Was die Datenschutzerklärung der Republik mit dem Kopiergerät in Ihrem Büro zu tun hat
Ab 30. Mai übermitteln wir Zugriffszahlen unserer Beiträge an die Verwertungsgesellschaft Pro Litteris. Im Unterschied zu anderen Onlinemedien anonymisieren wir dabei die übermittelten Nutzerdaten. Was das konkret für Sie bedeutet.
Von Olivier Baumann, 24.05.2023
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Sie lesen gerade die Republik. Vielleicht zu Hause, vielleicht aber auch im Büro. Steht im Büro ein Kopiergerät, schulden Sie dem Autor und dem Verlag Geld. Beziehungsweise Ihre Firma schuldet es. Um genauer zu sein: mindestens 3 Franken und 20 Rappen pro Mitarbeiterin und Jahr.
Warum? Weil Sie diesen Beitrag – und jeden anderen Beitrag der Republik, andere Zeitungsartikel und urheberrechtlich geschützte Werke – ausdrucken und damit vervielfältigen könnten. Ob Sie das tatsächlich tun, spielt keine Rolle. Was zählt, ist die Möglichkeit.
Das betrifft nicht nur Ihre Firma, sondern alle Gewerbebetriebe, die ein Kopiergerät besitzen. Ergibt das im digitalen Zeitalter Sinn? Gute Frage. Das Urheberrechtsgesetz von 1992 jedenfalls verlangt es.
Ich will es genauer wissen: Wie funktioniert die Kopiervergütung durch Pro Litteris?
Das Urheberrecht – auf Englisch bezeichnend «copyright» genannt – regelt, ob und unter welchen Bedingungen Werke (zum Beispiel Texte oder Musikstücke) vervielfältigt werden dürfen. Wenn Sie ein Buch kaufen, berechtigt Sie das noch nicht, dieses auch zu vervielfältigen. Sie haben kein «copyright». Dieses bleibt bei der Autorin und dem Verlag. Als einzelne Autorin zu kontrollieren, ob die eigenen Werke missbräuchlich vervielfältigt werden, ist aber unmöglich. Verwertungsgesellschaften wie Pro Litteris wurden daher geschaffen, um die Nutzungsrechte von Autoren, Komponistinnen und Liedtextern kollektiv wahrzunehmen. Mit dem Aufkommen neuer Technologien, die das Vervielfältigen von Werken stark vereinfachten – in den 1960er-Jahren der Fotokopierer, in den 1990ern der Computer und das Internet –, wurden Gesetzesänderungen nötig, bei denen Hersteller von Festplatten, Druckgeräten oder Smartphones die Verwertungsgesellschaften pauschal für potenzielles Vervielfältigen von Werken entschädigten. Pro Litteris fokussiert dabei hauptsächlich auf die Kopiervergütung und sammelt von Organisationen und Unternehmen die oben beschriebene Vergütung ein, die es diesen wiederum erlaubt, urheberrechtlich geschützte Werke wie Zeitschriftenartikel oder akademische Beiträge zu drucken und zu kopieren.
Und an wen geht das Geld?
An Pro Litteris, die Verwertungsgesellschaft für Literatur und bildende Kunst, die unter anderem die Kopiervergütungen einzieht. Pro Litteris verwaltet das Geld und zahlt es gemäss einem Verteilschlüssel den Autorinnen und den Verlagen aus. Die Summe richtet sich unter anderem danach, wie oft ein Beitrag gelesen worden ist.
Damit das geht, muss Pro Litteris allerdings wissen, wie hoch die Zugriffe auf einen Beitrag waren. Hier liegt der Haken und der Grund dafür, warum wir eine Zusammenarbeit mit Pro Litteris in der Vergangenheit nicht ohne weiteres eingehen wollten – und dadurch auch nicht von den Vergütungen profitieren konnten.
Vorsicht vor Zugriffszählung und Tracking-Pixeln
Mit der Übermittlung der Zugriffszahlen werden wir zum ersten Mal seit dem Bestehen der Republik Zugriffsdaten an einen Drittanbieter schicken. In diesem Fall an einen Server von Kantar Media, der von Pro Litteris mit dem Zählen beauftragten Firma. Pro Litteris und Kantar Media betonen, dass sie die Zugriffsdaten vertraulich behandeln und nicht weitergeben. Da der Quellcode des Zählsystems aber nicht öffentlich ist, können wir das nicht überprüfen.
Über die offizielle Implementierung der Zugriffszählung mittels eines Tracking-Pixels würden beim Aufruf eines Republik-Beitrags Ihre volle IP-Adresse, das verwendete Betriebssystem und der Browser direkt an den Zähl-Server übermittelt. Daten, die – falls veruntreut – das Verfolgen von Ihrem Verhalten im Netz vereinfachen können.
Für die Republik war eine Installation mittels eines Tracking-Pixels, wie das andere Onlinemedien machen, daher nie eine Option.
Gleichzeitig finden wir die Vergütung durch Pro Litteris sinnvoll. Wir haben also in mehreren Gesprächen mit Pro Litteris eine eigene, mit unseren Datenschutzgrundsätzen vereinbare Lösung erarbeitet, bei der die Verwertungsgesellschaft alle für die Zählung technisch erforderlichen Informationen erhält, aber praktisch keine originalen Zugriffsdaten unserer Leserinnen – also von Ihnen.
Anonymisierung und Datenschutz
Konkret bedeutet das: Statt das Tracking-Pixel direkt auf der Beitragsseite zu implementieren, schalten wir einen Anonymisierungsschritt davor. (Für die technisch Versierten unter Ihnen: In dieser Datei können Sie unsere Implementierung nachvollziehen.) In diesem Schritt wird Ihre IP-Adresse gekürzt und die Informationen zum Betriebssystem und Browser werden anonymisiert.
Trotzdem bedarf es für die Implementation einer Änderung unserer Datenschutzbestimmungen, weil Datum und Uhrzeit des Zugriffs und die verkürzte IP-Adresse Zugriffsdaten sind, die wir nun an eine Drittpartei weitergeben.
Neu lautet die betreffende Stelle in unserer Datenschutzverordnung wie folgt:
Allgemeine Zugriffsdaten und Informationen werden nicht an Drittparteien weitergegeben. Die einzige Ausnahme bildet die Zugriffszählung für die Verwertungsgesellschaft Pro Litteris. Dabei werden ausschliesslich das Datum und die Uhrzeit des Zugriffs und die ersten drei Oktette der IP-Adresse der betroffenen Person an die von Pro Litteris für die Zählung beauftragte Firma Kantar Media übermittelt. Eingeloggte Besucher/innen können die Zugriffszählung in den Einstellungen unterbinden.
Wie Sie aus den Datenschutzbestimmungen entnehmen können, ist es möglich, die Zugriffszählung von Pro Litteris in Ihren Einstellungen zu deaktivieren. Mit der Zählung beginnen wir voraussichtlich nächsten Dienstag, den 30. Mai.
Unsere Empfehlung: Erlauben Sie die Zählung.
Warum? Mit den genannten Anonymisierungsschritten haben wir das Risiko, dass Sie durch die Übermittlung der Zugriffsdaten zum Tracking-Opfer werden, auf ein Minimum reduziert (sollten Sie dazu noch weitere technische Details wünschen oder Fragen haben, dann schreiben Sie uns gerne im Dialog oder über kontakt@republik.ch). Wichtiger aber: Sie ermöglichen damit der Pro Litteris, die den Autorinnen und der Republik rechtlich zustehende Kopiervergütung auszuzahlen. Gegenwärtig wird der Anteil, welcher der Republik und ihren Autorinnen zusteht, an andere Medienhäuser und Verlage verteilt.