Die einst blühende Industrieregion taugt heute einigen noch zum Golfspielen: Der Norden Englands fühlt sich vom reichen Süden im Stich gelassen.

Wo Windhunde den Norden befreien wollen

Hartlepool ist ein Städtchen wie viele andere in Nordengland. Doch nun sorgt eine neue Partei für Aufregung: Mit viel Lärm und sozialistischen Ideen tritt sie gegen das wirtschaftliche Elend an. Und will den Norden vom Rest des Landes abspalten.

Von Peter Stäuber (Text) und Horst Friedrichs (Bilder), 28.04.2021

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Es ist kurz vor Mittag, die Gärten der Pubs füllen sich schnell. Nach monate­langer Covid-Pause darf man in England endlich wieder mit einem Pint draussen sitzen. Die Leute lassen sich nicht lange bitten. So auch Alex Bell, 25 und Musik­promoter. Der junge Mann mit dem feuer­roten Bart stellt sein Bier auf dem Tisch ab und fragt: «Wenn es ein Nord-Süd-Gefälle gibt, wieso machen wir es dann nicht offiziell?»

Wir sind im Nordosten Englands, in der Küsten­stadt Hartlepool. Eine Reihe negativer Klischees hängt an diesem Ort, er ist arm – und er ist eine Brexit-Hochburg. Und dann gibt es die Legende, dass hier – vor langer Zeit – ein Äffchen erhängt worden sein soll. Aber dazu später mehr.

Dieser Tage blickt das Land auf das 93’000-Einwohner-Städtchen. Hier, wo rötlicher Backstein und zwei­geschossige Reihen­häuschen das Strassen­bild dominieren, sorgt eine neue Partei für Aufregung. Und vielerorts für Begeisterung. Denn: Die Northern Independence Party (NIP) will den Norden vom Süden Englands abspalten.

Free the North. So lautet das Schlagwort.

Den Norden von der Herrschaft Londons befreien – dies sei die einzige Möglichkeit, den Graben zwischen den Regionen zu überwinden, meint auch Alex Bell. Er habe die Kluft selbst erlebt, als er einige Monate «unten im Süden» lebte. Er meint Plymouth, aber es klingt, als rede er von der fernen Côte d’Azur. Es fange an damit, dass die Leute dort nichts verstünden von «nördlicher Freundlichkeit». Und es ende beim Reichtum, der in Südengland viel offen­sichtlicher sei. «Wir werden hier im Norden seit sehr langer Zeit vernachlässigt», sagt Bell.

Und so steht seine Entscheidung fest: Am 6. Mai, wenn Hartlepool in einer Nachwahl einen neuen Parlaments­abgeordneten bestimmt, wird er mit seiner Wahl auch für die Sezession von England stimmen.

Seit dem Brexit ist viel vom Auseinander­brechen des König­reichs die Rede. In Schottland will ein Teil der Bevölkerung die Unabhängigkeit. In Nordirland brechen alte Konflikte auf, und gleich­zeitig rückt die britische Provinz näher an die Republik Irland. In Wales hat die Unabhängigkeits­bewegung im Zuge der Pandemie an Stärke gewonnen.

Im Gegensatz dazu kann sich Nordengland weder auf einen vormaligen Staat noch auf eine Tradition der Eigen­ständigkeit berufen. Doch die NIP führt ein schlagendes Argument ins Feld: ökonomische Logik.

Secondhand-Shops und Tauben­rennen

Auf den Strassen im Zentrum von Hartlepool ist heute viel Volk unterwegs. Die Leute stehen Schlange vor den Friseuren und Nagel­studios. Bei aller Geschäftigkeit ist aber offensichtlich: Hier fehlt Geld. Die vielen Second­hand-Läden und Wettbüros bilden das unverkennbare Inventar verarmter britischer Innen­städte. Etliche Geschäfte sind verbarrikadiert. Im Schau­fenster eines Immobilien­maklers wird ein Haus mit vier Schlaf­zimmern für sagenhafte 35’000 Pfund angeboten.

Sicher, es gibt hier auch wohlhabende Quartiere, im Stadtteil High Throston etwa stehen inmitten adretter Gärten mit Stief­mütterchen und Kirsch­bäumen reinliche Einfamilien­häuser. Die ändern aber nichts an den Statistiken: Regel­mässig landet Hartlepool unter den zehn ärmsten Gemeinden im Land. Die Arbeits­losigkeit lag bereits vor der Pandemie bei knapp 8 Prozent – fast doppelt so hoch wie im Landes­durch­schnitt. Die Krise hat sie noch weiter ansteigen lassen.

Was wissen die im Süden schon von der nördlichen Freundlichkeit? Einwohner von Hartlepool freuen sich über das Ende des Lockdowns.
Schichtende: Zwei Stahlarbeiter nach einem harten Tag in der Fabrik.
Der 83-jährige Bob Collin mit einer seiner Renntauben.
Die einst mächtige Stahlindustrie ist auf zwei Werke geschrumpft: Blick ins Innere der Liberty Steel Pipe Mill.

Als Bob Collin hier in den Fünfziger­jahren zu arbeiten begann, boomte die Stadt noch. Schiffbau, Stahl und Kohle aus den umliegenden Zechen lieferten Arbeit für Tausende. «Man bekam überall Jobs», sagt Collin. «Ich selbst arbeitete im Stahlwerk, dann in einer Papier­fabrik und auf den Docks.» Aus Russland kamen die Schiffe an, bis oben gefüllt mit Nutzholz, das Collin und seine Kollegen auf den Schultern an Land schleppten. Hart sei es gewesen, aber eine schöne Zeit, erinnert sich der 83-Jährige.

Collin ist ein stiller Mann, er trägt ein kariertes Hemd, auf dem Kopf eine Schieber­mütze. Jetzt steht er vor einem Schuppen, in dem sein Tauben­schlag untergebracht ist. Hier, in einem Schreber­garten nördlich des Stadt­zentrums, geht er seinem Hobby nach: pigeon racing, ein traditioneller Sport der nord­englischen Arbeiter­­klasse. Die Vögel verschiedener Züchterinnen werden mit einer Nummer versehen, an einen fernen Ort transportiert und freigesetzt. Die Taube, die zuerst in ihren heimischen Schlag zurück­findet, hat gewonnen. «Ich weiss nicht, wie sie es machen, aber sie haben einen hervor­ragenden Orientierungs­sinn», sagt Collin.

Hartlepool ist auch für ihn Orientierungs­punkt. Er liebt seine Stadt, würde nirgendwo sonst leben wollen. Aber wie alle Arbeiter hier hat er im Lauf der Jahrzehnte grosse Veränderungen erlebt. Anfang der Sechziger­jahre schloss die Werft, plötzlich war es mit dem Schiffsbau vorbei. Dann machten viele der Kohle­bergwerke nördlich der Stadt dicht. Die Stahl­industrie gibt es zwar noch, aber sie ist auf zwei Werke zusammen­geschrumpft, die zusammen rund 500 Angestellte beschäftigen. Das eine Röhren­werk, Liberty Steel, liegt südlich der Stadt, am Ende eines grossen Areals, auf dem zwischen kniehohem Gras Überreste von Industrie­bauten zu sehen sind. Seine Zukunft ist ungewiss. Immer wieder ist das Werk knapp der Schliessung entkommen; nach dem Kollaps eines der Finanziers von Liberty geht erneut die Angst um, dass es bald vorbei sein könnte.

Diese Geschichte gibt es so oder ähnlich in Dutzenden Orten in Nordengland.

In keinem vergleichbaren Industrie­land ist die regionale Zwei­teilung so dramatisch wie in Gross­britannien. Die Haupt­stadt London zieht Talente, Geld und Unter­nehmen wie ein Magnet an. Im Norden ringt die Wirtschaft seit Jahr­zehnten mit strukturellen Schwächen. Im Süden ist die Produk­tivität höher, die Leute verdienen mehr – und sie leben länger. Seit der Deindustria­lisierung kommt dem «nördlichen Rostgürtel die Rolle als Chef­repräsentant des zurück­gelassenen Englands zu», schreibt Tom Hazeldine in seinem Buch «The Northern Question».

New Labour brachte nichts Neues

Das hat sich auch auf die Politik ausgewirkt. Lange Zeit war Hartlepool eine typische Labour-Stadt. In den grossen Industrie­betrieben waren die Arbeiterinnen gewerkschaftlich organisiert und wählten links. Auch während der Thatcher-Jahre blieb der Norden weitgehend Labour-Gebiet. Aber die Loyalität zur Arbeiter­partei war nicht bedingungslos – wie sich nach dem Labour-Wahlsieg 1997 heraus­stellte. Die Partei enttäuschte. Gross war die Hoffnung gewesen, dass der Wieder­aufbau des Nordens Priorität haben würde. Gross dann auch die Enttäuschung, als Tony Blairs New Labour stattdessen den boomenden Finanz­sektor in London umwarb.

Solange die City ordentlich Geld scheffelte und davon etwas an Steuern an den Staat abfiel, gab es keinen Anlass, den Labour-Wählern in den ehemaligen Industrie­regionen besondere Beachtung zu schenken. «Sie können nirgendwo sonst hin», soll Blairs Vertrauter Peter Mandelson, Abgeordneter für Hartlepool, Ende der 1990er-Jahre gesagt haben. Will heissen: Für wen würden sie denn sonst stimmen?

Die Antwort erhielt er bald.

2002 wählten die Hartlepooler einen Affen zum Bürgermeister. Der Mann, der das Maskottchen des örtlichen Fussball­clubs spielte – ein wuscheliges Äffchen namens H’Angus the Monkey –, bewarb sich damals ums neu geschaffene Amt. Die Figur hat ihren Ursprung in der berüchtigtsten Legende über den Ort.

Und die geht so: Anfang des 19. Jahr­hunderts, während der Napoleonischen Kriege, erlitt ein französischer Dreimaster vor der Küste Schiffbruch. Als einziger Überlebender kam ein kleiner Affe an Land, gekleidet in der Uniform eines französischen Soldaten. Die Hartlepooler, die in ihrem Leben weder einen Franzosen noch einen Affen jemals zu Gesicht bekommen hatten, mutmassten, dass es sich um einen französischen Spion handelte. Sie machten dem Tier den Prozess und erhängten es.

Heute nennen sich die Hartlepooler monkey hangers, das Fussball­maskottchen ist eine Hommage an das glücklose Äffchen.

Stuart Drummond, das Maskottchen von 2002, ist ein überraschend nüchterner Mensch. Er sitzt auf einer Bank in der Marina, wo die kleinen Boote im Hafen schaukeln. Drei Amts­zeiten absolvierte er als Bürger­meister, bis der Posten 2013 abgeschafft wurde – in einem Referendum sprach sich die Bevölkerung stattdessen für einen traditionellen Gemeinde­rat aus. Seither leitet der 47-Jährige eine Organisation, die Wohnungen für benachteiligte Menschen bereitstellt.

Sein Bürgermeister­amt ging er mit Elan an: Drummond versuchte, Investorinnen in die Region zu locken. Er setzte vor allem auf den Sektor erneuerbarer Energien. Und er durfte einige Erfolge verbuchen: 2011 konnte die technische Hochschule einen neuen Campus bauen, am Hafen liessen sich kleinere Unter­nehmen nieder. Der Versuch, ein Werk für die Fertigung von Wind­rädern in seine Stadt zu bringen, scheiterte jedoch.

Umso mehr freute er sich vor einigen Monaten über die Ankündigung der Regierung, im Hafen des nahe gelegenen Teesside die nächste Generation von Wind­rädern zu bauen. «Es ist fast zehn Jahre später, als ich mir erhofft hatte – aber das sind fantastische Neuigkeiten», sagt der Optimist. «Wir werden davon sehr profitieren.» Die Leute hier hätten zwar einen «natürlichen Zynismus» – und glaubten etwas erst, wenn sie es sähen. Er wolle aber in die Zukunft schauen.

Bei aller Tristesse – Spass muss auch sein: Hier gibts Tickets für die Chilbi in der Hartlepool Marina.
Pandemie hin, wirtschaftliches Elend her: Mancher Hartlepooler geht humorvoll damit um – wie dieser Mann mit der Pest-Maske.
Ex-Bürgermeister Stuart Drummond, hier neben einer Affen-Statue am Hafen, blickt optimistisch in die Zukunft.

Dass die Region einem möglichen Aufschwung entgegen­blickt, dafür seien gar nicht so sehr die Tories in Westminster verantwortlich, erklärt Drummond. Sondern der Umstand, dass die Region Tees Valley, zu der auch Hartlepool gehört, seit 2017 einen direkt gewählten Bürger­meister hat: «Natürlich habe ich ein persönliches Interesse daran, dies zu sagen, aber: Ein Bürger­meister macht einen entscheidenden Unter­schied. Sein einziger Zweck besteht darin, der Region unter die Arme zu greifen. Er ist der Bevölkerung gegenüber rechenschafts­pflichtig, nicht der Partei.»

Ben Houchen, der heutige Tory-Bürger­meister von Tees Valley, habe sich ein Stück weit von der Partei in London abkoppeln und sich darauf konzentrieren können, Jobs in die Region zu bringen und mit Investoren und Unter­nehmen zu sprechen. «Dass wir eine regionale Behörde haben, ist ein riesiger Vorteil für Tees Valley», sagt Drummond.

Solche Regional­behörden und Bürgermeister­ämter sind in den vergangenen zehn Jahren in vielen nördlichen Ballungs­zentren eingeführt worden. Sie sind ein Versuch, der Zentralisierung entgegen­zuwirken. Für die Sezessionistinnen von der NIP hingegen greift das alles zu kurz – nichts weniger als die volle Unabhängigkeit muss her.

Entsprechend liest sich das Wahl­manifest, das Mitte April publiziert wurde: «Unsere Partei wird dem jahrhunderte­alten Nord-Süd-Gefälle ein Ende setzen», steht da. «Wir fordern politische Macht – Macht aus dem Norden, für den Norden.» In den Monaten nach der Gründung im Oktober 2020 beschränkten sich die Aktivitäten der NIP zunächst vor allem auf augen­zwinkernde Twitter-Posts. Sie nahmen darin die schablonen­haften Charakterisierungen von Northerners in der Londoner Vorstellung – reaktionär und rassistisch – auf die Schippe. Ihr Logo ist ein Whippet-Windhund, das Haustier der stereo­typen Nordengländerin.

Die Klassen­frage zurück im Zentrum

Das klingt zunächst eher nach Schabernack als nach seriöser Politik. Doch dann wurde die Nachwahl in Hartlepool angekündigt. Und die Partei legte einen anderen Gang ein: Sie rekrutierte Thelma Walker als Kandidatin, eine ehemalige Labour-Politikerin vom linken Flügel, die ihren Sitz in Colne Valley, Yorkshire, 2019 an die Tories verloren hatte.

Walker war begeistert vom Partei­programm der NIP. Darin finden sich Forderungen wie: Steuer­erhöhungen für Konzerne, eine Vermögens­steuer, die Legalisierung von Cannabis, die Abschaffung von Studien­gebühren, Gratis-Internet für alle. Bildung, Essen und Wohnen seien Menschen­rechte, steht da, und es ist die Rede von «sozialer Würde» – das Schicksal in den eigenen Händen: gegen die Austeritäts­politik, für Umverteilung, gegen die Privatisierung des öffentlichen Sektors in der Region.

In ihrem Manifest scheut die Partei das Wort «Sozialismus» nicht. Das gefällt Walker: «Es ist ein demokratischer Sozialismus, der bislang im Land gefehlt hat.» Die 64-Jährige scheint erleichtert, dass sie nach ihrer Zwangs­pause wieder politisieren kann. Sie erzählt das zunächst via Zoom, einige Tage später in der Küche ihres Hauses in Linthwaite, West Yorkshire. Während ihrer Zeit als Labour-Politikerin hatte sie den damaligen Parteichef Jeremy Corbyn unterstützt. Seit seinem Abgang sei Labour wieder eine Partei des Westminster-Establishments: «Labour denkt, sie könne die Leute von Nordengland überzeugen, indem sie sich den Union Jack umhängt und sich als Patrioten gibt.»

Die NIP ist eine Kampf­ansage an das Klischee des sozial­konservativen Nordens. Im Gegensatz zu Labour habe die NIP eine progressive Vision, sagt Walker. Und eine lokale: «Wir fokussieren uns auf das, was das Leben der Bevölkerung tatsächlich verbessern wird: Wir sprechen von Genossen­schaften, gemein­nützigen Unter­nehmen und von community wealth building.» So sollen lokale Unter­nehmen gefördert werden. Es gehe dabei nicht um Nationalismus. Die Partei betont den nördlichen Stolz – gleichwohl stellt sie sich gegen Homophobie, Transphobie und Rassismus.

Im Manifest steht: Northerner ist, wer sich als Northerner versteht.

Walker ist stolze Nordländerin: «Geboren in Manchester, aufgewachsen in Stockport, seit dreissig Jahren in Yorkshire.» Sie sieht in der Vernachlässigung des Nordens eine politische Absicht des Londoner Establishments: «Wir haben immer die Brosamen vom Westminster-Tisch bekommen.» All die Versprechen von Investitionen im Norden hätten gar keinen Unterschied gemacht, und sie glaubt auch nicht an die levelling up agenda, die «Ausgleichs­agenda», wie Boris Johnson sein Projekt für den Aufschwung im Norden nennt.

Sie steht für viele in der Gegend: Thelma Walker – einst Labour-Mitglied – kandidiert jetzt als Unabhängige für die Unabhängigkeitspartei.

Die neue Partei stösst bei vielen Britinnen auf Enthusiasmus. Die Unabhängigkeit des Nordens steht dabei gar nicht so sehr im Zentrum – ist sie doch ein eher unrealistisches Nahziel. Vielmehr ist die NIP ein ideelles Zuhause für jene Linken, die sich nach dem Abgang Corbyns, dessen wirtschafts­politisches Programm nach wie vor populär ist, von der Labour-Partei abgewandt haben. Man sei auch explizit offen für Leute aus dem Süden, welche «die Macht Westminsters brechen wollen», sagt Walker.

Ein grosses Ziel für eine kleine Partei.

Die Chancen, Hartlepool zu gewinnen, sind für Walker gering – nicht zuletzt wegen des verkrusteten Mehrheits­systems in Gross­britannien. Sie wird zunächst als Unabhängige antreten müssen – die NIP hat es versäumt, sich rechtzeitig zu registrieren. Der Wahl­kampf auf der Strasse ist aufgrund der Pandemie erst seit Mitte April wieder möglich.

Kein leichter Stand. Dennoch wäre es falsch, die Partei als reines Social-Media-Phänomen verdrossener Corbynites abzutun. Wie der Soziologe Paolo Gerbaudo schreibt, hat die NIP den Schritt «vom Meme zur Bewegung» bereits vollzogen. Anti-Establishment-Parteien haben es in den vergangenen Jahren immer wieder geschafft, die üblichen Regeln des Polit­betriebs ausser Kraft zu setzen.

Am anderen Ende des politischen Spektrums gelang das der Brexit-Partei: Sie machte viel Lärm, gewann in Gross­britannien keinen einzigen Parlaments­sitz – vermochte es aber, andere Parteien in eine bestimmte Richtung zu steuern. Wenn es die NIP schafft, mit ihrem Schwer­punkt für die Wirtschaft Nord­englands Anhänger zu gewinnen, könnte sie eine ähnliche Wirkung haben – und allenfalls Labour wieder stärker auf einen linken Kurs drücken.

Thelma Walker ist überzeugt: «Hartlepool ist ein Anfang.»

Zum Autor

Peter Stäuber ist freier Journalist in London. Seit über zehn Jahren berichtet er von dort unter anderem für die WOZ, die «Zeit», und den «Freitag» über britische Politik und Wirtschaft, schwerpunkt­mässig über soziale Themen.

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