Der Anstoss des Steines

Am Sechseläutenplatz in Zürich entzündete sich ein Kampf um den öffentlichen Raum. Doch der oberflächliche Streit zielt bei tieferer Betrachtung auf nichts Geringeres als die Plattwalzung reaktionärer Gebirgstäler. Eine satirische Betrachtung.

Von Michael Kuratli, 05.06.2018

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Es ist eine Verschwörung. 1980 forderte die linke Jugendbewegung «Freie Sicht aufs Mittelmeer – Sprengt die Alpen». 2014 war sie ihrem Erosionsziel einen bedeutenden Schritt näher. Die Alpen liegen Roten und Grünen nach langen Kämpfen am 1.-Mai-Fest zu Füssen, in Form von Bodenplatten aus Quarzit – in Vals aus dem Alpenmassiv gesprengt. Zwar nicht genug, als dass man damit die Berge platt gewalzt hätte. Doch die Revolution kommt auch mit Pflastersteinen ins Rollen.

Just auf dem Platz, von dem die Rebellen damals mittels Tränengas, Gummischrot und Wasserwerfern vertrieben wurden, liegt das Gebirge des Anstosses fein säuberlich und kinderwagentauglich zurechtgefräst. Heute sitzen die damaligen Chaoten in den Amtsstuben. Ihnen die konsequente Weiterführung ihres lang gehegten Plans nicht zuzumuten, wäre naiv. Die Unterwanderung fast sämtlicher politischer Posten in der Limmatstadt von links zeitigt schliesslich die unglaublichsten Auswüchse. Beispielsweise mit der konsequenten Heranziehung von ideologisch uniformen Staatskindern durch Krippen. Oder eben mit Plätzen, die zu autofeindlichen Verhätschelungsoasen umgebaut werden.

Instrumentalisierter Stein

Kein anderes Pflaster der Stadt wird so heiss diskutiert wie der Alpenbelag am See. Weshalb? Ein Blick auf parapsychologische Erkenntnisse ist hier aufschlussreich. Als Heilwirkung wird dem Quarzit ein stabilisierender Einfluss in einem intensiven Veränderungsprozess zugesprochen. Langfristiges Ziel ist damit eindeutig die Yogaisierung aller Kultur oder – anders ausgedrückt – die Kultivierung des öffentlichen Raumes als ideologische Wüste.

Vieles weist ohnehin auf eine gesteigerte Experimentierfreude bezüglich unterbewusstem Unterlags-Policing der rot-grünen Regierung hin: Um die Jahrtausendwende mussten am Paradeplatz die bürgerlichen Porphyrplatten der repressiven Siebzigerjahre arbeitergerechtem Asphalt weichen. Über die Ergebnisse des Freiluftversuchs informierte die Stadt die Bevölkerung nie. Bei der Umgestaltung des Tessinerplatzes am Bahnhof Zürich Enge 2006 wurden die Versuche mit einem Betongemisch weitergeführt, das optisch an Granit erinnert, dagegen aber keinerlei Wirkung auf die Bevölkerung zu haben scheint. Perfektioniert wurde die Methode der ideologischen Pflasterung des öffentlichen Raums erst mit dem symbolisch aufgeladenen Alpenaushub auf dem Sechseläutenplatz.

Schweizweiter Alpenschwund

Die Politisierung des öffentlichen Belags ist längst kein Zürcher Lokalphänomen mehr. Genauer betrachtet rang sich (das ebenfalls rot regierte!) Bern mit der Umgestaltung des Bundesplatzes vor fast fünfzehn Jahren als Erstes zum Anstoss des Steines durch. Notabene mit in Vals gesprengtem Gneis, der übrigens bei der Verdauung hilft. Sowie dabei, festgefahrene Muster zu erkennen und abzulegen. Als Konsequenz sind die linksterroristische Stürmung einer SVP-Veranstaltung im Jahr 2007 und die siegestaumelnden Tanz-dich-frei-Exzesse in schlechtester Erinnerung. Und die Ideologie greift um sich: Auch Zug will seinen bislang als Parkplatz genutzten Postplatz zum Sechseläutenbundesplatz umbauen. Die rote Schleifpolitik ist also bereits in konservativen Bollwerken angelangt. Die Einebnung aller alpiner Gesinnung nimmt damit epidemische Dimensionen an. Und führt auf lange Sicht unweigerlich zur Untergrabung des Alpenlandes.

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