Holy Hipster!
Menschen, die fröhlich ihrer Leidenschaft nachgehen und sich dabei nicht um Peinlichkeit scheren, verdienen einen Preis.
Von der Republik-Jury, 04.07.2019
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Geschätzte Preisträger
Liebe Verlegerinnen und Verleger
Sehr verehrte Damen und Herren und alle dazwischen
Eines der zerstörerischsten menschlichen Gefühle ist Scham. Und eines der faszinierendsten ist die Schamlosigkeit – insbesondere, wenn sie fröhlich daherkommt wie etwa bei übermotivierten Sonntagswanderern, Töpferkünstlerinnen, die ihre Tassen anpreisen, als wären sie von Tortus Copenhagen persönlich angefertigt, oder Familienbloggern, die Kinder im Jahrestakt zeugen und in farblich assortiertem Leinen im Netz drapieren.
In diese Kategorie der Schamlosigkeit fallen auch unsere heutigen Preisträger. Sie dürfen in diesem Sinne ihre Auszeichnung stellvertretend entgegennehmen für alle unter uns, die sich nicht durch lästige grundsätzliche Zurückhaltung und/oder Faulheit von der öffentlichen Inszenierung ihrer Leidenschaften abhalten lassen.
Die beiden Preisträger dieser Woche heissen Brian Chung und Bryan Ye-Chung. Sie sind Evangelikale, haben sich auf einem Universitätscampus kennengelernt und waren bezaubert davon, dass sie fast gleich heissen. Wie Chung dem «New Yorker» freimütig erzählte.
Chung und Ye-Chungs Leidenschaft: unter dem Markennamen Alabaster die gesamte Bibel neu gestalten, sie mit von Hand in ihrem Designstudio inszenierten Fotografien in Millennial-Ästhetik bebildern und damit die Welt im Allgemeinen und Instagram im Speziellen, ähm, bereichern.
Holy Hipster!, sagen wir dazu.
Wer von der immer gleichen Inneneinrichtung von Internet-Mietwohnungen auf Zeit, Salatbars, Coffeeshops oder Coworking-Spaces noch nicht begeistert ist, den überzeugt möglicherweise dieses Werk. Und ein wenig verdient solch unbewölkte Arbeitslust doch durchaus Anerkennung.
Die Jury freut sich darum, den beiden engagierten Herren den Preis der Republik zu übergeben – in der Gewissheit, dass er freudig aufgenommen wird und im Fotostudio einen Ehrenplatz erhält.
Der Preis der Republik – vorgelesen
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Illustration: Doug Chayka