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Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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Ein schöner Beitrag von Daniel Strassberg. Gegen das Greenwashing des Lebens. Sind sie ohne Macht, so wollen sie zumindest ohne Schuld sein. Doch selbst bei einem «vollkommenen» Leben bleibt die «Erbsünde»: Der Nachteil, hier geboren zu sein. Denn damit einher geht «der graue Fussabdruck»:

Jede und jeder von uns beginnt bereits mit 1,5 Hektar. Wohnen, Mobilität und Ernährung sind hier noch gar nicht eingerechnet. Er beziffert jene Ressourcen, die wir nicht als Individuen verbrauchen, sondern für die wir alle als Kollektiv verantwortlich sind.

Dies schrieb gestern Katharina Rogenhofer im Moment Magazin mit Bezug auf Österreich in «Warum sogar der perfekte Mensch zu viel CO2 verursacht», das auf ihrem Buch «Ändert sich nichts, ändert sich alles» beruht.

Die Individualisierung der Verantwortung wird häufig zur Ablenkung genutzt. Nicht umsonst stammt der ökologische Fußabdruck ursprünglich aus der Marketingabteilung des Ölriesen BP. Er verschleiert nämlich, wer systemisch etwas ändern könnte. Statt aufzuhören, Öl, Kohle und Gas zu fördern, rät man uns zu einer nachhaltigen Bambus-Zahnbürste.

Ja, wir haben als Individuen eine Verantwortung, aber unsere Handlungen bewegen sich im Rahmen gewisser Möglichkeiten. Die großen Hebel liegen dort, wo die großen Emissionen entschieden werden.

Wo sind nun die Schaltzentralen mit diesen Hebeln? Bedenkt man, dass nur hundert Unternehmen für 71 Prozent der weltweiten Treibhausgase verantwortlich sind, lohnt wohl ein Blick auf die Verantwortung der Wirtschaft.

Dem ist nichts hinzuzufügen. Ausser vielleicht, dass wir uns der internalisierten neoliberalen (Selbst-)Lüge entledigen sollten, dass wir ohne Macht sind, dass es so etwas wie eine Gesellschaft nicht gibt und dass es keine Alternative gibt.

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Leser
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Verständlich, dass am 2. August Klimaaktivisten auf dem Paradeplatz ihre Frustration auf die Strasse brachten. Wenn ich noch jung wäre (eigentlich sollte ich es als Alter umsomehr), wüsste ich meine Energien im Wissen um die kommende Katastrophe nicht zu zügeln. Die Resignation und Angst vor Veränderung der Mehrheit (siehe CO2-Gesetz) macht mir definitiv mehr Angst als die Rebellen.

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Und darum gehe ich am Freitag an die Enddemo des Rise up for Change nach Bern. Leider ist nicht mehr so viel Kraft auf der Strasse… Corona aber auch den Diskurs ob Ungehorsam legitim ist und doch besser der legale Weg gegangen werden soll ( haben wir ja gesehen was der bringt) hat dieser Kraft geschadet. Ich geb mir den Ruck und zeige meine Verzweiflung auf der Strasse, zusammen mit Jungen und Alten die wissen, dass alle Ebenen gefragt sind. mein Verständnis, was heute legal ist und was nicht, macht mich zunehmend wütender.

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Klasse Beitrag - und ein implizites starkes Plädoyer, primär bei der Produktion anzusetzen. Wir Konsumenten sollten nur noch die Wahl haben zwischen guten (d. h. klimaverträglichen) und sehr guten Produkten/Dienstleistungen. Das bedingt konsequente und konstante politische Vorgaben, damit sich die Akteure darauf einstellen können. Die EU scheint auf einem guten Weg zu sein, aber Polen und weitere Kohle-intensive Länder opponieren kräftig dagegen. Mal abwarten, was vom Fit-for-55-Programm inhaltlich noch übrig bleibt (oder welche Kuhhandel nötig sind…).

Das Nein zum CO2-Gesetz ist und bleibt eine grosse Enttäuschung und zeigt die reiche Schweiz als kleinkrämerisches, egoistisches und ländlich-konservatives Land, in welchem einer knappen Mehrheit noch nicht klar ist, dass nichts tun (resp. nicht genug tun) finanziell teurer wird als eine moderate Lenkungsabgabe, die sogar noch einen sozialen Ausgleich hinkriegt.

Ich bin derzeit pessimistisch, dass wir die „Klimakurve“ noch kriegen. Die Kräfte, die ein entschiedenes Gegensteuern ausbremsen, sind noch zu stark. Und der Zeitpuffer ist sehr dünn geworden…

Dass jetzt die SVP taktisch-strategisch auch noch auf die linksgrünen Städte draufhaut, setzt dem ganzen noch die dümmlichste aller Kronen auf.

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Leser
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"Die Massen werden durch ungehemmten Konsum ruhiggestellt." Wenn ich die Kommentare durchlese fehlt mir ein Hinweis auf die wohl wirksamste Massnahme, die klima- und systemrelevant ist: Konsumreduktion.
Da Konsum Suchtpotential hat, nicht ganz einfach zum durchführen; doch nach dem Entzug kann sich die Lebensqualität verbessern. Das wäre dann eine win-win-Situation ;)

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Ökonom
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Sie haben prinzipiell natürlich recht. Nur: Wieviel Prozent der Bevölkerung wollen das freiwillig? Konrad Adenauer hat es auf den Punkt gebracht: "Nehmen Sie die Menschen wie sie sind, andere gibt's nicht."

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Die Frage ist da: Warum machen es einige freiwillig? Wieso arbeiten einige Leute zum Beispiel nur Teilzeit, wenn sie stattdessen in kürzester Zeit Multimillionär sein könnten, wenn sie ihr Unistudium "richtig" nutzen würden?

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Die Reaktionen auf diesen Artikel lassen mich schmunzeln. Es stört uns, wenn uns jemand sagt, dass unser (ja, auch meins) schön eingerichtetes, selbstgerechtes, halbklimataugliches Leben eigentlich nicht viel bringt, solange die grossen Parameter nicht wirklich ändern.

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Wissenschaftler
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Danke für diese wichtigen Gedanken und den spannenden Diskurs hier im Forum.
Mir scheint ein Aspekt in diesem Zusammenhang wichtig: An welchen Narrativen orientieren wir uns? Welche sind diese "uns leitenden Geschichten", die darüber bestimmen, was wir für gut oder schlecht halten, oder welchen Status wir interpretieren, welchen Respekt wir einer Person entgegen bringen, welche Vorbildfunktion wir gewähren, etc.? Im abgeschlossenen Kreis der engen Familie sind viele Verhaltensänderungen schnell umgesetzt, aber im Kontext der Gesellschaft dominiert das aktuelle Narrativ, das unsere Ansichten eint. Ängste kommen zu Tage, aufgrund der neu diskutierten Regeln und Werte die eigenen gesellschaftlichen Ziele nicht mehr erreichen zu können (z.B. Wie vermittle ich meinen Wohlstand und Erfolg wenn nicht über Konsum? Wie erreiche ich meine Lebens- oder Leistungsziele im Job trotz neuer Rahmenbedingungen?).
Nichts ist so mächtig wie ein breit akzeptiertes Narrativ. Ich glaube nicht, dass wir durch Kritik am aktuellen Narrativ die gewünschten/notwendigen Änderungen erwirken können, sondern eher den Widerstand gegen diese Änderungen nähren und bündeln. Stattdessen brauchen wir ein neues Narrativ, welches das aktuelle in seiner Attraktivität und persönlichem Bezug übertrifft, die Menschen individuell und kollektiv in seinen Bann zieht und damit das aktuelle ersetzt. Ich denke dieses neue Narrativ ist im Entstehen und bereits weit fortgeschritten, aber es ist noch immer nicht stark genug, um das aktuelle in der Breite der Bevölkerung zu ersetzen.
Um mit einem Augenzwinkern den Bogen zum Artikel zurück zu schlagen, denn in einer Sache liegt es aus meiner Sicht denn doch ganz besonders an uns persönlich: Es ist unsere individuelle Aufgabe, das neue Narrativ zu stärken, es bekannt zu machen, seinen Wert zu heben und für eine Vergrösserung seiner Akzeptanz in allen Bereichen der Gesellschaft zu sorgen - und dabei das aktuelle Narrativ ganz diplomatisch unerwähnt zu lassen. Man könnte das auch politische Basisarbeit nennen - ohne dabei auch nur den geringsten Bezug zu politischen Parteien oder anderen gesellschaftlichen Gruppierungen nehmen zu müssen.

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Theologe & Religionspädagoge
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Das haben Sie hier sehr schön geschrieben. Danke!

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Dass wir uns individuell für den Klimawandel schuldig fühlen, ist kein Zufall, sondern eine absichtliche Lobbytaktik der Ölindustrie.

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Kürzlich gesehen, dass Shell jetzt anbietet, für zusätzlich 1 Rp./l die Emissionen durch das getankte Benzin zu kompensieren. Bezeichnend, dass diese Kosten und Verantwortung jetzt auf die Konsumenten abgewälzt werden, nachdem sich die Firma jahrzehntelang gegen ökologischere Alternativen gestellt hat. Ablassbriefe fürs Volk, Greenwashing für die Konzerne.

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Genau. Das hat System.

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Und woher soll denn die Haltung kommen, die man auf die Strasse bringen soll? Es braucht Leute, die durch konkretes Handeln zeigen, dass ‘Weniger’ und ‘Anders’ möglich sind ohne dass die Lebensqualität leidet. Ohne Verzicht wird es nicht gehen.

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Genau, der Denkfehler liegt in der Annahme, es gäbe Veränderung in und aus der Komfort-Zone mit "Garten im Dienste der Biodiversität, Ferien in der Schweiz, Fahrrad­fahren, Wandern, Biofleisch (manchmal), vegetarische Grillpartys, Müll­trennung und Hybridautos" oder Elektro-Bike statt schweisstreibendem Rad. Unser Lebensstil auf Kosten des globalen Südens korrumpiert. Über unsere Pensionskassen-Gelder hängen wir mit drin. Erst mit der Bereitschaft nachhaltig zu teilen, werden wir auch strukturellen Veränderungen zustimmen. Wie sie sagen: Ohne Verzicht wird es nicht gehen. Wie hiess das doch noch: small is beautiful und weniger ist mehr?

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Leserin, Mitdenkerin
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Auch mir fehlt im sonst äusserst lesenswerten Beitrag von Herrn Strassberg die Quintessenz. Was kann ich noch tun ausser konsumkritisch auf ein privates Auto ganz zu verzichten, wenig bis kein Fleisch zu verzehren, bei Kleidern, Möbeln und übrigen Anschaffungen quasi den Beipackzettel zu studieren und mich so biologisch als möglich (und so weit es mein Portemonnaie zulässt) auszurichten? Abstimmen gehe ich auch, mit dem selben Effekt, den Herr Strassberg beschreibt: Leer schlucken am Sonntagabend, es kaum fassen können.
Was also noch? Ich glaube trotz allem - gerade in einer Demokratie- an die Kraft des Einzelnen, wobei ich an der Selbstverantwortung der Masse ständig wachsende Zweifel hege.

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Das wäre auch meine Frage. Ich verhalte mich (nach Möglichkeit, meistens, soweit es geht) ökologisch und nachhaltig, esse Bio, fliege seit Jahren nicht mehr, kaufe nur second-hand-Kleider, etc. Es ist mir aber jeden Tag schmerzlich bewusst, dass das bei weitem nicht reicht, dass es zwar in die richtige Richtung geht, aber eben nur ein kleiner Teil dessen ist, was eigentlich nötig wäre (Kohleausstieg, Fracking verbieten, internationalen Verkehr und Handel massiv reduzieren, Konsum reduzieren). Diese grossen Veränderungen weltweit herbeizuführen, liegt aber komplett ausserhalb meiner Macht, auch wenn ich noch so oft auf die Strasse gehe und mich auf alle möglichen Arten politisch engagiere. (Allzuoft endet das mit dem im Artikel beschriebenen Schlag in die Magengrube.)

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Timon Zielonka
Sales @ zukunft.com
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Vor vielen Jahren habe ich mal versucht auf einem Marktstand im Auftrag der Gemeinde die Bürger von energiesparenden LED Leuchtmittel zu überzeugen. Der Austausch einer damals üblichen Halogenbirne durch LED hat sich aus Klimasicht innerhalb von 4 Monaten gelohnt. Inklusive den Emissionen durch Produktion und Transport. Ich habe dann lange mit einer Frau diskutiert, ob der Austausch einer Energiesparlampe durch eine LED sinnvoll ist. Wir sind zu keinem schlüssigen Ergebnis gekommen. Danach kam ein Herr an den Stand und hat sich die LED Lampen angesehen. Ich habe ihn gefragt, ob er noch die üblichen 50 Watt Halogenbirnen hat. Er hat gesagt, ja. 5 über dem Esstisch, 10 in der Küche und sicher nochmal 20 im restlichen Haus. Und, ach ja, 30 im Pool, der Abends nur immer so schön leuchtet. Auf meiner Frage, was er denn für eine Stromrechnung habe, sagte er, er wisse es nicht, aber viel Geld sei das nicht und daher sei fraglich, ob sich der Aufwand für den Austausch lohnt.

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Fluffig geschrieben, vieles drin. Und trotzdem werde ich nicht warm mit dem Text. Vermutlich aus zwei Gründen.

Der eine hat mit einem Buch auf meinem Nachttisch zu tun: Fritz Stern, Kulturpessimismus als politische Gefahr. Stern, 2016 gestorben, war US-Historiker deutscher Herkunft. Sein Buch handelt vom Gegrummel völkischer Autoren des 19. und 20. Jahrhunderts. Bei den betrachteten Autoren geht es zum Beispiel um "Sammlung". Mitglied könne keiner werden, dem auch nur einer Misstrauen entgegenbringe. So würden "alle Ängstlinge ferngehalten, alle Kompromissnaturen und geistigen Schieber" (Moeller van den Bruck). Und es geht um das Gewissen als solches und als gleichnamige Zeitschrift. Gewissenlosigkeit sei das hervorstechendste Merkmal der Zeit. Stern schreibt:

Wie es in der Weimarer Zeit üblich war, übertrieb Das Gewissen die Mängel und Schwächen der Demokratie, war aber andererseits weder scharfsichtig noch ehrlich genug, die Gefahren zu erkennen, die mit den von der Zeitschrift vorgebrachten, reichlich vagen Plänen für eine 'aristokratische Führung' und eine 'Regierung der Elite' verbunden waren.

Reichlich vage sind auch die Hoffnungen, die Strassberg mit der Straße verbindet. Wenn ihn die Demokratie der Abstimmungen frustriert, bleibt dann nicht nur eine Öko-Diktatur der aufgeklärten Eliten? Und wer sollen diese sein? Die Bill-Gates-Stiftung? Silicon Valley? Die Weltraum-Milliardäre? Ein Komitee aus Friedensnobelpreisträgern? Die schon wissen, was gut für die Menschen und den Planeten ist?

Ich halte es mit der Revolution der Beatles: "Und wenn du Bilder schwenkst vom Steuerman Mao, schaffst du's nie oder sonst da wo." Und: "Du sagst, es seien die Institutionen. Ach weißte, befrei doch lieber mal dein eignes Hirn."

Persönliches Verhalten, so manipuliert und eingepreist es im Interesse des Shareholder Values auch sein mag, ist nie belanglos.

Womit ich beim zweiten Grund anlange. Der alarmistische Text reiht sich ein in ein Zeitalter des Alarmismus, in denen Menschen von sich moralisch höherstehend dünkenden Menschen gesagt bekommen, wie sie zu wählen haben, welche Wörter sie nicht mehr verwenden dürfen, welche Urlaubsziele okay sind und wieso der Verstoß gegen Corona-Maßnahmen bei einer, der politisch genehmen, Demonstration verzeihlich ist und bei einer anderen ein Beleg für schuftigen Charakter. Die berechtigte Sorge ums Klima wird begleitet vom ständigen Fingerzeigen auf andere aus allerlei anderen Themen.

So geht der Gesellschaft das Maß der Mitte verloren, so geht Gemeinschaft verloren und so geht Kompromissfähigkeit verloren. Wer vom Standpunkt der Moral aus argumentiert, hat schließlich immer Recht. Und jeder Kompromiss wird zum Verrat. Und auch die Straße bietet dann keinen Ausweg, wenn ein Teil der Demonstranten als oberstes Ziel hat, Gegendemonstranten zusammenzuschlagen. Selbstverständlich immer aus Gründen der Moral.

Das Wort führen die mit der lautesten Moral. Dadurch scheinen Minderheiten Mehrheiten. Weil die Leute mit anderer Meinung schweigen. Korrigiert wird das Bild dann bei den Abstimmungen (wenn auch nicht in der Republik, hier ist die Voting-Tendenz gut vorhersehbar).

In den Kommentaren listen viele Leser auf, was sie persönlich schon alles für die Rettung des Klimas tun. Kein Auto oder allenfalls Hybrid, Urlaub in der Schweiz, nur Bio etc. Wirklich? Fliegt keiner der Republikaner mehr in den Urlaub oder auf Geschäftsreise oder zum Kongress? Kein einziger, nie und nirgends?

Um es mit Dostojewski zu sagen: "Am Ende werden sie uns ihre Freiheit zu Füßen legen und zu uns sagen 'Macht uns zu euren Sklaven, aber füttert uns.'" Womit sich der Kreis schließt zur Demokratie-Skepsis, zum Kulturpessimismus und zu den philantropischen oder -subtropischen Tech-Milliardären.

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Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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Ich lese in Srassbergs Beitrag weder einen «völkischen» Kulturpessimismus – der, wie das Adjektiv bereits andeutet, prominent von «rechter» Seite kommt – noch einen Demokratieverdruss. Im Gegenteil: Der Aufruf, nicht mehr allein auf individualistisches privates Handeln zu vertrauen oder sich auf solches zurückzuziehen, sondern sich mit solidarischem politischem Handeln zu engagieren, ist wohl das demokratischste Plädoyer, das es geben kann.

Dass die Alternative zur «Demokratie der Abstimmungen» eine «Öko-Diktatur der aufgeklärten Eliten» sein soll, ist ein Fehlschluss ihrerseits, nämlich ein «Falsches Dilemma». Alle weiteren Ausführungen werden damit obsolet.

Die Tatsache, dass es Strassberg nicht um die Moral des guten Lebens geht, sondern um die Politik einer (klima-)gerechten Gesellschaft, entzieht auch ihrem Vorwurf des alarmistischen Moralismus' den Boden.

Interessant ist dabei, dass Sie den Zusammenhang zwischen libertärem Individualismus und ostentativem Moralismus, den Sie selbst in ihrem Kommentar aufführen, nicht sehen. Der libertäre Individualismus, für den Sie einstehen, in dem man sich allein im Privaten um das eigene gute Leben kümmert, hat gerade zur Folge, dass kaum mehr politisch gehandelt wird – weil es ja angeblich keine Alternative gibt und auch keine solidarische Gesellschaft – sondern dass nur noch das eigene angeblich «bessere» Leben anderen angeblich «schlechteren» Leben entgegengehalten wird.

Dass man angesichts der fortschreitenden und intensiveren Manifestationen der «langsamen Gewalt» der Klima-Katastrophe bei gleichzeitiger Inaktivität und Ineffizienz der Klimapolitik pessimistisch gestimmt sein kann, erscheint mir nun nicht sehr ungewöhnlich. Im Gegenteil erscheint der Optimismus hier und jetzt als die naive Option.

Womöglich passt in dieser Situation am besten Gramscis Devise: «Pessimismus des Verstandes, Optimismus des Herzens/Willens»».

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Künstler und Buschauffeur
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Das lauteste Wort, aber ohne Moral: Ökodiktatur, Cancel Culture, Genderwahn, Arroganz der links-grün versifften Städter, Doppelmoral der Gutmenschen: Das ganze Programm vom rechten Rand halt.

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Ich weiß nicht, was Sie mit Ihrer Erwiderung sagen wollen. Dass ich vom rechten Rand sei? Das wäre dann eine Illustration des von mir beschriebenen Problems.

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Ich möchte noch zwei Dinge anmerken:

  1. Ich war gegen das CO2-Gesetz wegen der Abgaben im Luftverkehr. Das schränkt die Mobilität der Ärmeren unverhältnismässig und extrem stark ein, und besonders die Nachtzüge in Europa, die seit 2008 reihenweise eingestellt wurden, tragen auch dazu bei. Ausserdem ist der Flugverkehr CO2-effizienter als eine Autofahrt pro km.

  2. Die Hybridautos sind nicht für das Gewissen. Sie sind pur wirtschaftlich bessere Autos, darum haben auch alle Taxifahrer einen Hybriden: die Unterhaltskosten sind stark niedriger und es bleibt viel mehr Geld beim Taxifahrer übrig als für Treibstoff ausgegeben hätte müssen.

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Es spielt keine Rolle ob "arm" oder "reich" den Schaden an der Umwelt verursacht. Eine höhere Abgabe auf Flugkilometer/Flugbenzin wäre nur richtig. Verursacherprinzip, einpreisung von Folgekosten, usw, wird doch immer gepredigt. Flugbenzin ist heutzutage quasi steuerfrei.

Abgesehen davon: mit einem Auto würden Sie solche Distanzen eben gar nicht erst dran denken zurückzulegen.

Dem Unterschied zwischen Arm und Reich lässt sich dagegen am besten durch ein progressiveres Steuersystem beikommen.

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Ralph Moser
Grundeinkommens-Aktivist
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Die, die beim Klimaschutz die arme Bevölkerung vorschieben, um eine CO2-Abgabe als nicht gerecht zu verneinen, scheren sich sonst kaum um deren Probleme, siehe SVP. Dieses Argument ist also ziemlich heuchlerisch, um so mehr, weil dabei von diesen Leuten die gleichmässige Rückverteilung an die Bevölkerung nie erwähnt wird.

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  1. Mit Rückgabe der Lenkungsabgabe fährt der Arme sogar besser, weil er weniger fliegt.

  2. Ein Hybrid fährt halt einfach noch zusätzliche 300 kg an Batterien durch die Gegend. Auch egal, wenn der SUV schon 2 to wiegt.

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Da wird via intellektuellen Überbau sehr viel Verständnis für die Nein-Stimmer und eine bleierne Ohnmächtigkeit, ja sogar eine Sisyphos-Diagnose für alle Engagierten konstruiert.

Indes glaube ich nicht daran.

Die Neinsager waren ganz einfach ungebildet, kurzsichtig und/oder egoistisch. Es hilft nicht, ihre Motive zu rationalisieren. Die Klimakrise ist global, wir Schweizer sind Weltmeister im Trittbrettfahren, auch wenn das niemand so zugibt, die "Ausländer" werden das für uns lösen/bezahlen. Wir kommen durch damit, weil wir so klein und unscheinbar sind. Die kleine, blutsaugende Zecke. Für mich persönlich zum Ko*en, aber Tatsache.

Nicht alle Anstrengungen der Konzerne sind Greenwashing. Selbst wenn vieles vorerst noch oberflächlich oder gar unaufrichtig ist, es entsteht auch Druck und Wettbewerb zur echten Verbesserung. Irgendwann, wenn der Gegendruck abgenommen hat (oder durch den vorgespielten moralischen Anspruch nicht mehr opportun ist), wird das dann auch institutionalisiert und reguliert. Das ist auch nicht neu, die Weltgesellschaft hat schon stark von solchen moralischen Ansprüchen profitiert, auch gegen extrem mächtige Besitzstandshalter. Wenn dem nicht so wäre hätten wir immer noch durchgehend Oligarchie, Sklavenhandel, Kolonialismus, Verdingkinder, 1750 Verkehrstote pro Jahr, etc. pp. (dies im Bewusstsein, dass dieser Kampf nie abgeschlossen ist).

Das Wirtschafts-Bashing in Sachen Klimaschutz ist komplett kontraproduktiv, es braucht die Kombination aus Staat und Wirtschaft. Die grössten praktischen Erfolge zur Lösung von Klimaproblemen wurden staatlich angestossen, aber im freien Wettbewerb erarbeitet. Die Kosten für Photovoltaik bzw. Windkraft etc. sind allein in den letzten 10 Jahren um 90% bzw. 70% gesunken [1] und sie sinken weiter. Bis 2019 wurden jährliche Produktionskapazitäten von 1430 TWh Wind und 724 TWh Solar installiert (vgl. jährlichen CH-Verbrauch: 56 TWh). In vielen Bereichen braucht es den Staat jetzt finanziell bereits nicht mehr (regulativ aber schon). Auch hier: Mit unserem beschämenden Schlusslicht-Ausbau sind wir Trittbrettfahrer auf den Programmen im Ausland.

Also: Jetzt ja nicht die Hoffnung aufgeben und sich mit einer eingebildeten erlernten Hilflosigkeit arrangieren (... oder gar das nächste "Nein" damit rechtfertigen). Stattdessen die Schändlichkeit unseres schweizerischen Trittbrettfahrens immer wieder klar und deutlich anprangern!

[1] World Nuclear Industry Status Report | 2020, S. 269-272
https://www.worldnuclearreport.org/…-v2_hr.pdf

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Ralph Moser
Grundeinkommens-Aktivist
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Genau. Wir sehen zwar auf den ersten Blick bei den Emissionen nicht schlecht aus, gehören pro Kopf aber trotzdem zu den Hauptverursachern der Klimakrise, weil wir die Emissionen unseres Lebensstils exportieren. Wir haben aber das Geld, das zu ändern und sind wirtschaftlich innovativ. Unser Motto muss also lauten "Wenn nicht wir, wer dann sonst?"

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Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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Hm, ich interpretierte Strassbergs «intellektuellen Überbau» (was wäre das Gegenteil – «proletarische Basis»?) gerade nicht so, dass «sehr viel Verständnis für die Nein-Stimmer und eine bleierne Ohnmächtigkeit, ja sogar eine Sisyphos-Diagnose für alle Engagierten konstruiert» würde. Im Gegenteil zeigt er die Widersprüchlichkeit der Nein-Stimmer auf, die Scheinheiligkeit des grünen (moralischen Geltungs-)Konsums und ruft gegen den individualistischen Rückzug ins Private auf zu mehr politischem Engagement im öffentlichen Raum, welche bei Erreichen einer «kritischen Masse» Erfolge erzielen kann.

Um bei Sisyphos zu bleiben: Wir müssen ihn uns als glücklichen Menschen vorstellen, wie Camus sagte, der trotz allem das Leben bejaht und handelt. Denn: «Der Kampf gegen Gipfel vermag ein Menschenherz auszufüllen.»

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Diese IST-Analyse ist grossartig, was zu tun ist jedoch nur angedeutet. Wenn wir wollen, dass sich die Stimmung, die Politik ändert, müssen wir uns intensiver damit beschäftigen, in welche Richtung das sein soll.

Meiner Ansicht nach gehören hier Verbote und Gebote dazu. Denn der Einzelne sieht sich schnell benachteiligt, wenn er sich umweltfreundlich zu verhalten versucht, aber viele andere sich nicht weiter kümmern, denn "es ist ja erlaubt".

Ein noch wichtigerer Grund für Verbote und Gebote ist, dass die einzelne Person die wirklich wirksamen Massnahmen gar nicht umsetzen kann. Sie kann keine Fussgängerzonen oder Radwege planen oder eine 25-Stundenwoche einführen, oder kurz, das System ändern. Systemänderungen haben aber viel den grösseren Einfluss wie das Verhalten von Einzelnen.

Der nächste Schritt ist dann, dass wir auch anders über die Sachverhalte nachdenken. Beispielsweise wird uns immer noch eingeredet, dass der bezahlte Arbeitsplatz das wichtigste Ziel jedes Einzelnen sei, quasi Voraussetzung für des individuellen Glückes Schmied. Bei genauerem Hinsehen brauchen wir zwar (heute) eine bezahlte Arbeit, um einkaufen zu können, damit wir so unser Auskommen organisieren können. In Wirklichkeit brauchen wir also ein Auskommen und nicht ein Einkommen, um überleben zu können. Das ist im Zeitalter, wo hauptsächlich Maschinen unsere tägliche Versorgung bereitstellen, etwas ganz anderes und lässt sich ganz anders und ökologischer organisieren wie mit einem Arbeitsplatz, der im schlimmsten Fall nur umweltschädliche Bullshit-Arbeit bereit hält. Das Narrativ des Arbeitsplatzes ist genauso ein Betrug wie der im Artikel genannte Konsum.

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Produzentin, Lektorin, Texterin
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Eloquent, scharfsinnig, pointiert – ein Lesevergnügen.
Der Irrsinn und die Dialektik von «Lebe nachhaltig»-(Kauf-)Botschaften besteht ja tatsächlich darin, dass sie ihrerseits zum ideologischen Mantra geraten, das wiederum einen entsprechenden – moralisch verbrämten – Konsumismus befeuert.

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Genau. Und deshalb wird es auch nicht besser, weil man von nachhaltigen Dingen ja auch gleich viel konsumieren kann wie vorher, weil ja nachhaltig - statt weniger von allem, was deutlich mehr zur Lösung beitragen würde.

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Theologe & Religionspädagoge
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Schlüsselfrage: Wie trete ich als linker Schmarotzer nachhaltig in Beziehung zu veräppelten, übertrumpten und vermatterten Menschen ausserhalb der Städte, egal wovon sie leben?

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Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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· editiert

Als einer, der vom Land kommt – ja vom «Hinterland» gar – und weiss, wie es ist, als «Roter» und «Grüner» überhaupt nicht vertreten zu sein, möcht' ich sagen: Das ist eine Fangfrage. Wir alle sollten nicht in deren Falle tappen und dieses faschistische framing übernehmen. Etwa indem nun reflexartig angeblich «linke» Städter:innen auf die angeblich «rechten» Landbewohner:innen zeigen und als eigentliche «Schmarotzer:innen» denunzieren.

In Carl Schmitt'scher Manier wollen sie nämlich mit dieser «Freund-Feind-Unterscheidung» alles – sowohl die Stadt-Land-Frage als auch die Klimafrage – in ein partisan issue verwandeln. Um so natürlich mehr Wähler:innen zu gewinnen und letztlich mehr Sitze und Posten. Aber auch um eine progressive strukturelle Transformation zu verhindern.

Dies gilt es zu vermeiden. Etwa indem die Aufmerksamkeit von propagandistischen Parolen und Platitüden auf die tatsächlichen gemeinsamen Interessen gelenkt wird. Denn diese gibt es sehr wohl. Man bedenke etwa, dass es die Bäuer:innen sind, die mitunter am stärksten von ungewöhnlich langen Trocken- und Regenperioden direkt betroffen sind.

Wir müssen zeigen, dass es weniger um kulturelle Unterschiede geht, als um infrastrukturelle Notwendigkeiten. Denn wenn die Corona-Krise, aber auch die Klima-Katastrophe etwas lehrt, dann das, dass wir alle über die Speziesgrenze hinaus – mal mehr, mal weniger – vulnerabel sind und aufeinander angewiesen sind.

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Seien Sie sympatisch und charismatisch. Viele dieser Menschen sind sehr durch Emotionen gesteuert und wenn sie Sie mögen, fällt es Ihnen schwerer Sie als linker Schmarotzer abzutun. Es ist einfach, wenn man eh niemanden kennt, der/die so ist, total verständnislos zu sein. Es wird viel schwieriger, wenn man mit solchen Leuten zu tun hat (gilt übrigens auch für Städter, die alle Landbewohner als Trumper abtun).

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Danke, Daniel Strasberg! Angesichts der Besetzung des Paradeplatzes durch Klimaaktivist*innen topaktuell.

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Danke für diesen spannenden Beitrag. Klar, alles auf das einzelne Individuum abzuwälzen, ist nicht zielführend. Es braucht such strukturelle Veränderungen. Das eine tun und das andere nicht lassen, ist da meine Haltung. Da Herr Strassberg in seinem Beitrag geschrieben hat, wie er es privat handhabt (Hybridauto, wenig Fleisch etc), würde mich interessieren, wie er sich engagiert, um den Druck auf der Strasse zu erhöhen.

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Ein Stich ins Bienchennest! Klar, besonders uns Schweizerinnen wurde eine vorbildliche Eigenverantwortung in die Wiege gelegt. Auch ich kompensiere alle meine Flüge seit ich fliege, teile ein Auto das selten gebraucht wird, esse kein Fleisch und selten tierische Produkte. Zudem lebe ich in einer WG und fahre Fahrrad. Meine iPhones kaufe ich gebraucht und das iPad und Macbook brauche ich halt für die Arbeit und Netflix. Es gibt sicher auch Leute hier, die wirklich kompromisslos mit geringem Fussabdruck leben. Dennoch wage ich zu behaupten, dass der schweizer Pass den Rahmen des im eigenen Vorgarten machbaren bereits sprengt. Besonders mit Nachwuchs. Leider. Die Reaktionen auf diesen besonderen Text sind wohl symptomatisch für das Unwohlsein, das uns alle umtreibt. Es reicht halt nicht. Doch im (Verantwortung) Einfordern wurden wir nicht sonderlich trainiert. Wir sollten es wohl üben. Wut, Protest und Visionen sind höchst notwendig. Schaltzentralen gibt es in der Schweiz in überproportionalem Masse. Über den Globus gesehen, sind bestimmt mehr als die Hälfte der Verursacher in einigermassen funktionierenden Demokratien niedergelassen. Staaten, die mit dem notwendigen Wissen, ausreichend Geld und den notwendigen politischen und rechtlichen Werkzeugen ausgestattet sind. In Theorie. Unsere Verantwortung hört also definitiv nicht vor dem Bioregal in der Migros auf.

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Eine ziemlich nahrhafte Kolumne, die mich nicht nur an-, sondern stellenweise auch aufgeregt hat. Genauso wie manche Kommentare dazu. Schlussendlich habe ich gemerkt, dass ich, um damit ins Reine zu kommen, ein einziges Wort umschreiben möchte. Statt:

Das bedeutet keineswegs, dass man auf Müll­trennung, Biofleisch oder Elektro­autos verzichten sollte. Aber man soll sich doch bitte nicht vormachen, damit einen wichtigen Beitrag zum Umwelt­schutz zu leisten.

müsste aus meiner Sicht stehen:

[...] Aber man soll sich doch bitte nicht vormachen, damit einen ausreichenden Beitrag zum Umwelt­schutz zu leisten.

Denn selbstverständlich ist jeder Beitrag wichtig, auch der kleine. Nur reichen die individuellen Möglichkeiten nicht für den grossen Schwenk. Persönlich kenne ich aber auch niemanden, der/die das glaubt oder je geglaubt hätte.
Vor daher lässt mich das Ganze etwas ratlos zurück: die ideologische Gegenüberstellung von Postmarxisten, resp. -Strukturalistinnen und Neoliberalismus ist zwar interessant, allein mir fehlt der Glaube, dass Parolen das Klima retten können, weder die der einen noch die der anderen Seite. Ich meine, da brauche es Handfesteres: Gesetzesänderungen und Verzicht. Zu ersterem hilft - vielleicht - der Druck der Strasse. Die Akzeptanz des zweiten wird mE immer eine individuelle Leistung bleiben.

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Ich bin jetzt mal ehrlich. Ich bin ein Hedonist. Ich möchte mich nicht einschränken für den Klimaschutz. Ich bin unverschuldet in diese Welt geboren worden und mit meinem Lebensstandard großgeworden. So wie ich denken viele, trauen sich das nur nicht zu sagen.
Ich erwarte intelligente Lösungen von der Industrie und den Politikern. Lösungen, die meinen Lebensstil erhalten und die nötigen sich zu bewegen, die die Hauptverursacher der Probleme sind w.z.B. die Autoindustrie, die Starbucks, Amazons, die Energiekonzerne etc. DIE müssen mir als Konsument Produkte anbieten, die wirklich nachhaltig sind und nicht nur grün angestrichen.

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Ralph Moser
Grundeinkommens-Aktivist
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Kurz, die anderen sollen es bitte schön richten. Wenigstens sind sie ehrlich, wenn auch anonym.

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Ökonom
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Mit dieser Haltung dürften Sie bei weitem nicht alleine sein, wenn nicht gar zur Mehrheit gehören. Und diese ist nur allzu menschlich. Die Lösungen, die sie fordern, sind wichtig. Nur werden sie nicht ausreichen. Weil wir ja jetzt schon die Ressourcen übernutzen und jede Optimierung Grenzen hat.
Was mich aber interessieren würde, ist, wie Sie sich als Wähler verhalten: Befürworten Sie Gesetzesvorhaben, die diesen Druck auf die Unternehmen erzeugen? Als Konsument tun Sie das ja offensichtlich nicht.

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Ernst gemeinte Frage aus Interesse: würden Sie Ihren Lebensstil unter keinen Umständen verändern wollen, oder eventuell doch wenn alle anderen auch mitziehen?

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Ich trenne meinen Müll, weil das wenig Aufwand ist. Und benutze Taschen statt Plastiktüten. Das ist alles einfach.
Ich würde nicht auf Flüge oder mein Auto verzichten. Mein Komfort und meine Freiheit sind mir heilig.
Und wenn der Umweltschutz zu teuer wird bin ich auch dagegen. E- Autos müssen bezahlbar sein. Egal wie. Notfalls muss der Staat sie subventionieren. Wenn zu wenig E- Tankstellen da sind und ich Gefahr laufe nicht weiter zu kommen, dann kauf ich so ein Auto nicht, sondern kaufe wieder einen Benziner.

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Sie schreiben anonym „So wie ich denken viele, trauen es sich aber nicht zu sagen“. Sie also auch nicht? Schade - ist doch eine legitime Sicht:

Ich möchte mich nicht einschränken für den Klimaschutz. Ich bin unverschuldet in diese Welt geboren worden und mit meinem Lebensstandard großgeworden.

Und nach Ihnen die Sintflut …

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advocatus naturae
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Wie viele Kinder haben Sie, Herr Leihener und Herr Moser?

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Daniel Strassberg weist auf einen sehr wichtigen und auch psychologisch überzeugenden Punkt hin. Ich glaube aber nicht, dass man deswegen individuelle Verhaltensänderungen gegen politische Entscheidungen ausspielen soll. Viele kleine Veränderungen können viel bewirken. Aber ohne grundlegende politische Veränderungen können wir, wenn überhaupt noch, die Klimakatastrophe nicht abwenden. Ob aber der Druck von der Strasse her etwas bewirken kann.? Da bin ich mir nicht sicher. Ich fürchte eher, dass zunehmend mit allen (rhetorischen und finanziellen) Mitteln versucht wird, die ökologischen Bewegungen in die Defensive zu drängen. Das Narrativ von sog. „wohlstandsverwahrlosten“ Grünen und „Luxus-Sozialisten“ hilft bestens, von den uns alle existentiell angehenden Problemen abzulenken, und mit dem Schlagwort „Ökoterrorismus“ können auch die mildesten Veränderungsvorschläge abgewürgt werden. Solange die politische Mehrheit und die entsprechende Gesetzgebung Umwelt schädliches Verhalten in grossem Stil zulässt oder sogar unterstützt und dafür den KlimademonstrantInnen die volle Härte des Gesetzes spüren lässt, wird sich leider kaum etwas ändern. Die Auswirkungen der Klimakatastrophe müssen schon sehr viel stärker spürbar sein, um Änderungen zu ermöglichen. Aber dann ist es zu spät.

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Mir ging es ähnlich wie einigen der anderen Schreibenden hier:
Es fehlen die Konsequenzen.
Ein paar resignierte Zeilen von Kästner... Ist das alles?
Es fiel mir ein anderes Zitat ein. Karl Marx schrieb schon 1845 in den 'Thesen über Feuerbach': "Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert, es kömmt drauf an, sie zu verändern."

Natürlich werde ich in einem kleinen Diskussionsbeitrag nicht die notwendigen Antworten geben können. Aber ich möchte einige Punkte anreissen, die hoffentlich Gedankenanstösse geben. Kein Problem kann gelöst werden, bevor die Ursachen nicht klar geworden worden sind :

In den USA war die Bevölkerung im ersten Weltkrieg gegen einen Kriegseintritt ihres Landes. Nur mit Hilfe einer massiven Kampagne der Massenbeeinflussung konnte der Präsident W. Wilson diesen 1917 doch noch durchsetzen...
Eine ganze Reihe von Figuren standen hinter dieser erfolgreichen Propaganda. In den Jahrzehnten danach wurde "Propaganda" zu einer differenzierten Manipulationsmethode, die an den Universitäten erforscht und gelehrt wurde. Unter dem Eindruck der menschenverachtenden Methoden der Faschisten gab man dem Kind später einen neuen, unverfänglicheren Namen:
"Public Relations".
Ich möchte hier nur einen Namen nennen: Edward Bernays; sein Buch 'Propaganda' von 1928 ist auch heute lesenswert.
Zitat: «Die bewusste und zielgerichtete Manipulation der Verhaltensweisen und Einstellungen der Massen ist ein wesentlicher Bestandteil der Demokratie.»
Die NZZ fasste in einem Artikel Bernays Methoden so zusammen:
"Die Massen seien umstürzlerisch gesinnt, aber zum Glück leicht zu manipulieren. Für Bernays dient Propaganda in der modernen Gesellschaft denn auch dazu, zwischen Elite und Masse einen Konsens herzustellen und so Ordnung zu schaffen."
https://www.nzz.ch/gesellschaft/der…ld.1403103

Bernays verdoppelte den Umsatz der Tabakindustrie, indem er Zigaretten als "Fackeln der Freiheit" verkaufte und Frauen so zu Rauchen animierte. Weiter heisst es im NZZ-Artikel:
"Die Warnung, dass Rauchen ... Krebs auslösen kann, kontert er im Auftrag eines Tabakkonzerns mit «neutralen Experten», welche die gesundheitlichen Vorteile des Zigarettenkonsums «belegen». Gleichzeitig versucht er, seiner Ehefrau das schädliche Rauchen abzugewöhnen."
Weiter beriet er mehrere US-Präsidenten bei erfolgreichen Wahlkampagnen. Ein "Meisterstück" lieferte er mit einer Kampagne gegen die demokratisch gewählte Regierung unter Arbenz in Guatemala 1951, die dann in einem CIA-Putsch gestürzt wurde.

Die Tabakindustrie war ja über Jahrzehnte hinweg durchaus erfolgreich mit ihren Verwirrungs- und Ablenkungstaktiken. In der Schweiz ist sie es auch heute noch...

Ab 2015 kam scheibchenweise ans Licht, dass die grossen Öl- und Energiekonzerne schon seit den 1960er Jahren Forschungen zu den Auswirkungen ihrer Produkte auf die Umwelt betrieben hatten.
Einer dieser Forscher, Martin Hoffert, sagte 1980 eine Erwärmung des Planeten wegen steigender CO2-Werte um 1°C bis 2020. voraus. Als er vor einigen Jahren in einer Anhörung des US-Kongresses gefragt wurde, wie das möglich gewesen sei, war seine Antwort : "Wir waren Wissenschaftler und haben seriöse Arbeit gemacht!" Ein anderer war M. Stanley Whittingham, der mit zwei anderen die Lithium-Ionen-Batterie entwickelte, als er bei ExxonMobil forschte. Dafür erhielt er 2019 den Nobelpreis in Chemie....
https://insideclimatenews.org/news/…-vehicles/

Was machten nun die Topmanager der Ölkonzerne mit den beunruhigenden Erkenntnissen ihrer Forschungsabteilungen?

Tusch!

Sie stellten diese Arbeiten ein, feuerten die Wissenschaftler und steckten Dutzende Millionen in eine Kampagne, die bis vor kurzem den Klimawandel rundweg leugnete. Wegen der weltweiten Medienkonzentration war das leicht zu bewerkstelligen: Der australische Murdoch-Konzern und die amerikanischen Koch-Brüder mit ihren jeweiligen Medienkonzernen waren die perfekten Sprachrohre...
Heute, wo die regionalen Klimakatastrophen immer mehr zunehmen, gibt es hier zwar einen Taktikwechsel. Auf kann ich hier in diesem Beitrag aber nicht eingehen.

Der englische Guardian fasste 2019 dieses Vorgehen der Ölkonzerne so zusammen:
"...skizzierte die Vision einer umfassenden, internationalen Kampagne, um die öffentliche Meinung über die Klimakrise zu ändern, indem sie die wissenschaftliche Forschung ... als unzuverlässig darstellte, obwohl die überwältigende Mehrheit der Wissenschaftler zu einem Konsens gelangt war.
Der Plan sah vor, sympathisierende Wissenschaftler zu finden und Thinktanks zu finanzieren, die nützliche Berichte erstellen würden. Vermeintliche 'Grassroots'-Gruppen sollten Debatten lostreten, die den Konsens über die globale Erwärmung in Frage stellten. Ausserdem sollte ein ständige Strom von Medieninformationen Unsicherheit erzeugen.
Der Plan klang sehr nach einer PR-Kampagne der Tabakindustrie der 1960er Jahre, die die wissenschaftliche Erkenntnis, dass Rauchen tödlich ist, in Frage gestellt hatte. Einige der beteiligten Personen waren tatsächlich auch schon Veteranen dieser Tabakkampagne gewesen."
https://www.theguardian.com/environ…fuel-lobby

Konkret stecken 20 Energie- und Ölkonzerne hinter einem Drittel des weltweiten CO2-Ausstosses; 100 Konzerne verursachen mehr als 70%.
Quellen, z.B.:
https://www.theguardian.com/environ…-emissions
https://www.theguardian.com/sustain…ate-change

Um nur ein Beispiel für das konkrete Vorgehen dieser Konzerne zu nennen:
Der "ökologische Fussabdruck", der zeigen soll, wie viele Erden jeder Einzelne verbraucht, ist eine 'Erfindung' von BP!

Inzwischen ist ausführlich dokumentiert, wie diese Methoden im Detail umgesetzt wurden.
Der US-amerikanische Klimatologe Michael E. Mann z.B. (von ihm stammt u.a. die "Hockeystick"-Grafik, die anschaulich die historische Entwicklung des CO2-Anstiegs zeigt); dieser Wissenschaftler hat in zweien, u.a. ins Deutsche übersetzten, Büchern sehr bildhaft und detailliert die Dreck- und Lügenkampagnen beschrieben, mit denen diese Konzerne gegen seriöse Wissenschaftler wie ihn vorgegangen sind!
Genauso konkret, aber leider noch nicht auf Deutsch, ist z.B.:
"Horsemen of the Apocalypse - The Men Who Are Destroying Life on Earth - And What It Means for Our Children" von Dick Russell u. Robert F. Kennedy Jr.

Kurz gesagt, wird uns jetzt seit Jahrzehnten einzureden versucht, dass in einem begrenzten, endlichen System wie dem Planeten Erde ein unendliches, unbegrenztes Wachstum (v.a. der Profite) möglich sei.
In nur wenigen Generationen hat sich diese Aussage als Riesenlüge entlarvt! Wir haben jetzt vielleicht noch eine Generation lang Zeit - wahrscheinlich eher weniger, um diesen selbstzerstörerischen Kurs entscheidend zu korrigieren.

In einem Diskussionsbeitrag hiess es, "Kapitalismus und Sozialismus seien beide gescheitert".
Ich bin da anderer Meinung:
Von den ersten Keimformen bei den Kaufleuten der Hanse oder den italienischen Stadtstaaten des 12. Jahrhunderts brauchte der Kapitalismus über 600 Jahre, bis er sich durch alle Niederlagen und über alle Hindernisse hinweg in den Revolutionen 1789 - 1848 durchsetzte. Er war erfolgreich, als alle Voraussetzungen geschaffen waren! Heute führt er sich selbst ad absurdum.
Seit 100 Jahren sind die Versuche, den Sozialismus aufzubauen, gescheitert! Auch das ist richtig. Die gemachten Fehler müssen auf den Tisch und aus ihnen gelernt werden!
Die KP Chinas z.B. ist heute eine Partei von Milliardären. Dass uns China immer noch als "Kommunismus" verkauft werden soll, ist nur eine weitere Lügenkampagne nach dem bewährten Strickmuster der Bernays&Co.

In einer weltweiten Anstrengung und Zusammenarbeit wurden gerade in ein paar wenigen Monaten Impfstoffe gegen die grösste Pandemie seit 100 Jahren entwickelt!
Wieso soll es da dann nicht möglich sein, die Einheit von Mensch und Natur wiederherzustellen? Die objektiven Voraussetzungen dazu sind heute alle vorhanden; wir wissen auch, was zu tun ist: Fossile Energien durch Erneuerbare zu ersetzen.

Warum muss die gesellschaftliche Verteilung auch in Zukunft auf der Ausbeutung der grossen Mehrheit durch eine verschwindend kleine Minderheit beruhen und nicht auf dem Prinzip "Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seiner Leistung!"?
Warum sollen Völker und Nationen der Welt nicht überall gleichberechtigt zum gegenseitigen Nutzen zusammenarbeiten können? So, wie wir es 2020 bei den Impfstoffen erlebt haben!?

Bertold Brecht schrieb:

"Er ist vernünftig, jeder versteht ihn. Er ist leicht.
Du bist doch kein Ausbeuter, du kannst ihn begreifen.
Er ist gut für dich, erkundige dich nach ihm.
Die Dummköpfe nennen ihn dumm, und die Schmutzigen nennen ihn schmutzig.
Er ist gegen den Schmutz und gegen die Dummheit.
Die Ausbeuter nennen ihn ein Verbrechen.
Aber wir wissen: Er ist das Ende der Verbrechen.
Er ist keine Tollheit.
Er ist nicht das Chaos, sondern die Ordnung.

Er ist das Einfache, das schwer zu machen ist."

Das Gedicht heisst: Lob des Kommunismus

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Ralph Moser
Grundeinkommens-Aktivist
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Ohne die Menschen, die aufzeigen, dass es auch in unseren Breitengraden ein sehr glückliches Leben mit viel weniger Besitztum, Konsum, Fleisch, Flugreisen oder fossiler Mobilität gibt, wird sich nie etwas ändern, bis es zu spät ist (was es wahrscheinlich schon ist, die 1.5 Grad sind mit unserem jetzigen Umsetzungswillen nicht mehr realistisch). Was mich dann aber schon etwas ratlos zurücklässt, ist die Tatsache, dass sich auch Philosophen nicht zu Schade sind, diese Menschen als moralisierend und gerecht zu betiteln. Im Gegensatz zu der grossen, trägen Masse der Selbstgerechten, die sich auf den sehr bequemen Standpunkt stellen, dass sie sowieso nichts ändern können, werden diese Menschen aktiv, hinterfragen ihre Lebensweise und produzieren neue Ideen. Man sollte ihnen definitiv mehr Respekt zollen.
Wäre es nicht zielführender, wenn diese Menschen als Ansporn für Andere gesehen werden könnten, weil ihr Tun als gesellschaftlich positiv und erstrebenswert gilt, anstatt diese Menschen ständig mit negativen Begriffen zu marginalisieren (Klimajugend, Gutmenschen, Moralapostel, Selbstgerechte, Ökoterroristen...).
Denn Einzelne ändern nichts am Klimawandel, das müssen ALLE tun, und das geht besser, wenn man sich aufgehoben fühlt in einer grossen Bewegung.

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Im Text steht, der Konsumrausch habe die Menschen, aus Sicht der Regierungen, pflegeleicht gemacht. Ich möchte dem unbedingt die Eigenheimförderung hinzufügen. Wer ein eigenes Haus mit Garten hat und einen Kredit abstottert, hat kein Interesse mehr an der Revolution.

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scharf, analytisch und politisch 💐🍾

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In einem Interview, welches Romney Wheeler mit dem britischen Mathematiker und Philosophen Sir Bertrand Russell im Jahre 1952(!) führte, bringt es Bertrand Russel auf den Punkt. Neben vielem anderem stellt Romney Wheeler an Russel die Frage: "Welches sind Ihrer Meinung nach die wichtigsten Voraussetzungen für ein gutes Leben der Menschheit in der Zukunft?" gibt Russel zusammengefasst folgende Anwort: Es sind seiner Meinung nach drei Dinge:

  1. Eine Weltregierung, welche alle Waffen kontrolliert

  2. Ungefähre ökonomische Gleichheit weltweit

  3. Eine mehr oder weniger zahlenmässig gleich bleibende Weltbevölkerung.

Bis heute haben wir diese Punkte verfehlt. Ganz klar verfehlt sind Punkt 1 (UNO zahnlos) und 2 (Kapitalismus hat ein ganz anderes Ziel).

Der Punkt 3 ist aus Sicht des Druckes auf die planetaren Ressourcen, auf das Klima etc. der entscheidende Punkt. Und da ging es gar nicht nach Russels Idee. Weltbevölkerung 1952: ca. 2.6 Mia, Weltbevölkerung 2020: ca. 7.8, also dreimal so viele Menschen auf dem Planeten (Quelle: statista.com)
Auch in der Schweiz ist die Tendenz klar, wenn auch nicht so drastisch: 1952: 4.7 Mio. , 2020: 8.6 Mio. (Quelle Bundesamt für Statistik), Wohlstand bremst die Geburtenrate, das ist bekannt..

Russel führt die drei Punkte dann noch im Detail aus, hochinteressant (Link siehe unten).

Nun ist es halt so: Dreimal so viele Leute brauchen (mindestens) dreimal so viel Platz, brauchen dreimal so viel Nahrung (=wiederum Platz), Energie, Bodenschätze, Wasser, etc. und produzieren (mindestens) dreimal so viel Dreck inklusive Treibhausgase. Das darf uns eigentlich nicht erstaunen.

Somit werden wir eben in Zukunft - wie Bertrand Russel sagt - nicht viel länger unser gutes Leben führen, sondern mit den Folgen von Klimaveränderung, Umweltverdreckung und den daraus resultierenden Migrationsströmen und Verteilungskämpfen leben müssen.
Da die Auswirkungen des Einflusses des Menschen auf die Umwelt verzögert eintreffen, können wir uns auf einiges gefasst machen, da können wir noch so viel mit dem Tesla herumfahren und die leeren Flaschen zur Sammelstelle tragen, denn gemäss Prognosen soll die Weltbevölkerung bis 2060 auf ca. 10.2 Mia anwachsen (Quelle: statista.com), das wäre dann der Faktor 4 gegenüber 1952. Es werden dann halt noch mehr Flaschen zum Container getragen...

So sind alle Bemühungen des Einzelnen zwar nicht sinn-, zweck- oder nutzlos, aber letzten Endes macht der Bevölkerungszuwachs alle Anstrengungen mehr als wett. Es beruhigt unser Gewissen ein wenig, speziell die CO2 Kompensation, welche man mindestens teilweise als Nachfolger des Sündenablasses sehen kann.

Tönt defätistisch, ist aber wohl nicht so weit von den Tatsachen weg. Jede Anstrengung, unseren Planeten und damit unsere Lebensgrundlage zu schützen ist wichtig und richtig. Wenn wir aber den Planeten 'übersiedeln', verpuffen diese Anstrengungen.

P.S. Das Interview von Romney Wheeler mit Sir Bertrand Russell wurde aufgezeichnet und kann hier nachgehört werden: https://www.youtube.com/watch?v=xL_sMXfzzyA, die oben erwähnte Antwort gibt er hier: https://www.youtube.com/watch?v=xL_…yA&t=1234s

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Das ist ja alles bekannt. Doch was ist zu tun?

In den meisten Ländern wird die Bevölkerung schon lange vor 2050 zu schrumpfen beginnen. Allen voran China, aber auch in Indien dreht sich das Wachstum.
Das Problem ist Afrika, wo mit weiteren 2 Milliarden gerechnet werden muss.
Konsequenz: Wir müssen endlich Afrika eine faire Chance geben, sich gut entwickeln zu können. Mehr Wohlstand verbraucht zwar mehr Ressourcen, dafür hört aber das Wachstum der Bevölkerung auf. Zudem hätte Afrika die Chance, es "gleich richtig" zu machen.
Dazu wäre aber unser Vorbild äusserst wichtig und es ist entscheidend, dass wir hier einen Lebensstil entwickeln, der für 10 Mia. Menschen umsetzbar ist. Hier sehr anschaulich erklärt von H. Rosling.

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Sie sagen: ' Wir müssen endlich Afrika eine faire Chance geben, sich gut entwickeln zu können.' Einverstanden (auch das ist schon länger bekannt, das ist nämlich der Punkt 2, mit dem Bertrand Russel ökonomische Gleichheit verlangt). Es ist klar, dass Wohlstand das Bevölkerungswachstum bremst. Bis jetzt sehe ich jedoch keine Anzeichen, dass die Industrieländer auch nur das geringste tun, damit das passiert, denn das wäre kein Geschäft, welches im nächsten Quartal Gewinn abwerfen würde. Wir beuten die Bodenschätze in Afrika aus, das schon, das rentiert natürlich, neuestes Beispiel sind die fast schon gesicherten Ölvorkommen in Namibia, https://www.tagesschau.de/wirtschaf…n-101.html . Falls gefördert wird, gehen 90% des Gewinnes an die kanadische Firma ReconAfrica (https://reconafrica.com/about/company-profile/), 10% an den Staat Namibia. Das verschmutzte Wasser und die vergifteten Böden gehören dann wohl zu 100% dem Staate Namibia. Ich habe da so meine Mühe, hier eine faire Chance für Afrika zu entdecken.
Das Problem ist das 'wir'. Ich investiere als Privater nicht in solche Unterfangen, aber Ihr und auch mein Alterskapital wird natürlich von Pensionskassen angelegt, das wären die grossen Hebel um etwas zu bewegen. Es kann durchaus sein, dass unser beider Geld nicht die Chance für Afrika bedeuten sondern solche Machenschaften fördert. Und: Ich, und vermutlich auch Sie, können das nicht beeinflussen.
Die Polizeit hat grad letzthin Jugendliche von den Bankeneingängen in Zürich weggetragen, welche genau diese Investitions-Politik beeinflussen wollten.

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· editiert

Danke für die spannende Lektüre zum Konsumdilemma. Um an das offene Ende des Textes etwas weniger revolutionär anzuknüpfen, folgende lose Gedanken. Das Problem der fehlenden hiesigen Revolutionen und dem erfolglosen Kampf auf der Strasse lässt sich vielleicht darauf zurückführen, dass der Nutzen und die Kosten der Umweltzerstörung ungleich verteilt sind. Wir Schweizer:innen sind grosso modo kurzfristige Nutzniesser:innen der globalen wirtschaftlichen Maschine. Praktisch alle Länder werden vor uns leiden. Langfristig leidet dann aber auch die Schweiz - bis dahin hilft aber die kognitive Dissonanz, dass es schlimmer ist, heute etwas mehr fürs Benzin zu zahlen, wenn die Schweiz doch erst in X Jahren wahrlich unangenehme Kosten erleidet. Wenn also in der Schweiz die Gefahr des Klimawandels verstanden werden soll, muss eine von zwei Dingen mit den Mehrheitsmacher:innen der Mitte passieren: entweder, sie gewichten langfristige Kosten stärker in ihren Präferenzen (und solidarisieren sich so mit zukünftigen Kohorten), oder aber sie beginnen sich stärker mit denjenigen zu solidarisieren, die früher (oder schon heute) unter dem Klimawandel leiden. Beides scheint nur erreichbar zu sein, wenn wir besser vermitteln und informieren. Wenn wir akzeptieren, dass wir die Kosten und Gefahren des Klimawandels konstant erklären und erläutern müssen. Oberflächlich in die schweizerische Volksseele blickend, denke ich, dass ein Verweis auf das langfristige Wohl der Schweiz mehr fruchtet, als die Schweizer:innen von irgendwelcher Solidarität mit "Auswärtigen" zu überzeugen. Vielleicht im Sinne von "Umweltzerstörung ist unpatriotisch"?

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Claudia Suter
Aktivierungsfrau
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Dieser Artikel hat mich betroffen gemacht und zum Nachdenken bewegt.
Folgende Punkte:

  • Ein persönlicher nachhaltiger Lebensstil genügt zwar nicht, ist aber unbedingt notwendig. Ohne ihn wird jedes politische Engagement unglaubwürdig und damit kontrapruktiv, denn es liefert den Gegnern oekologischer Veränderung (berechtigte) Ausreden nichts tun zu üssen.

  • Ich bezweifle, dass "auf die Strasse gehen" der richtige geschweige denn der einzige Weg ist, etwas zu verändern. Mir behagt der neue politische Stil, für alles und jedes zu demonstrieren überhaupt nicht (nicht nur zu Pandemiezeiten, aber da ganz besonders). Er bewirkt eher, dass ich mich politisch zurückziehe.

  • Ebenso kann ich mir nicht wirklich vorstellen, dass jene die sich im persönlichen Umfeld (möglichst) umweltbewusst verhalten, dieselben sind, welche gegen das CO2 Gesetz gestimmt haben. Vielmehr solche, die eben selber keinen Beitrag leisten wollen. (mehr bezahlen für Benzin, Fliegen oder wegen des höheren Preises dessen Konsum zu reduzieren.)

  • Vielversprechender scheint mir eine solide, sachlich politische Hintergrundarbeit mit unseren demokratischen Mitteln Initiative, Referendum, etc. Dass Vorstösse mit bestem Ziel so viel Mängel und Nachteile aufweisen wie die Trinkwasser und Pestizidinitiative und dadurch keine Chance haben (sogar von Bio Suisse abglehnt), das darf einfach nicht passieren, das schadet der ganzen Sache enorm.

  • Wirtschaftspolitisch wünschte ich mir, dass die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens endlich wieder stärker vorangetrieben wird. Wenn es gelingen würde, dies vielen Menschen auf einfache Weise verständlich zu machen, könnte auf vielen Ebenen enorm viel verbessert werden (z.Bsp. bezüglich Konsum, Sachzwang Wirtschaftswachstum, Lohnungleichheit, Arbeitszeitreduktion etc)

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Herzlichen Dank für diesen Artikel und die wunderbaren Zitate. Ich werde mich jetzt von der Unruhe erfassen lassen. Wir sehen uns hoffentlich alle auf der Strasse.

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Doris Edwards
Permaculture Designer.
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· editiert

Vielen Dank Herr Strassberg für diesen weitsichtigen Beitrag, welcher leider viel Wahres beschreibt. Unser Verhalten ist nicht neu, wie Sie erwähnen, hat man seit langem mit dem Gewissen der Menschen gespielt.
Lösungen sind schwierig zu finden, ein weiterer Beitrag wäre interessant.
„Aber der Kampf um die Rettung des Planeten...“ Ich denke mir, dass man sich für den Planeten keine Sorgen machen braucht, aber für das Überleben der Menschheit.

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Leserin
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Auf die Frage einiger Verlegerinnen unten: sich heute auf dem Paradeplatz mit den Besetzern solidarisieren? Jeden Freitagabend mit dem Velo an die Critical Mass?

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Jede Subkultur wird kommodifiziert. Dagegen kann man nichts machen. Greenwashing nervt ohne Ende. Abstimmen frustriert weil gefühlt nur reaktionäre Boomer Abstimmungen gewinnen.
Nun kommt her Strassberg daher und hat das Gefühl er muss Leuten, die bewusst auf Wohnraum, Hybridautos (Elektroautos sind sowieso nur ein Märchen, dass den absolut idiotischen Individualverkehr am Leben halten soll) und Kinder verzichten, weil sie wissen, dass der beste Konsum der ist, der nicht stattfindet erklären, dass unser individuelles (Nicht-) Konsumverhalten den Planeten alleine nicht retten kann. Wow welch Erkenntnis.
Dabei wissen wir das auch, und zwar schon lange. Aber jemand muss den Mitmenschen doch aufzeigen, dass man gut ohne Auto und auf weniger Fläche leben kann. Das Verzicht auf materiellen Schnick Schnack auch etwas befreiendes hat. Und wenn ich damit nur ein paar Mitmenschen dazu bringe ihren eigenen Konsum zu hinterfragen ist das schon ein Schritt in die richtige Richtung.
Und natürlich reicht das allein nicht aus. Politisches Engagement gehört logischerweise dazu. Es sind zwei Seiten der gleichen Medaille.
Aber ich habe das Gefühl, dass ich gar nicht zu der Zielgruppe des Artikels gehöre. Mir scheint es als wäre er für jene Menschen geschrieben, die nichts am Status quo ändern wollen und um Himmels Willen auf nichts verzichten, denn das Individuum hat ja gar keinen Einfluss. Das ist Bullshit erster Güte.
Ja die Welt ist fucked weil wir die riesen Hypothek des Boomer good life abbezahlen dürfen, ob wir das wollen oder nicht. Der Mut sitzt tief und der Weg ist weit aber wir müssen weiter. Es geht eben darum trotz der überwältigenden Ohnmacht angesichts der Klimakatastrophe und im Bewusstsein, dass wir nicht den Planeten retten können für einen Systemwechsel zu kämpfen. Beim Konsum, an der Urne und auf der Strasse.

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Eine etwas differenziertere Wahrnehmung der Boomer wäre wünschenswert (es haben ja auch nicht alle aus Ihrer Generation ein politisches Bewusstsein). Als Boomer war ich schon in meiner Jugend aktiv gegen AKWs - und (damals) nicht primär aus Angst vor der unkontrollierbaren Radioaktivität, sondern in erster Linie, weil ich darin einen mehr oder weniger brachialen Weg sah, den konsumwütigen way of life zu perpetuieren, koste es, was es wolle.
Ich habe Strassberg auch nicht so verstanden, wie Sie. Ich bin durchaus Ihrer Meinung: dass es sowohl individuellen Verzicht als auch politische Aktion braucht. Aber für mich hat Strassburg sehr treffend analysiert, wie écogestes Millionen von Menschen hier einen billigen Vorwand liefern, gesellschaftliche Massnahmen zu sabotieren oder abzulehnen.

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Stimme grundsätzlich fast allem zu. Aber das Boomer-Bashing ist auch etwas lame. Vorallem wenn man sich die Umfragen zum Konsum- und Ferienverhalten der Jugend anschaut....
...rein als anekdotisches, statistisch völlig unhaltbares Beispiel: Konnte bisher keine-n Schüler/In meiner Sekundarklasse im entferntesten überzeugen, dass Vegetarismus eigentlich einigermassen sinnvoll ist....

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Informatik-Ingenieur und Ökonom
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“Nur wenn der Druck der Strasse eine kritische Masse erreicht, lassen sich strukturelle politische Veränderungen durchsetzen, die vielleicht die Katastrophe im letzten Moment noch abwenden können.“

Wie sollten denn diese strukturellen Veränderungen aussehen? Weg mit dem Kapitalismus? In der Vergangenheit haben sozialistische Länder nicht gerade mit Umweltschutz geglänzt…

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Ich empfehle diesbezüglich das Buch „21 Lektionen für das 21. Jahrhundert“ von Yuval Harari. Darin macht er deutlich, dass es um einen anderen „Systemwechsel“ gehen muss, jenseits der Dichotomie von „Kaptalismus“ und „Sozislismus“ - diese sind beide auf Ihre Art gescheitert …

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Wenn Sie nicht mehr Fantasie haben, wird es tatsächlich schwierig. Vielleicht würde es helfen, wenn Sie sich vom Kalten Krieg verabschieden würden. Vielleicht müssten Sie einen Feldversuch wagen und einfach mal an eine Demo gehen (und sei es als Zaungast) : Sie würden feststellen, dass die wenigsten KlimaaktivistInnen Porträts von Stalin vor sich hertragen.

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Ökonom
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Besten Dank für diesen wirklich sehr wertvollen Beitrag, der den Finger auf die Wunde legt.
Das wohl zentrale Element ist hier das Auseinanderfallen von Effizienz und Suffizienz: Unternehmen können naturgemäss lediglich ersteres systematisch verbessern. Und - auch wenn das viele nicht hören wollen - das geschieht auch: Viele Produkte werden heute bereits mit einem geringeren ökologischen Fussabdruck erstellt. Nur werden diese Effizienzfortschritte schon zum einen durch Re-Bound-Effekte aufgefressen (bestes Beispiel: effizientere, aber grössere Kühlschränke). Zum anderen ist es aber der stetig steigende Konsum, der die Effizienzgewinne in der Summe überkompensiert.
Es ist illusorisch zu glauben, dass Unternehmen sich mit konstantem oder gar sinkenden Ab- und Umsätzen bescheiden. Das heisst, dass Konsumenten sehr wohl einen Einfluss haben. Dieser ist notwendig, aber eben nicht hinreichend. Und das wäre eben genau die Aufgabe einer verantwortungsvollen, zukunftsorientierten Politik. Nur: Diese fällt nicht einfach vom Himmel. Ein weiteres Beispiel gefällig? Die Rentenpolitik. Obwohl die Demographie noch viel berechenbarer ist als der Klimawandel, geht hier seit Jahren nichts Entscheidendes voran. Warum? Weil die alles entscheidende Frage - sowohl wenn es um die Umwelt als auch um die Renten geht - die Verteilung ist: Zwischen den Generationen, zwischen Stadt und Land etc. Und niemand weit und breit, der den Mut hat das (noch halbwegs) rechtzeitig anzugehen...

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Wir sind nicht unmittelbar an Leib und Leben bedroht. Deshalb interessiert es viele nicht wirklich. Zumindest nicht so, dass die Mehrheit der Menschen wirklich gegen die Zerstörung der Lebensgrundlagen, wirklich wirksam gegen die Klimaerwärmung vorgeht.

Würden unsere Nächsten, Verwandte an Hitze sterben, krank werden, ja dann wären wir betroffen. Nur: dann ist es längst zu spät. Schon jetzt ist fraglich, ob wir das Klima kehren können. Die Prozesse dauern x Jahrzehnte, wenn nicht Jahrhunderte.

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Leser
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Nur grosse Krisen bewirken Veränderungen. Und ja, diese grosse zu erwartende Krise wird nicht gewollte Veränderungen bewirken. Die Parabel des aufgekochten Frosches passt ja bestens dazu (ins heisse Wasser geworfen springt er sofort raus, im Wasser das langsam wärmer wird bleibt er bis zum bitteren Ende sitze).

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Auch mir kommt der Aritkel etwas zu kurz und trotzdem leistet er doch einen guten Beitrag: Wir sollten trotz vorbildlichem Konsumverhalten eben doch nicht ruhig schlafen können, weil individuelle Beiträge zum Klimaschutz nicht weitreichend genug sind.

Diese Denkweise muss erst bei genug Leuten (einer Mehrheit?) ankommen, damit in Demokratien Massnahmen mit Biss mehrheitsfähig werden. Und diese Funktion erfüllt der Artikel ja: Wir lernen und diskutieren darüber dass unser "grüne" Konsum eben kein Ersatz für so etwas wie ein CO2 Gesetz ist..

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Die Sache ist doch, dass Herr Strassberg und andere Menschen, die, wie er es beschreibt, versuchen einen nachhaltigen Lebensstil zu führen, in aller Regel für das CO2-Gesetz gestimmt haben. Daher bin ich etwas ratlos, was die Schlussfolgerung für mich ist. Mitgenommen habe ich, dass wir mehr auf die Strasse gehen, also demonstrieren, und weniger die Nase über den Nachbarn rümpfen sollen. Das ist sicherlich gut. Am Ende bin ich immer noch überzeugt, dass es an uns oder, wenn man so will, an jedem Einzelnen von uns liegt. Was dabei rauskommt, wird man sehen.

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Ich wehre mich gegen eine solche Geringschätzung eines "grünen" Lebenswandels - womit viele Konsumprodukte einfach nichts zu tun haben, egal wie grün ihr Marketing. Ich finde, Herr Strassberg macht da einen Logikfehler in seinem Artikel. Das CO2-Gesetz wurde hauptsächlich von der Landbevölkerung gebodigt. Die vorherige Ablehnung des Jagdgesetzes sowie die beiden Agrarinitiativen - beide mit grossen Konstruktionsfehlern - erzeugten dort ein Gefühl von An-die-Wand-gedrückt-werden. Deshalb hat es insgesamt knapp nicht gereicht. Dass es in Abstimmungskampagnen einfacher ist, niedrige Instinkte anzusprechen, ist ja bekannt. Jetzt "alles" schlecht reden bringt wenig.

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Leser
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Ich mag es sehr, wenn AutorInnen historische Zitate in den aktuellen Kontext stellen:

Dostojewski ist stark in seiner glasklarenund grimmigen Sicht auf uns Menschen und Kästner hilft uns mit seinem tröstlichen Witz über alle Unbill hinweg.

Zu Zeiten früherer apokalyptischer Szenarien vor dem Hintergrund hemmungslosen Konsumismus' (Tschernoby) machte in meinen Kreisen der Spruch die Runde: "In Schönheit geht die Welt zu Grunde!"

Wenn ich Strassberg lese, komme ich hingegen zur Einschätzung, dass die Welt neben ihrer ganzen Schönheit auch trotz all ihrem Scharfsinn zu Grunde geht - es sei denn, wir schaffen laut Kant bald den mutigen Sprung über unsere Theorien in die leidenschaftliche Praxis der Strasse.

Vielen Dank

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Sehr schön geschrieben, danke!

Ich habe mich gefragt, ob wir wirklich die Weltmeister im Recyceln sind oder wir es uns einreden, damit wir weiterhin mit guten Gewissen konsumieren können. Mit einem Abfallaufkommen von über 700 kg pro Person und Jahr (*) gehören wir zur weltweiten Spitze. Eine zweifelhafte Errungenschaft, die aber verpflichtet. Für nachhaltiges Palmöl müssen wir ja auch zuerst den Regenwald opfern.

(*Quelle: https://www.eda.admin.ch / Stand: 18.02.2021)

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Advocatus diaboli
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· editiert

Das vermeintliche Klischee vom besserverdienenden, grünen Bürgertum, welches mit dem SUV zum Bio-Laden fährt und häufiger mit dem Flugzeug in der Welt herumfliegt als jede andere Wählergruppe, ist für Grünwähler in Deutschland längst bestätigt. In einer Studie des Bundesumweltamtes heisst es: «Hohe Ressourcenverbräuche und Treibhausgasemissionen finden sich gerade in den sozialen Milieus, die sich verbal zu ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bekennen.» In der Schweiz mit der höchsten Tesladichte weltweit dürfte dies nicht anders sein.

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Lucia Herrmann
Community @ Republik
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Lieber Herr H., würden Sie uns die zitierte Studie noch verlinken? Dann können wir besser nachvollziehen, in welchem Kontext das Zitat steht. Gerade bei Klischees ist es wichtig genau hinzuschauen. Merci!

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Vor ein paar Jahren war der Gedanke noch sehr präsent, dass der Verbraucherentscheidung eine politische Macht innewohnt. Doch heute ist - wie auch im Text beschrieben - das gewissenhafte Einkaufen kommerzialisiert.

Aber etwas anderes. Wie hält man die Menschen davon ab auf die Straße zu gehen und für ihr Anliegen einzutreten? In dem man sie mit Schulden erdrückt. Wenn man in den USA sein Studium abschließt, dann hat man gewiss kein Interesse daran die Obrigkeit zu provozieren. Man ist vielmehr damit beschäftigt seinen Schuldenberg wegzuschaufeln. Ganz still und hörig.

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Ganz grossartig. Ich stimme dem weitestgehend zu, hätte es aber nie so prägnant formulieren können. Chapeau!

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Theologe & Religionspädagoge
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Wir müssen nicht dies oder das tun, sondern aufwachen aus der gigantischen Blase der Übersetzungsmaschine (Anna Lowenhaupt Tsing), die uns vorgaukelt, alles womit wir zu tun haben, seien Waren, die beliebig rund um den Globus verschoben werden können.
Dann müssen wir diese Maschine so umgestalten, dass sie lebendig und lebensfreundlich wird, d.h. dass sie auf Lebensgeschichten aller Beteiligten reagiert, statt die Masse zu anonymisieren, und sich dank vielfältiger Feedbackschleifen und Rückkoppelungen organisch passend zur Umwelt weiterentwickelt.
Dazu müssen wir kreativ alles nur Mögliche tun, auf der Strasse, im Garten, im Bekanntenkreis, im Geheimen, auf der Bühne und vordringlich im Finanzsektor.

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Für einmal ein grosses Kompliment an den Zeichner der Porträts von Strassberg, Binswanger und den anderen. Ich muss jedes Mal schmunzeln ...

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Ich wollte gerade widersprechen, als ich feststellte, dass dies genau der Artikel belegt.

Ich glaube dennoch das beides nötig ist, eigener Verzicht und der Protest/die Einforderung einer Veränderung. Es braucht mehr, vor allem Politiker, die sagen, sorry Leute da müssen wir ran und es kann sein, dass ihr "weniger" habt. Dann würden sie, wie bei einer Volksabstimmung, nicht gewählt. Wir scheinen uns in einer Art Postwissensgesellschaft zu befinden: Wir wissen alles und machen das Gegenteil, weil bei der Umstellung Einschränkungen nötig wären.

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Es braucht selbstverständlich Beides - das individuelle ökologische Verhalten und die Systemänderung, bzw. entsprechende Gesetze und allenfalls Verbote. Und je bewusster ökologisch nachhaltig jemand lebt, desto mehr hat er/sie auch für das CO2-Gesetz gestimmt. Da ist also kein Widerspruch. Es wurde knapp abgelehnt und dies ist wohl nur der strategisch unglücklichen Bündelung der Vorlagen geschuldet: Die ökologisch doch recht radikalen Agrarinitiativen haben das CO2-Gesetz mitgebodigt, so seltsam das tönt. Die grosse Mobilisierung der stets Neuem erstmal lange kritisch gegenüberstehenden (durchaus eher ländlichen und natürlich bäuerlichen) Bevölkerung war absehbar.
Die Motive sind viel weniger rational und "egoistisch" als emotional.
(Ich komme selber aus dem ländlich-bäuerlichen Milieu und kenne sowohl die Lebensumstände und die Mentalität. Und da ist viel vernünftige, aus den Umstädnen heraus nachvollziehbare Haltung drin. Gelebter Alltag halt. Dazu gehört Zurückhaltung gegen Unbekanntem. Habe trotzdem für die Vorlagen gestimmt, im Wissen, dass sie "viel zu früh" sind und keine Chance haben, weil psychologisch momentan überhaupt nicht "andockbar". Aber es braucht in der Schweiz für alles mind. 3x einen Anlauf, das ist einfach Teil des Prozesses).
Auch wenn wir im Klimawandel schon mittendrin stecken: Die Psychologie der Menschen lässt sich nicht ausschalten und nur seeehr langsam "verändern". Ja, sie lässt sich auf die Länge tatsächlich verändern, aber damit ist nicht manipulieren gemeint. Sondern dass sich persönliches Verhalten anpassen kann, je nach der gelebten Kultur. Das sieht man oft erst über Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte. Vor Jahrzehnten dachte bei grossen Feuern in Griechenland niemand an Klimawandel, sondern an ruchlose Brandstiftung zur Gewinnung von (Bau)land. Gesetze waren damals noch etwas nur auf dem Papier. Heute finden wir das kaum mehr in europäischen Ländern, wir bekämpfen es (nur noch) in Ländern mit Regenwald. Also eigentlich ein Fortschritt, ein Lernprozess der Zivilisation. In vielen Ländern gelten heute gleiche moderne "moralische" Massstäbe gegenüber Gesetzen.
Der Klimawandel hat sich auf der "Metaebene" natürlich trotzdem angebahnt, weil viele anderen zivilisatorischen Fortschritte halt auf dessen Kosten gingen. Technik, Wohlstand, Konsum. Nun ist dies im Fokus und wird es sicher bleiben. Auch wenn es meist schon unter dem Hintern brennen muss, bis gehandelt wird. Aber dann kann es auch mal sehr schnell gehen.

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danke für den guten artikel!
aber auch mir fehlt, was zu tun wäre - anstatt unserer wohlgeübten pflästerlipolitik. ich denke, es ist wichtig, sich daneben auch um die theoretische auseinandersetzung zu bemühen. hilfreich dazu: ernst schmitter 'sackgasse wirtschaft. einführung in die wertkritik'

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Ich finde, die Ansage im Artikel ist klar: wir müssen auf die Strasse.
Dass wir es einfach bequem den FFF oder dem Klimastreik überlassen, Druck zu machen, geht nicht.

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Finde ich auch, mitmarschieren und wer das nicht kann - solidarisieren.
Mit jenen, die marschieren, die sich anketten und angeklagt werden. Deren Bussen bezahlen und lobbyieren, bis Illegales legal wird.

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Leser
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Beim CO2 Gesetz hätte „die Strasse“ nicht geholfen. Ein Grossteil von Politik und Wirtschaft wollte das Gesetz. Nur leider eine knappe Mehrheit der Abstimmenden nicht. Wie bei allen umstrittenen Vorlagen geht es nur um die Mobilisierung der Bevölkerung vier Wochen vor der Abstimmung. Und das heisst Geld, Organisation und Engagement. Also ganz praktische Dinge. Überspitzt formuliert: Wenn ich einen Grossteil des Aufpreises für Bioprodukte stattdessen für Abstimmungskampagnen zur Verfügung stellen würde, könnte ich wahrscheinlich individuell mehr erreichen.

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Ideengeschichtlich hübsch, aber faktisch etwas zu kurz gegriffen. Da kann man philosophisch dran rumdrucksen wie man will, aber mit Tierprodukt-, Auto- und Flugverzicht kann man auch individuell einen phänomenalen Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten. Gerne wird das aber mit genau so Artikeln wie diesen (philosophischer Tiefgang, ethischer Defätismus) verwuselt (im S. von: "Lässt sich ja doch nix machen!" Shrug Emoji....mit Verweis auf tatsächlich nicht sonderlich nachhaltige Praktiken zu denen man sich koketierend selbst bekennen kann).
Tja: Der Geist ist schön, aber das Fleisch, im w. Sinne d. W., ist schwach. Und die Rhetorik? Nett zu lesen aber inhaltlich gefailt.

p.s.: Und ja, es ist tatsächlich eine Frage der Moral. Aber heutzutage (wahrscheinlich schon lange) ist es eine Todsünde zu sagen, dass irgendjemand irgendwas besser tut oder kann als jemand anders.

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Die Frage ist denke ich nicht, ob individuell nicht doch ein kleiner Beitrag erreicht werden kann (natürlich, jedes kg CO2 weniger ist gut), sondern ob das Propagieren der Strategie dieses individuellen Beitrags nicht die echte Veränderung, diejenige, welche es eben sowieso braucht, egal wie viel Individualbeiträge erreicht werden können, verlangsamt (oder gar verhindert?).
Und da tuts mir Leid für alle, die mit naturwissenschaftlichen "Fakten" zu frieden sind, denn um dies zu verstehen, braucht es philosophische Diskurse.

Wie gesagt, nichts gegen weniger Fliegen, weniger Tierprodukte und weniger Motoren. Ich will aber hoffen, Sie gehen genauso eifrig an Demos und stehen im Alltag für echte Veränderung ein, statt doch nur Moralapostel zu spielen.

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Andreas Fischer
nachdenklich
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Es ist weniger der "Druck der Strasse" der zu Aenderungen führt sondern der "Druck der Abstimmungs-Urne". Solche Artikel tragen dazu bei, gute Argumente und zutreffende Zitate zu vermitteln um im eigenen Umfeld Ueberzeugungsarbeit zu leisten. Im Covid-Jargon: Reproduktionszahl Re > 1! Selbstverständlich nur neben "nicht Wasser predigen und Wein trinken". Danke für die guten Hinweise - ich hoffe, es ist (noch) nicht zu spät.

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Nichtakademischer Pragmatiker
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Mir fehlt bei dem Artikel die Antwort auf die Frage „warum es denn nichts bringt im Einzelnen nachaltig zu sein?“.

Als einzige Erklärung finde ich diesen Absatz am Schluss.

Aber der Kampf um die Rettung des Planeten entscheidet sich nicht samstags in der Kompost­gruppe, sondern auf der Strasse. Nur wenn der Druck der Strasse eine kritische Masse erreicht, lassen sich strukturelle politische Veränderungen durchsetzen, die vielleicht die Katastrophe im letzten Moment noch abwenden können.

Danach war ich enttäuscht, dass ich schon am Ende angekommen bin. Oder ist die Antwort tatsächlich, philosophisch verpack, in einem Satz beschrieben? Oder habe ich etwas übersehen?

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Timon Zielonka
Sales @ zukunft.com
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warum es denn nichts bringt im Einzelnen nachaltig zu sein?

Ja, eine klare Antwort auf die Frage wäre hilfreich gewesen. Angedeutet ist es schon: "Glencore setzt in Zukunft vermehrt auf Nach­haltigkeit." Greenwasching ist nicht Green.

Es nützt nicht viel, wenn man Vegan wird, aber Tomaten aus dem beheizten Gewächshaus kauft, was man leider nicht wusste. Ich nerve des öfteren die Verkäufer, indem ich nach der CO2-Bilanz der Produkte frage, die noch nicht in eaternity.org oder openfoodfacts.org sind.

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Guter Versuch, stimmt aber nicht. Tomaten im geheizten Gewächshaus: -0.7 bis 4 kg CO2eq pro kg; Rind 20 bis 60 kg CO2eq pro kg.
Individuelle Entscheidung hin oder her.. Produkte aus Tierproduktion müssen teuerer werden und die Übersubventionierung dieser Produkte müsste aufhören.

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Danke Herr Strassberg. Diese Analyse unterscheidet sich wohltuend von der vermeintlichen Demontage des selbst- und klimagerechten „Gutmenschen“ - Herr Chiesa würde wohl sagen „arroganten Städters“ - über den sich Frau Bleisch heute in den TA-Medien mokiert.

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Pragmatisch vegetarisch
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Ich sehe das Problem darin, dass der “gemeinsame Feind” schwer definierbar ist: die Fleischindustrie? Zement? Erdöl? Die Fliegerei? (Dann geht es dann auch gleich noch um Artenschwund und Pestizide, was auch wichtig ist aber weniger fürs CO2). Alles gleichzeitig zu bekämpfen führt immer zu Whatsboutism. Wenn es eine nagelfeste Statistik mit Reihenfolge gäbe, was das grösste Problem beim CO2 ist, wären die Medien in der Pflicht, das zu thematisieren. Dann würden wir Engagierte auch Wege finden, dagegen anzugehen - legale, illegale, individuelle und organisierte.

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Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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Hierzu gibt es eine «Auf lange Sicht» der Republik: «Unsere Klima­bilanz, zerlegt in Einzelteile» (22.02.2021). Diese berücksichtigt auch die «grauen Emissionen», also jene, welche durch Produktion und Import im Ausland ausgestossen werden. Die Rangliste lautet: Mobilität, Heizung, Fleisch, Metalle, Baustoffe, Textilien, Elektronik, Kunststoffe, Chemische Grundstoffe.

Weltweit bestehen analog zum Vermögen grosse Ungleichheiten, was die klimaschädlichen Emissionen anbelangt:

Die reichsten 10 Prozent (630 Millionen Menschen) sind für über die Hälfte (52 Prozent) der CO2-Emissionen zwischen 1990 und 2015 verantwortlich. Das reichste 1 Prozent alleine für 15 Prozent, die ärmere Hälfte der Menschheit nur für 7 Prozent.

Für die Schweiz gilt ähnliches:

Der Vergleich der Gruppen der jeweils 10 Prozent mit dem höchsten und dem niedrigsten Einkommen ergab, dass die Gruppe mit den höchsten Einkommen etwa 1,8-​mal mehr Treibhausgase verursacht.

Der «Carbon Majors Report» macht eine Rangliste für einzelne Unternehmen:

71 Prozent der weltweiten industriellen Treibhausgase stammen von nur 100 Unternehmen. Mehr als die Hälfte der Industrie-Emissionen kann demnach auf 25 Firmen zurückgeführt werden.

Wenn weiterhin fossile Brennstoffe in derselben Rate wie zwischen 1988 und 2017 abgebaut und verbrannt werden, würde die Temperatur bis zum Ende des Jahrhunderts um vier Grad steigen – so die Bilanz des «Carbon Majors Report».

Der «gemeinsame Feind» – wenn man so reden will – ist im Grunde aber kein «äusserer», sondern ein «innerer»: Unser System und unser entsprechend sozialisiertes und habitualisiertes Selbst. Das macht es vielen auch so schwer.

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Köchin
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Touché. Eigentlich rennen wir alle einer Lösung hinterher. Die wir, so lese ich Ihre Zeilen, nicht beeinflussen können. Doch, wir sind die Menschen, die auf diesem Planeten leben. Und versuchen unseren Beitrag zu leisten. Aus der comfort zone. Gestern, auf einem Spaziergang in der Uetliberg Region; wo der kurze gewaltige Sturm unvorstellbare Schäden angerichtet hat; bin ich in einen Gesprächsaustausch gekommen. Wetter, Corona und vieles mehr. Eine Gesprächspartnerin meinte: was machen wir, wenn uns das Wasser ausgeht?

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Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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· editiert

Ölstaaten wie Russland und Saudi-Arabien sowie mächtige Energiekonzerne [nutzen] ihren Einfluss auf Politik und Medien [...], um von großen, systemverändernden Lösungen der Klimakrise abzulenken, «indem sie den Fokus auf unser individuelles Verhalten richten. Als ob es auf Einzelpersonen ankäme.» Die Relationen bei den globalen Treibhausgasemissionen stellten sich hingegen so dar, dass auf den gesamten Flugverkehr lediglich drei Prozent entfielen, auf den Rindfleischverzehr sechs Prozent, auf etwa einhundert Kohle-, Öl- und Gaskonzerne aber 70 Prozent. Zwar sei es vernünftig, die Umwelt auch durch individuelles Verhalten zu schützen. «Aber wir dürfen nicht zulassen, dass uns das als Lösung für die Klimakrise verkauft wird.» (Quelle)

Dies sagt nicht irgendwer, sondern – in Übereinstimmung mit Daniel Strassberg – Michael E. Mann, Klimatologe und einer der Hauptautoren des 2001 erschienenen dritten Sachstandsberichtes des IPCC, der u. a. das «Hockeyschläger-Diagramm» popularisierte, in einem Interview mit der Zeit zu seinem neuen Buch «Propagandaschlacht ums Klima. Wie wir die Anstifter klimapolitischer Untätigkeit besiegen» (2021).

Augenöffnend für den (Selbst-)Betrug des Grünen Konsums sind auch die Bücher von Kathrin Hartmann wie etwa «Die grüne Lüge: Weltrettung als profitables Geschäftsmodell» (2018).

Betrüblich, dass manche, nur um ihr gutes Gewissen zu bewahren, lieber in ihrer wohlig warmen Höhle des (Selbst-)Betrugs bleiben wollen, als der unbequemen Wahrheit ins Auge zu schauen und aufgeklärt zur Tat zu schreiten.

Angesichts von Urteilen, welche die Kolumne als «gefährlich und kontraproduktiv», ja gar als Ausdruck von «Defätismus» bezeichnen und den Autoren als «Nestbeschmutzer» und «Intellektuellen»(!), kann man konstatieren, dass Strassberg seiner Rolle als Philosophen, der nach Sokrates wie eine Bremse ein edles, aber träges Pferd beisse und aufreize, gerecht wird.

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Klimaverantwortlicher
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erfreulich knapper Beitrag. Für Vieles das dem Klima weniger schadet gibt es gute persönliche Gründe anzuführen: Autos sind teuer, Fliegen nervt von der Buchung bis zur Heimkehr, Junkfood macht krank und keinen Spass usw. usw.
Die "Strasse", auf der "Druck" entstehen müsste, bliebe noch ein bisschen genauer zu erklären. Bei der zweitgrössten Demo der Schweizer Geschichte ging es ums Klima und, naja, danach war die Stimmung schon verändert. Klar, können wir im nächsten Jahr sicher mal monatlich ansetzen, kostet ja nicht allzuviel Effort. Und es läuft organisatorisch von Mal zu Mal besser, weil man ja lernt wie es gemacht wird. Das senkt die Kosten für Polizei und Öffentlichkeit. Sprich, der Demo-Muskel wächst mit dem Training, und irgendwann geht es ganz mühelos.
Ist diese Art von "Strasse* gemeint? Oder die etwas anstrengendere Variante im täglichen Gespräch`?
Richtig gut finde ich die Analyse, dass mit dem Begriff der Nachhaltigkeit das Übliche abläuft - die Reklame entdeckt ihn für sich, bläst ihn auf und entwertet ihn sprachlich, während gleichzeitig der Konsum angetrieben werden soll. Das geht in diesem Fall allerdings nicht zwangsläufig auf - der nachhaltigste Konsum ist der, der nicht mehr stattfindet. Nur funktioniert dann der ganze Laden nicht mehr so wie geplant sondern eben anders. Und das passt nicht jedem in den Kram. Strassbergs gute Argumentation wird für Interessierte leicht instrumentalisierbar als Ruf nach dem Erhalt des komfortablen Status quo mit einem Trostpflaster fürs "Klimagewissen". Politisch: die Schweiz kauft sich frei, unterstützt diese und jene Initative z. B. an der Great Green Wall und muss innenpolitisch gar nichts machen.
Kann man diskutieren.
Muss man auch.
Solange ich deshalb nicht wieder Auto kaufen, Zweitwohnung bauen, in Urlaub fliegen und Industrie-Dreck essen muss, meinet wegen.

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Leider reicht mein individueller Beitrag nicht für die nötige Umkehr. Häuser und Strassen werden gebaut, Energie wird verbraucht und weiterhin wird mit den begrenzten Ressourcen, dem Boden, dem Wasser, alles andere als schonend umgegangen. "Die Politik" scheint der Meinung, wir, das Volk, bräuchten einen Lernprozess, bis wir dann bereit wären, einschneidendere Massnahmen hinzunehmen.

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Sehr geehrter Herr Rebosura,

falls ich, ebenso wie offensichtlich viele andere, den Artikel von Herrn Strassberg, mißverstanden haben sollte, dann hat Herr Strassberg seinen Artikel möglicherweise einfach mißverständlich geschrieben. Bei der Vielzahl der Mißverstehenden, läge dass dann aber wohl am Autor.
Wenn Herr Strasberg ferner unterstellen sollte, dass z.B. der oder die mülltrennenden Bürger, nicht in der Lage sein sollte/n, zu verstehen, dass mit seiner Mülltrennung allein, ohne zusätzliche, tiefgreifende staatliche Maßnahmen, weder das Klima noch die Umwelt gerettet werden können, und zwar weder schnell noch langsam, dann finde ich diese Unterstellung überheblich.
Auch ist mir bei Ihrer Antwort ( am Ende ) nicht ganz klar, warum es richtig sein sollte bzw. gleichgültig sein sollte , ob staatliches Handeln, z.B. die Gesetzgebung, das Verständnis bzw. das Verstehen der Bürger für dieses Handeln berücksichtigt oder nicht berücksichtigt.
Das heißt doch nichts anderes, als dass der Staat, der ja nur Vertreter seiner Bürger ist, bei seinem Handeln die Vorstellungen seiner , von ihm vertretenen, Bürger, ganz nach seinem Belieben, auch völlig unbeachtet lassen kann.

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Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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· editiert

Nun, manche fühlten sich wohl ertappt. Was entsprechende Verteidigungen ihres Selbstbildes nach sich zog. Und bei manchen scheint Angriff die beste Verteidigung zu sein. Selbst wenn er ins Leere geht bzw. auf einen Strohmann. Wieder andere lasen in den Beitrag ein rechtspopulistisches, zynisches oder gar «defätistisches» Argument hinein und reagierten reflexartig entsprechend – und überlasen dabei (geflissentlich), dass Strassberg «grünen Konsum» nach wie vor «vernünftig» findet.

Verstehen und Wissen und entsprechend Wollen und Handeln sind bekanntlich zwei Paar Schuhe. Wie erklären Sie sich den Widerspruch, den Strassberg zu Beginn problematisiert?

Wie lässt sich der Wider­spruch erklären, dass im März 2021 eine Mehrheit der Schweizerinnen den Umwelt­schutz (59 Prozent) und den Klima­wandel (54 Prozent) zu ihren grössten Sorgen zählte – und im Juni dann nicht bereit war, einen minimalen Beitrag zur Beseitigung dieser Sorgen zu leisten?

In der Philosophie ist das Problem u. a. als «Akrasia» bekannt. In der sozial- und politikwissenschaftlichen sowie umweltpsychologischen Forschung sind die Grenzen des «Politischen/Ethischen/Grünen Konsum» und dessen Folgen auf die politische Partizipation unlängst Thema.

Unterscheiden wir alleine bei der Gruppe der «Umweltbewussten», so liessen sich folgende Untergruppen unterscheiden:

  • A denkt umweltbewusst, konsumiert und handelt politisch nicht entsprechend. (Inkonsistente akratische Umweltbewusste)

  • B denkt umweltbewusst, konsumiert umweltbewusst, aber handelt politisch nicht entsprechend. (Inkonsistente apolitische Umweltbewusste)

  • C denkt, konsumiert und handelt politisch umweltbewusst. (Konsistente enkratische und politische Umweltbewusste)

Im Vordergrund bei Strassberg ist nun vor allem die Gruppe B. Und wenn man bspw. dieses Interview mit Bastien Girod, Nationalrat der Grünen Schweiz, und Sandro Lienhart, Präsident der Jungfreisinnigen Zürich, liest, so ist bei Letzterem eine Teilerklärung erkennbar: Eine Ideologie, wonach der Markt und die Technik es schon richten wird, der Staat nur schadet. Der Anteil der Nicht-Wählenden ist aus verschiedenen Gründen notorisch tief. Es herrschen (Neo-)Liberalismus, Individualismus und Apolitismus. Gerade in der wohlhabenden Schweiz. Die Folge: Apolitische «Klimabesorgte Klimasünder».

Verkehrsregeln, Gurtenpflicht, FCKW-Verbot, Katalysator-Pflicht und eben entsprechende Klima-Verbote und -Gebote werden wohl immer von einem Teil der Gesellschaft als paternalistische Bevormundung wahrgenommen werden. Gerade von NIMBY's. Aber soll dies ein schwerwiegender Grund sein, um mit Verboten und Geboten – etwa beim FCKW, Corona-Pandemie oder Klimakatastrophe – zu warten, bis es alle erkannt und verstanden haben sowie bereit sind Einschränkungen in Kauf zu nehmen? Sollen wir also warten, bis das Ozonloch maximal gross und permanent ist, alle durchgeseucht oder wir in einer +5-Grad-Welt leben?

Nachzulesen:

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Der Kommentar von Herr Strassberg ist aus mehreren Gründen eine Katastrophe.

  1. Das Verhalten jedes Einzelnen trägt in der Summe mit dem Verhalten vieler anderer Menschen zum Klimawandel bei. Wenn tausende Tonnen Fleisch konsumiert werden, ist das ja auch das Ergebnis aus dem Konsum vieler Menschen. Deshalb ist es natürlich umgekehrt genauso, d.h. der Beitrag jedes Einzelnen hilft in der Summe mit dem Verhalten vieler anderer Menschen beim Kampf gegen den Klimawandel.

  2. Erkenntnis ist der erste Schritt zur Besserung. Erst wer den Klimawandel als Problem erkannt hat, wird auch verstehen, dass man etwas gegen den Klimawandel tun muß. D.h., dass die Menschen, die, wenn auch nur kleine, Beiträge leisten, das Problem des Klimawandel erkannt haben.

  3. Auf Grund dieser Erkenntnis, werden diese Menschen, nicht mit eigenen kleinen Beiträgen, die Maßnahmen von grösseren Bürger-Einheiten ( Städte, Bezirke, Länder, Parteien ) beim Kampf gegen den Klimawandel verstehen und unterstützen.
    Die Menschen, die den Klimawandel nicht als Problem erkannt haben und nicht einmal kleine Beiträge beim Kampf gegen den Klimawandel leisten wollen, haben wahrscheinlich auch kein größtes Verständnis für staatliche Einschränkungen beim Kampf gegen den Klimawandel, es sei denn ihr Leben wird weder finanziell noch in anderer Weise durch die staatlichen Maßnahmen betroffen.

Wenn man Herrn Strassberg folgt, braucht der einzelne Bürger immer erst dann etwas tun, wenn alle anderen das Gleiche tun. Denn das Handeln des Einzelnen hat ja keine
Wirkung. Also muß man auch nicht zur Wahl gehen, denn eine einzelne Stimme zählt ja nicht. Man muß auch bei Katastrophen nicht spenden, denn was macht eine Spenden von 50,00 € schon aus. Und Einstein hätte sich seine Relativitätstheorie auch sparen können. Denn die war ja auch nur das Ergebnis des Handeln eines Einzelnen.

Fazit: Jeder einzelne Bürger kann einen Beitrag leisten. Eine größere Bürger-Einheit kann mehr leisten. Ganze Nationen können noch mehr leisten. Handeln hilft. Nichts-tun nicht.

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Michel Rebosura
Ratsmitglied Project R Genossenschaft
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Wie viele andere vor Ihnen, haben auch Sie Strassbergs Kommentar missverstanden. Es geht nicht um ein Entweder-Oder, sondern um ein Sowohl-als-auch. Strassberg ging es vor allem darum, dass der individuelle «grüne» Konsum alleine nicht ausreicht – erst recht nicht innert nützlicher Frist. Und dass «ökologische» Politik durch eine mindestens «kritische Masse» von Bürger:innen (also nicht bloss ökonomistisch «Konsument:innen» und «Produzent:innen») not tut.

Die Individualisierung der Verantwortung für ein globales Problem, sei es aus neoliberaler Marktgläubigkeit oder ohnmächtiger Gewissensberuhigung, ist schlichtweg ungenügend effektiv. Es bedarf der Regulierung der Wirtschaft und Gesellschaft durch die Politik, am besten natürlich getragen durch eine möglichst grosse Mehrheit derselben Wirtschaft und Gesellschaft – möchte man das Schlimmste noch vermeiden (für Schlimmes ist es wohl bereits zu spät).

Das beste instruktive Beispiel dazu ist vielleicht die (nicht allzu) alte Geschichte vom Ozonloch und dem globalen FCKW-Verbot. In den 70er Jahren warnten Chemiker und Meteorologen – darunter Paul Crutzen, der auch den Begriff des «Anthropozän» prägte – vor den schädlichen Auswirkungen der FCKW. Anfang der 80er trat dann das «Ozonloch» jährlich auf – ich erinnere mich noch, wie dick uns Kinder Sonnencrème aufgetragen worden ist und dass sie immer einen höheren Faktor bekamen.

Doch die freiwillige Einschränkung der Produzenten, FCKW in Kältemittel in Kältemaschinen, als Treibgas für Sprühdosen, als Treibmittel für Schaumstoffe, als Reinigungs- und Lösungsmittel usw. zu benutzen sowie der Konsumenten entsprechende Produkte zu kaufen, waren ungenügend.

Erst «[d]ie dramatische Entwicklung und die zweifelsfreien wissenschaftlichen Beweise der Ursachen führten schnell zu einem weltweiten Verbot von FCKW.» (Quelle)

«Der US-Präsident Ronald Reagan und die britische Premierministerin Margaret Thatcher» – also die Fackelträger des Neoliberalismus – «unterstützten 1987 die Einberufung einer internationalen Konferenz, auf der ein stufenweiser Abbau mehrerer industriell genutzter Chemikalien ausgehandelt und im Montrealer Protokoll verabschiedet wurde». (ebd.)

Das [montrealer protokoll]((https://de.wikipedia.org/wiki/Montreal-Protokoll) – das auf dem Vorsorgeprinzip beruht und ein Meilenstein im Umwelt-Völkerrecht ist – trat 1989 in Kraft. Erst 2012 stellte man am Südpol zum ersten Mal eine Trendumkehr fest, was als Folge des weltweiten Verbots von FCKW – die auch hochwirksame Treibhausgase sind – zurückgeführt wurde. Doch erst 2050 werde das «Ozonloch» – bei gleichbleibendem Trend – kein Thema mehr sein.

Um einen Satz von Ihnen entsprechend zu variieren: Die Menschen, die [das Ozonloch] nicht als Problem erkannt haben und nicht einmal kleine Beiträge beim Kampf gegen [das Ozonloch] leisten wollen, haben wahrscheinlich auch kein größtes Verständnis für staatliche Einschränkungen beim Kampf gegen [das Ozonloch].

Aber ob sie nun Verständnis dafür haben oder nicht, ist egal, denn ans Verbot müssen sie sich nun so oder so halten. Wie bei Verkehrsregeln, Gurtenpflicht, FCKW-Verbot, Katalysator-Pflicht und eben entsprechende Klima-Verbote und -Gebote. Denn Vorsicht ist besser als Nachsicht. Denn wie der Philosoph Hans Jonas schrieb:

Der schlechten Prognose den Vorrang zu geben gegenüber der guten, ist verantwortungsbewußtes Handeln im Hinblick auf zukünftige Generationen.

Handle so, daß die Wirkungen deiner Handlung verträglich sind mit der Permanenz echten menschlichen Lebens auf Erden.

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