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Einmal mehr ein sehr lesenswerter Beitrag mit viel Hintergrundwissen, wie es die gängigen Leitmedien leider nicht mehr bringen.

Man möchte Lukaschenko am liebsten ein Zitat vom, von ihm sooo verachteten M. Gorbatschov zitieren: "...wer zu spät kommt, den bestraft das Leben..." .

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Informatikingenieur, Autor, Erklärvideos
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"Doch was käme nach Lukaschenko?" - Eine spannende Frage, die sich bei jedem Fall eines Autokraten stellt. Wer füllt das Machtvakuum? Neue Autokraten? Und wird sich Belarus nach Westen orientieren (EU) oder nach Osten (Russland)? Ein Ost-West-Gefälle gibt es ja (bisher) nicht im Land?

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Spannender Beitrag! Mich würde nebenbei mal interessieren, wieso eigentlich seit Beginn der Proteste überall von "Belarus" die Rede ist. Das Land heisst auf Deutsch doch "Weissrussland"? Im Text ist bspw. ja auch nicht von "Polska" und "Rossija" die Rede, sondern von "Polen" und "Russland". Und wir reden ja auch nicht von "Suomi" und "Nippon", sondern von "Finnland" und "Japan".

Wieso gab es bei "Weissrussland" vor kurzem diesen Wechsel?

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Action Anthropologist
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Dieser paternalistisch-nostalgische Staatskapitalismus einer "Sowjetunion en miniature" erinnert mich an Rumänien unter Tschautschesku.
Auch Tschautschesku fuhr innerhalb des Ostblocks einen eigenwilligen Kurs.
Auch er wollte die Zeichen der Zeit nicht erkennen, wollte nicht abdanken und wurde in seinem Präsidentenpalast im Laufe einer Revolution hingerichtet, wie ein räudiger Hund.
Das "System Tschautschesku" in Rumänien wiederum hatte viele Gemeinsamkeiten mit dem "System Marcos" auf den Philippinen, obwohl beide Länder im "Kalten Krieg" zu einander feindselig entgegengesetzten Blöcken gehörten.
Marcos machte aus den Philippinen eine Familienangelegenheit mit verstaatlichten Monopolen, die er an Verwandte und an Günstlinge aus seiner Heimat-Region und aus dem Militär verteilte. Mit kostspieligen Prestige-Projekten, wie einer Eishalle im tropisch heissen Manila, oder einem (gottlob nie fertig gebauten und in Betrieb genommenen!) Atomkraftwerk im von Erdbeben, Überschwemmungen, Vulkanausbrüchen und Taifunen geplagten Inselreich und mit seiner schamlosen Korruption und Ausplünderung (Stichwort: Marcos-Gelder auf Schweizer Banken) verschlimmerte er die Lage von immer mehr in die Massenarmut abrutschenden Menschen, bis diese die Nase endgültig voll hatten!
In der EDSA-Revolution waren Millionen von Menschen auf den Strassen und stellten sich mit ihren Leibern zwischen die Armee-Fraktionen, die gespalten waren in Régimetreue und Rebellen. In dieser Situation kippte die Armeeführung und schlug sich zusammen mit der Katholischen Kirche auf die Seite der Opposition.
Die Familie Marcos musste ausser Landes fliehen.
Cory Aquino, die Frau des (bei seiner Rückkehr in die Philippinen) auf dem Flughafen beim Aussteigen aus dem Flugzeug erschossenen Oppositionsführers Benigno Aquino, übernahm die neue Regierung, begleitet von grossen Hoffnungen und Erwartungen der Bevölkerung und der Weltöffentlichkeit.
Übertragen auf die heutige Situation in Belarus heisst das Folgendes:

  • Das revolutionäre Moment ist da!

  • Die Unzufriedenheit über die "bleierne Erstarrung" scheint riesig zu sein.

  • Die wichtigste Schwelle der Angst wurde überwunden.

  • Mit Streiks wird dem Régime "der Stecker gezogen".

  • Mit Disziplin, Friedlichkeit und "weiblicher Stärke" werden die Sympathien der Weltöffentlichkeit gewonnen.

  • Trotz der harten Rhetorik dürfte Putin-Russland nach seinen verlustreichen Kriegsaktivitäten v.a. im syrischen Bürgerkrieg, der Besetzung der Krim, der Corona-Pandemie und dem Ölpreiszerfall soweit geschwächt sein, dass ein militärisches Eingreifen wohl eher ein Bluff der Putin-Mafia sein dürfte.

  • Putin's Régime sieht sich selber zunehmend in Bedrängnis von Aufständen unzufriedener BürgerInnen (zuletzt ganz im Osten, nach der Absetzung eines beliebten Gouverneurs, der unter fadenscheinigen Begründungen verhaftet wurde und der nicht Putin's Partei "Einiges Russland" angehört.). Der Giftanschlag auf Nawalny deutet ebenfalls darauf hin, dass der Kreml angesichts der rasanten Entwicklungen in Belarus zunehmend die Nerven verliert und darum brutal um sich schlägt.
    Nun kommt aber noch etwas Weiteres:
    An diesem "Point of no return" MUSS die Revolution durchgezogen werden!
    Jedes Zögern, oder Einknicken wird es dem Régime erlauben, erst einzelne RädelsführerInnen und später immer mehr AktivistInnen herauszupicken und im post-stalinistischen Gulag-System zu ZERQUETSCHEN.
    Unbedingt nötig ist in diesem kritischen Moment auch Unterstützung aus dem Westen!
    Dass eine solche "ausländische Einmischung" sowohl von Lukaschenko als auch von Putin weniger gern gesehen wird, als das eigene Niederknüppeln und Terrorisieren, sowie die "ausländische Einmischung" aus Russland, ist ja klar, sollte aber kein Argument dafür sein, der Demokratiebewegung von Belarus die dringend benötigte Unterstützung zu verweigern!
    ...
    Nun noch ein Zukunftsausblick:
    Die Regierung von Cory Aquino enttäuschte die in sie gesetzten Erwartungen.
    Ausgetauscht wurden dominierende Landlords. Sie kamen jetzt einfach aus einer anderen Region. Der korrupte Klientelismus und die mafiosen Strukturen blieben ebenso, wie der chronische Bürgerkrieg zwischen Armee, Paramilitärs, Guerillas und Islamisten.
    Irgendwann waren die Filipinos so weit und mit den Nerven dermassen am Ende, dass sie einen Killer zum Präsidenten wählten.
    Dieser ist seither am "aufräumen" (wie Putin), ist selber Kopf des Organisierten Verbrechens und hat General Marcos mit einem Ehrenbegräbnis rehabilitiert...
    (Für Belarus wünsche ich mir eine erfreulichere Fortsetzung.)

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Wenn die "33 Bücher für ein anderes Belarus" Schule machen, dann entsteht Hoffnung auf 33 Bücher für ein anderes Burma oder 33 Bücher für ein anderes Syrien. Leseratten aller Länder verdreifacht euer Bücherbudget!

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Leserin
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Der Beitrag ist informativ. Danke. Jedoch lasse ich mir nicht vorschreiben, wie ich den Konflikt in Belarus zu lesen habe. Er ist ein Konflikt in einem Land mit recht beachtlichem GINI-Koeffizienten. Ein Konflikt zwischen einem Autokraten und einer postsowjetischen Generation, die endlich alles so schön bunt haben möchte wie der konsumierende, bloggende, influenzende, meckernde, besserwissende, demokratische Westen, der inzwischen den geopolitischen Kontext längst hergestellt hat. Dies zu einem Zeitpunkt, da die westliche Welt mehr als genug eigene Baustellen zu bewirtschaften hätte. Diesen geopolitischen Kontext bewusst zu vernachlässigen führt die Autorin auf Irrwege. Klar steht auf der anderen Seite Russland. Und: Märkte winken! Demokratie in der Wirtschaft? Wäre ein Thema für unsere eigene. Eigentlich muss man nur mal im Geschichtsbuch blättern, um vorauszusagen, wie solche Konflikte ausgehen, wenn auf Einmischung und Rezepte aus dem Westen nicht verzichtet und bald darauf unvermeidlich mit Boykott gedroht wird. Es ist für uns nicht der Moment für ein Tauziehen. Tauwetter wäre angesagt, Respekt in den internationalen Beziehungen. Ohne Lukaschenko zu hofieren. Auf letztere Idee käme eh niemand.

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Leserin
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Danke, E. H. H., für diese gescheiten Gedanken!

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