Tamedia Papers – Kapitel 8

Die Wucht der Dampfwalze

Entschuldigungen nach Kampagnen, Auseinander­setzungen vor Gericht – wird die ultradominante Machtstellung der TX Group zum Bumerang für den Journalismus im grössten Medienkonzern des Landes? Tamedia Papers, Kapitel 8.

Von Serge Michel (Text) und Andreas Bredenfeld (Übersetzung), 17.12.2020

2009 wurde der Jetsetter und Millionär Carl Hirschmann in Zürich verhaftet, nachdem eine seiner Ex-Freundinnen Strafanzeige gegen ihn erstattet hatte. Dem damaligen Eigentümer des angesagten Clubs Saint Germain und Erben des Gründers der Fluggesellschaft Jet Aviation wurde vorgeworfen, er habe auf dem Club-WC sexuelle Handlungen mit Minder­jährigen vorgenommen.

Die Medien befassten sich über ein Jahr lang genüsslich und sehr intensiv mit der Affäre und packten Informationen aller Art aus, die keinerlei Bezug zu dem laufenden Straf­verfahren hatten. Der Presserat sprach von «Rudel­journalismus». Jahre später stufte das Bundes­gericht das Geschehen als persönlichkeits­verletzende Medien­kampagne ein.

2012 erwirkte Carl Hirschmann eine aufsehenerregende Entschuldigung des Boulevard­blatts «Blick». Die Zeitung der Ringier-Gruppe musste einräumen: «In diesen Artikeln wurden teilweise unzutreffende Vorwürfe verbreitet, die sich auf Behauptungen anonymer Informanten stützten oder in der Weitergabe blosser Gerüchte bestanden.»

Bei Tamedia brauchte dasselbe erheblich länger und mehrere Beschwerden, insbesondere am Bundesgericht.

Zur Serie «Tamedia Papers» – eine Familie, Geld, Macht und Medien

Wem gehört die Zeitung, die Sie morgens zum Kaffee lesen? Das Online­portal, das Sie in der Mittags­pause anklicken? Die Geschichte einer reichen und mächtigen Verleger­familie. Und was sie mit ihren Medien macht. Zum Auftakt der Serie.

Hirschmann und sein Rechtsanwalt, der gefürchtete Daniel Glasl von der Zürcher Kanzlei Bratschi AG, forderten, dass aus sieben Tamedia-Titeln insgesamt 140 Artikel beseitigt werden, die nach ihrer Einschätzung diffamierend waren oder gegen die Unschulds­vermutung verstiessen. Sie wollten, dass eine Verletzung der Persönlichkeits­rechte festgestellt und das Urteil veröffentlicht wird. Zudem verlangten sie Schaden­ersatz und die Heraus­gabe des Gewinns, den die betreffenden Zeitungen, Radio­sender und Fernseh­stationen mit den Beiträgen über ihn erzielt hatten.

Daniel Glasl und seine Kanzlei hatten bereits Prominente wie den früheren Schweizer Botschafter Thomas Borer und die britische Sicherheitsfirma Aegis in Medien­prozessen vertreten. Und Glasl vertrat auch die ETH Zürich gegen die Republik bei ihrer «republikfeindlichen Gegendarstellungslawine».

Im Mai 2019 zwang er Tamedia in die Knie. Schliesslich entschuldigte sich der Konzern öffentlich bei Carl Hirschmann für die «Persönlichkeits­verletzungen» und die «Missachtung der Unschulds­vermutung» durch «ausser­ordentlich intensive Bericht­erstattung» und löschte sämtliche Artikel über Hirschmann aus den Archiven. Über den Inhalt des vereinbarten Vergleichs wurde Stillschweigen vereinbart. Dies alles Jahre nachdem der Jetsetter wegen sexueller Handlungen mit einer 15-Jährigen verurteilt worden war und eine Haftstrafe in Halb­gefangenschaft verbüsst hatte.

Was ist «Konzernjournalismus»?

Solche «Medienkampagnen» gegen eine Person oder ein Unternehmen werden mitunter auch als «Konzern­journalismus» bezeichnet. Dieser unklar definierte Begriff hat im Wesentlichen drei Bedeutungsebenen.

Im buchstäblichen Sinn bedeutet «Konzern­journalismus», dass redaktio­nelle Entscheidungen nach Massgabe der wirtschaftlichen Interessen des Konzerns getroffen werden. Kurt W. Zimmermann, der lange in führender Funktion bei Tamedia tätig war und heute Medien­chronist der «Weltwoche» ist, führt ein Beispiel aus dem Jahr 2014 an: Damals erschienen in der zu Tamedia gehörenden Zeitung «Finanz und Wirtschaft» wiederholt kritische Artikel über Publigroupe, die – so betont Zimmermann – den Kursverfall der Werbe­vermarktungs­firma begleiteten, bevor Tamedia ein öffentliches Übernahme­angebot just für Publigroupe unterbreitete.

Bei Medienverlagen, die neben dem Journalismus in weiteren Geschäfts­feldern tätig sind, besteht immer das Risiko, dass die eigenen Firmen unkritischer angepackt werden. Beim Tamedia-Konkurrenz­verlag Ringier gehören die redaktionelle Begleitung von kommerziellen Angeboten eigener Unternehmen oder freundliche Berichte über Sportlerinnen, die von Ringier vermarktet werden, sogar zum Geschäfts­modell. Auch die NZZ-Gruppe besitzt ein Filmfestival, das auch journalistisch begleitet wird.

Zweitens bezeichnet der Begriff «Konzern­journalismus» die Praxis grosser Medien­konzerne wie Tamedia, die Artikel aus einer zentralen Redaktion – auch «Mantelredaktion» genannt – produzieren und dann in rascher Folge in den diversen konzern­eigenen Zeitungen erscheinen zu lassen. Dieses Vorgehen ist bei Tamedia seit zwei Jahren der Normalfall, wie der Chef­redaktor der «SonntagsZeitung», Arthur Rutishauser, in einem Interview bestätigte: Er glaube, es gebe «mit Ausnahme der NZZ kaum mehr eine sogenannt ‹gewöhnliche› Redaktion. Mantel­redaktionen sind Standard.»

Das Phänomen ist nicht nur bei Tamedia zu beobachten, aber der Zürcher Medien­konzern macht mit Abstand am intensivsten von dieser Praxis Gebrauch. Im Jahr 2019 wurden fast 40 Prozent aller Artikel über nationale Politik­themen in mindestens zweien seiner Titel veröffentlicht. Bei Tamedia stieg der «interne Konzentrations­grad» – also der Anteil der Artikel, die in mehr als einer Publikation des Konzerns erscheinen – im Zeitraum von 2017 bis 2019 von 21 auf 37 Prozent. Der Haupt­grund für diese Entwicklung ist die Zentralisierung der Redaktionen.

Ein Nationalrat witzelt: «Wenn ich eine gute Geschichte habe, brauche ich nur zur Mantel­redaktion zu gehen, und schon erscheint meine Story überall in der Deutsch­schweiz.» Ein Rundum­schlag, der womöglich von elf Zeitungen von Winterthur über Basel und Bern bis Zürich verbreitet wird.

Der Vorwurf der Medienkampagne

Die dritte Bedeutung des Begriffs «Konzern­journalismus» überlagert sich teilweise mit den beiden anderen und bezeichnet «Medien­kampagnen», für die der Fall Carl Hirschmann als Parade­beispiel dienen kann – oder vielmehr der um ihn veranstaltete Medien­rummel, der 2017 vom Bundesgericht in Lausanne sanktioniert wurde.

In der Westschweiz erging es drei Personen ähnlich wie Carl Hirschmann. Auch sie sehen sich als Opfer von Medien­kampagnen seitens der Zeitungen oder Journalistinnen von Tamedia. Die drei haben gegen den Konzern Zivil­klagen eingereicht oder Straf­anzeigen erstattet. Sie pflegen freundschaftliche und auch geschäftliche Beziehungen miteinander und reisten gemeinsam nach Russland, sodass sich ihre Fälle teils überschneiden.

Zum einen geht es um den Waadtländer FDP-Staatsrat Pascal Broulis. Im Februar 2018 warf Philippe Reichen, der Westschweiz-Korrespondent des «Tages-Anzeigers», dem Finanz­direktor der Waadt in einem Artikel Steuer­optimierung vor. Broulis entrichtete einen Teil seiner Steuern in Sainte-Croix, obwohl er die längste Zeit des Jahres in Lausanne lebte. Der Korrespondent schickte einen zweiten Artikel über die Einschulung von Broulis’ Sohn in Lausanne hinterher und stellte in einem dritten Beitrag über das komplexe Steuer­dossier der National­rätin Isabelle Moret die Frage in den Raum: «Versuchte Finanzminister Pascal Broulis, seine Partei­kollegin zu schützen?» Schliesslich folgte eine Artikelserie über die Russland­reisen, die Pascal Broulis in Begleitung eines seiner Grosssteuer­zahler, des Milliardärs Frederik Paulsen, unternommen hatte.

«Ich befinde mich seit drei Jahren in einem unbegreiflichen Strudel», berichtet der Waadt­länder Staatsrat. Er verwahrt sich gegen 11 Artikel, die über ihn geschrieben wurden und in der gesamten Tamedia-Galaxie erschienen, sodass es in der Summe um mehr als 100 Fälle geht.

Broulis behauptet einen Zusammen­hang zwischen den Enthüllungen über ihn und der Tatsache, dass er sich 2013 und erneut 2016 im Zusammen­hang mit den Kürzungen für die Tamedia-Redaktionen engagierte und sie gegen die Konzern­leitung verteidigte. Er erstattete Strafanzeige gegen einen Beitrag im «Magazin» des «Tages-Anzeigers»; das Verfahren wurde inzwischen eingestellt.

In Sachen der Zivilklage, die Broulis im März 2019 im Kanton Waadt einreichte, ist das Verfahren noch nicht abgeschlossen. Broulis ist der Meinung, Tamedia habe sich seiner Version der Sachverhalte gegenüber taub gestellt. Und habe kaum zur Kenntnis genommen, dass der General­staatsanwalt des Kantons Waadt, Eric Cottier, die Untersuchung wegen der Russland­reisen-Affäre eingestellt habe; er sieht sich als Opfer eines regelrechten Kesseltreibens.

Philippe Reichen, der Autor der Recherchen, sagt dazu: «Ich habe unabhängig recherchiert. Die recherchierten Fakten werden in den Klagen nicht bestritten. Der Waadtländer Finanzdirektor Pascal Broulis konnte in den Artikeln zu den Vorwürfen Stellung nehmen.»

44 Artikel, 200-mal veröffentlicht

Die zweite Affäre dreht sich um den bereits erwähnten schwedischen Milliardär Frederik Paulsen. Der in der Schweiz ansässige Geschäfts­mann ist Eigentümer der Pharma­firma Ferring. Am 22. Februar 2019 legte die von Tamedia heraus­gegebene Zeitung «24 Heures» auf vier Seiten seine Offshore-Strukturen offen – darunter auch eine, die dem von Paulsen geleiteten russischen Honorar­konsulat in Lausanne zugutekommt. Dieser Enthüllung gingen zahlreiche Artikel über ein Dutzend Russland­reisen voraus, an denen er in Begleitung von Politikern wie Pascal Broulis, der damaligen SP-Ständerätin Géraldine Savary, der SP-Nationalrätin Rebecca Ruiz, der Waadtländer FDP-Staatsrätin Jacqueline de Quattro oder des damaligen Genfer FDP-Staatsrats François Longchamp teilgenommen hat.

Frederik Paulsen liess sich von demselben Anwalt vertreten wie Carl Hirschmann – Daniel Glasl. Dieser reichte Klage beim Bezirks­gericht Zürich ein. «Es wurden 44 Artikel publiziert und inhaltlich und zeitlich synchron in den Titeln des Tamedia-Konzerns verbreitet, sodass es insgesamt um mehr als 200 Veröffentlichungen geht», sagt Glasl. «Wir klagen auf Feststellung einer Verletzung der Persönlichkeits­rechte durch eine Medien­kampagne, die ohne faktische Grundlage den Ruf meines Mandanten schädigt. Von einem Tag auf den anderen überschlugen die Medien sich im ganzen Land mit Korruptions­vorwürfen. Ich bin der Meinung, dass es sich hier um ‹Konzern­journalismus› und auch um Thesen­journalismus handelt.»

Das Verfahren befindet sich derzeit im zweiten Schriftwechsel. Die erste Verhandlung könnte in der zweiten Jahreshälfte 2021 stattfinden. «In der Hirschmann-Affäre haben wir neuneinhalb Jahre gekämpft. Der vorliegende Fall ist ganz ähnlich gelagert», sagt Glasl. Auf Anfrage erklärten die Anwälte von Tamedia, sie sähen keine Ähnlichkeiten zwischen den beiden Fällen.

Die dritte Angelegenheit betrifft Eric Hoesli, ehemals publizistischer Direktor der Westschweizer Tamedia-Titel und ab 1. Januar 2021 Präsident des neuen Verwaltungsrats der von der Stiftung Aventinus übernommenen Zeitung «Le Temps». Er spricht fliessend Russisch, ist ein ausgewiesener Kenner Russlands und organisierte Reisen dorthin, die für Aufruhr sorgten. Auf den vier Seiten vom 22. Februar 2019 nahm «24 Heures» neben Paulsen auch Hoesli in mehreren Artikeln ins Visier und behauptete, laut den geleakten Dokumenten der «Paradise Papers» sitze er im Stiftungsrat der Familien­stiftung «Paulsen Familiae Foundation» mit Sitz auf der Insel Jersey.

Hoesli bemängelte «eine schlampige Recherche, die sich nur auf Belastendes konzentrierte, einen ehr- und persönlichkeits­verletzenden Denunziations­journalismus und ein bewusst böswilliges Vorgehen, das oben­drein nichts Illegales oder Unmoralisches zutage gefördert hat». Er ging zivilrechtlich gegen den Artikel­verfasser sowie gegen den «24 Heures»-Chefredaktor vor.

«Guter Qualitäts­journalismus»

Tamedia-Konzernchef Pietro Supino liess sich von diesen Beschwerden nicht aus der Ruhe bringen. «Ich habe alle Artikel, gegen die geklagt wird, aufmerksam gelesen und sehe darin nichts Unkorrektes – im Gegenteil», erklärte er 2019 auf RTS. «Nach meinem Eindruck handelt es sich um guten Qualitäts­journalismus. Unsere Rechts­abteilung hat die Situation analysiert, und wir sehen den Klagen mit grosser Gelassenheit entgegen.»

Die Anwälte des Konzerns bestätigten dies auf Anfrage. «Alle inkriminierten Artikel sind gut dokumentiert, exakt und von öffentlichem Interesse», lassen sie den Konzern­sprecher Patrick Matthey erklären und fügen hinzu: «Die drei Prozesse wurden nach den ‹Schlichtungs­gesprächen› vom September 2019 angestrengt und betreffen zum Teil die gleichen Artikel. Die Verfahren konzentrieren sich nicht auf die wesentlichen Fragen, sondern stellen insgesamt 50 Artikel von 13 Journalisten sowie von Keystone-SDA [Agentur­meldungen] als vollständig rechtswidrig dar. Dies zeigt, dass es nicht darum geht, die Frage an sich (zum Beispiel die Russland-Reisen) zu diskutieren, sondern mit erheblichem finanziellem Aufwand investigativen Journalismus in der Schweiz zu attackieren. In diesem Verfahren verteidigt Tamedia die Presse­freiheit und die Unabhängigkeit der Journalisten.»

Dass Tamedia ihre Journalistinnen uneingeschränkt unterstützt, damit sie sich vor Gericht verteidigen können, spricht für den Konzern. Und es soll hier auch nicht um die Frage gehen, welche Seite recht hat – das werden die Gerichte entscheiden. Pascal Broulis stellt nicht in Abrede, dass nach der steuerlichen Situation eines Regierungsrats gefragt werden darf; Frederik Paulsen bestreitet keineswegs alle über ihn zusammen­getragenen Fakten; und Eric Hoesli ist der Meinung, dass die Ausgangs­frage legitim war.

Interessant ist der Punkt, dass Gerichte darüber werden befinden müssen, ob die Kläger nicht zu Opfern eines Automatismus wurden, der darin besteht, dass der Tamedia-Konzern die Artikel von einem Medien­titel an den anderen durchgereicht hat, was verunmöglicht, dass verschiedene Redaktionen unabhängig voneinander zu verschiedenen Beurteilungen eines Sach­verhalts kommen können.

Gefahr der Machtkonzentration

Ganz gleich, wie diese Verfahren ausgehen – Tamedia ist vor allem ein Opfer seiner Grösse. Durch seine ultradominante Stellung in der Schweiz – in der Deutsch­schweiz verfügt der Konzern über 40 Prozent, in der Westschweiz knapp 70 Prozent Marktanteil – kommt dem mächtigsten Schweizer Verlag eine zusätzliche Verantwortung zu. Denn über jede Person, die von einer seiner Redaktionen ins Visier genommen wird, rollt eine Flut von Artikeln hinweg, die eine dampfwalzen­ähnliche Wirkung entwickelt, die bis in den entlegensten Winkel des Landes reicht.

Welche Gefahren eine so starke Konzentration der Medien­landschaft mit sich bringt, beschreibt der Stifterverein Medien­qualität Schweiz in seinem Medienqualitäts­rating 2020 so: «(…) eine Handvoll Redaktionen entscheidet, wer in welcher Form Publizität erhält – und wer nicht, wer skandalisiert wird und wer gute Presse erhält.» Ursache für diese «Macht­konzentration» sei nicht nur, dass die Medien sich im Besitz weniger Verlags­häuser befänden, sondern auch die «inhaltliche Medien­konzentration».

Tamedia indes steht zu seiner Entscheidung, die Medien­konzentration zu verstärken. Angesichts der Schwierigkeiten, mit denen die Presse kämpfe, müsse der Verlag zwischen der inhaltlichen Qualität und der Pressevielfalt abwägen; und er entschied sich für die Qualität. Verleger Supino stellt dieses «Dilemma» im Geschäftsbericht 2017 so dar: «Die Pflege der Vielfalt geht zu Lasten der Ressourcen, die in den einzelnen Redaktionen zur Verfügung stehen. Die Bündelung der Ressourcen stärkt die Qualität, es leidet jedoch die Vielfalt. (…) Nur (…) mit genügend Ressourcen ausgestattete Redaktionen können ihre staats­politischen und gesellschaftlichen Funktionen wahrnehmen.»

Neues Jahr, neue Konkurrenz

Zweifel sind dennoch erlaubt, wenn die Konzern­leitung behauptet, ihre Medien­titel würden ihre DNA und ihre Autonomie wahren. Manch einer sorgt sich, insbesondere die regionalen Besonderheiten in der überaus stark föderalistisch geprägten Schweiz könnten verloren gehen.

Dazu erklären die beiden Co-Geschäftsführer von Tamedia, Marco Boselli und Andreas Schaffner, gegenüber «Heidi News» und Republik: «Die Koordi­nation dieser Synergien lässt sich immer noch weiter verbessern. Aber die Titel decken mit ihrer Bericht­erstattung auch weiterhin das kantonale Geschehen ab. Es gibt kein Demokratiedefizit.»

Es kann sein, dass die zunehmende Medien­konzentration demnächst eine Atempause einlegt – zumindest in der Romandie. Für das Frühjahr 2021 sind zwei neue kostenlose französisch­sprachige Nachrichten­portale angekündigt: Die AZ Medien bringt «Watson Suisse romande» und die Ringier-Gruppe eine französisch­sprachige Version von «Blick.ch» an den Start. Diese Projekte haben offenkundig werbetechnische Beweggründe.

Beide Anbieter wollen ihren Werbekunden ein landesweites Angebot zur Verfügung stellen. Doch es braucht auch interessante Inhalte, und dies wird die Monopol­stellung von «20 Minutes» in diesem Markt bedrohen. Kündigt sich damit eine neue Vielfalt an, die dem Journalismus – zumindest für eine gewisse Zeit – guttun könnte?

In einer ersten Version schrieben wir von noch laufenden Ermittlungen im Zusammenhang mit der Zivilklage von Pascal Broulis. Bei Zivilklagen gibt es keine Ermittlungen, wir haben die Stelle angepasst. Zudem unterliessen wir es, den beklagten Journalisten im Beitrag zu Wort kommen zu lassen. Wir gewichteten zu wenig, dass er privat beklagt wird und stützten uns deshalb nur auf Entgegnungen der Tamedia. Diesen Fehler haben wir korrigiert und bitten um Entschuldigung.

Zur Transparenz

Die im Beitrag erwähnte Pharmafirma Ferring von Frederik Paulsen gehört zu den Spendern, die den Aufbau von «Heidi News» unterstützt haben. Damit sind keine redaktionellen Verpflichtungen verbunden. Alle Aktionäre und Spender werden transparent ausgewiesen. Der Autor dieses Beitrags wird in leitender Stellung bei «Le Temps» tätig sein, als dessen Verwaltungsratspräsident Eric Hoesli vorgesehen ist. Die Republik nimmt keine Grossspenden an und hat den Rechercheaufwand für diese Serie finanziell rund zur Hälfte übernommen. Auch das Aktionariat der Republik AG ist jederzeit aktualisiert öffentlich einsehbar.

Tamedia Papers

Kapitel 2

Die Eroberung der West­schweiz

Kapitel 3

Der Aufstieg

Kapitel 4

Die Rache des Pietro Supino

Kapitel 5

Strahlende Zukunft

Kapitel 6

Zwischen Handel und Hochfinanz

Kapitel 7

Die Powerpoint-Ver­ses­sen­heit

Sie lesen: Kapitel 8

Die Wucht der Dampfwalze

Kapitel 9

Die politische Macht

Kapitel 10

Wunderkind «20 Minuten»

Kapitel 11

Goldgrube Goldbach

Kapitel 12

Profit mit Ihre Daten

Anhang

Die offenen Fragen