dass es aber immer noch sehr vieles gibt, was wir nicht wissen.

Wir möchten uns entschuldigen. Zuallererst natürlich bei den Frauen, die gemeldet haben, dass sie von sexuellen Übergriffen betroffen sind. Dann auch bei unseren Verlegerinnen. Es ist nur eine Person, gegen die heute Vorwürfe erhoben werden, sie ist für ihr Verhalten verantwortlich. Aber es handelt sich auch um Vorfälle, die in unserem Haus stattgefunden haben sollen. Wir alle müssen uns deshalb die Frage stellen, wie es möglich ist, dass solche Vorwürfe nun im Raum stehen, und warum es nicht verhindert wurde.

Die Empörung unter unseren Verlegern ist gross. Im Republik-Dialog werden uns viele Fragen gestellt, berechtigte Fragen. «Auf den heutigen Artikel der Republik (…) kann ich mich nicht einlassen, kann mich nicht auf das Geschriebene konzentrieren – wo bleiben die Informationen und Gedanken in eigener Sache», schreibt eine Verlegerin.

Wir werden diesen Text oben auf der Magazin-Seite halten und updaten, sobald es etwas Neues zu sagen gibt. Wir werden auch verlinken auf die Berichte der wichtigen Medien zu den Vorfällen. Es gab sehr seriöse Medien­beiträge dazu, es gibt auch Artikel, von denen wir den Eindruck haben, dass sie nicht sauber recherchiert sind. Aber es ist jetzt nicht an uns, das zu entscheiden: Unsere Leserinnen sollen sich selbst ein Bild verschaffen.

Eine andere Verlegerin stellt fest, dass bei der Republik entweder «bewusst weggeschaut» worden sei oder eine «toxische oder mindestens ignorante Betriebs­kultur» geherrscht habe. Wir halten noch einmal fest: Die heutige Chefredaktion und die heutige Geschäfts­leitung haben in keiner Weise «bewusst weggeschaut». Auch die Crew pauschal der Mitwisserschaft zu verdächtigen, ist haltlos. Das lässt die Frage nach der Betriebs­kultur aber umso wichtiger werden.

Als Erstes gilt es nun, möglichst schnell und möglichst gut aufzuarbeiten, was geschehen ist. Wir leiten eine Unter­suchung ein, die voraussichtlich kommende Woche starten wird. Sie wird von externen Spezialistinnen durchgeführt werden und nicht nur das Verhalten der Person, die heute schweren Vorwürfen ausgesetzt ist, sondern auch die Governance der Republik und die Verantwortung der Führungs­personen überprüfen. Wir werden zum Start­zeitpunkt und zur Leitung der Untersuchung so schnell wie möglich wieder informieren.

Die Journalisten, die für das SRF eine Recherche zu den Vorfällen gemacht haben, konnten mit einem Teil der Betroffenen Gespräche führen und verfügen über Chatverläufe mit Textnachrichten sowie über Screenshots. Bis anhin liegt uns entsprechendes Beweis­material nicht vor. Wir hoffen, dass es gelingen wird, dass für die Zwecke der Untersuchung solche Dokumente zugänglich werden und dass wir mit den Betroffenen einen Weg finden, der ihren Wunsch nach Schutz und Anonymität respektiert und es dennoch möglich macht, ihre direkten Zeugnisse zur Grundlage der Untersuchung zu machen. Für den beschuldigten Republik-Mitarbeiter gilt die Unschulds­vermutung. Auch deshalb ist es wichtig, die Vorwürfe von einer unabhängigen Instanz so seriös wie irgend möglich überprüfen zu lassen.

Die Republik hat den Beschuldigten erst am 22. August mit den Anschuldigungen konfrontiert und freigestellt, obwohl die Geschäfts­leitung schon am 5. Juli über seine Identität informiert wurde. Der Grund dafür ist eine «See only»-Klausel, die forderte, dass die der Republik übermittelten Informationen nur einem sehr begrenzten Kreis von Personen und nicht dem Beschuldigten zugänglich gemacht werden. Diese Klausel ist ungewöhnlich, aber ihre Zielsetzung ist bestens nachvollziehbar: Es ging um den Schutz der Anonymität der Anklägerinnen. Die Republik nahm und nimmt dieses Anliegen ernst. Sie hat ihr Vorgehen danach ausgerichtet, sich unter keinen Umständen über diese Forderung der Anklägerinnen hinweg­zusetzen und ihre Anonymität zu gefährden.

Die NZZ schreibt dazu: «Anders schildert den Ablauf Mirjam Gasser, die Leiterin der Fachstelle für Gleichstellung in Zürich. Eine ‹see only›-Klausel gebe es bei ihnen nicht, sagt sie auf Anfrage und hält fest: ‹Der Begriff wurde von der ‹Republik› in ihrem Newsletter eingebracht.›» Diese Beschreibung der NZZ ist falsch. Wir halten fest: Die Forderung nach einer «See only»-Garantie wurde an die Republik herangetragen, und wir haben sie respektiert. Wir halten zudem fest. Die Gespräche über das Vorgehen, wie die Republik am besten mit den Vorwürfen umzugehen hat, wurden nicht mit der Fachstelle für Gleich­stellung geführt, sondern mit einer von den sechs Betroffenen bestimmten, von der Fachstelle unabhängigen Mittelsperson.

Vieles ist falsch gelaufen bei der Republik. Wir wollen der externen Unter­suchung auf keinen Fall vorgreifen, eine abschliessende Beurteilung wird erst möglich sein, wenn sie vorliegt. Schon heute jedoch gibt es Indizien dafür, dass Fehler gemacht wurden, als der beschuldigte Mitarbeiter eingestellt wurde. Damals wehrte sich eine Republik-Mitarbeiterin, die von Vorwürfen wegen sexueller Belästigung wusste, gegen diese Einstellung. Die damalige Redaktions­leitung hat die Vorwürfe zur Kenntnis genommen, Gespräche geführt – und ist zum Schluss gekommen, dass die Vorwürfe nicht belegt seien und einer Einstellung deshalb nichts im Wege stehe.

Aus heutiger Sicht erscheint dies nur schwer nachvollziehbar. Hat man der Angelegenheit die Aufmerksamkeit geschenkt, die sie hätte bekommen müssen, oder waren die Abklärungen zu oberflächlich? Wollte man die Diskussionen so schnell wie möglich beenden? Es stellen sich hier unangenehme Fragen, auch zum Verhalten der damaligen Leitung. Im Rahmen der Untersuchung müssen diese Fragen aus unabhängiger Warte geklärt werden. Wir haben zum jetzigen Zeitpunkt die Antworten nicht. Aber wir werden die Ergebnisse der Untersuchung, sobald sie vorliegen, transparent kommunizieren und die nötigen Konsequenzen ziehen.

So bitter es ist, dass unser Projekt im Dienst eines unabhängigen, macht­kritischen Journalismus auf so fundamentale Weise infrage gestellt wird, so klar ist auch: Gut dazustehen, hat jetzt keine Priorität. Wir werden diese Krise nicht auf die Schnelle bewältigen. Wir müssen gründlich aufarbeiten, was gewesen ist, und dann die Konsequenzen ziehen. Eine fundamentale Veränderung unserer Betriebs­kultur wird nötig sein. Wir werden uns mit aller Kraft darum bemühen.

Die Geschäftsleitung und die Chefredaktion im Namen der Republik

Wir haben in dieser aktualisierten Version des Beitrags eine Anpassung übernommen, die die NZZ in einem ihrer Artikel vorgenommen hat.

Die Republik ist mit Mirjam Gasser in Kontakt, die zu ihrem Zitat in der NZZ Folgendes feststellt: «Ich möchte noch einmal betonen, dass sich mein Zitat weder auf den gesamten Ablauf in diesem konkreten Fall noch auf den Ursprung der betreffenden ‹see only›-Klausel bezieht – ich stehe unter Schweige­pflicht und bin nicht befugt, mich diesbezüglich zu äussern. Ich äusserte mich lediglich dazu, von wem die Klausel rund um den aktuellen Fall in die öffentliche Debatte eingebracht wurde.» Die NZZ war allerdings auch auf mehrmalige Anfrage der Republik hin nicht bereit, ihre Formulierungen entsprechend zu ändern.

Hier finden Sie Links zu Artikeln in anderen Medien

«Sechs Frauen werfen ‹Republik›-Reporter sexuelle Belästigung vor» (SRF-«Medientalk» vom 24.08.2023)

«‹Republik› stellt Journalisten frei – WOZ leitet Untersuchung ein» (SRF.ch vom 24.08.2023)

«Vorwürfe gegen ‹Republik›-Reporter wegen übergriffigem Verhalten» (SRF 4 News vom 24.08.2023)

«Vorwürfe wegen sexueller Belästigung gegen Reporter» (Persoenlich.com vom 24.08.2023)

«Mehrere Vorwürfe wegen sexueller Belästigung bei der ‹Republik›» (20minuten.ch vom 24.08.2023)

«Mehrere Vorwürfe wegen sexueller Belästigung gegen ‹Republik›-Reporter» (Blick.ch vom 24.08.2023)

«Sexuelle Belästigung bei der ‹Republik›: Wasser predigen und Wein trinken» (Tagblatt.ch vom 25.08.2023)

«Republik wusste seit Juni von Belästigungs­vorwürfen – warum eine Klausel alles erschwerte» (Watson.ch vom 25.08.2023)

«Mehrere Frauen bezichtigen einen ‹Republik›- und ehemaligen ‹WoZ›-Journalisten der sexuellen Belästigung – die Redaktions­leitungen wollen nichts gewusst haben» (NZZ.ch vom 25.08.2023)

«‹Republik›-Journalist soll sechs Frauen sexuell belästigt haben» (Nau.ch vom 25.08.2023)

«‹Republik› unter Beschuss: Nun kommen auch Belästigungs-Vorwürfe aufs Tapet» (Kleinreport.ch vom 26.08.2023)

«Vorwürfe sexueller Belästigung gegen ‹Republik›-Journalist – Aufklärung zwei Monate lang blockiert» (Tagesanzeiger.ch vom 29.08.2023)

«Haben die Medien ein Sexismus­problem?» (Tagesanzeiger.ch vom 29.08.2023)

«Experten bezeichnen ‹See only›-Klausel als unüblich» (Persoenlich.com vom 29.08.2023)

«MediaToo: Die seltsame Stille rund um die ‹Republik›» (Kleinreport.ch vom 29.08.2023)

«Wir wollten nicht reisserisch sein» (Persoenlich.com vom 30.08.2023)

«Moralisten und Doppel­moralisten» (Weltwoche.ch vom 30.08.2023)

«WOZ leitet externe Untersuchung ein» (WOZ.ch vom 31.08.2023)

«Die ‹Republik› will vom problematischen Verhalten ihres Mitarbeiters nichts gewusst haben – doch es gab auf der Redaktion schon früh Warnungen» (NZZ.ch vom 31.08.2023)

«Republik leitet eine Untersuchung ein» (Persoenlich.com vom 01.09.2023)

«‹Republik› wusste von Fehlverhalten» (Teletext vom 01.09.2023)

«‹Republik›-Mitarbeiterin soll vor Anstellung gewarnt haben» (20minuten.ch vom 01.09.2023)

«Ich bin der allergeilste Typ» (Blick.ch vom 03.09.2023)

«Vorwürfe sexueller Belästigung gegen Journalisten in Zürich und Wien» (Derstandard.at vom 03.09.2023)

«Verwaltungsrat gibt Auftrag für Untersuchung» (Persoenlich.com vom 06.09.2023)

«Ein Careteam für die ‹Republik›: Breite Untersuchung zum ‹MeToo›-Vorwurf beim Online-Magazin» (Tagblatt.ch vom 07.09.2023)

«War die ‹Republik› blind? Warum der Missbrauchsfall so gefährlich für die ‹Republik› ist» (Schweizer Journalist:in vom 22.09.2023)

«Skandal bei der Republik: Für wen tun wir das alles eigentlich?» (Tagblatt.ch vom 07.10.2023)

«Das Onlinemagazin ‹Republik› räumt Fehler ein» (Luzernerzeitung.ch vom 27.10.2023)

«Die ‹Republik› behandelte Hinweis­geberin ‹unangebracht und ohne Wertschätzung›» (Thunertagblatt.ch vom 27.10.2023)

«Das brachte die Republik-Untersuchung hervor» (Persoenlich.com vom 27.10.2023)

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