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Informatik-Ingenieur und Ökonom
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Herzlichen Dank! Es gibt in der Tat eine Art unheilige Allianz zwischen dem bürokratischen Apparat und Kapitalismus der Konzerne. Je mehr Regeln und Verordnungen es gibt, je mehr Prüfungen und Inspektionen man durchlaufen muss, desto höher sind die Fixkosten zur Aufrechterhaltung eines Betriebs. Und an hohen Fixkosten leiden zuerst die kleinen Firmen, während die grossen diese locker wegstecken. Ein Verordnungsdschungel kann daher ein Mittel grosser Firmen sein, das Aufkeimen neuer Konkurrenten zu verhindern und ihre Marktposition zu festigen. Dagegen helfen direktdemokratische Kontrollmechanismen, ein aufmerksames Parlament, und vor allem eine kompetente Verwaltung, die der Versuchung widerstehen kann, bei jeder Gelegenheit die eigene Macht durch neue Regeln und Verordnung auszuweiten.

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Tanja Messerli
Geschäftsführerin SBVV, Zürich
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Während des Lesens sind mir schneller Beispiele, die das belegen - insbesondere aus meinem Alltag als Geschäftsführerin eines Verbandes - eingefallen, als ich überhaupt denken kann. Vielen Dank für diesen aufschlussreichen wie erschöpfenden Text!

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Vergleiche auch: David Graeber, Bürokratie.
Dieses Aufblasen bürokratischer Tätigkeiten hindert am Denken, selber Denken, Nachdenken - und dann Handeln. Gewollt von den Mächtigen....

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Daniel Strassberg
Kolumnist@Republik
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Vielen Dank, dass Sie auf dieses grossartige Buch aufmerksam machen!

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Martin Hafen
Präventionsfachmann, Soziologe
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"Doch stellt sich die Frage, weshalb sich so wenig Widerstand regt." - Vielleicht weil vielen die Differenz von Gesetz und Verordnung nicht wirklich bewusst ist. Mir wenigstens war sie das nicht. Vielen Dank für die erhellenden Ausführungen.

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Grossartig, danke. Gerne hätte ich noch ein kleines Beispiel eines "fantasievoll ausgefüllten Formulars" gelesen.

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Im Spital gab es vor Jahren die Anweisung, die Diagnosen auf einem Zusatzblatt auf deutsch anzugeben (also z.B. "Leberentzündung" bei Hepatitis). Eine genervte Assistenzärztin trug "akutes Trallala" ein, um die Reaktion zu testen.
Es kam nie eine Nachfrage!

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Der Widerstand gegen die Bürokratie ist ziemlich sinnlos und ohne Rechtsschutzversicherung potentiell sehr teuer. Ein Beispiel: Unsere Kinderfrau hat gekündigt. Die SVA fordert und erhält die Lohnabrechnung der letzten 2 Monate. Erste Nachfrage an meine Frau als Arbeitgeberin: Wir brauchen die genauen Tage und Stunden. Das Anschreiben gerichtet an die ehemalige Kinderfrau, beiliegend eine Leistungsabrechnung an eine völlig fremde Person - spricht für sorgfältiges Arbeiten 🧐
Unser Hinweis an die SVA: Wir haben keine Lohnbuchhaltung, wofür braucht's die genauen Arbeitszeiten? ( vermutlich bestand wegen Eigenkündigung ohnehin kein Leistungsanspruch). Statt einer Erklärung kam die Anforderung der Lohnabrechnung eines Monats weiter zuvor. Diese schon genervt geliefert (die Behörde könnte ja vorher überlegen, was sie braucht, statt scheibchenweise nachzufordern). Nach einiger Zeit erneute Anforderung der bereits geschickten Abrechnung. Zugegebenermassen patziger Hinweis meinerseits, dass das bereits vorliege, und dass ich für weitere Nachfragen der Behörde meine Zeit in Rechnung stellen würde.
Nach vielen Wochen erhält meine Frau eine Ladung zur polizeilichen Einvernahme wegen Verletzung der Mitwirkungspflicht. Beim Termin (vorsichtshalber in Begleitung eines Rechtsanwalts) stellt sich heraus, das die Behörde der Anzeige an die Staatsanwaltschaft u.a. meine E-Mail beigefügt hat, in der ich geschrieben hatte, dass die geforderte Abrechnung bereits einmal geschickt worden sei. Damit war die Verweigerung der Mitwirkung vom Tisch. Nach einem Widerspruch unseres Anwalts hat die Staatskasse (also wir alle) tatsächlich die Kosten des Verfahrens übernommen. Unser Anwalt hat von einer Beschwerde gegen die Sachbearbeiterin abgeraten, da das ohnehin nichts bringe.
Also viel Zeit und (Steuer-)Geld verschwendet ohne irgendwelche Konsequenzen. Wenn überhaupt ein Lerneffekt eingetreten sein sollte, dann höchstens bei mir, dass es einfacher ist, brav bei diesem Spiel mitzumachen.

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Erhellend. Danke, einmal mehr (wenn auch vielleicht das erste Mal explizit).

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Super Artikel, danke.
Besonders stossend empfinde ich es, wenn grosse Konzerne sich einer Bürokratie unterwefen, darüber lauthals klagen, aber sich insgeheim darüber freuen, weil die Bürokratie kleinere oder ausländische Konkurrenten am Eintritt in den Markt massiv hindert.
Begrüssen würde ich Regeln, die genau das Gegenteil bewirken, z.B. wenn nur Detailhändler unter einer bestimmten Umsatzgrenze keinen Begrenzungen der Öffnungszeit ausgesetzt sind.

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Da kann ich nur zustimmen. Und wehe dem der aus manchmal berechtigten Gründen die Formulare nicht nur falsch sondern gar nicht ausfüllt....
Was würde nur aus der Industrie und der Konsumgesellschaft ohne all diese Vorschriften? Oweh man könnte dann ja vielleicht tatsächlich genügsamer leben....
Ich versuchs trotzdem nachwievor, ist aber ausgesprochen Anstrengend.

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Herzlichen Dank für diesen Text, der Einsicht verschafft. Ich denke, er sollte in der Schule im Bürgerkunde-Unterricht vermittelt werden.

Eine Steigerungsform ist noch, wenn die Grossunternehmen staatseigene Betriebe sind.

Ausserdem ist der beschriebene Mecano sehr innovationsbremsend. Wo er greift, ist also der Staat mittelfristig auf dem absteigenden Pfad.

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Grossvater "Oekoterrorist"
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250 Jahre Neo-liberale Ideologie hat nicht nur weltweit die heutigen Bürokratiemonster aufgebaut, sondern ist dabei, mit absurden Glaubenssätzen wie : "Was wieviel Wert hat, bestimmt der Markt" (eben: Ideologie) und (grösstenteils) unsinniger Digitalisierung sich selbst zu beenden. Mit der Wachstumsfalle Kapitalismus hat die Erde Krebs und wenn unsere Enkel sich die Köpfe einschlagen um sauberes Wasser und Essensresten, sind Verordnungen und Gesetze Makulatur. Trotzdem: Guter Artikel und richtiger Titel. Der besagt ja, dass der Markt, d.h. die durchgängige Ökonomisierung aller menschlichen Bereiche auch in der Wirtschaft selbst krebsartige Auswüchse produziert. Nebst David Graeber hat auch James Bridle (New dark Age) darüber geschrieben.

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Die Interessierte
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Danke für diesen guten Artikel. Während meiner langjährigen Berufszeit, konnte ich stets beobachten
wie die Bürokratie wuchs. Neue Vorschriften einhalten, alles dokumentieren, sonst gibts kein Geld. Warum machen wir, auch wenn wir es nicht mögen, mit? Wir könnten streiken. Wir müssten unanständig werden, uns zusammen tun und konsequent sagen: da machen wir nicht mit. Wieso tun wir es nicht? Aus Angst was dann passiert?

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Man kann ja versuchen, Bürokratie mit sich selbst zu bekämpfen. Der neue Datenschutz ist so ein Thema, wo viel neue Bürokratie kommt, vermeintlich um die BürgerInnen zu schützen.

Aber hier die Idee: Mit dem neuen Datenschutzgesetz haben wir das Recht auf Verweigerung der Datenabgabe. Konkret, wenn Daten gefordert werden ohne Begründung, wozu sie konkret gebraucht werden, habe ich das Recht, die Daten nicht mitzuteilen. Der Leistungserbringer, der die Daten fordert, muss begründen, weshalb die Daten im gegebenen Kontext nötig sind - die Leistung darf er nicht verweigern.

Das wird lustig mit der Bürokratie. Wenn ich sage, wegem Datenschutz gebe ich die geforderten Daten nicht an. Widerstand geht nun auch System-intern. 😉

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antiautoritärer Bossgegner
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Das nimmt einiges auf, was ich auch denke. Gerade experimentiere ich mit kreativem Ausfüllen meiner vorgegebenen Arbeitszeiterfassung. Bisher hat noch niemand etwas bemerkt.

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Multifunktional
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Hoffentlich lesen Ihre Vorgesetzten hier nicht mit! ;-)

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antiautoritärer Bossgegner
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Das würde spannend. Kritischer wäre es bei den Vorgesetzten der Vorgesetzten.

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ein aktiver Pensionär ...
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Urkundenfälschung! mit drastischen Folgen!

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antiautoritärer Bossgegner
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Jemand arbeitet nicht das, was er sollte und mehr von dem, was er wichtig findet. Oder hat Spass während der Arbeitszeit. Das gibt einen Rattenschwanz von möglicherweise positiven Folgen, die niemand einkalkuliert hat.

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Je länger ein Staat (oder auch eine Firma) besteht, desto grösser die sich ansammelnde Bürokratie. Sie dient ausschliesslich zum Machterhalt und dabei spielen die grossen Palyer, welche von den Regulierungen mehrheitlich profitieren eine entscheidende Rolle. Allerdings unterdrückt es Kreativität und Innovation, und fördert Zentralisierung, was zu immer grösseren Klumpenrisiken führt. Schlussendlich gibt es einen Point of no Return und das System gerät aus den Fugen, oder, häufiger, man wird von einer anderen Institution überholt, deren Strukturen noch nicht so verknöchert sind, sich besser mit dem unweigerlich Neuen arrangieren kann und geht langsam daran zu Grunde.

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Könnte man sagen, dass wir wie kleine Neuronen halt einfach in gebahnter Weise feuern und die Organisationsintelligenz am Laufen halten?

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Theologiestudent
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Nein, Paulus änderte seinen Namen nicht. Er hatte seinen römischen Beinamen seit der Geburt.

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Multifunktional
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Gerade gestern ein Beispiel gehört: Eine Dachdeckerfirma wurde gebüsst, weil einige Arbeiter bei der Arbeit ihr T-Shirt auszogen. Logisch: Hautkrebsgefahr! Wie lange es wohl noch geht, bis uns „der Staat“ vor dem gefährlichen Sonnenbaden in der Badi schützt und nach Strandferien an der Grenze den Bräunungsgrad mit speziellen Messgeräten auf Hautschädigungen untersucht? Wer sich fahrlässig der Sonne ausgesetzt hat, wird natürlich gebüsst und es wird eine Ausreisesperre in den nächsten Sommerferien verhängt.

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ehem. Fachrichter im Nebenamt
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Ein grossartige Analyse. Jedoch ist meiner Erfahrung nach "ein bürokratischer Apparat, der unablässig Verordnungen produziert" etwas zu pauschal und allgemein.
Es sind einerseits die Lobbyisten die die Interessen der "Wirtschafts-Elite" via das Parlament (nicht Volksvertreter) einbringen. Danach sind es andererseits aber die Verwaltungs-Juristen, die (als fachliche Laien in den jeweiligen Fachgebieten) die Wirtschaftsinteressen in (einseitige) Verordnungen giessen und die Schweiz wie eine permanet sprudelnde Quelle damit unablässig fluten.
Die Juristen-Berufskollegen in den Gerichten ihrerseits sind bei Beschwerden geneigt, wiederum (nur) die Interessen ihrer Juristen-Berufskollegen zu wahren. Man will sich ja nicht gegenseitig auf die Füsse treten. Grosskonzernen und grosse Wirtschaftsverbände haben andererseits mit ihren Heerscharen von Anwälten kaum etwas zu befürchten, da werden "Kleininteressen" einfach dampfwalzenähnlich überfahren und die Gerichte neigen ihrerseits zum Einlenken.

Die "Demokratie Schweiz" steuert auf eine Juristokratie (!) zu. Der "Rechtstaat" Schweiz" erodiert von innen heraus!

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