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Intellektueller Landarbeiter
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· editiert

Was mir an diesem Artikel besonders auffällt, ist die Bedeutung von "Vertrauen" für das Wohlergehen einer Gesellschaft, mitsamt Staat, Politik, Wirtschaft und Kultur.
Das ist doch sehr interessant, dass auch in einer eiskalt kalkulierenden Geschäftswelt dieses kaum messbare "Vertrauen" so enorm wichtig und unersetzbar ist und bleibt!
Gewiefte Geschäftsstrategen haben die Bedeutung des Vertrauens natürlich bald einmal bemerkt.
Und nun versuchen sie, mit "Vertrauensbildenden Massnahmen", wie der Verbreitung von POSITIVEN Botschaften und geschönten Geschäftszahlen, neue Investoren anzulocken.
Aber GERADE DAMIT zerstören sie die wenigen Reste von vorhandenem Vertrauen endgültig!
Schlagend in Erinnerung bleiben die "Frohen Botschaften" über die Swissair kurz vor ihrem Grounding, oder die Verlautbarung des Schweizer Notenbankchefs, der Wechselkurs von 1.20 werde um jeden Preis verteidigt, am Vorabend der Aufhebung dieser Wechselkurs-Verteidigung.
Die menschliche Natur ist wegen ihrer Sinnlichkeit sehr gut in der Lage, Selfie-grinsende Falschheit und "professionelles" Lächeln von dem zu unterscheiden, was die unabdingbaren Voraussetzungen wären für Vertrauen: Echtheit und EHRLICHKEIT.
Vertrauen schaffen können wir nur mit Echtheit und Ehrlichkeit.
Und dann klappt's auch mit der Ökonomie!
Und wenn's trotzdem nicht klappt, waren wir wohl zu faul und zu bequemlich.
Faulheit und Bequemlichkeit sind ja in der Regel auch sehr echt und ehrlich... ;)

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Vielen dank für den spannenden artikel. Ich bin nun wirklich nicht der Argentinien-spezialist, aber das land fasziniert...
Eine anregung: könntet ihr nicht ein streitgespräch/podium organisieren mit Werner J Marti, der am 24.10.19 in der NZZ einen recht ähnlichen (aber natürlich anders gelagerten) erklärungsversuch der argentinischen wirtschaftsmisere unternommen hat?
(man müsste sich dann noch einigen können ob das dann im Kosmos oder im Rothaus stattfinden sollte :-)

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Hans Knaus
Treuhandunternehmer
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Frage: Der Auslöser sei die Aufgabe des Inflationsziels durch die Nationalbank gewesen. Welche Faktoren haben Sturzenegger dazu bewogen?

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Danke, Herr Knaus für diese Frage. Sturzenegger wurde zur Verwässerung des Inflationsziels gezwungen. Bei der Präsentation, die am 28.12. 2017 notabene nicht in der Zentralbank, sondern im Regierungspalast casa rosada stattfand, sah man Sturzenegger dasitzen wie einen begossenen Pudel. Er hätte an diesem Tag gehen sollen.
Die Entscheidung für die Lockerung der Inflationsziele war eindeutig politisch und vollzog sich aus zwei Gründen: Erstens aufgrund der Realität, denn sowohl 2016 als auch 2017 war die reale Inflation doppelt so hoch wie anvisiert. Zeitens wurde sie betrieben durch Kreise in der Regierung (vor allem der mächtige und junge Kabinettschef Marcos Peña) , die - wie es lange Tradition ist - erkannt hatten, dass es sich mit Inflation angenehemer regieren lässt.
Warum? Nun, ein Grossteil des staatlichen Budgets geht für Renten und Gehälter der öffentlich Bediensteten drauf und diese bleiben nur friedlich, wenn ihre Bezüge im gleichen Mase erhöht werden wie die allgemeine Preissteigerung im Vorjahr war. Der Staat finanziert sich gewissermassen mit der Inflation, weil die Gehaltsrunden immer zwischen März und Juni sind, aber die Preise ständig steigen und somit auch die Steuereinnahmen. Denn die wichtigste Steuer in dem Land mit massiver Steuerflucht und einer Schattenwirtschaft von 35 Prozent ist die Mehrwersteuer. Ebenfalls hoch im Kurs bei den Politikern steht die Benzinsteuer, weil diese direkt von den Tankstellen in die Staatskasse strömt. Darum hat Argentinien auch mehr als 20 Feiertage, der Staat möchte mitverdienen an den verlängerten Wochenenden.
Ein weiterer Grund für die Entmachtung Surzeneggers war seine Strategie, Kaufkraft durch die Vergabe von kurzlaufenden Schatzbriefen aufzusaugen. Die Zentralbank zahlte 30 Prozent Zinsen, was zunächst tatsächlich dazu beitrug, die überschüssigen Pesos aus dem Kirchner-Vermächtnis aufzusaugen und wohl eine Hyperinflation vermied.
Aber: In einer Welt ohne rentable Anlagen wurden die Zentralbankschatzbriefe zum Magnet, sowohl für argentinische Unternehmer, die lieber weitgehend risikolos hier verdienten als in der heiklen Realwirtschaft zu investieren und natürlich ausländische Investment-Profis. Weil Argentinien ja sämtliche Beschränkungen aufgehoben hatte, konnten Ausläner problemlos diese Schatzbriefe (Fachterminus Lebac) kaufen und verkaufen. Als die grosse Flucht aus der Pampa einsetzte, hatte die Zentralbank 22 Milliarden Dollar in kurzlaufenden Lebacs. Diese Bombe konnte durch den IWF-Kredit einigermassen entschärft, aber nicht beseitigt werden. Noch immer hat die Zentralbank Milliarden in Kurzläufern, deren Auszahlung allerdings nach dem Desaster im August ins neue Jahr verschoben wurde. Damit muss sich nun wohl Fernández rumschlagen.

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Hans Knaus
Treuhandunternehmer
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Unglaublich, auf eine kurze Frage eine ausführliche Antwort, kompetent, eingetaucht in die Wirtschaftsgeschichte Argentiniens. Das dazu noch einem Sonntag.
Ein Träumer ist wohl, wer glaubt, dass in der nächsten Runde die Mehrheit der Politiker für die Unabhängigkeit der Zentralbank einstehen würde. Dies dürfte für alle gelten, seien es Liberale, Peronisten oder Konservative.
Vielen Dank.

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Der beste Export von Argentinien war bis heute noch immer Che Guevara. Dass der gute Herr Sturzenegger so gar nichts gelernt hat aus der Südostasienkrise von 20 Jahren, wo genau das gleiche passierte mit dem Abfluss von Kapital bei viel zu offenen Finanzmärkten, zeigt wie ideologisch verblendet diese Regierung war. Investitionen in Infrastruktur, starke staatliche Unternehmen die von Investoren unabhängig sind, Verhinderung des Abflusses von Kapital und Zwang zum wieder Investieren, dass war der Unterschied zwischen China und der Sowjetunion oder auch Indien, zwischen Vietnam und den Philippinen. Man könnte so viel lernen von diesen sozialistischen Erfolgsmodellen.

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Intellektueller Landarbeiter
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· editiert

Ja, man sollte sie aber nicht "sozialistisch" nennen.
"Staatskapitalistisch" trifft es meiner Meinung nach viel besser.
Der Staatskapitalismus chinesischer Prägung bewegt sich auf den späten Ultra-liberal-Kapitalismus amerikanischer Prägung zu, weil er keine Alternative im Marx'schen Sinne ist, sondern eine Phase in der kapitalistischen Evolution übersprungen hat, nämlich "die demokratische Phase".
Ob das wirklich gut ist und nachahmenswert?
Ich glaube es nicht.
In der menschlichen- und gesellschaftlichen Entwicklung geht es nicht nur um materielle Werte, sondern auch um immaterielle Werte, wie "Herzlichkeit", Offenheit und Ehrlichkeit!
Die Philippinen (die Sie ja offensichtlich als Negativ-Beispiel erwähnen, dem sie das Erfolgsmodell Vietnam gegenüberstellen) sind der scheinbar grossen und erfolgreichen Wirtschafts- und Militärmacht China, von der ganz Südostasien immer mehr kolonisiert wird, SEHR WEIT VORAUS!
Und wissen sie warum? Weil sie die Kinder lieben!
Hier ein Film-Tipp, für Sie und für andere "China-Gläubige":
https://www.arte.tv/de/videos/08099…zelkinder/

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Da muss ich als Chinaexperte doch entschieden widersprechen. Ich habe selten eine Kultur gesehen die Kinder so sehr liebt wie die chinesische. Armut führt auch in China zu tragischen Schicksalen, aber das Elend das ich in den Philippinen sah ist auf ganz anderem Niveau: vom rauchenden, schnappstrinkenden Achtjährigen zur Bettlerin die ihr Kind zum Verkauf anbietet habe ich an Einzelschicksalen vieles gesehen in den Philippinen. In China bedeutet Kinderliebe unter anderem alles dafür zu tun, dass Kinder Bildung erhalten. Chinesen würden oft ihr letztes Hemd verkaufen um Schulmaterial für die Kinder zu kaufen. Emotional stimme ich zu dass Philippinos ebenfalls ihre Kinder lieben, keine Frage. Aber dem politischen System ist es bisher nicht gelungen, seinen Kindern eine bessere Zukunft zu ermöglichen. Mit Duterte hat sich einiges gebessert. Geringere Kriminalität erlaubt sichereres Wirtschaften und die Korruption geht auch etwas zurück.
Sozialistische Marktwirtschaft als Staatskapitalismus zu bezeichnen ist schlichtweg ein Zeichen von Ahnungslosigkeit. Kapitalismus bedeutet dass die Gesellschaft von einer Kapitalistenklasse gesteuert wird, die an erster Stelle die Interessen der Kapitalisten sieht. Zumindest seit Xi Jinping trifft dies in China überhaupt nicht zu. Das Hauptinteresse ist das Ende von absoluter Armut bis 2021. Gleichmässigere Verteilung des Reichtums ist 2018 sogar zur Leitmaxime allen politischen Handelns erhoben worden. Es gäbe noch viel zu sagen zur marxistischen Führung Chinas aber wir entfernen uns hier vom Artikel.

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